Dieses Buch ist eine erweiterte Fassung des Artikels „Gott erkennen statt verstehen“, welcher in der Zeitschrift Aufatmen erschienen ist. Thomas Härry schafft es, in prägnanter und lesefreudiger Weise Gedanken zum Umgang mit Leid zu entfalten. Seiner Kernthese, dass wir Gott nicht (vollumfänglich) verstehen können, ihm aber im Leid persönlich begegnen dürfen, ist zuzustimmen. Dass dem Leidenden mehr an der innigen Gemeinschaft mit Gott liegen muss als an einer Antwort auf die Frage nach dem „Warum?“, wird nachvollziehbar dargelegt.
Härry, Thomas. Sterne leuchten nachts. Gott im Leiden lieben lernen. Witten: SCM-Verlag 2016. 128 S. Hardcover: 10,95 €. ISBN: 978-3-417-26783-9.
Leider geht Härry aber mit anderen Lösungsansätzen nicht immer fair um. Erklärungen auf die Frage nach dem Leid grundsätzlich als „theologische, philosophische Denkakrobatik“ (S. 25) oder als „Versuche, den Schalter zu finden“ (S. 31) zu disqualifizieren, verurteilt die Leser, die aufgrund ihres Bibelstudiums zu (Teil-)Lösungen gekommen sind. Anfragen hat der Rezensent auch an seine immer wiederkehrende Unterscheidung zwischen jüdischem und griechischem Denken. Ist bei dem griechischen Erkenntnisbegriff die Gottesbegegnung tatsächlich ausgenommen? Und ist der Wunsch nach verstandesmäßigem Erfassen nicht auch beim jüdischen Erkenntnisbegriff gegeben? Was hat es für Konsequenzen für unsere Bibelauslegung und dem Verhältnis der Testamente, wenn Härry zwischen jüdisch-christlicher Gottesoffenbarung und der griechischen Weltanschauung zu neutestamentlicher Zeit unterscheidet? Möglicherweise verfällt der Autor hier ebenfalls in eine theologische, philosophische Denkakrobatik. Angesichts des wertvollen Grundgedankens dennoch ein hilfreiches Buch.