LiteraturAufsatzband, Buchbesprechungen, Christliches Leben, Ethik, Lebenshilfe

Sexualität. Was Gott sich dabei gedacht hat

Hinter dem vorliegenden Arbeits­buch steht das noch relativ junge „Fachnetzwerk Designed“, das nach eigenen Aussagen Gemeinden und Ausbildungsstätten sowie einzelnen Christen Orientierung und Hilfe in sexualethischen Fragen bieten will. In ihm haben sich eine Reihe von Theologen und Seelsorgern aus der Schweiz zusammengeschlossen, um der Orientierungskrise in Sachen Sexualität, die auch christliche Gemeinden ergriffen hat, zu begegnen. Aus ihrer Zusammenarbeit ging das Arbeitsbuch hervor.

Das Buch teilt sich in einen kleineren Teil am Anfang, der durch einen Prozess führen soll, in dem man innerhalb von 6 Wochen allein oder in einer Gruppe oder Gemeinde sechs Predigten anhört und diese nachbearbeitet. Die Predigten wollen die gesellschaftliche Herausforderung skizzieren, aber vor allem Sexualität aus biblischer Sicht mit einer biblischen Sexualethik nahebringen. Dazu gehört eine Predigt zur Ehe ebenso wie eine zum Stand des „Singleseins“. Es wird der Zusammenhang zwischen Beziehung und Sex und der Umgang mit verletzter Sexualität thematisiert. Die Predigten sind nachzuhören auf einer zum Buch eingerichteten Internetseite, aber nicht im Buch abgedruckt. Für jeden Wochentag gibt es jeweils zum Predigtthema eine Aufgabe zur persönlichen Reflexion. Die Idee, dass eine Predigt den Christen begleitet und immer wieder Thema in seinen Gedanken wird, ist naheliegend, wie praktikabel das Konzept im Buch ist, erscheint nach meiner Erfahrung eher fraglich. Es fällt bei den Aufgaben und Fragen auf, dass sie vor allem auf ein persönlich seelsorgerliches Ziel fokussiert sind, nach dem Motto: „Was macht das mit dir?“ bzw. „Was lässt du zu, dass es mit dir macht?“

Bruderer, Paul & Raedel, Christoph (Hg.): Sexualität. Was Gott sich dabei gedacht hat. Ein Workbook. Basel Fontis 2024. 232 S. 14,90 €. ISBN 978-3-03848-280-2

Der weitaus größte Teil des Buches (175 der 232 Seiten) ist eine Aufsatzsammlung, die als Grundlagentexte bezeichnet wird. Im Arbeitsteil wird jeweils auf diese Kapitel verwiesen oder zum Lesen aufgefordert. Während der erste Teil sich mit einem vertraulichen Ton in der „Du“-Anrede hervortut, sind die Grundlagentexte teilweise eher sachlich, teilweise in einem seelsorgerlichen Ton. Die Grundlagentexte enthalten hilfreiche Informationen aus zahlreichen Quellen meist populär-psychologischen Ursprungs. Die Themen behandeln wesentliche Aspekte der gelebten Sexualität und ihrer Herausforderungen. Es geht um Menschsein und Leiblichkeit, Leben in der Ehe und als Single, Selbstbefriedigung getrennt aus männlicher und weiblicher Sicht, Fruchtbarkeit und Verhütung, Homosexualität, Pornografie und Umgang mit Verletzungen. Die Autoren vertreten eine bejahende Sicht auf die von Gott geschaffene Sexualität und halten dabei überall an konservativen Positionen fest, die sie gut begründen.

Das Werk bietet viele hilfreiche Ein­sichten, die weitgehend in einem seelsor­ger­lichen Ton ausgebreitet werden. Die Idee des „Workbook“ scheint mir lohnend, aber das Konzept noch verbesserungsfähig.

Inhaltlich fällt auf, dass entgegen dem Untertitel meistens ein anthropozentrischer Ansatz gewählt wird. Es geht am Rande auch um die Frage, was sich Gott mit der menschlichen Sexualität gedacht hat. Meistens steht im Vordergrund, wie der Mensch mit dieser oder jener Heraus­forderung im Zusammenhang mit seiner Sexualität umgehen kann. Im Rückentext deutet sich das an: „Entdecke …, dass Gott viel größer und wertschätzender über uns Menschen, unseren Körper und unsere Sexualität denkt, als wir dies selbst oft tun!“ Im wichtigen Kapitel „Was ist Sexualität?“ kommt die Bibel und Gott praktisch nicht vor, sondern viel gutes psychologisches Wissen und Modelle.

Trotzdem kann das Buch zu einem gesunden Leben mit der eigenen Sexualität helfen und ist auch für Seelsorger eine Fundgrube.