Nach einem Jurastudium und dem ersten Staatsexamen studiert Gerhard Maier evangelische Theologie an der Universität Tübingen, wird Pfarrer, dann Rektor des Tübinger Albrecht-Bengel-Studienhauses, anschließend Prälat in Ulm und schließlich für vier Jahre Bischof der Württembergischen Landeskirche. Sein bewegtes Leben schildert der 1937 in Württemberg geborene Autor und Vater von vier Söhnen auf lesenswerte Art und Weise. Immer wieder zeigt Maier, wie sehr er seine Kirche liebt und wie gerne er in ihr gedient hat. Vor allem in seiner Bischofszeit ist er häufig auf Auslandsreisen gewesen, um Partnerkirchen zu besuchen und sie zu stärken. Dabei begegnete er sowohl Patriarchen der Orthodoxen wie Leitern asiatischer und afrikanischer lutherischer Kirchen.
Doch Maier ist nicht nur kirchlicher Mitarbeiter und Funktionär gewesen, sondern überzeugter Pietist bzw. Evangelikaler. Er hat sich zeitlebens für die Zuverlässigkeit der Bibel eingesetzt. In einem seiner ersten Bücher („Das Ende der historisch-kritischen Methode“) hat er sich klar für einen anderen Zugang zur Heiligen Schrift ausgesprochen als den, den jeder Student der Theologie an den Universitäten lernt. Statt historisch-kritischer Methode fordert Maier eine historisch-biblische Methode. Diese ist geprägt durch die Haltung: Nicht wir haben die Bibel zu kritisieren, sondern die Bibel kritisiert uns. Maier hat diesen Ansatz in seinen vielen Auslegungen geradlinig durchgezogen. Ob es seine Kommentare in der Wuppertaler Studienbibel, in der Edition C Kommentarreihe oder in der Historisch-Theologischen Auslegungsreihe sind – stets geht Maier von der Zuverlässigkeit der Bibel aus. Auch in seiner Biblischen Hermeneutik, die in vielen Auflagen und Sprachen erschienen ist, setzt er sich mit guten Argumenten für die Zuverlässigkeit der Heiligen Schrift ein.
Gerhard Maier. Streiflichter meines Lebens. Ursprünglich sollte Gott gar nicht vorkommen. Holzgerlingen: SCM Hänssler 2019. 250 S. Geb: 17.99 €. ISBN: 978-3-7751-5915-9.
Als Evangelikaler verschweigt er aber auch nicht sein Leiden an der Kirche. Er beobachtet das zurückgehende Interesse am kirchlichen Leben, ist entsetzt über die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in seiner Kirche und kann das einseitig historisch-kritische Theologiestudium nicht gutheißen. Umso dankbarer ist Maier dafür gewesen, dass er nebenberuflich an bibeltreuen Hochschulen als Professor lehren durfte. Viele Jahre dozierte er an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule in Riehen bei Basel und an der Evangelischen Theologischen Fakulteit in Leuven bei Brüssel. Außerdem ließ sich Maier gerne zu Bibelwochen und Predigten in pietistische Gemeinschaften einladen und war ein geschätzter Redner auf evangelikalen Konferenzen.
Zweifelsohne stellen Gerhard Maiers biographische Erinnerungen einen wertvollen Beitrag für die Kirchengeschichte Württembergs dar. Aber auch Nicht-Württemberger werden ihre Freude an der Lektüre dieses Buches haben.