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Treuer Ungehorsam. Chinas verfolgte Christen

Auf dem deutschsprachigen christlichen Büchermarkt, der stark von angloamerikanischen Autoren geprägt ist, sind die Schriften asiatischer Gläubiger nur Randerscheinungen. Es ist daher zu begrüßen, dass sich der Verlag mit der Hilfsaktion Märtyrerkirche dazu entschlossen hat, einen Textband chinesischer Christen zum Verhältnis von Staat und Kirche ins Deutsche zu übersetzen.

Die Autoren schreiben dabei aus der Perspektive der Hauskirchen-Bewegung, die sich u.a. durch fehlende staatliche Registrierung und infolgedessen durch theologische Unabhängigkeit vom ideologischen Gerüst der chinesischen Regierung auszeichnet. Diese Bewegung, die nicht einheitlich ist, gründet ihr Wesen auf eine Geschichte der Verfolgung, des Leides, aber auch des Wachstums und der geistlichen Stärke. Das Buch ist gerade wegen des Einblicks in die Leiden chinesischer Geschwister mit geistlichem Gewinn zu lesen. Man reibt sich die Augen, wenn man liest, dass eine Glaubensschwester zu mehr als 20 Jahren Hausarrest verurteilt wurde, weil sie für Bruder Wang Mingdao (auch bekannt als Wang Ming-tao) gebetet hatte, und eine andere Schwester zu 18 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde, weil sie ein Buch von ebendiesem Bruder gekauft hat (S. 147).

Auch das geistliche Leben und nüchterne Wirken Wang Mingdaos, dessen Biografie leider vergriffen ist, fällt in dem Zusammenhang besonders auf, weil er durch sein Leiden und seine biblisch nüchterne Auseinandersetzung mit dem Staat offenbar ein wichtiger Grundstein für den erweckten Glauben vieler Hauskirchen war.

Wang Yi u.a.. Nation, Hannah & Tseng, J.D. (Hrsg.): Treuer Ungehorsam. Chinas verfolgte Christen. Erste öffentliche Texte der Hauskirchen zu Staat und Kirche. Dillenburg: Christliche Verlagsgesellschaft 2024, 440 S. Hardcover: 24,90 €. ISBN: 978-3-86353-914-6

Die bewusste Annahme von Leid und Verfolgung, aber auch der Kampf um die Trennung von Kirche und Staat sowie die Warnung vor dem Rückzug in das Privatleben der Christen sind wiederkehrende Bausteine vieler Texte. In den 95 Thesen von Wang Yi und der Early Rain Covenant Church fällt die klare Haltung zur Schrift und das Eintreten für die biblische Irrtumslosigkeit (S. 220) ebenso positiv auf wie die Betonung der Kreuzestheologie (S. 217). Man merkt allerding gerade bei den Texten von Wang Yi auch den amerikanischen reformierten Zungenschlag, der nicht für alle Hauskirchen repräsentativ ist.

Aufrüttelnd und für jeden westlichen Christen lesenswert ist das 13. Kapitel „20 Arten der Verfolgung als Gottes Weise, uns zu weiden“. Man kann hier und an vielen anderen Stellen von den chinesischen Geschwistern lernen, dass Leiden entsprechend Phil 1,29 untrennbar mit dem Glauben verbunden ist.

Insgesamt ein empfehlenswertes Buch, welches angesichts einiger bei einem Textband nicht unüblichen thematischer Wiederholungen, nicht immer lesefreudlich ist, aber den Leser herausfordert und aufrüttelt.