Greschat, Martin. Philipp Melanchthon. Theologe, Pädagoge und Humanist. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2010. 208 S. Hardcover: 19,95€. ISBN 978-3-579-08091-8.
Der Autor, emeritierter Professor für Evangelische Kirchengeschichte an der Universität Gießen, stellt den oft etwas vernachlässigten Philipp Melanchthon in den Wirren seiner Zeit vor. Das sehr schön gesetzte und gestaltete Buch (mit Schutzumschlag) zeigt mehr das theologie- und geistesgeschichtliche Ringen des Lutherfreundes, als dessen Leben und Familie. Greschat möchte ihn auf gleicher Augenhöhe stehen sehen wie Luther. Das macht er schon in der Einleitung deutlich, in der er sich mit der Geschichte der beiden Denkmäler befasst, die sich auf dem Marktplatz in Wittenberg befinden.
Im Großen und Ganzen geht der Autor chronologisch vor. Er beginnt bei Herkunft und Bildungsgang Melanchthons, beschreibt das Ringen in den ersten Wittenberger Jahren, wie es zu Trennungen kommt.
Dann hebt er besonders den Pädagogen hervor, anschließend die Kämpfe in der Verantwortung vor Kaiser und Reich, die Einigungsbestrebungen, den Schmalkaldischen Krieg und die letzten Jahre. Was den Glauben Melanchthons betrifft, hat man als Leser den Eindruck, dass der Autor diesen wohl nur psychologisch versteht. Zwar schreibt er, dass es sich bei Melanchthon „keineswegs um rein rationale Überlegungen oder allein intellektuelle Vorgänge“ handle, sondern „auch um tief in das Selbstverständnis und Lebensgefühl Melanchthons eingreifende Erfahrungen und Entscheidungen“. Melanchthon selbst formuliert aber ganz anders, wie Greschat ebenfalls zitiert: „Was nützt es zu wissen, dass Gott barmherzig und weise ist, wenn Du nicht fest davon überzeugt bist, dass er für Dich ein barmherziger, für Dich ein gerechter, für Dich ein weiser Gott ist?“ (S. 35)
Nach der Art eines Lehrers verweist der Autor immer wieder darauf, dass er gewisse Dinge später genauer erklären wird oder er bezieht sich auf frühere Erklärungen in seinem Buch. Er kann aber theologische Entwicklungen gut charakterisieren, was gerade beim Abendmahlsstreit mit den Schweizer Reformatoren deutlich wird.
Bei allem hinterlässt Greschat den Eindruck, dass das Ringen um die wahre Lehre ihm letztlich doch nicht so sinnvoll erscheint. Einerseits muss man ihm Recht geben, zumal es bei den Lehrfragen ja immer wieder um außerbiblische Begriffe geht. Andererseits kann man auf eine klare biblische Lehre nie verzichten. — Jedenfalls lernen wir Melanchthon kennen als einen, der immer wieder Kompromisse mit den streitenden Parteien, auch innerhalb des Protestantismus, suchte und um die Einheit der Gläubigen rang.