LiteraturAufsatzband, Bibelverständnis, Buchbesprechungen, Judentum/Israel

Das Neue Testament – jüdisch erklärt

Rund 80 jüdische Theologen, Historiker und andere Gelehrte haben an diesem Werk mitgearbeitet, das bereits 2011 als „The Jewish Annotated New Testament“ in einer ersten Auflage erschienen ist. Die zweite englische Auflage folgte 2017, und nun liegt dieses Werk auch in deutscher Sprache vor. Erstmals überhaupt gibt es damit ein Neues Testament, das ausschließlich von jüdischen Gelehrten kommentiert worden ist.

Ähnlich wie in anderen Studienbibeln werden alle 27 Bücher des Neuen Testamentes Abschnitt für Ab­schnitt aus jüdischer Sicht erklärt; die Erklärungen haben meist einen Umfang von einem Drittel bis zur Hälfte der Seite. Dabei liegt der deutschen Ausgabe als Bibeltext die Lutherübersetzung von 2017 zugrunde. Jedem neutestamentlichen Buch ist eine ausführliche Einleitung vorangestellt, in der Fragen der Verfasserschaft, Datierung, Struktur und Auslegung erörtert werden. Außerdem finden sich in den Bibeltext eingestreut 85 Infoboxen zu Themen wie „Die Juden und der Tod Jesu“, „Der leidende Gottesknecht bei Jesaja“, „Christus als Ziel der Tora“ usw. Ab Seite 619 kann sich der Leser in mehr als 50 „Essays“ mit meist drei- bis fünfseitigen Artikeln vertiefen zu Themen wie „Die Pharisäer“, „Paulus und das Judentum“, „Messianisches Judentum“ oder „Opferkult und Tempel“. Diese Aufsätze, die ebenfalls ausnahmslos von jüdischen Gelehrten stammen, sind eine Hilfe, um Zusammenhänge zwischen dem Neuen Testament und seinem jüdischen Kontext besser zu verstehen. Der Anhang ab Seite 857 bietet neben Zeittafeln und Übersichten über wichtige jüdische Rabbiner u. a. ein Glossar, das zentrale Begriffe des Judentums erklärt.

Kraus, Wolfgang u.a. (Hg.): Das Neue Testament – jüdisch erklärt. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2021. 912 S. Hardcover: 68 €. ISBN: 978-3-438-03384-0

Es gebührt der Deutschen Bibelge­sellschaft Dank für die Publikation dieses sorgfältig übersetzten und lektorierten Buches, denn es füllt eine Lücke. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass in etlichen Beiträgen die Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelforschung unreflektiert als Fakten und nicht – wie es angemessen wäre – als Hypothesen übernommen werden.