Der BibelbundAus dem Bibelbund, Geschichte der Christen

100 Jahre Bibelbund

„Markenzeichen Bibeltreu“: Die Geschichte des Bibelbundes (1894-1994)

Der Bibelbund begeht in diesem Jahr (1994) sein 100-jähriges Bestehen. Im Jahre 1894 trafen sich verschiedene Kirchenvertreter, um der Bibelkritik im deutschsprachigen Raum eine bibeltreue Alternative an die Seite zu stellen. 100 Jahre sind seither vergangen, und aus der kleinen Pflanze von damals ist eine breite Bewegung geworden, die vielfältigen Einfluß auf Gemeinden und Institutionen gewonnen hat. Für sie gilt heute noch die alte Formel Luthers aus dem Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“:

„Das Wort sie sollen lassen stahn und kein’n Dank dazu haben.“

100 Jahre lang hat der Bibelbund wie kaum eine andere Institution für die Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel gestritten und trotz vieler äußerer und innerer Kämpfe nicht davon abgelassen. Kaum jemand kennt heute noch diesen Segensweg Gottes mit den Menschen des Bibelbundes. Deshalb erscheint es sinnvoll, die Geschichte des Bundes mit seinen vielfältigen Persönlichkeiten hier nachzuzeichnen.

100 Jahre lang hat der Bibelbund wie kaum eine andere Institution für die Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel gestritten und trotz vieler äußerer und innerer Kämpfe nicht davon abgelassen.

Es geht uns in diesem geschichtlichen Abriß aber nicht um eine einseitige Verherrlichung des Bibelbundes, sondern um eine möglichst ehrliche und wahrheitsgetreue Darstellung seiner Entstehung und Entwicklung. Unnüchterne und glorifizierende Darstellungen von Geschichte bleiben einseitig und treffen nicht den Kern der Sache. Aber aus diesen Schwachstellen können wir auch für uns heute Lehren ziehen, die der Gemeinde am Ende des 20. Jahrhunderts gut anstehen. Andererseits dürfen wir uns vor den Vätern des Glaubens verneigen, die „das Wort Gottes zu uns geredet haben“ (Hebr 13,7). Das gute Vorbild einer kompromißlosen Haltung zur Heiligen Schrift soll auch uns anspornen, in der Gegenwart treu zur Irrtumslosigkeit der Bibel zu stehen.

Die Geschichte des Bibelbundes war leider wegen der schlechten Quellenlage nur schwierig zu rekonstruieren. Vorarbeiten standen nur in begrenzter Zahl zur Verfügung.1 Dank des vor Jahren begonnenen Bibelbundarchivs an der „Freien Theologischen Akademie“ in Gießen2 konnte aber auf verschiedene Quellen zurückgegriffen werden. Trotzdem bleiben entscheidende Phasen der Bibelbundarbeit bis heute im Dunkeln. Kriegsverluste, mangelnde Weitergabe von Dokumenten an Nachfolger und starke Brüche in der Leitung des Bundes sind dafür verantwortlich. Da wir aber die meisten Bände der Zeitschrift des Bibelbundes besitzen, war eine Geschichtsrekonstruktion zumindest in den groben Zügen möglich.

1. Die Anfangsjahre von 1894 bis 1918

1.1 1894 bis 1901: Die Gründerzeit

Vom 1. bis 3. April 1894 trafen sich im Pfarrhaus in Hohenselchow in Pommern fünf lutherische Pfarrer, ein Superintendent und ein Professor, um über die geistliche Situation der evangelischen Kirche in Deutschland nachzudenken. Die zunehmende Akzeptanz der historisch-kritischen Bibelexegese auch in den sogenannten positiven Kreisen beunruhigte die Kirchenvertreter und veranlaßte sie zu der neuen Vereinsgründung, dem Bibelbund. Zu den Gründungsmitgliedern des „Bibelbundes“ gehörten damals: Pfarrer Gustav Sauberzweig (Hohenselchow), Professor Theodor Beyer (Neustettin), Superintendent August Vogel (Wollin), Pfarrer Wilhelm Quistorp (Schweringsburg), Pastor Oskar Steinmeier (Zarben), Pfarrer Julius Helterhoff (Langenhagen) und Pastor Friedrich Gaedke (Robe). Alle kamen aus dem Gebiet Mecklenburg/ Vorpommern und waren überzeugte Lutheraner.

Dabei sollte der Glaube an die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift im Mittelpunkt der Zielsetzung des neuen Bundes stehen. In der ersten Satzung des Vereins hieß es gleich: „Die Mitglieder bekennen sich zu dem Glauben, daß die Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes nach ihrem Zeugnis über sich selbst das durchaus und in allem einzelnen wahre und von jedem Irrtum freie Wort Gottes und darum die einzige Richtschnur unseres Glaubens und Lebens ist.“ Über das „Wie“ der Inspiration wollte man nicht spekulieren und ließ auch in Zukunft diese Frage offen. Aber die Irrtumslosigkeit der ganzen Heiligen Schrift durfte nicht in Frage gestellt werden und sollte die evangelische Kirche vor einem weiteren Niedergang retten.

Abschrift des Gründungsprotokoll des Bibelbundes aus dem Jahre 1894

Den Gründungsmitgliedern des Bundes ging es dabei um zwei Kampffronten: zunächst wandte man sich gegen die Bibelkritik der damaligen Theologie. Adolf von Harnack, unbestrittener Meister der liberalen Theologie, hatte Anfang der 90er Jahre in seinem Vortrag über das Apostolische Glaubensbekenntnis3 das Evangelium auf den gütigen Gott im Himmel reduziert. Die Lehre von Christus gehöre, nach Harnack, nicht zur ursprünglichen Botschaft des Christentums. Die Folgen der völligen Infragestellung der Botschaft Jesu Christi durch David Friedrich Strauss waren immer noch zu spüren. Und gerade innerhalb der konfessionellen Lutherkirchen bröckelte Anfang der 90er Jahre der Konsens um die Bedeutung der Heiligen Schrift. Der Hauptkampf um die Inspiration der Bibel sollte in jenem Jahrzehnt auf deutschem Boden zu seinem Höhepunkt kommen.

Diese lutherischen Kirchen waren im 19. Jahrhundert durch die Bewegungen des Konfessionalismus und der Erweckungsbewegung belebt worden. Pochte der Konfessionalismus auf die Reinerhaltung der lutherischen Lehre, ging es der Erweckungsbewegung um die Bekehrung und die Heiligung des einzelnen Gläubigen. Besonders im Lager der strengen Lutheraner entzündete sich Anfang der 90er Jahre ein interner Streit um die Frage nach der Inspiration der Bibel. Der weithin bekannte A. W. Dieckhoff und der Missionslehrer W. Fr. Gess hatten beide unabhängig voneinander die Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Bibel in Frage gestellt. Dieckhoff wollte noch an der Inspirationslehre der ganzen Schrift festhalten, zweifelte aber an ihrer Irrtumslosigkeit. Gess ging noch einen Schritt weiter und stellte die Inspiration von gewissen Aussagen der Bibel gänzlich in Frage. Beide Vertreter galten aber nicht als liberale Theologen, sondern als angesehene lutherische Gläubige in den „positiven Kreisen“ der damaligen Zeit.

Typisch für die 90er Jahres des vergangenen Jahrhunderts war es, daß nun Pfarrer in den Kampf um die Bibel einstiegen.

An diesem Punkt läuteten die Alarmglocken der genannten Pfarrer. Die Bibelkritik begann nun auch in die eigenen Kreise einzudringen und machte sich an der Gemeindebasis bemerkbar. Sie hatte längst die Katheder der Universitäten verlassen und sickerte nun in breite Bevölkerungsschichten durch. Hier mußte etwas passieren, wollte man nicht einen Totalschaden der ganzen Kirche mitansehen. Die Sorge um das Wohl der Gemeinde Jesu stand an erster Stelle, das biblisch gebotene Wächteramt durfte nicht vernachlässigt werden. Typisch für die 90er Jahres des vergangenen Jahrhunderts war es, daß nun Pfarrer in den Kampf um die Bibel einstiegen.

Wer waren nun diese Männer der ersten Stunde im Bibelbund. Nur von einigen der sieben Gründungsväter haben wir heute noch nähere Informationen:

Da war zunächst Gustav von Sauberzweig (1834-1913), der die Gruppe in sein Pfarrhaus nach Hohenselchow geladen hatte.

Pfarrhaus in Hohenselchow, in dem 1894 der Bibelbund gegründet wurde

Pfarrhaus in Hohenselchow, in dem 1894 der Bibelbund gegründet wurde

Sauberzweig hatte in Halle und Berlin Theologie studiert, geprägt durch Tholuck, Wichelhaus und Müller. Nach mehreren Hauslehrerstellen übernahm er 1861 ein Pastorat mit Rektoratsstelle in Greiffenberg, dann in Stendell-Paßow, ab 1878 in Hohenselchow/ Pommern. Die ersten fünf Jahre in Hohenselchow waren für Sauberzweig zunächst eine schwierige Zeit, weil das geistliche Amt von einem Großteil der Bevölkerung mit Füßen getreten wurde. Sein Vorgänger hatte nie über Sünde gesprochen und alles mit dem Mantel der Liebe zugedeckt. Durch die schlichte Predigt des Wortes Gottes kamen aber immer mehr Menschen bei dem neuen Pfarrer zum Glauben. Sauberzweig förderte den Missionssinn durch jährliche Missionsfeste, nachdem er durch Inspektor Wangemann mit der „Berliner Mission“ in Verbindung getreten war. Unermüdlich wies Sauberzweig damals auf die Bedeutung des Wortes Gottes für Bekehrung und Glaubensleben hin und gab diese Botschaft auch an seinen Enkel Hans weiter, der später einmal ein wichtiger Führer der Gemeinschaftsbewegung werden sollte.

Dann war bei der Gründung auch Professor Theodor Beyer (1840-1927) dabei, eifriger Schreiber im Organ „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ und lange Jahre Ehrenvorsitzender des Bibelbundes. Seit 1880 war er am Fürstin-Hedwig-Gymnasium in Neustettin als Pädagoge tätig. Im Jahre 1893 erschien seine preisgekrönte Schrift „Die Bibel Gottes Wort“,4 die sich mit der Bibelkritik an Universitäten und Schulen auseinandersetzte. Beyer schrieb dort:

„Die moderne Theologie ist es, die jetzt mit besonderem Eifer den Weinberg des Herrn, Sein heiliges Wort, verwüstet, und vor ihr muß man die Christenheit warnen und zu schützen suchen. Es gilt überall Ehrfurcht vor dem Worte der Heiligen Schrift zu bezeugen und einzuflößen! Weil diese Ehrfurcht geschwunden ist, gibt es soviel Elend und Not, soviel Unzufriedenheit in unserer Zeit; der Herr schenke unserem Volk wieder heilige Scheu und Ehrfurcht vor Seinem Wort, damit wir genesen!“5

Beyer beschäftigte sich mit den Einwänden der Bibelkritik bezüglich der Wunderberichte, mit den naturwissenschaftlichen Passagen und den angeblichen Widersprüchen in der Bibel. Gegen die Quellenscheidungshypothesen postulierte er die Einheit und Echtheit des Pentateuch und des ganzen Buches Jesaja. Ein grundlegendes Argument war für Beyer die Stellung Jesu und seiner Apostel zum Alten Testament.

Beyer war der erste, der 1897 die selbständigen „Veröffentlichungen des“ „Bibelbundes“ mit einem Beitrag über „Das Alte Testament im Licht des Zeugnisses Christi“6 eröffnete. Darin wandte er sich gegen die naturalistische Interpretation des Alten Testamentes, die Wunder nicht mehr gelten lassen wollte und sich zum Richter über die Offenbarung aufspielte. Eine Unterscheidung von Menschlichem und Göttlichem in der Schrift sei angesichts der Einheit der Lehre nach Beyer unsachgemäß. Immerhin habe Jesus selbst das Alte Testament als irrtumslose Autorität akzeptiert. Die Glaubwürdigkeit des Alten Testamentes, ein Lieblingsthema im frühen Bibelbund, war auch das Thema einer weiteren Arbeit von Beyer über das Zeugnis des Petrus über das Alte Testament.7 Intensiv hat sich Beyer auch in mehreren Schriften mit der bibelkritischen Schrifthaltung von Adolf von Harnack auseinandergesetzt. Als Pädagoge kämpfte er auch für einen bibeltreuen Religionsunterricht an den Schulen. Literarisch war er im damaligen Deutschland weit bekannt und als ein kompromißloser Kämpfer für die Irrtumslosigkeit der Schrift gefürchtet.

Pastor Friedrich Gaedke

Pastor Friedrich Gaedke

Ein weiterer Gründer des Bibelbundes sollte für die ersten Jahre äußerst wichtig werden, nämlich Friedrich Gaedke (1863-1932). Er war als einziger der Gründungsmitglieder ein Mann der Gemeinschaftsbewegung, der die Erweckungsfrömmigkeit innerhalb des frühen „Bibelbundes“ verkörperte.

Aufgewachsen in einem gläubigen Elternhaus in Pommern studierte er Theologie in Leipzig, Rostock, Berlin und Greifswald. 1889 wurde er Pastor in Robe in der Synode Treptow. Bekannt wurde er über seine Pfarre hinaus durch die Förderung der Mission und durch seine evangelistischen Predigten. Ab 1905 engagierte er sich in der Gemeinschaftsbewegung und war auch einige Zeit Vorsitzender des Pommerschen Brüderrates. Seit 1919 wirkte er als Missionsinspektor der „Liebenzeller Mission“. Über seine Bibelhaltung urteilte später sein Bruder:

„Überall suchte er Irrglauben, Unglauben und Gottlosigkeit mit dem Schwert des Geistes zu bekämpfen. Und wie tapfer trat er als Anhänger der wörtlichen Eingebung der Heiligen Schrift (Verbalinspiration) für die Irrtumslosigkeit der Bibel ein.“8

Gaedke war bis 1911 auch der erste Schriftleiter des Bibelbundes. In den Kreisen der Liebenzeller Mission hat er immer wieder auf die Bedeutung der Glaubwürdigkeit der Bibel hingewiesen.

Georg von Viebahn

Georg von Viebahn

Schwerpunktmäßig kamen die Mitglieder des Bibelbundes in den ersten Jahren aus Pommern, Schlesien und Sachsen, nur wenige aus dem Westen des Reiches. Zu ihnen zählten so bekannte Persönlichkeiten wie der Evangelist General von Viebahn (1840-1915), Superintendent Wilhelm Kölling, der Seminardirektor der „Leipziger Mission“ Julius Greve, der Missionsinspektor der Breklumer Mission Bracker, Verleger Gottlieb Koezle, Pfarrer und Alttestamentler Eduard Rupprecht und Superintendent Wilhelm Rohnert. Auf einige der Genannten wollen wir hier näher eingehen, weil sie zu den bekanntesten Gegnern der damaligen Bibelkritik zählten.

Einer der führenden Mitglieder des „Bibelbundes“ war der unierte Superintendent inPleß (Oberschlesien) Dr. Wilhelm Kölling (1836-1903). Nach einem 12jährigem Dienst in Proschlitz-Dmechau war Kölling 1873 Pastor in Pleß geworden. Neben seinen pastoralen Tätigkeiten veröffentlichte er mehrere theologische Werke, die ihm akademisches Ansehen einbrachten. Hauptsächlich widmete er sich der Auseinandersetzung um die Heilige Schrift, um dem Substanzverlust auch in den „positiven Kreisen“ entgegenzuwirken. Dabei ging Kölling von einem streng lutherisch-orthodoxen Ansatz aus.

Von diesem Standpunkt aus entwickelte Kölling sein Verständnis von der Verbalinspiration der Bibel. Im Rückblick schrieb er:

„Darum habe ich, weil ich nichts gegen mein Gewissen thun wollte und thun durfte, mich freudig vor aller Welt zur Verbalinspiration bekannt. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ich diejenigen, welche die Real-Inspiration wirklich freudig bekennen, als liebe Brüder in Christo alle Zeit angesehen habe, aber ich habe es gethan in der schönen Hoffnung, daß sie allmählich wachsen werden dazu, die letzten Konsequenzen zu ziehen. Diese aber vermag ich eben nur zu sehen in der durch Act. 1,16 und Act. 28,25 klar bezeugten Verbalinspiration.“9

Köllings entwickelte seine Bibelauffassung in seinem Hauptwerk „Lehre von der Theopneustie“10, das 1891 in Breslau erschien und bis heute das klassische Werk der Verbalinspiration geblieben ist. In einem ersten exegetischen Teil versuchte der Autor darin den Schriftbeweis aus dem Selbstzeugnis der Bibel abzuleiten; Teil zwei behandelte auf fast vierhundert Seiten die dogmengeschichtliche Entwicklung der Verbalinspirationslehre. Dabei betonte Kölling die dogmatischen Systeme des vierten und siebzehnten Jahrhunderts und ging mit der Bibelkritik seiner Zeit scharf ins Gericht. Kölling gründete seine Studien dabei auf eigene, umfangreiche Quellenforschungen. Schon in seiner Einleitung plädierte er an die Leser in Bezug auf die Gefahr aller Bibelkritik:

„Die Kirche wird diese Gefahr bestehen, wenn die evangelischen Gemeinden lutherischer Observanz sich feststellen auf das vom heiligen Geist dictirte und darum unfehlbare Wort Gottes.“11

Kölling war wahrscheinlich der gebildetste Gegner der Bibelkritik in der damaligen Zeit. Seine Gegner haben ihm seine Gelehrsamkeit bestätigt. Im Bibelbund fand Kölling Gesinnungsgenossen im Kampf gegen die Bibelkritik, auch in den eigenen Reihen. Sein starres Festhalten an dem Formalprinzip der lutherischen Orthodoxie war damaliger Konsens innerhalb des lutherisch geprägten Bibelbundes. Köllings tiefgründiges Werk über die Inspiration hat bis heute kaum einen würdigen Nachfolger gefunden.

In gleichem Atemzug mit Kölling müssen auch Wilhelm Rohnert und Julius Greve genannt werden, zwei weitere Männer der ersten Stunde im Bibelbund. Wilhelm Rohnert (1837-1908), Pastor der Altlutheraner in Waldenburg in Schlesien, verteidigte ebenfalls die orthodoxe Inspirationslehre gegen den Liberalismus.12 Hauptgegner war für ihn die sogenannten Positive Theologie, die einen Ausgleich zwischen Inspirationslehre und Bibelkritik versuchte. Dagegen setzte Rohnert in mehreren weitbekannten Schriften die Überzeugung von der Irrtumslosigkeit der ganzen Schrift. Die Irrtumslosigkeit beziehe sich dabei nicht nur auf die Hauptaussagen der Bibel, sondern auch auf alle sogenannten Nebensächlichkeiten. Schon Luther habe nach Rohnert die Verbalinspiration gelehrt, ebenso die lutherischen Bekenntnisschriften. Heftig wehrte sich der Lutheraner gegen die Inspirationsauffassungen von „positiven Theologen“ wie Kier, Luthard, Frank, T. Zahn, Kübel, Zöckler, von Hofmann und Cremer, die zwar von einer Inspiration, nicht aber von Irrtumslosigkeit sprachen. Für sie gab es in der Bibel Fehler und Widersprüche. Rohnerts Einfluß auf die konfessionellen lutherischen Geistlichen in Deutschland kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Pastor Julius Greve

Pastor Julius Greve

Neben Rohnert stand nicht weniger einflußreich Seminardirektor Julius Greve (1832-1908).

Greve wurde in Gütersloh als Sohn eines Pfarrers geboren, der mit der Erweckungsbewegung in Kontakt gekommen war. Er studierte in Berlin, Halle und Basel Theologie und Philosophie und fand eine Anstellung als Lehrer am Gymnasium seiner Heimatstadt. Greve war ein Schüler des Alttestamentlers Prof. Hengstenberg und strenger Gegner der Kirchenunion zwischen Lutheranern und Reformierten. Er verließ 1860 die unierte Kirche und schloß sich den Altlutheranern in Elberfeld an. Dann wurde er Pfarrer in der lutherischen Freikirche, zunächst in Weigersdorf in der Lausitz, dann in Essen. 1883 wurde er von Prof. Huschke mit der Leitung des theologischen Seminars der Altlutheraner in Breslau betraut. Auch Greve vertrat mehrmals öffentlich die Verbalinspirationslehre.13

Zu dieser Zeit war der Kampf um das Alte Testament in vollem Gange.

Zu dieser Zeit war der Kampf um das Alte Testament in vollem Gange. Deshalb war es eine Führung Gottes, daß der Bibelbund einen geeigneten Spezialisten für diese Front in seinen Reihen begrüßen durfte. Dr. Eduard Rupprecht (1837-1907), lutherischer Pfarrer aus Sausenhofen bei Gunzenhausen, kämpfte gegen den Rationalismus der theologischen Forschung im ersten Teil der Bibel. In seinem „Wissenschaftlichen Handbuch der Einleitung in das Alte Testament“14 wehrte sich Rupprecht mit Akribie gegen die Quellenscheidung im Pentateuch und trat begründet für die Autorschaft des Mose ein. Auch in anderen Schriften wandte sich Rupprecht gegen die Quellenscheidungstheorie des kritischen Theologen Julius Wellhausen15 und gegen die Kritik an den Büchern Jesaja und Daniel16.Grundsätzlich urteilte Rupprecht über die liberale Theologie:

„Denn die ganze ‚negative Theologie‘ ist eine Ausgeburt der Finsternis. Sie lebt auch von ‚Inspiration‘, aber von dämonischer, wie der Apostel 2.Thess. 2 lehrt.“17

Den größten Einfluß übte Rupprecht jedoch mit einer Bibelausgabe aus, die unter dem Titel „Erklärte Deutsche Volksbibel“ im Jahre 1900 erschien und weite Verbreitung an der Gemeindebasis fand. Anhand von Einleitungen zu Beginn jedes Kapitels und mit Hilfe von Fußnoten im Text gab Rupprecht hier eine praktische Einführung in jedes Bibelbuch, wobei auch kritische Fragen nicht umgangen wurden. In der apologetischen Einleitung zu diesem Werk bekannte sich Rupprecht zur Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel. Der Alttestamentlich arbeitende Rupprecht urteilte generalisierend über die Bibelkritik:

„Unser Volk wird planmäßig von den geistigen Führern vergiftet mit dem Geiste der Skepsis. Die Autoritätsgrundlagen werden von der liberalen Theologie zertrümmert, die Bibel zerfetzt, mit dem Schmutz des Betrugs, der Fälschung, des Umgusses, der rein menschlichen Aufsätze, Interpolationen u.s.w. bedeckt.“18

Solche deutlichen Worte waren damals allerdings nur selten zu hören.

Neben Rupprecht war der damals bekannteste Gegner der Quellenscheidung im Pentateuch ebenfalls Mitglied des Bibelbundes: Dr. Adolf Zahn

Neben Rupprecht war der damals bekannteste Gegner der Quellenscheidung im Pentateuch ebenfalls Mitglied des Bibelbundes: Dr. Adolf Zahn (1834-1900). Der streitbare reformierte Pfarrer aus Stuttgart, Vetter der bekannten Neutestamentler Theodor Zahn und Adolf Schlatter, war Pastor in Halle und Elberfeld gewesen, bevor er nach Stuttgart übersiedelte. Als Schüler von Wichelhaus und Kohlbrügge geißelte er mit scharfen Worten die Bibelkritik auf den Kathedern und Kanzeln in Deutschland. Die fünf Bücher Mose waren für ihn glaubwürdige Dokumente, allein von Mose verfaßt. Auch Zahn hielt an der Verbalinspiration der Bibel fest und fand im Bibelbund Gleichgesinnte aus der lutherischen Tradition.

Ein weiterer bekannter Vertreter des Bibelbundes in den Anfangsjahren war ein Schweizer, Schuldirektor Theoderich von Lerber aus Bern. Seine klare Haltung zur Schrift zeigte sich in der 1894 ausgebrochenen Kontroverse mit dem Lehrer am Basler Missionshaus Kinzler. Kinzler hatte in seinem Buch „Über Recht und Unrecht der Bibelkritik“ von Unvollkommenheiten in der Bibel geschrieben. Hier hakte von Lerber ein und warnte in einem öffentlichen Rundschreiben die Freunde der Basler Mission vor einer Wende in der Schriftfrage. Nach längerer Kontroverse, in die sich auch der bekannte Evangelist Elias Schrenk einschaltete, stellte sich die Mission hinter Kinzler und wies den Protest von Lerber ab. Trotzdem blieb der Berner Schulmeister bis zu seinem Tode von der Irrtumslosigkeit der Bibel überzeugt und überwarf sich auch aus diesem Grunde mit dem späteren Theologieprofessor Adolf Schlatter.

Baron Julius von Gemmingen

Baron Julius von Gemmingen

Die eben genannten Theologen sind heute weitgehend vergessen. Die Bibelkritik hatte kein Interesse, ihr Andenken zu bewahren, und die Bibeltreuen waren dazu nicht in der Lage. Trotzdem galten Kölling, Beyer, Rohnert, Greve, Rupprecht, von Lerber, Zahn und Gaedke als die entscheidenden Gegner der Bibelkritik in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts. Sie alle fanden sich damals zusammen im Bibelbund, der damit die schlagkräftigste Vereinigung für die Irrtumslosigkeit der Bibel wurde. Andere Männer der ersten Stunde und Verfechter der Irrtumslosigkeit der Bibel waren: Generalleutnant von Hertzberg aus Frankfurt an der Oder, Generalleutnant von Viebahn aus Stettin aus den Brüderversammlungen und verschiedene Vertreter der Berliner Mission. Ebenso der Baron Julius von Gemmingen, ein Vater der deutschen Heiligungsbewegung.

Baron von Gemmingen war Vorstandsvorsitzender des Christlichen Kolportage-Vereins in Baden-Baden, Vorsitzender des Asyls Bethesda in Gernsbach, Herausgeber der Zeitschrift „Das Oelblatt“ und „Der Beröer“, sowie Gründer des „Deutschen Bibel-und Jugendbibelbundes“. Der Baron stand im engen Kontakt mit den Heiligungspredigern Otto Stockmayer und Andrew Murray und vertrat das Anliegen einer Totalhingabe auf den Gernsbacher Heiligungskonferenzen. Auch international war er aktiv und ein bekannter Konferenzredner.

Die Schar der Bibeltreuen im Bund war damals sicher noch klein angesichts der Majorität der kritischen Professoren an den Universitäten. Und doch wuchs der Bund schon in den ersten Jahren stark an, besonders in den Kreisen der Pfarrerschaft in Norddeutschland. Über die konkrete Arbeit des Bundes in den ersten Jahren ist leider wenig bekannt. Verantwortlich für die Vereinsarbeit waren Pastor Sauberzweig und Pastor Gaedke. Zunächst traf man sich zweimal im Jahr zu überregionalen Konferenzen in Stettin oder im CVJM-Haus in Berlin, auf denen dem Anliegen gemäß in Referaten für die Irrtumslosigkeit der Schrift und gegen die liberale Theologie gestritten wurde. Anwesend waren meist Pfarrer aus Mecklenburg und Pommern, eine größere Teilnehmerzahl hat es wohl nicht gegeben. Die Vorträge hielten u.a. Beyer, Diekmann und Greve. Auch sie zeichneten sich durch wissenschaftliche Arbeit aus, denn man zitierte ohne Skrupel hebräische und griechische Zitate.

1903 zählte man 157 Mitglieder im Bibelbund, ein Jahr später waren es schon 191. Etwa 70% waren Pastoren der Landeskirchen. Von Anfang an betonten die Vorsitzenden des Bibelbundes, daß die Voraussetzung für eine Mitgliedschaft nicht die Überzeugung von der Verbalinspiration, sondern nur von der Irrtumslosigkeit der Schrift sei. Allerdings war man sich darüber im klaren, daß viele Mitglieder beide Annahmen miteinander verbanden und es kaum jemanden gab, der die Verbalinspiration ablehnte. Trotzdem wollte man dadurch dem Mißverständnis vorbeugen, als vertrete man im Bibelbund eine mechanische Diktatinspirationslehre.

Erste Schriften des Bundes erschienen ab 1897 im Verlag Wollermann in Braunschweig

Erste Schriften des Bundes erschienen ab 1897 im Verlag Wollermann in Braunschweig, darunter wichtige Arbeiten zum Pentateuch und zur Archäologie. Autoren waren u.a. Theodor Beyer, Adolf Zahn und Julius Greve. In der ersten Broschüre der Veröffentlichungen des Bibelbundes schrieb Beyer über deren Zielsetzung:

„Es soll dieses Büchlein die Erstlingsgabe eines Bundes sein, der bisher im Stillen sich gesammelt und durch das Wort Gottes und durch Gebet sich gestärkt hat, der es nun im Namen des Herrn wagt hervorzutreten, zum Kampfe für das ‚durchaus und in allem Einzelnen wahre und von allem Irrtum freie Wort Gottes‘. Dieser Bund gedenkt, so der Herr Gnade gibt, diesen Kampf teils durch populäre Flugschriften teils durch wissenschaftliche Arbeiten zu führen; er nennt sich ‚Bibelbund‘, weil er sich auf die Bibel als auf das geschriebene Wort Gottes gründet und an seinem Teile dazu helfen will, daß unserem so schwer kranken Volke die lautere Quelle des Gotteswortes als das rechte Wasser des Lebens wieder erschlossen werde, daß die Heilige Schrift das ihr gebührende Ansehen, das ihr durch die moderne Theologie geraubt wird, wieder gewinne, damit sie mit ihrer seligmachenden und heiligenden Kraft alle Gebiete unseres Volkslebens erneuernd durchringe.“19

1.2 1901 bis 1911: „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ und der Fortgang der Arbeit

Nach dem Gesetz und Zeugnis 1903

Titelblatt „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ (Heft 1, 1903)

Ab April 1901 erschien erstmalig die Monatsschrift Nach dem Gesetz und Zeugnis, das Organ des Bibelbundes, in dem vornehmlich die „Kritik an der Bibelkritik“ gepflegt wurde.

Damit war eine Form gefunden worden, die Mitglieder regelmäßig über die Situation zu informieren. Den Titel des Blattes leitete man von Jesaja 8,20, wo es nach der alten Lutherübersetzung im Zusammenhang hieß:

„Wenn sie aber zu euch sagen: Ihr müsset die Wahrsager und Zeichendeuter fragen, die da flüstern und murmeln so sprecht: Soll nicht ein Volk seinen Gott fragen, oder soll man die Toten für die Lebendigen fragen? Ja nach dem Gesetz und Zeugnis! Werden sie das nicht sagen, so werden sie die Morgenröte nicht haben“ (Jes 8,19-20).

„Nach dem Gesetz und Zeugnis“ galt in diesem Text also als Aufruf zur Umkehr zu Gott und seinem Wort. Spätere Übersetzungen sprachen von einem Zurück zur „Weisung und Offenbarung“. Dieser Bußruf sollte durch die neue Zeitschrift über das geistlich tote Deutschland gerufen werden.

Erster Schriftleiter wurde bis 1911 das Gründungsmitglied Pfarrer Friedrich Gaedke. Die Zeitschrift erschien monatlich in einem Umfang von jeweils 32 Seiten, d. h. jährlich immerhin 384 Seiten. Die Jahresgebühren lagen bei drei Mark. In der Aufteilung der Hefte ging es um biblisch-erbauliche Betrachtungen und wissenschaftliche Abhandlungen. Geistliche Speise und akademische Betrachtung sollten also bewußt nebeneinander stehen. So verwundert es nicht, daß man z.B. einen Jahresplan für die Bibellese neben einer Widerlegung der religionsgeschichtlichen Schule abdruckte. Daneben berichtete man von den Aktivitäten des Bibelbundes und den Eintritten von neuen Mitgliedern. Biblische Fragen konnten an den Schriftleiter gestellt werden und wurden ausführlich beantwortet.

Die ersten Jahrgänge der Zeitschrift richteten sich insbesondere an Pfarrer, die auch den größten Teil der Mitglieder ausmachten. Die Sprache war klar und kernig, jedoch nicht polemisch. Über die Bibelkritiker seiner Tage urteilte damals Gaedke:

„Wenn die Herren doch bedenke wollten, welchen Schaden sie mit ihrer ‚Wissenschaft‘ anrichten und wie vielen sie dadurch zum völligen Unglauben an der Bibel und zum ewigen Verderben verhelfen! Wenn das Licht der Offenbarung ausgelöscht und verdunkelt wird, so wird Tausenden das Licht des Trostes in ihrer Trübsal und das Licht der Hoffnung am Rande des Grabes genommen. Mit verfinstertem Herzen gehen sie in der Stunde des Todes in die ewige Finsternis.“20

Wichtige Themen waren damals der „Bibel-Babel-Streit“, die Quellenscheidung im Pentateuch, die Frage nach dem Verhältnis von Bibel und Naturwissenschaft und die Schrifthaltung Martin Luthers.

Wichtige Themen waren damals der „Bibel-Babel-Streit“, die Quellenscheidung im Pentateuch, die Frage nach dem Verhältnis von Bibel und Naturwissenschaft und die Schrifthaltung Martin Luthers. Weiter kämpfte man auch gegen das Eindringen der Bibelkritik in die Kreise des konfessionellen Luthertums, aber auch der Gemeinschaftsbewegung.21 Z. B. kritisierte man die offene Schrifthaltung des bekannten Evangelisten Samuel Keller und die eigentümlichen Textkonstruktionen von Johannes Lepsius, beides profilierte Vertreter der Gemeinschaftsbewegung.Zudem wandte man sich gegen die nicht eindeutige Schrifthaltung der unter Friedrich von Bodelschwingh eröffneten Theologischen Schule in Bethel.

Gaedke beschäftigte sich als Schriftleiter intensiv um die Frage nach der Schöpfung im Kampffeld mit der neuen Naturwissenschaft. Hier hat sich der Bibelbund von Anfang an auf die Seite der Kreationisten gestellt, die gegen die Evolutionslehre von einer wörtlich verstandenen 24-Stunden-Schöpfung ausgehen. Auch in der Frage nach den geologischen Zeitskalen trat Endemann für eine junge Erde ein. In dieser Zeit, in der es noch nicht die Bücher von „Wort und Wissen“ gab, waren diese Aussagen mutig und notwendig und ein einsamer aber wichtiger Ruf, den Aussagen in 1Mose 1 vollständig zu vertrauen. Die Lehren von Charles Darwin wurden abgelehnt.

Einige weitere Überschriften von Artikeln aus dieser Zeit seien angeführt: „Zur Theologie Ritschls“; „Die Echtheit des Daniel“; „Das Alte Testament und Wellhausen“; „Konnte Jesus sündigen?“; „Gibt es zwei Schöpfungsberichte?“; „Was lehren die lutherischen Bekenntnisse von der heiligen Schrift?“; „Das Verhältnis der Evangelien zueinander“; “Jesaja als Zeuge gegen den Deuterojesaja“. Man merkt, wie stark die Schreiber sich an der aktuellen theologischen Diskussion beteiligten. So überrascht es nicht, daß häufig auf konkrete Neuerscheinungen von kritischen Theologen oder auf Ereignisse in den Landeskirchen eingegangen wurde. Der Bibelbund versteckte sich nicht, sondern wollte ein gewichtiges Wort im Kampf um die Bibel beitragen.

Die ersten Autoren des Organs kamen natürlich zunächst aus den eigenenReihen. Ein fruchtbarer Schriftsteller wurde Oskar Steinmeier, der erste Vorsitzende des Bibelbundes, der von dem Theologen Philippi geprägt war. Daneben tauchen immer wieder die Namen von Karl Endemann und August Vogel auf. Aber auch Beyer, Rupprecht und Kölling trugen Artikel bei.

Professor Karl Endemann

Professor Karl Endemann

Karl Endemann (1836-1919) war nach seiner Ausbildung am Berliner Missionsseminar ab 1860 Missionar in Südafrika gewesen, wo er mehrere Missionsstationen aufbaute.

Er übersetzte auch Teile der Bibel in verschiedene südafrikanische Sprachen. Krankheitsbedingt mußte er schon 1873 zurück in die Heimat. Ab 1876 war er Diakonus in Schönberg bei Görlitz, von 1882 bis 1891 Pastor in Neuendorf bei Potsdam. Aufgrund einer im Missionsdienst zugezogenen Schwerhörigkeit wurde er früh pensioniert, beschäftigte sich ab dieser Zeit insbesondere mit Sprachstudien, die ihn international berühmt machten. Zusätzlich veröffentlichte er eine Auslegung der Offenbarung und Beiträge zum Pentateuch,22 in denen er die Quellenscheidungstheorien verwarf. Zeitlebens war er eng mit dem Bibelbund verbunden und von der Irrtumslosigkeit der Schrift überzeugt. Seine Artikel zählten zu den tiefgründigsten Widerlegungen der modernen Bibelkritik.

Eine von vornherein entstandene Spannung machte sich gleich in den ersten Jahren des Bibelbundes bemerkbar und blieb eigentlich die ganzen 100 Jahre bestehen. Es ging um das Verhältnis von kirchlichen Lutheranern und Freikirchlern im Bibelbund. Dabei trafen zwei ganz verschiedene Traditionen aufeinander. Hier Bekenntnisbindung, dort Erlebnisfrömmigkeit. Hier Rechtfertigung, dort Heiligung. Im Jahre 1915 griff z. B. Steinmeier in einem Artikel die sogenannten Elberfelder Bibel der „Christlichen Versammlung“ an, denn er sah darin einen unguten „englischen Einfluß“ und eine Konkurrenz zur Lutherbibel. Im Bibelbund war aber auch Georg von Viebahn aus der Versammlung der Brüdergemeinden Mitglied! Von Viebahn protestierte prompt gegen die unsachlichen Einwände von Steinmeier, der aber in einem Gegenschreiben wieder heftig gegen die „Darbysten-Bibel“ zu Felde zog. Er nannte die Sprache der Elberfelder Bibel sogar „barbarisch“.23 Und auch in den nächsten Heften wurde dieses Thema ausführlich behandelt.

Hintergrund dieser Kontroverse war eine dezidierte Feindseligkeit gegenüber ausländischen Einflüssen. Heinrich Lenk, der sich auch kritisch gegenüber der Elberfelder Übersetzung äußerte, sah z. B. die gesamte Bibelkritik als ein Werk Englands!24 Der Deismus der Insel sei dafür verantwortlich gewesen. Andererseits versuchte Lenk nachzuweisen, daß die Gemeinschaftsbewegung aus rein deutschen Wurzeln entstanden sei und nichts mit der Heiligungsbewegung eines Robert Pearsall Smith zu tun hätte. Natürlich war diese Ausländerfeindlichkeit ein typisches Kennzeichen der Kaiserzeit und des deutschen Imperialismus. Auch der 1. Weltkrieg hat hier seine Spuren hinterlassen. Trotzdem wollte doch der Bibelbund für Gläubige aus allen Kreisen offen bleiben, wenn es auch immer wieder an diesem Punkte zu Spannungen gekommen ist. Die Kindertaufe und die Taufwiedergeburt kamen in „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ öfter einmal zum Vorschein und wurden von den Vorstandsmitgliedern nie in Frage gestellt.

Im Kontrast dazu gab es aber auch Stimmen im Bund, die auf ausländische Bibeltreue positiv hinwiesen. Das Anliegen der englischsprachigen Fundamentalisten wurde im „Bibelbund“ früh aufgenommen und lebhaft begrüßt. An einigen Stellen des Blattes wurde direkt auf den amerikanischen Fundamentalismus und seine Auswirkungen Bezug genommen. Der Kontakt zu chinesischen Fundamentalisten war durch den Holländer Arie Kok zustandegekommen, der früh Mitglied im „Bibelbund“ wurde. Kok war nach seiner Missionstätigkeit an der holländischen Gesandtschaft in China tätig. Später wurde er Generalsekretär des „International Council of Christian Churches“ und damit ein wichtiger Vertreter des Fundamentalismus aus der Richtung um Carl McIntire. Auch die Schriften von John Nelson Darby, dem Vater der Brüderbewegung in England, wurden wegen ihrer Schrifttreue empfohlen, ebenso die betreffenden Bücher des amerikanischen Evangelisten und Fundamentalisten Reuben Archer Torrey.

Trotzdem blieben die konfessionellen Unterschiede ein ewiges Konfliktfeld im Bibelbund.

Trotzdem blieben die konfessionellen Unterschiede ein ewiges Konfliktfeld im Bibelbund. Steinmeier nahm Kontakt zu den freikirchlichen Lutheranern in Sachsen auf und wies auf die Schriften im Verlag Johannes Hermann in Zwickau hin. Bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg herrschte im Bibelbund ein lutherischer Konfessionalismus vor, der die Lehre Luthers und der lutherischen Bekenntnisschriften stark beachtete und für freikirchliche Aktivitäten nichts übrig hatte.

1.3 1911 bis 1918: Die „Ära Steinmeier“

Gaedke legte 1911 die Schriftleitung von „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ nieder, die Gründe hierfür sind uns leider nicht bekannt. Trotzdem blieb er auch in Zukunft dem Bibelbund mit Beiträgen für sein Organ verbunden. Bis 1918 sprang dann der Vorsitzende Pfarrer em. Oskar Steinmeier aus Stettin ein, der ja für seine streng-lutherischen Einstellung bekannt war. Sie prägte auch die nächsten Jahrgänge bis 1918. Die wichtigsten Autoren waren auch in dieser Zeit wieder Endemann, Beyer und der neue Schriftleiter. Eine gewisse Einseitigkeit trat dadurch ein, daß Steinmeier ganze Hefte fast alleine gestaltete. Auch jetzt druckte man noch jeden Monat eine Ausgabe mit 32 Seiten. Der Jahresbezugspreis lag bei 2,50 Mark. Mitglieder bezahlten 3,- Mark und bekamen das Heft automatisch zugesandt. In der Sparte „Allerleirauh“ gab Steinmeier regelmäßige Berichte über die geistliche Situation im Deutschen Reich. Obwohl es in diesen Jahren dem Bibelbund finanziell nicht immer gut ging, kamen doch neue Mitglieder hinzu: Dr. Emil Dönges, Dr. Georg Stosch, Prof. Hashagen und Pfarrer Johannes Kuhlo aus Bethel. 1915 begrüßte man das 300ste Mitglied im Bibelbund.

Steinmeier war der Monarchie streng ergeben und begann nun, auch politisch im Bibelbundorgan Stellung zu nehmen. Die damals aufkommende Kritik am Kaisertum war für ihn im Grunde ein Resultat der Kritik an Gott und seinem Wort. Sozialdemokratie stand gleichbedeutend mit Gottlosigkeit. So verwundert auch nicht, daß er im 1. Weltkrieg eine scharfe Lanze gegen England und seine Verbündeten brach. Man zitierte gerne aus den englandfeindlichen „Kriegsaufsätzen“ von Houston Stuart Chamberlain. Den Kriegseintritt der USA bezeichnete man als eine Schmach für alle Amerikaner. In diesem Zusammenhang wurde auch wieder gegen die „englische“ Elberfelder Bibel geurteilt. Englische Lieder sollten aus den Gesangbüchern gestrichen werden. Das eigentliche Anliegen des Bibelbundes, die Verteidigung und der Erweis der Inspiration der Schrift, trat leider damals in den Hintergrund. Steinmeier wehrte sich auch gegen die Evangelisationen, wie sie in Amerika und England abgehalten wurden und empfand sie als undeutsch und unlutherisch.

Im 1. Weltkrieg führte man auch eine Rubrik über Erlebnisse von der Ost- und Westfront ein. Immer wieder finden sich Aufrufe zum ernstlichen Gebet für den Sieg des deutschen Volkes über die Feinde. Als die Erfolge mit den Jahren ausblieben und der Krieg endgültig verloren war, suchte man nach Antworten. War nicht der allgemeine Abfall von Gott in der Gesellschaft der Hauptgrund für die Niederlage? Hatte man sich nicht in Selbstüberhebung und Hochmut gesonnt, nachdem die ersten Kriegserfolge durchsickerten?

Interessante Artikel zum eigentlichen Anliegen des Bibelbundes finden sich aber doch ab und an in den Jahrgängen. So eine schriftliche Kontrovers zwischen dem Alttestamentler Prof. Eduard König und Professor Karl Endemann vom Bibelbund. König galt noch als ein gemäßigter Bibelkritiker und hat Zeit seines Lebens immer wieder auf den Bibelbund hingewiesen, ohne seine Schrifthaltung zu teilen. Im Gegensatz zu seinen Universitätskollegen schwieg er den Bibelbund nicht tot, sondern setzte sich profund mit seinen Argumenten auseinander. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß er im Bibelbund im hohen Ansehen stand.

Dr. Georg Stosch

Dr. Georg Stosch

Dr. Georg Stosch (1851-1920) war ein weiterer fleißiger Schriftsteller und Redner im damaligen „Bibelbund“.

Geboren in Bautzen studierte Stosch in Leipzig und Erlangen Theologie, in Erlangen unter Johann Christian Konrad von Hofmann. Nach dem Studium wurde er von 1880-88 Pfarrer in Marienberg bei Helmstedt, anschließend ging er mit der Leipziger Mission nach Südindien. Von 1892 bis 1906 war er am Elisabeth-Diakonissenkrankenhaus in Berlin tätig. Parallel dazu lehrte er ab 1902 an der Berliner Universität das Fach Mission. Ab 1906 war er als Pfarrer in Neuwedell tätig.

Zu seinen Lebzeiten veröffentlichte Stosch über 23 Bücher zu verschiedenen theologischen Themen; ein Kommentar über das Buch Genesis kam nicht zur Veröffentlichung. Sein Sohn urteilte über seinen Lebensgang:

„All sein Denken und Forschen und Lernen hatte nur ein Ziel: Die Bibel. Dies Buch in seiner Herrlichkeit zu zeigen und als Gottes Wort zu erweisen, dem gehörte sein Leben.“25

In seinen bekannten „Alttestamentlichen Studien“ verteidigte Stosch die historische Glaubwürdigkeit der biblischen Berichte, insbesondere der Ur- und Patriarchengeschichten.

In seinen bekannten „Alttestamentlichen Studien“ verteidigte Stosch die historische Glaubwürdigkeit der biblischen Berichte, insbesondere der Ur- und Patriarchengeschichten. Das Buch Genesis verstand er als eine von Mose verfaßte Tatsachenbeschreibung, bei der der Autor auf ältere Quellen zurückgegriffen habe.

Sein umfangreiches Buch „Das Wesen der Inspiration auf Grund des alttestamentlichen Schrifttums untersucht“26 zeigte die Echtheit und Glaubwürdigkeit der alttestamentlichen Berichte auf. Stosch wandte sich darin gegen den religiösen Eklektizismus der „Positiven Theologie“, die im Alten Testament Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden wollte. Schon die verändernde Kraftwirkung der alttestamentlichen Schriften auf den suchenden Leser bezeuge die Inspiration Gottes durch den Heiligen Geist. Stosch begründete seine Grundannahme einer Verbalinspiration:

„Schon hier aber darf bemerkt werden, daß eine prinzipielle Scheidung zwischen Wort und Gedanken, zwischen dem Wesen und dem Ausdruck der Dinge den tieferen Beobachtungen, sei es des Denkprozesses, sei es des Geisteslebens überhaupt, nicht entspricht. Der vollkommenste Gedanke ist unvollkommen, wenn wir den völlig entsprechenden Ausdruck für ihn nicht zu finden wissen.“27

Eine mechanische Inspirationsauffassung lehnte aber auch Stosch ab. Dabei war ihm nicht nur die Prophetie Beleg für Inspiration, sondern auch die Exaktheit der Geschichtsbeschreibungen und der Poesie.

Ein Jahr später erschien „Die Inspiration der neutestamentlichen Evangelien“28, das Gegenstück zur alttestamentlichen Studie. Inspiration war hier für Stosch das „Zusammenwirken göttlichen und menschlichen Geistes“, ohne das damit ein Irrtum verbunden wäre. Allein die Autorität und Inspiration des Messias Jesu belege die Glaubwürdigkeit der Jesusberichte. Stoschs theologische Schriften verlangten einen gebildeten Leser, der sich mit den verschiedenen theologischen Theorien und Anschauungen auseinandergesetzt hatte und der griechischen und hebräischen Sprache mächtig war. In seiner konfessionellen Ausrichtung blieb er im Rahmen des strengen Luthertums. Trotzdem fanden seine Schriften auch in der Gemeinschaftsbewegung ihren Platz.

Prof. Dr. Johannes Hashagen

Prof. Dr. Johannes Hashagen

Ein anderer wichtiger Vertreter des „Bibelbundes“ war damals der Professor für praktische Theologie in Rostock Johann Friedrich Hashagen (1841-1924).

Hashagen studierte in Erlangen und Göttingen, wurde 1869 Pastor in Schwanewede, ab 1871 in Bremerhaven. 1879 wurde er erster theologischer Lehrer am Seminar der Leipziger Mission, 1886 dann Stiftsprediger in Eisenach. 1888 wurde er als ordentlicher Professor nach Rostock berufen.

Seine Artikel wurden mehrere Male im Bibelbundorgan nachgedruckt, und auch seine Predigten und Briefe gerne wiedergegeben. Seine Lebenserinnerungen hat Hashagen in einer vierbändigen Autobiographie festgehalten, die im Erzählstil das Wanderleben des Predigers wiedergeben. In Erlangen von Hofmann beeinflußt verwarf er früh die Ergebnisse der liberalen Kritik. Hashagen schrieb:

„Das schließliche Ergebnis im Anschluß an Erlanger Studien konnte ich dahin zusammenfassen, daß ich dem Intellektualismus und damit zugleich dem Historizismus in der Theologie definitiv absagte. Eine lateinische Disputation, die ich mit einem Bekannten vor der theologischen Fakultät als Mitglied des theologischen Stifts zu halten hatte und deren Thema die Inspiration der Bibel war, brachte diesen Abschluß wesentlich zustande.“29

Am Ende seiner Studienzeit konnte er feststellen:

„Wenn ich endlich noch einen charakteristischen Zug hier hervorheben darf, der meine Studentenzeit und mein ganzes späteres Leben beherrschte, so ist dies, wie ich keinen Augenblick bezweifeln kann, mein Bemühen, die Stellung, welche ich als Christ zur heiligen Schrift einnahm, auch wissenschaftlich zu begründen.“30

Bis zu seinem Lebensende war ihm die Bibel in allen ihren Teilen das untrügliche Wort Gottes.31

Im Organ des „Bibelbundes“ meldete sich Hashagen häufig zu Wort. Sein Aufsatz „Christi Bekenntnis zum Alten Testament, als zum Wort Gottes, bindet jeden gläubigen Christen“32 erschien als separate Veröffentlichung des „Bibelbundes“. Darin stellte er Jesu Verhältnis zum Alten Testament als vorbildlich für den Gläubigen und als Bollwerk gegen die liberale Kritik heraus. Hashagen schrieb:

„Großes Gewicht ist auf die wissenschaftliche Abwehr dieser Angriffe und Entstellungen zu legen. In Deutschland, in der Schweiz, besonders in den Vereinigten Staaten mangelt es auch nicht an Gelehrten, welche diesen Kampf mit aller Sachkunde, mit vorzüglichem Scharfsinn erfolgreich durchführen … Im übrigen vermag kein wissenschaftlicher Gegenbeweis die grundfalsche dogmatische Voraussetzung zu entwurzeln, in der die Kritiker an das Alte Testament hinantreten, da sie es als ein natürlich entstandenes, menschliches Erzeugnis ihrer Prüfung unterwerfen.“33

Auch Hashagens „Schrift- und Kirchenstudien“ gegen die liberale Theologie, die er bei der Missionsbuchhandlung der Hermannsburger Mission veröffentlichte, bezeugten seine orthodoxe Inspirationsauffassung.34 Jesu Stellung zum Alten Testament sei die unbedingte vorbildhafte Aufforderung auch an die Gemeinde, die Texte der Bibel als vertrauenswürdige und inspirierte Dokumente zu betrachten.35 So wurde Hashagen zu einem der wenigen Universitätsprofessoren, die die bibeltreue Schrifthaltung des Bibelbundes offen und kontrovers lehrten und verkündigten.

Pfarrer Heinrich Lenk

Pfarrer Heinrich Lenk

Neben den genannten wirkten gerade in dieses Jahren wietere wichtige Autoren und Schriftforscher im Bibelbund: So z. B. Heinrich Lenk (1845-1922), der als Pfarrer verschiedene Gemeinden betreute.

Seine dogmatische Arbeit über die Gotteslehre36 wurde mehrfach aufgelegt und fand eine weite Verbreitung. Auch er war ein kompromißloser Lutheraner und bekannt für seine Abneigung gegenüber den Freikirchen. G. Finke, ebenfalls lutherischer Pastor in den USA, wandte sich als Bibelbundmitglied recht früh gegen die Quellenscheidung im Pentateuch.37 Er war es auch, der die Archäologie seiner Zeit als Beleg für die Berichte des Alten Testamentes fruchtbar machen wollte.38 Zudem Pastor Wilhelm Quistorp39 (1856-1923), der nach seinem Studium in Leipzig, Erlangen, Berlin und Greifswald Pastor der Gemeinde in Schweringsburg wurde. Später wohnte er in Liepe auf Usedom. Einige Jahre war er auch Herausgeber der „Lutherischen Rundschau“. Sie alle standen hinter der Satzung des Bibelbundes, die von der Irrtumslosigkeit der ganzen Schrift sprach.

2. In der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“

2.1 1919 bis 1925: Die Krisenjahre des Bibelbundes

Nach dem Tode von Steinmeier folgte als Schriftleiter von 1918 bis 1937 Heinrich Cornelius, ab 1929 in Zusammenarbeit mit dem Alttestamentler Wilhelm Möller. Heinrich Cornelius war damals Pfarrer an der St. Michaeliskirche in Lütjenburg und über Prof. Endemann zum Bibelbund gekommen. Auch er war überzeugter Lutheraner und äußerte sich in diesem Sinne mehrmals in „Nach dem Gesetz und Zeugnis“. Die Lehre vom 1000-jährigen Reich lehnte er in Bezugnahme auf die lutherischen Bekenntnisschriften ab. Seinen Dienst für den Bibelbund sah er zunächst nur als einen „Notnagel“, war aber bereit, mit seinen Fähigkeiten in die Bresche zu springen. Durch den Tod von Steinmeier und Endemann war eine erhebliche Lücke im Bibelbund entstanden. In der Schriftfrage stand Cornelius aber unverbrüchlich zur Satzung des Bibelbundes:

„Wir stehen mit diesem Bekenntnis zur Irrtumslosigkeit der Bibel voll und ganz auf dem Formalprinzip der deutschen Reformation … Wir meinen, wer ernst macht mit jenem Bekenntnis, dem müsse auch die Stellung des Herrn zur Schrift maßgebend sein!“40

Fortsetzungsartikel lieferten Anfang der 20er Jahre Dr. Arnold Braune über Hesekiel, Prof. Theodor Beyer über Chronika und Dr. Karl Endemann über den Jakobusbrief. So wollte man auch die biblische Unterweisung der Gemeinde Jesu sicherstellen. Auffallend sind die vielen Buchbesprechungen in dieser Zeit. Kaum eine Ausgabe, in der nicht zwanzig und mehr neue Bücher vorgestellt oder rezensiert wurden. Inhaltlich ging es in diesen Nachkriegsjahren mehr um die Stärkung der Gemeinde angesichts der äußeren Not – scharfe Auseinandersetzungen mit der Bibelkritik waren eher die Ausnahme.

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg war wirtschaftlich für den Bibelbund eine Krisenzeit. Die Papierqualität wurde immer schlechter, der Umfang der Zeitschrift ging aus Geldmangel zurück.

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg war wirtschaftlich für den Bibelbund eine Krisenzeit. Die Papierqualität wurde immer schlechter, der Umfang der Zeitschrift ging aus Geldmangel zurück. Manchmal war der Druck so schwach, daß man kaum einen Artikel richtig entziffern konnte. Nun fing man auch an, Doppelnummern für zwei Monate herauszugeben, später sogar für drei Monate. Während der Inflationszeit stiegen die Ausgaben für ein Heft auf 7 Milliarden DM. Hilfe kam damals aus dem Ausland, vor allen Dingen aus Schweden, Holland,und Nordamerika, wo Freunde des Bibelbundes größere Beträge zur Verfügung stellten. Nur durch ihre Hilfe gelang es, daß der Bibelbund überhaupt seine Arbeit weiterführen konnte.

Dazu kam in den Jahren nach dem ersten Krieg auch die Passivität mancher Mitglieder. Die Bedeutung der Bibelfrage war durch materielle Nöte in den Hintergrund getreten. Zwar konnte man 1919 immer noch auf 350 Mitglieder zurückgreifen, aber aus der finanziellen Not heraus traten immer mehr Mitglieder aus. An eine Hauptkonferenz war angesichts der hohen Bahnpreise sowieso nicht zu denken. So stagnierte die gesamte Arbeit bis Mitte der 20er Jahre. Die äußere Not drückte und verhinderte auch tiefere theologische Arbeit. Zur Weimarer Republik fand der Bibelbund wie so viele andere Christen, keine ausgewogene Stellung. Heinrich Cornelius, nahm 1919 den Kaiser und General Ludendorff gegen jede Kritik in Schutz. Mit der Demokratie konnte man nichts anfangen – auch weil sie sich schlecht verkaufte. Trotzdem dominierten die theologischen Artikel in „Nach dem Gesetz und Zeugnis“.

2.2 1925 bis 1945: Der Aufschwung und die Einschränkung im Dritten Reich

Einen sichtlichen Aufschwung gab es dann mit dem Jahre 1925. Immer mehr neue Mitglieder konnten im Bibelbund begrüßt werden, so z. B. Pfarrer Theophil Krawielitzki vom Diakoniewerk Marburg, Johannes Warns und später Erich Sauer von der Bibelschule Wiedenest, Fritz Rienecker u. a. Der Umfang der Hefte stieg wieder auf jährlich über 400 Seiten. Auch das Niveau wurde besser und man beschäftigte sich wieder mit den eigentlichen theologischen Fragen um die Bibel. Seit 1924 gab es mehrjährige öffentliche Hauptversammlungen des Bibelbundes in Berlin und anderen Stätten, zu denen teilweise bis zu 400 Besuchern kamen. Zum damaligen Vorstand gehörten neben Cornelius die Pastoren Selmke und Gaedke, Professor Beyer und Superintendent Rohnert. Neu in den Bibelbund kamen auch Männer aus dem württembergischen Pietismus wie Gottlob Faber und Oberleherer Kühnle aus Canstatt. Die Entstehung der Württembergischen Bibelschule in Canstatt und der Bibelschule des „Deutschen Bundes der Mädchen-Bibelkreise“ in Leipzig beachtete man mit großen Interesse.

Seit Mitte der 20er Jahre bewegte den Bibelbund die Frage nach der Dialektischen Theologie eines Karl Barth

Die Themen dieser Zeit waren vielfältig. Seit Mitte der 20er Jahre bewegte den Bibelbund die Frage nach der Dialektischen Theologie eines Karl Barth, der mit seinem Römerbrief neuen Wind in die Theologie gebracht hatte. Zwar begrüßte man hierbei das neue Fragen nach dem Wort Gottes und die Ablehnung Barths der liberalen Theologie, durchschaute jedoch die unbefriedigende Haltung Barths zur Irrtumslosigkeit der Bibel.41 Auch in Zukunft wurde immer wieder vor der falschen Bibelhaltung Barths im Bibelbund gewarnt, bei der das Wort Gottes erst durch die Verkündigung zum Wort Gottes würde. Diesen Kompromiß in der Schriftfrage lehnte der Bund von vornherein ab.

Dr. Wilhelm Möller

Dr. Wilhelm Möller

Im Jahre 1928 übernahm Pastor L. Fündling aus Hüpede bei Pattensen die Kassenverwaltung des Bundes. Ein Jahr später zog Cornelius von Lütjenburg nach Bad Salzuflen. Im Rahmen dieser Adressenänderung des Schriftleiters wurde auch Dr. Wilhelm Möller (1872-1956) gebeten, als Mitherausgeber zu fungieren. Er wurde der bekannteste Autor des Bibelbundes.

Möller wurde 1872 in Plennschütz als Nachkomme eines alten Pfarrergeschlechts geboren. Nach Studien in Halle und Erlangen wurde er Mitglied im Predigerseminar in Wittenberg, dann war er ein Jahr am Kandidatenkonvikt in Bethel. Anderthalb Jahre war er Studieninspektor am Predigerseminar in Soest. 1902 wurde er Diakonus in Schlieben, 1905-06 studierte er orientalische Sprachen in Greifswald, wo er auch promovierte. Ab 1912 nahm er bis zu seiner Pensionierung eine Pfarrstelle in Rackith an der Elbe ein.

Nachdem Möller durch seinen Lehrer Prof. Kautzsch in Halle von der liberalen alttestamentlichen Forschung zunächst überzeugt worden war, konnte er sich erst in einem jahrelangen Kampf von der liberalen Theologie lösen. Zunächst brachte ihn der konservative Alttestamentler August Köhler in Erlangen zum Nachdenken, insbesondere was die Einwände gegen Wellhausen betraf. Später las er auch die Werke Hengstenbergs. Seiner Neigung zu exakt-wissenschaftlicher Arbeit war es zu verdanken, daß er allmählich und nach intensiver eigener Forschung von der Unhaltbarkeit der alttestamentlichen Kritik überzeugt wurde. Der Kontakt zum Bibelbund bestärkte ihn auf diesem nicht immer leichten Weg von der Kritik hin zum Vertrauen in die Schrift.

Möller publizierte später z. T. umfangreiche grundlegende Arbeiten zum Alten Testament, die in mehrere Sprache übersetzt worden sind und auch heute noch ihren Wert haben: 1899 erschien sein Werk „Historisch-kritische Bedenken gegen die Graf-Wellhausensche Hypothese von einem früheren Anhänger.“ In diesem Werk wies Möller nach, daß die drei Gesetzessammlungen des Pentateuch in der gegebenen Reihenfolge entstanden sein müssen. Zudem gingen sie in den Grundgedanken auf Mose zurück.„ Die Entwicklung der alttestamentlichen Gottesidee in vorexilischer Zeit“ war ein zweiter Titel aus dem Jahre 1903, in dem er sich gegen die evolutionistische Auffassung von der Entwicklung der israelitischen Religion richtete. Der ethische Monotheismus wurde nach Möller nicht erst von den Schriftpropheten, sondern von Anfang an in Israel verkündet.„ Die messianische Erwartung der vorexilischen Propheten“ erschien 1906. Dort wandte sich Möller gegen die Unechtheitserklärungen der Kritiker bezüglich der vorexilischen Propheten Amos, Hosea, Jesaja, Micha, Jeremia und Hesekiel. Im Jahre 1912 erschien dann ein entscheidendes Werk unter dem Titel „Wider den Bann der Quellenscheidung“. Anhand der Abrahamsgeschichte wies Möller hier die Einheit des Bibeltextes und damit die Unhaltbarkeit der Quellentheorie nach.

Seit 1924 veröffentlichte Möller auch in „Nach dem Gesetz und Zeugnis.“ Hier fand er nach Jahren der Einsamkeit die Gemeinschaft von Gleichgesinnten, in der sich seine Gaben prächtig entfalten konnten. Möllers tiefgründigen Artikel gehören zu dem Besten, was in „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ je erschienen ist. Immer wieder ging es ihm um die Einheit und Echtheit des Pentateuch gegen die liberale Theologie seiner Tage. Mitte dem Jahre 1925 begann man auch wieder, separate Schriften im Bibelbund zu veröffentlichen. Schon 1919 hatte Cornelius den Selbstverlag des Bibelbundes grgründet. Den Anfang machte hier Wilhelm Möller mit seinen „Rückbeziehungen des 5. Buches Mosis auf die vier ersten Bücher“. Möller wollte darin zeigen, daß das fünfte Buch Mose die vier ersten Mosebücher sowohl inhaltlich als auch formal voraussetzt, wobei die Abfassung zur Zeit des Mose zwingend angenommen werden muß. Auch die nächsten Veröffentlichungen des Bibelbundes kamen aus der Feder von des fleißigen Wilhelm Möller.42 Ab 1930 legte man einige Arbeiten Möllers als Separatdrucke dem Bibelbundheft in mehreren Lieferungen bei.

Möller bezeichnete seine 1931 erschienene Schrift „Einheit und Echtheit der 5 Bücher Mosis“ selbst als seine wichtigste Arbeit.

Möller bezeichnete seine 1931 erschienene Schrift „Einheit und Echtheit der 5 Bücher Mosis“ selbst als seine wichtigste Arbeit. Sie stellt eine Zusammenfassung seiner Kritik und eine positive Darstellung des Aufbaues der Mosebücher dar. Zusammen mit seinen beiden Kindern Hans und Gretel Möller schrieb er 1934 seine „Einleitung in das Alte Testament“. Im Jahre 1938 folgte das umfangreiche Werk „Biblische Theologie des Alten Testaments in heilsgeschichtlicher Entwicklung“. Auch an diesem Werk schrieb sein Sohn Hans Möller mit. 1958 erschien dann noch posthum eine weitere Einleitung ins Alte Testament,43 wieder unter sachkundiger Mithilfe seiner beiden Kinder.

Trotz aller Publikationen sind die Arbeiten von Möller von der kritischen alttestamentlichen Forschung nur unzureichend gewürdigt worden. Nach anfänglichem Interesse von Fachkollegen wurde er mit der Zeit weitgehend isoliert und totgeschwiegen. 1908 versuchte Martin Kähler in Halle vergeblich, ihm eine ordentliche Professur für Altes Testament zu verschaffen, ebenso zerschlugen sich andere Berufungen nach Bethel und Greifswald. Trotzdem blieb Möller der profilierteste Vertreter einer bibeltreuen Theologie im „Bibelbund“. Ähnlich wie einige Jahrzehnte vor ihm Hengstenberg hat Möller auf eine gebildete Art und Weise die Bibelkritik auf dem Hintergrund des eigenen Fundamentalismus in Frage gestellt. Von der Bildung her war Möller neben Kölling und Rupprecht sicher der geeignetste und tiefgründigste Gegner der Bibelkritik. Sein Andenken sollte gerade heute wieder hochgehalten und sein Werk mehr gewürdigt werden.

Prof. Dr. Albert Wilms

Prof. Dr. Albert Wilms

Auch der Hamburger Professor am Wilhelmsgymnasium Albert Wilms (1853-1933) schrieb mehrere Beiträge im Bibelbundorgan und beschäftigte sich in Büchern mit dem modernen Zeitgeist.

Er scheute sich nicht, mit markigen Worten die „Dialektische Theologie“ eines Karl Barth anzugreifen, der mit einem Bein immer noch im Rationalismus steckengeblieben sei.44 Wilms schrieb:

„Die Barthsche Theologie also bedeutet nicht den Beginn einer neuen Theologie, sondern den Abschluß des dahinsinkenden, an Jesuslosigkeit sterbenden Modernismus, ein Aufflackern der altgewohnten Vergeistigung und Verwässerung biblischer Wirklichkeit und Wahrheit über den eingebildeten Irrealitäten der Bibel.“45

War die zweite Hälfte der 20er Jahren eine Blütezeit im Bibelbund, kam mit dem Nationalsozialismus ab 1933 eine weitere Krise über den Bund.

War die zweite Hälfte der 20er Jahren eine Blütezeit im Bibelbund, kam mit dem Nationalsozialismus ab 1933 eine weitere Krise über den Bund. Die Mitgliederzahlen gingen wieder zurück. Vor allen Dingen durchschaute man nicht die Gefahr des heraufziehenden Nationalsozialismus, sondern hängte sich unkritisch an den Führer und seine Genossen. In dem einseitigen Kampf um die Glaubwürdigkeit der Bibel übersah man den Feind von der politischen Seite her. Die starke Verwurzelung des Bibelbundes im strengen Luthertum mit seiner Zwei-Reiche-Lehre führte hier zu einer schuldhaften Verstrickung.

Trotzdem war man zunächst vorsichtig. Schon früh wehrte man sich im Bibelbund gegen die Vorstellung, daß Jesus ein Arier und kein Jude gewesen sei.46 Auch einer Loslösung der deutsch-völkischen Bewegung vom Alten Testament wurde schon in den 20er Jahren widerstanden. Nach der Machtergreifung Hitlers wandte man sich gegen die politischen und religiösen Ziele der „Deutschen Christen“ und gegen den Antijudaismus eines Ludendorff. Eine Reichskirche lehnte Cornelius schon aus konfessionellen Gründen ab. Andererseits spach Wilhelm Möller schon 1926 auf einer Bibelbundtagung von der „zersetzenden Wirkung des Judentums auf die Völkerwelt“. Auch sah man die antichristliche Internationale mehr im Bolschewismus, als in der Gefahr von rechts. Die Machtergreifung Hitlers begrüßte man im Bibelbund mit den meisten anderen Christen als eine Führung Gottes vor der drohenden Gefahr des Bolschewismus. Das Vorgehen des Staates gegen die Juden spielte man herunter und rechtfertigte sie mit den besonders schwierigen Verhältnissen der Zeit. Vielmehr machte man auf die Anstrengungen der Reichsregierung gegen Schund- und Schmutzliteratur und gegen die Prostitution aufmerksam. An Hitler konnten und wollte man keine Kritik üben. Aber einer „Rassereligion“ widerstand man aufs entschiedenste.47

Trotzdem hieß es 1936:

„Als Deutsche wollen wir Gott danken, daß er uns einen Führer gegeben hat, der mit starker, energischer Hand dem verderblichen Einfluß des Judentums in Wirtschaft, Politik, Recht und Kultur Schranken setzt.“48

Auch Cornelius drückte mehrfach im Blatt seine Liebe zum Führer Adolf Hitler aus.

Auf der Arbeitsgemeinschaft des Bibelbundes im Februar 1937 in Großenwiehe sprach das Mitglied E. Kruse auf Einladung von Pastor Friedrich Hübner über die Bekehrung der Germanen. Darin wollte er gegen die freigeistige Bewegung nachweisen, daß die alten Germanen freiwillig das Christentum angenommen hätten, nicht aus Zwang.49 Auch für Schriftleiter Cornelius war klar, daß nach der Verwerfung Jesu durch die Juden nur noch Unheil von ihnen über die Erde kommen konnte. Die schlimmste Judenhetze formulierte aber Schuldirektor August Fliedner in seiner Artikelsserie über die Schöpfung. Nach einer Aufzählung von Greultaten der Juden an Christen, in denen auch die Verfolgungen unter dem Bolschewismus in Rußland eingereiht wurden, entblödete sich der Autor nicht, neben den scheinbaren Kronzeugen für Judenfeindschaft wie Jesus, Paulus und Luther auch Hitler als „vierten Zeugen“ aufzuführen, der

„unserm Volke mit so goldtreuem Herzen so große Wohltaten getan hat, der uns Leib und Leben behütet hat; denn sonst hätten uns die Juden schon von Haus und Hof getrieben und unsere Kirchen zerstört, ja, uns selbst ums Leben gebracht. Hitler ist der größte deutsche Staatsmann, größer als einst Bismarck; denn zum erstenmal seit Luther hat Adolf Hitler der jüdischen Lügen- und Mordpest auf den Grund gesehen und deshalb die Schutzgesetze gegen die Juden gegeben.“50

Bevor bekehrte Juden überhaupt getauft werden könnten, müßten sie nach Fliedner erst eine zweijährige Probezeit durchlaufen, um die Kirche vor der Zerstörung zu sichern.

Auch Wilhelm Möller konnte sich 1939, als die Judenverfolgungen schon längst bekannt waren, hinter den nationalsozialistischen Staat stellen:

„Und es ist erst recht kein Geheimnis, wie unselig und verderblich sich der jüdische Geist, qualitativ betrachtet, ausgewirkt hat. Daß der Staat hier eingegriffen hat, war nicht nur sein gutes Recht, sondern seine von früheren Regierungen nicht geübte Pflicht, und alle müssen ihm das von ganzem Herzen danken, auch die evangelischen Christen; denn alle hatten in dem jüdisch verseuchten Staat mitzuleiden.“51

Zur Bekennenden Kirche hat man im Bibelbund keinen Kontakt bekommen, weil man sich zu starr an das lutherische Bekenntnis hielt.

Für ihn gab es einen starken Gegensatz zwischen Altem Testament und Judentum, so daß man beides nicht miteinander verbinden dürfe. Auf diese Art und Weise wollte auch Möller gegen die Abschaffung des Alten Testamentes als Wort Gottes protestieren. Ja das Alte Testament galt ihm sogar als bester Verbündete im Kampf gegen das moderne Judentum. Damit lieferte er jedoch ungewollt den Machthabern ein weiteres Argument für die Vernichtung der Juden. Zur Bekennenden Kirche hat man im Bibelbund keinen Kontakt bekommen, weil man sich zu starr an das lutherische Bekenntnis hielt. Ein Bündnis mit unierten oder reformierten Pfarrer war nicht möglich.

Eine rein formale Rechtgläubigkeit schützte nicht vor der Verführung der braunen Diktatur.

Nur mit Scham kann man auf die Äußerungen der damaligen Autoren des Bibelbundes zurückschauen. Durch ihre bewußte Kritik am Judentum und ihr mangelndes Eintreten für das verfolgte Volk Gottes haben sie, wie so viele andere Deutsche, Schuld auf sich geladen. Zwar wandte man sich gegen den Rassismus von Alfred Rosenberg und den Deutschen Christen, aber Hitlers Politik hat man bis zum bitteren Ende im Bibelbund nicht durchschaut. Der Eintritt für die Irrtumslosigkeit der Bibel führte nicht dazu, daß man die Weltanschauung der Nazis durchschaute. Eine rein formale Rechtgläubigkeit schützte nicht vor der Verführung der braunen Diktatur.

Im August 1937 erkrankte damals der Schriftleiter des Bundes, Heinrich Cornelius, ernsthaft. Fast zwanzig Jahre hatte er diesen aufopferungsvollen Dienst ehrenamtlich neben seinem Pfarramt ausgeführt. Er übergab die Arbeit in die Hände von Karl Ramge, ebenfalls ein strenger Lutheraner, der Bibel und lutherisches Bekenntnis in eins setzten wollte. Beide Pole würden sich gegenseitig bedingen. Ramge war Strafanstaltspfarrer in Amberg in der Oberpfalz und bis dahin eigentlich nicht sonderlich im Bibelbund in Erscheingung getreten. Besonders die Theologie Vilmars hat auf Ramge gewirkt und wurde nun mehrfach in Zitaten und ganzen Artikeln angeführt. Auch Ramge war überzeugter Hitlerverehrer und fand glühende Worte für den Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. 1938 wurde er auch erster Vorsitzender des Bibelbundes, konnte aber bis zum Verbot des Blattes 1939 keine neuen Impulse mehr setzen.

Zu den eigentlichen Herausforderungen der Zeit und zur Judenfrage hat man keine Antwort gefunden.

1939 gehörten zum Bibelbund ca. 250 Mitglieder, also 200 weniger als 1929, wo man 450 zählte. In den Zwischenjahren wurde zu wenig Öffentlichkeitsarbeit getrieben, auch die Konferenzen fanden in den 30er Jahren nur noch sporadisch statt. Den Vorstand bildeten damals die Brüder Cornelius, Wilhelm Möller, Wendt, Schulz und Burgdorf. Für die Gebiete Schlesien war August Cornelius, für Hannover Ludwig Fündling zuständig. Mit Abstand die meisten Mitglieder wohnten in Norddeutschland. Mit Kriegsbeginn hörte die eigentliche Bibelbundarbeit auf, die Katastrophe der deutschen Niederlage beendete auch im Bibelbund alle nationalen Träumereien. Zu den eigentlichen Herausforderungen der Zeit und zur Judenfrage hatte man keine Antwort gefunden.

3. Die Nachkriegsphase 1945 bis 1964

Wie ging es nun nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches im Jahre 1945 mit dem Bibelbund weiter?

3.1 Der schwierige Wiederaufbau

Wie bei vielen anderen Vereinen und Gruppierungen gestaltete sich der Wiederaufbau nach dem Kriege beim Bibelbund äußerst schwierig. Die desolate wirtschaftliche Situation und die völlige Zerschlagung der kommunikativen Einrichtungen erschwerte die Kontaktfindung der zerstreuten Mitglieder. Nun war man zunächst mit dem Wiederaufbau des Notwendigsten beschäftigt. Vorrangig ging es um eine Neuordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland und um die Aufarbeitung der Schuldfrage der Kirchen im „Dritten Reich“. Zwar war man in Deutschland für die Zerschlagung der nationalsozialistischen Theologie und Ideologie dankbar, aber neben dem schwierigen Neuaufbau kam auch das belastete Gewissen über eigenes Versagen in der Zeit der Anfechtung im Führerstaat. Auch der Bibelbund war ja davon betroffen.

Aus diesen Gründen kam es lange Zeit nicht zu einer Neuaktivierung der Bibelbundarbeit. Zusätzlich sah man die Problematik, daß viele Bibelbundmitglieder nach dem Kriege als vermißt galten. Niemand konnte über ihren Verbleib Auskunft geben, weshalb die Adressen aus den Listen gestrichen werden mußten. Noch 1950 fand man im damaligen Bibelbundorgan Anfragen über den Verbleib älterer Mitglieder, insbesondere aus den ehemaligen Reichsgebieten in Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen, aber auch aus Polen und der Tschechei.

Das Hauptproblem war jedoch die jetzt nach und nach deutlich werdende Isolierung der Ostgeschwister. Man muß bedenken, daß ca. 60% der Mitglieder in der späteren DDR oder in Schlesien gelebt hatten. Die Hauptführer des Bibelbundes in der Vorkriegszeit waren fast ausschließlich Ostdeutsche gewesen. Eine Neubelebung des Bundes – und das wurde spätestens 1949 klar – konnte aber nur von Westdeutschland aus gelingen. Die dortige schmale Mitgliederbasis verzögerte jedoch den zügigen Wiederaufbau. Eine Ausnahme bildete allein Baden-Württemberg.

3.2 Vom Luthertum zum Pietismus

Wir wissen, daß gleich nach dem Kriege im württembergischen Raum jährliche Tagungen des Bibelbundes abgehalten wurden: 1946 in Esslingen, 1947 in Canstatt, 1948 in Ludwigsburg, 1949 in Reutlingen und 1950 wieder in Esslingen. Durch verschiedene Rundbriefe wurden die Mitglieder dort über den Fortgang der Arbeit unterrichtet. Diese Ausweitung des Bibelbundes in Württemberg führte jedoch zwangsläufig zu einer völligen Veränderung in der Ausrichtung des Bibelbundes, die für den Fortgang entscheidend wurde: man wandte sich vom lutherischen Konfessionalismus hin zum Pietismus.

Wir müssen uns noch einmal vergegenwärtigen, daß der Bibelbund vor dem zweiten Weltkrieg eine fast ausschließlich innerkirchlich-lutherische Angelegenheit war.

Wir müssen uns noch einmal vergegenwärtigen, daß der Bibelbund vor dem zweiten Weltkrieg eine fast ausschließlich innerkirchlich-lutherische Angelegenheit war. Obwohl es auch einige Mitglieder aus Freikirchen und der Gemeinschaftsbewegung gab, so standen sie doch nur am Rande. Die entscheidenden Leute im Bibelbund waren bis zu diesem Zeitpunkt deutlich und überzeugt Mitglieder der lutherischen Landeskirchen. Immer noch bildeten die Pfarrer die Mehrheit der Mitglieder. Sie waren es, die bis dahin die meisten Artikel geschrieben und auf den Versammlungen geredet hatten.

Nach 1945 änderte sich diese Situation schlagartig. Immer mehr Nichttheologen aus Württemberg schlossen sich unter dem Engagement des Schatzmeisters Pfr. Friedrich Hübner dem Bibelbund an. Ihr geistiger Hintergrund war der Neupietismus der Erweckungsbewegung. Hier standen Wiedergeburt und Bekehrung wesentlich mehr im Vordergrund, als im Luthertum. Heiligung und einfältiges Christenleben wurden betont, weniger der Kampf um die rechte Lehre. Diese unterschiedlichen Traditionen – hier schroffes Luhtertum, dort gefühlsmäßiger Pietismus – trafen nun Ende der 40er Jahre im Bibelbund aufeinander. Daß es dabei zu Konflikten kommen mußte, versteht sich fast von selbst.

Die ersten Konsequenzen zog der damalige Vorsitzende des Bibelbundes, Karl Ramge. 1946 reichte er seinen Rücktritt ein, weil er es nicht mitansehen wollte, wie aus einem lutherischen Kämpferbund ein „farbloser Erbauungsbund“ gemacht wurde. Auch warf er den neuen Mitgliedern vor, sie würden nicht mehr tiefgehende theologische Arbeit betreiben, sondern seien allein auf Erbauungsstunden aus. Ramge nannte die neue Richtung im Bibelbund „individualistisch-sektiererisch“, und schoß damit natürlich über das Ziel hinaus. Mißtrauisch war Ramge auch gegenüber den Kontakten des Bibelbundes zu amerikanischen Fundamentalisten. Der Pietismus im Bibelbund verachte seiner Meinung nach den Kampf um das Bekenntnis und klammere sich zu sehr an einen unbiblischen Chiliasmus.

Diese überspitzten Urteile Ramges zeigten deutlich, daß hier ein erster entscheidender Wandel im Bibelbund eintrat: von der lutherischen Kirche hin zum Pietismus. Seit 1945 haben nur noch wenige Kirchenvertreter im Bibelbund mitgearbeitet. Die neuen Mitglieder aus Württemberg standen in der Tradition eines Albrecht Bengel oder Johann Michael Hahn. Beide Traditionen hätte man sicher miteinander vereinen können, denn in der Schriftfrage standen sie sich nicht entgegen. Aber andere dogmatische Fragen waren unüberwindbar. Trotzdem hieß es damals im Vorstand, daß der Bibelbund für Kirche und Gemeinschaft offen bleiben müsse. Ramge konnte und wollte aber hier nicht mehr mitgehen, auch wenn er noch einige Jahre dem Bibelbund verbunden blieb und im Vorstand mitarbeitete.

Das Frage nach dem Verhältnis von Kirche und Gemeinschaft, wie sie nach dem Kriege im Bibelbund auftrat, sollte bis in die Gegenwart hinein ein Spannungspunkt bleiben.

Das Frage nach dem Verhältnis von Kirche und Gemeinschaft, wie sie nach dem Kriege im Bibelbund auftrat, sollte bis in die Gegenwart hinein ein Spannungspunkt bleiben. Hier war es notwendig, sich auf die eigentliche Zielsetzung des ganzen Unternehmens zu besinnen. Im Mittelpunkt stand der gemeinsame Kampf um die Glaubwürdigkeit der ganzen Heiligen Schrift, nicht die Frage nach der rechtmäßigen Kirche oder Gemeinde. Ekklesiologische Überzeugungen von der Taufe, dem Abendmahl, der Gemeindestruktur oder aber der rechten Frömmigkeit führten auch in der Folgezeit immer wieder zu Auseinandersetzungen, die nur im Blick auf das gemeinsame Ziel beiseitegestellt werden konnten. So lernte man in den Nachkriegsjahren das geschwisterliche Kämpfen auch mit Gläubigen aus anderen Gemeinden.

Pfr. Christoph Schulz

Pfr. Christoph Schulz

Ein weiteres Problem machte dem Bibelbund in der Nachkriegsphase zu schaffen. Es hatten sich einige Vertreter der „Philadelphia-Gemeinde“ dem Bibelbund angeschlossen, unter ihnen auch ihr Leiter Christian Röckle. Diese recht schwärmerische und endzeitlich ausgerichtete Gruppe kam nun in Württemberg in Verruf und die starke Präsenz im Bibelbund ließ auch auf ihn ein schlechtes Licht fallen. Christoph Schulz, seit 1927 Vorstandsmitglied, später Ehrenmitglied des Bibelbundes und Vorsitzender des Bundes von 1953 bis 1954, veröffentlichte ebenfalls in dem Verlag der Philadelphiagemeinde.

Überhaupt gab es damals einige Sonderlinge, die im Bibelbund eine willkommene Plattform für ihre Lehren sahen. Auch hier mußte sich der Bund nach dem Kriege erst finden und ein festes Fundament bekommen. In den 50er Jahre trennte man sich in diesem Zusammenhang dann endgültig von den Allversöhnern und fand wieder den Anschluß an Kirche und Freikirche. Bis dahin stand der Bibelbund jedoch in der Gefahr, in separatistisches Fahrwasser zu geraten. Durch Gottes Gnade und Führung wurde die schwierige Situation der Nachkriegszeit jedoch überwunden.

3.3 Die Wiederbelebung der Zeitschrift durch Friedrich Hübner

Im März 1950 erschien nach über 10jähriger Ruhe wieder das erste Heft von „Nachdem Gesetz und Zeugnis“.

Im März 1950 erschien nach über 10jähriger Ruhe wieder das erste Heft von „Nachdem Gesetz und Zeugnis“. Als Schriftwart zeichnete Friedrich Hübner verantwortlich, Pastor i.R. in Albersdorf/ Holstein. Zum engeren Bundesvorstand zählten damals Pfr. Dr. Wilhelm Möller, Strafanstaltspfarrer Karl Ramge, Pastor Friedrich Hübner, Dr. Martin Burgdorf, Pastor L. Fündling, Pastor Fritz Reuter und Pastor Dr. Hans Möller. Zum erweiterten Bundesvorstand zählten auch die Landeswarte und Vertrauensmänner des Bibelbundes, dessen Namen uns leider nicht mehr bekannt sind. Ehrenmitglieder waren Pfr. Christoph Schulz aus Leonbronn und Missionsdirektor Bracker aus Midstedt/ Husum.

Der neue Schriftleiter Friedrich Hübner (1881-1953), der schon 1930 zum Bibelbund gestoßen war, schrieb in der Erstausgabe über die Ziele des Bibelbundes:

„Noch ist ja die Stimme unseres Bundes keineswegs überflüssig geworden … Es kommt bei Theologen und Nichttheologen in diesen unseren Kirchen ganz und gar darauf an, wie man sich der Bibel nähert. Es gibt nur eine gültige Art das zu tun, nämlich daß ihnen dieses Wort des ewigen, allmächtigen Gottes, dieses Wort Seiner Geduld in Christus (Offb. 3,11) das für den, der es annimmt, das gerechte Wort des göttlichen Zornes in das Wort Seiner Gnade und Huld wandelt, so wichtig ist, daß sie aus allen seinen Teilen Gott selber hören.“52

Pfr. Friedrich Hübner

Pfr. Friedrich Hübner

An der Überzeugung von der Irrtumslosigkeit der Schrift wollte der neue Schriftleiter keinen Zweifel lassen. Der Rückgriff auf die alte Orthodoxie schien Hübner der Ausweg aus dem Dilemma der kraftlosen Kirche. Und so ist es nicht verwunderlich, daß gleich in der ersten Nummer auch auf die sogenannte Entmythologisierungstheologie Rudolf Bultmanns eingegangen wurde, die in den 50er Jahren die Kirche zu erobern drohte. Hier hatte man eine neue Gefahr für die Gemeinde Jesu entdeckt, der man lange vor der späteren „Bekenntnisbewegung“ zu Leibe rückte.

Rudolf Bultmann, Professor für Neues Testament an der Universität Marburg, hatte im Kriegsjahr 1941 seinen bekannten Vortrag über „Neues Testament und Mythologie“ gehalten, in dem er der Bibel ein mythologisches Weltbild anheften wollte. Die moderne Wissenschaft habe dieses antike Weltbild längst hinter sich gelassen, die entsprechenden Stellen der Schrift hätten keine reale Bedeutung mehr. Aufgabe aller Theologie sei nun die Uminterpretation der biblischen Botschaft durch eine Existentialisierung im Sinne Heideggers. Damit war jedoch die Glaubwürdigkeit und Relevanz der biblischen Berichte völlig infrage gestellt worden. Hier setzte der Bibelbund schon in den 50er Jahren an und warnte die Gemeinde vor dieser neuen Variante einer bibelkritischen Theologie.

Pfarrer Hübner brachte für den Bibelbund eine entscheidende Voraussetzung mit: er kannte das Luthertum und den Pietismus aus seiner eigenen Lebensgeschichte. Aufgewachsen in Linden-Hannover war er streng lutherisch erzogen worden, traf aber auf dem Missionsseminar in Breklum auf den pietistischen Geist der Erweckten. In Kombination beider Elemente ging er als Missionar der Breklumer Mission nach Indien und holte nach seiner Rückkehr sein Theologiestudium in der Heimat nach. Im Pfarramt traf er, durch Pfr. Cornelius vermittelt, 1930 auf den Bibelbund, dem er sich bald anschloß. In der Zeit nach dem Krieg war für den Bibelbund ein Mann von Nöten, der Pietismus und Luthertum miteinander verbinden konnte – und da war Hübner gerade recht. Allerdings war Hübner ein in der Art sehr strenger und wenig umgänglicher Mann, so daß sein Anliegen oftmals nicht verstanden wurde. Mancher bezeichnete seinen Führungsstil als „diktatorisch“ und wandte sich vom Bibelbund ab. Die Liebe zur Wahrheit stand in dieser Zeit manchmal über der Liebe zu den Geschwistern.

Nach und nach wurden in dieser Aufbauzeit auch neue Autoren für den Bibelbund gewonnen. Zunächst war Dr. Chr. Gahr aus Erlangen sehr aktiv. Dann finden sich Aufsätze von Dr. Theophil Flügge aus Berlin. Flügge stand zu dieser Zeit in harten Kontroversen mit der ostdeutschen Kirchenleitung über die Glaubwürdigkeit der Bibel. Thematisch ging es von Anfang an wieder fast ausschließlich um die Bibelfrage und die Zurückweisung der Bibelkritik. Die Theologie Karl Barths wurde ebenso in Frage gestellt wie der schon erwähnte Neuansatz Bultmanns, aber auch die Ablehnung der Verbalinspiration beim Gemeinschaftsmann Dr. Ludwig Thimme. Auführlich unterrichtete man die Leser auch über die Ausgrabungen in Qumran und den Bestseller von Immanuel Velikowsky „Welten im Zusammenstoß“. Der konservative lutherische Theologieprofessor Sasse führte eine längere Auseinandersetzung um die Schriftfrage mit dem Bibelbund. Thematisch ging es in den ersten Nummern mehrfach auch um die Allversöhnungslehre, die gerade im württembergischen Raum manche Anhänger hatte. Umstritten blieb noch die Frage nach der Evolutionslehre: Vertreter einer vermittelnden Position (theistische Evolution) und eines strengen Kreationismus standen sich Mitte der 50er Jahre gegenüber. Aber schon in dieser Zeit finden sich Artikel des bekannten Prof. Dr. Wilder Smith.53 Kritisch äußerte sich der Bibelbund damals zur aufkommenden ökumenischen Bewegung.

Im Bibelbundorgan berichtete der Schriftleiter auch über persönliche Nöte und Veränderungen im Kreis der Mitglieder. Überhaupt überwog in dieser Zeit die persönliche Note des Bibelbundes, dem es um Austausch und Ermutigung der einzelnen Mitglieder ging. Der Schriftleiter Friedrich Hübner entfaltete hier eine rührige Aktivität. Von Bedeutung war auch die Einführung einer „Theologischen Beilage“ zur Zeitschrift, in der anspruchsvolle Artikel für theologisch Vorgebildete Leser erschienen. Nicht vorgebildete Leser konnten diese Rubrik überspringen. Regelmäßige Mitgliederzusammenkünfte auf lokaler Ebene gab es damals in Bad Cannstatt, Göttingen und Hannover.

Bild von der Erstausgabe der Zeitschrift nach dem Krieg im Jahre 1950

Bild von der Erstausgabe der Zeitschrift nach dem Krieg im Jahre 1950

Die ersten Hefte der Zeitschrift „Nach dem Gesetz und Zeugnis“ seit 1950 hatten noch eine recht einfache Aufmachung.

Da das Geld knapp war, mußte man auf billiges Papier zurückgreifen. Auch der Umfang der Hefte ging zunächst nicht über 30 Seiten hinaus. Alles in allem war der Beginn noch sehr bescheiden und unprofessionell. Alle Arbeiten geschahen ehrenamtlich. Der Haushalt belief sich im Geschäftsjahr 1949/50 auf nur 2.400,- DM und mehrmals mußte der Druck hinausgezögert werden, bis genügend Beiträge eingegangen waren. Und doch entstand durch die Treue der Mitarbeiter aus einem kleinen Kreis eine schlagkräftige Gruppe für die Zukunft. Der Beharrlichkeit der damaligen Vorstandsmitglieder ist es zu verdanken, daß die Bibelbundarbeit überhaupt weitergeführt wurde.

Schon in der ersten Nummer wurde von internationalen Kontakten zur englischen „Bible League“ gesprochen, die ebenso wie der Bibelbund sich für die Inspiration und Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel einsetzte. Angesichts der turbulenten Nachkriegszeit waren diese Kontakte zu den englischen Brüdern wichtig und bedeutsam. Auch über den Bibelbund in Schweden wurde mehrfach schon in den Anfangsjahren berichtet. Für die Zukunft noch entscheidender wurde dann der Kontakt zum „International Council of Christian Churches“ ICCC, der von konservativen Christen 1948 als Alternative zum Weltkirchenrat in Amsterdam gegründet worden war. Der ICCC unter der Führung seines Präsidenten Carl McIntire wandte sich gegen die liberale Theologie und die widerbiblischen Bestrebungen der Ökumene. Ihm schlossen sich in den folgenden Jahren weltweit Hunderte von Kirchen und Gemeinschaften an. Durch das holländische Bibelbundmitglied Arie Kok und den Schweden David Hedegard war man schon früh im Bibelbund auf den ICCC aufmerksam geworden. Nach dem Krieg schickte der Rat Hilfsgüter über den Bibelbund nach Deutschland, die insbesondere in der „Ostzone“ verteilt wurden. So kam man im Bibelbund schnell aus der Isolierung der Nachkriegszeit heraus.

Hübner wies im Organ in der Folgezeit immer wieder auf die Bücher von McIntire hin und besuchte auch die europäischen Konferenzen des ICCC. Deshalb war es ein harter Schlag für den Bibelbund, als Hübner plötzlich am 21. Mai 1953 starb. In den Riß trat damals das Ehrenmitglied Christoph Schulz aus Leonbronn. Zu dieser Zeit hatte der Bibelbund nur 372 Mitglieder, 60 davon in der „Ostzone“. Es zeigte sich nun, daß der Bibelbund zu wenig organisiert war, denn nach dem Abgang von Ramge hatte es keinen festen Vorstand mehr gegeben. Eine Neubelebung war dringend notwendig, wollte man in Zukunft die Arbeit fortführen.

3.4 Der Neuaufbruch unter Fritz Rienecker

Pfr. Fritz Rienecker

Pfr. Fritz Rienecker

Als einen weiteren wichtigen Einschnitt in der Geschichte des Bibelbundes ist der Eintritt von Pfr. Fritz Rienecker (1897-1965) zu sehen. In einer Phase des Niederganges und der Unsicherheit über den weiteren Fortgang trat hier ein Gottesmann an, der die geistlichen und organisatorischen Fähigkeiten mitbrachte, an alte Zeiten anzuknüpfen und neue Perspektiven zu wagen. Rienecker, ein gebürtiger Sachse, hatte Theologie und Pädagogik in Berlin, Kiel und Hamburg studiert und war dann Mitarbeiter Im Verlag Ihloff in Neumünster geworden. Bald begann sein schriftstellerischer Dienst, so als Redakteur der Zeitschriften „Nimm und lies“ und „Auf der Warte“. Seit 1949 war Rienecker Dozent für Systematische Theologie und Neues Testament an der „Evangelischen Akademie“ in Braunschweig, danach bis 1957 am Predigerseminar auf St. Chrischona.

Rieneckers Name war damals schon in weiten Kreisen des Pietismus und der Landeskirchen bekannt. Grundlegend wurden seine beiden Kommentare über den Epherserbrief und das Lukasevangelium, sowie der „Sprachliche Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament“. Überhaupt ging es Rienecker in erster Linie um eine rechte Auslegung der Heiligen Schrift, die er als göttlich inspiriert und unfehlbar betrachtete. Seit 1955 war er auch Herausgeber der Wuppertaler Studienbibel, die unter seiner Regie weite Verbreitung fand. 1960 erschien auch das „Lexikon zur Bibel“, das über Jahre hin das entscheidende Nachschlagewerk für evangelikale Kreise werden sollte.

Auf der Mitgliederversammlung 1953 in Bad Cannstatt wurde Rienecker nun um die Schriftleitung und den Vorsitz im Bibelbund gebeten. Man hatte kaum Aussicht, den durch seine vielen Dienste überbeschäftigten Bruder für das Amt zu gewinnen. Rienecker selbst war auch zunächst vorsichtig und wollte die Arbeit nur vorläufig für ein Jahr übernehmen. Trotzdem wurde sein Entschluß mit Jubel aufgenommen: eine echte Gebetserhörung. Durch sein Ansehen und die geistlichen Qualitäten war man hoffnungsvoll gestimmt, daß es mit dem Bund nun aufwärtsgehen könnte.

Rienecker weitete erwartungsgemäß die Blickrichtung des Bibelbundes hin zur exegetischen Grundsatzarbeit am Bibeltext. An erster Stelle stand die Herausarbeitung des Bibelsinnes in seiner ursprünglichen Form. Trotzdem trat auch die apologetische Seite bei ihm hervor, indem er sich z. B. profund zur Entmythologisierung Rudolf Bultmanns äußerte.54 Anfang 1954 verband Rienecker das Organ „Nach dem Gesetz und Zeungis“ mit dem „Informationsdienst für biblische Fragen“ von Prediger Eugen Reichart in Zürich, um noch mehr Leser aus der Schweiz zu gewinnen. Die Werbung und Auslieferung übernahm nun der Brockhaus Verlag in Wuppertal, wobei weiterhin bei der Firma Killinger in Reutlingen gedruckt wurde. Die internationalen Beziehungen von Fritz Rienecker und Rolf Brockhaus sollten dadurch ausgenutzt werden. Auch die gesamte Geschäftsführung wurde damals durch den Brockhaus Verlag abgewickelt, was eine ungeheure Erleichterung für die ehrenamtlichen Kräfte bedeutete.

Ein weiterer wichtiger Einschnitt zu Beginn der Tätigkeit Rieneckers war der Namenswechsel der Zeitschrift in „Bibel und Gemeinde “ ab Dezember 1954.

Ein weiterer wichtiger Einschnitt zu Beginn der Tätigkeit Rieneckers war der Namenswechsel der Zeitschrift in „Bibel und Gemeinde “ ab Dezember 1954. Urheber des neuen Titels war Pfr. Dr. Schreiner aus Meßstetten in Württemberg gewesen. Grundsätzlich wollte man damit einen leichter verständlichen Titel vorlegen, denn mit dem alten konnten damals schon wenige etwas anfangen. Hintergrund war auch der Wunsch Rieneckers, unbedingt neue Leser zu gewinnen. Bis dahin gab es nur 500 Mitglieder und Leser. Ein neues Cover, ein neuer Titel, durchgehend zweispaltiger Text und ein frischer Inhalt sollten die Sache attraktiver machen, ohne daß man in der Sache nachgegeben hätte. Ein Hauptanliegen Rieneckers war ihm die Förderung der wissenschaftlichen Schriftforschung auf bibeltreuer Grundlage. Auch die Arbeit vor Ort wurde durch die Einsetzung und Bestätigung von Landeswarten ausgebaut. Ehrenamtlicher Geschäftsführer wurde Rektor i.R. Philipp Jakob Bischoff aus Dettingen an der Erms, der für die vielen organisatorischen Fragen zuständig war.

Die meisten Artikel in der Zeitschrift kamen nun aus der Feder des neuen Schriftleiters Rienecker. Wichtig wurden die Artikel über das „Leid in der Welt“ und die vielen Einführungen in biblische Bücher. Vor allen Dingen merkte man aber, daß Rienecker den Bibelbund wieder an die aktuelle Diskussion um die Schriftfrage heranführen wollte. So finden sich in der Rezensionspalte auch Auseinandersetzungen mit modernen theologischen Werken von Martin Noth, Franz Mußner, Rudolf Bultmann u.a. Und auch grundsätzliche Artikel zur Bibelinspirationen fallen beim Lesen ins Auge. Es ging weniger um eine polemische Auseinandersetzung mit Andersdenkenden, als um eine Ausformulierung des eigenen Ansatzes durch eine gründliche Exegese. Andererseits erschienen nun auch mehrere Artikel von Prof. Wilder Smith gegen die Evolutionslehre.

Auf der Mitgliederversammlung 1956 in Schäbisch Hall wurde endlich ein Vorstand eingesetzt, der Pfarrer Rienecker zur Seite stehen sollte. Dazu gehörten damals: Pfr. Reuter aus Eschbach als Kassenwart; Pfr. Schulz aus Hohenheim; Pfr. Raquet aus Pforzheim als Landeswart für Baden; Pfr. Eberle aus Tailfingen; ,Prokurist Kentner aus Eßlingen; Volksmissionar Lehsten aus Stuttgart; Rektor Bischoff aus Dettingen als Geschäftsführer und Reisesekretär. Zum erweiterten Vorstand gehörten noch die Brüder Barner, Fetzner, Hildenbrand, Prof. von Huene, Killinger, Obst, Richter, Schlaich und Wolf. Im gleichen Jahr kündigte der Verleger Rolf Brockhaus seine Verbindung mit dem Bibelbund, so daß das Blatt wieder in eigene Regie übernommen werden mußte. 1957 begann man auch mit der Herausgabe von einzelnen Bibelbundschriften – meistens Separatdrucke von wichtigen Artikeln des eigenen Organs.

Rektor Philipp Jakob Bischoff führte seit 1955 auch Reisedienste für den Bibelbund durch.

Dadurch erweiterte sich der Kreis der Freunde und die Mitglieder wurden lehrmäßig und seelsorgerlich betreut. Bischoff trieb unermüdlich die Sache des Bibelbundes voran, auch wenn einige seiner Äußerungen im Heft zu drängerisch wirkten. Aber durch seine Beharrlichkeit konnte der Bibelbund wieder eine breitere Basis erreichen. Sein Hauptanliegen war die Motivation: niemand sollte nur passives Mitglied im Bibelbund sein. Trotzdem war es in diesen 50er Jahren schwierig, eine Generalversammlung einzuberufen: die finanziellen Engpässe und die Reisebeschränkungen der DDR-Mitglieder erschwerten eine gemeinsame Sitzung. Trotz des großen Einsatzes des neuen Schriftleiters und des Reisesekretärs ging es mit dem Bibelbund am Anfang der Rienecker-Zeit nur schleppend voran. Noch wollten sich nicht viele in die Verantwortung ziehen lassen. Auf der Vorstandssitzung im Mai 1955 in Bad Cannstatt beriet man sogar einmal kurzfristig über eine mögliche Auflösung des Bibelbundes. Einige meinten, daß andere Gemeinschaften die Aufgabe des Bibelbundes längst übernommen hätten. Aber die Mehrheit der Anwesenden sprach sich für ein Weitermachen aus, denn auch in dieser Zeit müsse man sich mit aller Macht gegen den Neuliberalismus im Gewand Rudolf Bultmanns zur Wehr setzen. Und diese Treue wurde bestätigt, indem die Anzahl der Mitglieder und Leser in den nächsten Jahr weiter stieg. Zum Bibelbund kamen damals solche profilierten Brüder wie Hans Bruns, Friedrich Hauss, Ernst Schrupp, Heinrich Jochums u.a. Trotzdem blieb es – bedingt auch durch mehrere Krankheitszeiten des Reisesekretärs – eine schwierige Zeit für den Bibelbund.

Ein Bibelbundmitglied, Benno Obst aus Rothenburg, warf in einem Brief an die Mitglieder dem Bund Abfall von der Lehre der Verbalinspiration vor.

Denn auch diese Jahre waren nicht frei von inneren Kontroversen. Ein Bibelbundmitglied, Benno Obst aus Rothenburg, warf z. B. in einem Brief an die Mitglieder dem Bund Abfall von der Lehre der Verbalinspiration vor. Im Gegensatz zu den Gründungsvätern würden die heutigen Vorstandsmitglieder diese Lehre preisgeben. Wenn auch die inhaltlichen Anfragen zur damaligen Zeit berechtigt waren, war der lieblose Ton des Schreibens doch unangebracht. Bischoff antwortete in einem offenen Brief an Obst und mahnte zur Besonnenheit. Der Bibelbund habe seinen Mitgliedern immer Freiheit über das „Wie“ der Inspiration gelassen und niemals dogmatisch die Verbalinspiration vertreten. Dabei sprach Bischoff jedoch auch von Widersprüchen in den Paralleltexten der Bibel, die nicht mit der Verbalinspiration in Einklang zu bringen seien. Irrtümer kämen also in der Bibel vor, die jedoch nicht von Gott, sondern von den Autoren zu verantworten seien.55 Dabei verwechselte Bischoff unsachgemäß die Verbalinspiration mit einer Diktatinspiration.

Die Bibel gebrauche z. B. nicht die naturwissenschaftliche Sprache von heute, trotzdem seien die betreffenden Angaben auf dem Hintergrund der Zeit absolut korrekt wiedergegeben worden.

Das innere Ringen um die Bibelfrage zeigte sich auch auf der Bibelbundtagung 1957 in Stuttgart. Hier wurde über eine mögliche Satzungsänderung debattiert, in der nicht mehr das Wort „irrtumslos“ erscheinen sollte. Mehrere profilierte Mitglieder und Vorstandsbrüder hatten sich für eine Streichung des Begriffes ausgesprochen. Hinter dem Standpunkt der „Irrtumslosigkeit“ befürchtete man Gesetzlichkeit und Buchstabengläubigkeit. Vor allen Dingen meinte man, daß die Gefahr der liberalen Theologie nicht mehr so stark vorherrschen würde, wie noch zu Beginn des Jahrhunderts. Rienecker vertrat demgegenüber eine „Real-Verbal-Personal-Inspiration“, die bis in den Wortlaut des Textes hineingehe. So wie Jesus während seines Erdendaseins irrtumslos gewesen wäre, so sei auch die Heilige Schrift ohne Irrtum. Dabei war es dem Vorsitzenden wichtig, auch einmal den Begriff „irrtumslos“ zu erläutern und von Mißverständnissen freizumachen. Die Bibel gebrauche z. B. nicht die naturwissenschaftliche Sprache von heute, trotzdem seien die betreffenden Angaben auf dem Hintergrund der Zeit absolut korrekt wiedergegeben worden.

An diesem Punkte konnten jedoch einige der Mitglieder nicht einstimmen. Sie sprachen von Fehlern in nebensächlichen Aussagen der Schrift. Noch anders dagegen auf der Mitgliederversammlung im Mai 1960. Hier entschied man sich gegen den Begriff „irrtumslos“ und formulierte neu:

„Die Mitglieder bekennen sich gemäß dem Gründungsstatut vom 3.April 1894 zu dem Glauben, daß die Heilige Schrift A.T. und N.T. nach ihrem Zeugnis über sich selbst das wahre, völlig zuverlässige Wort Gottes ist …“56

Von Widersprüchen war hier nicht mehr die Rede. Es blieb aber auch nachher weiter bei der Unsicherheit über die genaue Formulierung er eigenen Schrifthaltung. Den Begriff „irrtumslos“ empfand man als nicht bibelgemäß und zu stark von der Wissenschaft herkommend. Andere Begriffe konnten aber auch keine Klarheit schaffen. Dieses Spannungsfeld in der Wortwahl blieb bis in die 70er Jahre hinein bestehen.

Im März 1959 starb der damalige Reisesekretär Bischoff. Seine Aufgaben wurden zunächst von Dekan Richter aus Brackenheim übernommen, der damals zweiter Vorsitzender neben Rienecker wurde. Ihm folgte aber kurze Zeit später als Geschäftsführer der Missionslehrer am Seminar in Bad Liebenzell, Reinhard Hildenbrand (1898-1989). Nach seinem Studium in Heidelberg hatte sich Hildenbrand bekehrt und die liberale Theologie der Universitätsprofessoren durchschaut. Nach vier Jahren im staatlichen Schuldienst wurde er 1923 von der Liebenzeller Mission berufen, um den Missionarskindern in China den ersten Schulunterricht zu geben. Ab 1931 wurde Hildenbrand Lehrer und teilweise auch Hausvater am Seminar in Bad Liebenzell. Dort hat er bis ins hohe Alter hinein gewirkt und viele Segensspuren hinterlassen.

Sein Anliegen war die Stärkung der bedrängten Gemeinde in der Gegenwart, weniger die formale Auseinandersetzung mit den Theologen außerhalb des Bibelbundes. Schwierigkeiten hatte Hildenbrand z. B. mit dem kämpferischen Vorgehen des ICCC, er betonte demgegenüber das werbende Ringen um die Brüder, die nicht die Bibelhaltung des Bundes teilen konnten.

Aber auch Hildenbrand stand voll und ganz hinter dem Bekenntnis des Bundes und warnte vor den Konsequenzen der Bibelkritik für den Glauben. „Nimm mir die Bibel und du nimmst mir Christus“ lautete seine Überzeugung.57  Schon 1953 hatte man ihm die Stelle des Schriftleiters angetragen, damals hatte er noch abgelehnt. Jetzt aber wollte er vermehrt dem Bibelbund helfen und setzte viel Kraft und Energie ein, um die Arbeit voranzutreiben. Durch Hildenbrands umgängliche Art – man nannte ihn die „Seele des Bibelbundes“ – konnten viele weitere bibeltreue Christen für die Arbeit des Bibelbundes gewonnen werden. Die Mitgliederverzeichnisse Anfang der 60er Jahre geben davon beredten Ausdruck. Jedes Jahr kamen damals über 300 neue Mitglieder zum Bibelbund. Vor allen Dingen mühte man sich um die Anerkennung des Bibelbundes als Fachverband der Inneren Mission, um auch Spendenquittungen ausstellen zu können.

Der Durchbruch war geschafft: nach Jahren der Stagnationen war die Bedeutung der Bibelfrage wieder in das Bewußtsein der Gemeinde Jesu gestellt.

Weitere interessante Themen im Heft waren die Stellung zu Karl Barth, Fragen nach der Quellenscheidung in den Evangelien, die Bedeutung des Judentums in der Gegenwart und die Haltung zur neuen Naturwissenschaft. Mit dem Jahr 1961 vervierfachte sich der Umfang der Hefte von „Bibel und Gemeinde“ – ebenfalls ein Indiz für Wachstum. Nun druckte man jeweils 40 Seiten auf gutem Papier pro Heft. Besonders die Stuttgarter Tagung 1960 im Haus des CVJM scheint in vielerlei Hinsicht ein Durchbruch für den Bund gewesen zu sein. Dort sprachen zum Thema „Bibel und Naturwissenschaft“ u. a. Prof. Hans Rohrbach und der damals noch recht unbekannte Drs. Samuel Külling. Erstmals erschienen zu den Vorträgen bis zu 600 Besucher. Der Durchbruch war geschafft: nach Jahren der Stagnationen war die Bedeutung der Bibelfrage wieder in das Bewußtsein der Gemeinde Jesu gestellt. Die scharfe Kritik auf den theologischen Lehrstühlen führte zu einer Gegenreaktion auf Gemeindebasis und in der Pfarrerschaft. Hier half der Bibelbund vielen angefochtenen Brüdern und Schwestern mit fundierter Analyse und Kritik an der Kritik. Die eigentliche Aufgabe des Bundes konnte gerade in den 60er Jahren effektiv verwirklicht werden.

Diese Jahre waren durch eine gewisse Vorliebe vieler Bibelbundmitglieder für die Theologie Karl Heims bestimmt. Heim hatte sich ja als Theologieprofessor in Tübingen insbesondere um die Verbindung zwischen Theologie und Wissenschaft bemüht. Manche Mitglieder des Bundes standen in seiner Tradition. Eine vom Bibelbund organisierte Gedenkfeier 1961 in Stuttgart sollte sein Erbe festigen. Auch kam es zu einer Veröffentlichung eines Buches mit Aufsätzen über den Tübinger Theologen.58 In diesen Jahren kam es auch zu Kontakten des Bibelbundes mit den Kreisen der späteren „Bekenntnisbewegung“ und mit der „Pfarrer-Gebets-Bruderschaft“. Auch offizielle kirchliche Vertreter wurden zu den Bibelbundtagungen eingeladen. Nun begann man auch mit separaten Tagungen für die Bibelbundmitglieder in der Schweiz. Seit 1963 ging es aber mit der Gesundheit von Fritz Rienecker bergab. Er gab den Vorsitz des „Altpietistischen Gemeinschaftsverbandes“ auf und konnte nur auf Drängen des Bibelbundvorstandes überzeugt werden, weiter dem Bund vorzustehen. Aber die gesamte Arbeitslast ruhte seit dieser Zeit auf den Schultern von Missionar Reinhard Hildenbrand in Bad Liebenzell. Trotzdem stieg die Zahl der Mitglieder: hinzu kamen Pfr. Deitenbeck, Pfr. Bergmann, Pfr. Grünzweig und viele andere. Auch die Tagungen waren weiter gut besucht. Im Kampf gegen die Entmythologisierung suchte man immer mehr den Kontakt zu geistverwandten Geschwistern im In- und Ausland.

Die hier nachgezeichneten schwierigen Nachkriegsjahre brachten den Bibelbund mehrmals an den Rand der Auflösung. Der Verlust der Ostgebiete und die Situation in der DDR ließen die Mitgliederzahlen schrumpfen. Finanzielle Nöte kamen dazu. Der Wiederaufbau Deutschlands band viele Kräfte. Erst durch die Schriftleitung und unter dem Vorsitz von Pfr. Fritz Rienecker kamen neuen Mitglieder zum Bibelbund und ließen sich von der Bedeutung der Bibelfrage überzeugen. Dank seines Bekanntheitsgrades und seiner hilfreichen Artikel konnte der Bibelbund wieder an die gute Vorkriegszeit anknüpfen. Seine weise und ruhige Art führten zudem zur Heilung mancher innerer Kontroversen. Trotzdem fehlte es bis 1965 an einer theologischen Aufarbeitung der Frage nach Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit, die am Ende im Bund selbst umstritten war. Die angeschlagene Gesundheit des alternden Rienecker setzte hier seinem Schaffen eine Grenze. Schon 1965 wurde er mit 68 Jahren in die Ewigkeit abgerufen.

4. Die „Ära Külling“ 1965 bis 1979

Nach dem Rücktritt Rieneckers war Reinhard Hildenbrand eingesprungen und hatte die Arbeit vorangetrieben. Seit 1961 war er auch alleinverantwortlich für die Herausgabe von „Bibel und Gemeinde“. Das Amt des Vorsitzenden blieb aber für über ein Jahr unbesetzt. Hier mußte eine Änderung eintreten, darin waren sich alle Vorstandsmitglieder einig. Wer sollte aber in die Fußstapfen von Pfr. Rienecker treten? Alle wünschten sich einen jungen, theologisch geschulten Anwärter, der auf die wachsenden Gefahren wegweisende Antworten geben konnte.

Diese Person fand der Bibelbund Mitte der 60er Jahre in Samuel Külling. Unter seiner Schriftleitung und Vorsitz machte der Bibelbund erhebliche Wandlungen durch, die sich auf die gesamte Bibelbundarbeit auswirkten. In vielerlei Hinsicht bekam der Bibelbund erst jetzt sein Profil wieder, das ihn bis zum 2. Weltkrieg ausgezeichnet hatte: kompromißloser Einsatz für die Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel und Stärkung der bedrängten Gemeinde in der Endzeit. Die Zeit von 1965 bis 1979 bedeutete für den ganzen Bibelbund eine starke Ausweitung im Bereich der Mitglieder- und Autorenwerbung.

Professor Samuel Külling

Professor Samuel Külling

Samuel Külling, geboren 1924 in Glattfelden in der Schweiz, war nach seinem Theologiestudium in Bern und Edinburgh von 1953-59 zunächst Pfarrer der evangelisch-reformierten Gemeinde in Pruntrut gewesen. Angesichts der Not der Kirche durch die Bibelkritik entschloß er sich, seine Ausbildung zu vertiefen. Es folgten Studien in Jerusalem, anschließend in Holland, wo er auf bibeltreue Professoren innerhalb der konservativen reformierten Kirche stieß. 1964 promovierte er mit einer Arbeit über die „Datierung der Genesis-P-Stücke“ an der reformierten Fakultät in Kampen, Holland. In dieser Arbeit gelang Külling der Nachweis, daß die von dem Theologen Graf im 19. Jahrhundert postulierte Spätdatierung der sogenannten Quelle P jeglicher Grundlage entbehrte. Anhand einer eingehenden Analyse von 1Mose 17 widerlegte er die Quellenscheidung des Pentateuch auch anhand einer gewissenhaften Textanalyse. Seit 1964 war Külling Lehrer am Predigerseminar auf St. Chrischona in der Schweiz. Parallel dazu lehrte er als Professor an der Faculté Libre de Théologie Evangélique in Vaux-sur-Seine bei Paris.

Külling war durch Pfr. Rienecker mit dem Bibelbund in Verbindung gekommen und hatte auch an dem „Lexikon zur Bibel“ mitgearbeitet. Aber schon in seiner Studienzeit hatte er Briefkontakt mit dem Alttestamentler Dr. Wilhelm Möller und schätzte dessen detaillierte Untersuchungen zum Alten Testament. Damals hatte sich Külling alle erreichbaren Bücher des ehemaligen Schriftleiters und Mitarbeiters im Bibelbund besorgt. So wurde schon früh die Ablehnung der Bibelkritik das Hauptanliegen im Leben des Samuel Külling.

Nach dem Ausscheiden von Pfr. Rienecker aus Vorstand und Schriftleitung war man im Vorstand mehr als dankbar, als Külling 1965 die Schriftleitung und im selben Jahr auch den Vorsitz übernahm. Damit waren die Weichen für einen zügigen Ausbau der gesamten Bibelbundarbeit gestellt. Külling verstand es, in den nächsten Jahren das Anliegen der Bibeltreue und die Bedeutung der Irrtumslosigkeit in ganz Europa sichtbar herauszustellen.

4.1 Die Schärfung des Schriftverständnisses

Gleich nach Küllings Übernahme der Schriftleitung und des Vorsitzes kam es zu einer schmerzlichen aber notwendigen Auseinandersetzung im Kreis des Vorstandes um die eigene Bibelhaltung. Wie wir gesehen haben, waren einige Mitglieder und Freunde in den 50er und 60er Jahre in Distanz zur Verbalinspirationslehre gegangen. Man witterte hier Gesetzlichkeit und tote Orthodoxie. Die Abkehr von der liberalen Theologie eines Rudolf Bultmann galt schon als Garant für bibeltreue Verkündigung. Dabei gab man sich jedoch keine Rechenschaft über die eigene Schrifthaltung – es fehlte also ein positiv-formuliertes eigenes Schriftbekenntnis. Die Arbeit des Bibelbundes erschöpfte sich in der Kritik an der Bibelkritik, ohne daß eigene Ansätze formuliert wurden. Auch die theologische Arbeit am Detail war nur schwach ausgeprägt, weil vielen Mitgliedern die Zeit zur wissenschaftlichen Forschung fehlte.

In Anlehnung an die reformierten Dogmatiker aus Holland forderte er ein eindeutiges Bekenntnis zur Schrift, so wie es die Bibelbundväter vertreten hatten.

An dieser Stelle setzte Külling an: In Anlehnung an die reformierten Dogmatiker aus Holland forderte er ein eindeutiges Bekenntnis zur Schrift, so wie es die Bibelbundväter vertreten hatten. Auf der Haupttagung des Bibelbundes 1966 in Dortmund wurde eine klare Formulierung über die Schriftfrage verabschiedet.59 Daß es dadurch automatisch zu Spannungen mit Mitgliedern kommen mußte, war klar. Vielen pietistisch geprägte Bibelbündler mißfiel die recht kämpferische Art Küllings, der auch deutliche Worte gegen die Kritik in den eigenen Reihen finden konnte. Schon in seinem ersten Artikel als neuer Schriftleiter forderte er 1965 mehr „Zivilcourage“:

„Besonders gilt dies für die Schriftleitung, die wagen muß, sich zu der Schriftautorität zu bekennen, koste es, was es wolle. Sie darf die Übelstände der Bibelkritik nicht unwidersprochen hinnehmen. Es muß eine Front echter Kämpfer für die Wahrheit geben, die sich durch nichts einschüchtern oder zurückhalten läßt. Zum würdigen Wandel nach dem Evangelium gehört solch ein gemeinsamer Kampf (Phil. 1,27.28). Dieser braucht Mut.“60

Als Ziel formulierte er den Kampf für die Wahrheit, nicht allein den Kampf gegen die Bibelkritiker.

So kam es zu einer Scheidung im Bund, die sich langfristig als fruchtbar erweisen sollte. Vieles war in dieser Zeit noch im Fluß. Kaum jemand wußte etwas mit dem Begriff „irrtumslos“ anzufangen, den doch schon die Gründungsväter im Bekenntnis erwähnt hatten. Selbst Küllings Eintritt für die Irrtumslosigkeit der Schrift war damals noch nicht eindeutig festgelegt. Im September 1965 hielt er z. B. einen vielbeachteten Vortrag auf der Ratstagung der „Europäischen Evangelischen Allianz“ in Zürich über die Bewegung des „Fundamentalismus“, in dem er sich noch vorsichtig zum Begriff „irrtumslos“ äußerte.61 Die Bibel sei auf jeden Fall „unfehlbar“ und „völlig zuverlässig“, meinte er. Das Wort „Irrtumslosigkeit“ finde sich jedoch nicht in der Bibel und die Sache sei auch nicht nachweisbar. Eine Diktatinspiration lehnte Külling ebenso wie die Väter des Bibelbundes dagegen ab. Um so mehr aber auch die bibelkritischen Positionen von Bultmann, Barth, Niemöller, Thielicke und Blanke. Er resümierte damals:

„Wenn wir auch nicht von ‚Irrtumslosigkeit‘ (inerrancy) der Heiligen Schrift sprechen und anstelle des Begriffes ‚Unfehlbarkeit‘ (infallibility) einen weniger mißverständlichen, nicht der Erklärung bedürftigen, bejahenden Ausdruck vorzögen, so sind wir uns doch bewußt, daß diese von den ‚Fundamentalisten‘ gebrauchten Ausdrücke die biblische Substanz und Kraft der Heilsbotschaft vor dem Verlust der göttlichen Autorität bewahren wollen, was auch uns ein Anliegen ist.“62

Um diesen Vortrag von Külling kam es nun in der Folgezeit zu einer heftigen Kontroverse mit der „Deutschen Evangelischen Allianz“. Denn neben Külling hatte auf der Ratstagung auch Pfr. Otto Rodenberg von der „Pfarrer Gebets-Bruderschaft“ gesprochen, der die Unfehlbarkeit der Bibel bezweifelte und für einen richtig angewandten historisch-kritischen Umgang mit der Bibel eintrat. Auch Widersprüche in der Schrift könnten nach Rodenberg nichts von der Bedeutung des Wortes Gottes wegnehmen. In „Bibel und Gemeinde“ griff Külling nun die Evangelische Allianz an, in der sich nach seiner Meinung bibelkritische Gedanken breitmachen würden. Indirekt sprach er sogar von der Möglichkeit einer Trennung der Bibeltreuen von der Allianz.63 Nach Intervention der Allianz mußte sich Külling noch einmal in „Bibel und Gemeinde“ mit der Sache beschäftigen.64 Dabei wich er nicht von seinem Vorwurf ab, daß innerhalb der Allianz auch bibelkritische Theologen mitarbeiteten, selbst wenn der Vorstand in der Mehrheit bibeltreu sei. Allein aus diesem Grunde sei auch die kurz vorher erschienene Erklärung des Vorstandes der „Europäischen Evangelischen Allianz“ nicht ein offizielles Dokument aller Allianzgesinnten geworden.

Küllings Ziel war eben nicht mehr allein die Kritik an den Liberalen, sondern auch der Erweis der Gefährlichkeit der „frommen“ Bibelkritik in den sogenannten evangelikalen Gemeinden.

Durch diesen Vorfall wurde klar, daß der neue Vorsitzende und Schriftleiter auch vor Namensnennungen von Bibelkritikern aus dem evangelikalen Lager nicht zurückschreckte. Küllings Ziel war eben nicht mehr allein die Kritik an den Liberalen, sondern auch der Erweis der Gefährlichkeit der „frommen“ Bibelkritik in den sogenannten evangelikalen Gemeinden. Damit wurden jedoch entscheidende neue Weichen für den Bibelbund gestellt. In der Ablehnung der Entmythologisierungstheologie eines Rudolf Bultmann wußte sich der Bibelbund einig mit der Bekenntnisbewegung, den Gemeinschaftskreisen und der Evangelischen Allianz. In „Bibel und Gemeinde“ wurde von den Aktivitäten der Bekenntnisbewegung berichtet, die nach der Gründungsversammlung 1966 in der Dortmunder Westfalenhalle von sich reden machte. Aber in diesen Gruppen liebäugelte so mancher mit der historisch-kritischen Methode, die man in Anlehnung an Schlatter nur anders auslegen wollte. Hier konnte und wollte Külling nicht mitgehen. Nur eine klare Ablehnung aller Bibelkritik konnte die Lösung des Dilemmas sein.

Külling nannte in Zukunft offen Namen von Brüdern, die nicht uneingeschränkt zur Wahrheit und Inspiration der Schrift standen. Darunter waren bekannte Namen wie Gerhard Bergmann, Paul Deitenbeck, Hellmuth Frey, Otto Rodenberg u. a. Kompromisslos formulierte Külling damals:

„Es geht uns darum, die Feuerwehr zu alarmieren, bevor die Flammen den Dachstock erreichten. Wer eine Krankheit überwinden will, darf nicht nur ihre Symptome bekämpfen. Er muß die Ursachen zu erkennen suchen und nach Möglichkeit Abhilfe dafür schaffen. Wer Unkraut jätet, darf nicht nur oben abreißen, er muß die Wurzel mit herausbekommen. Das heißt: Wehre den Anfängen.“65

Der Konflikt mit der Allianz und der Bekenntnisbewegung entzündete sich an der Schrifthaltung des damals bekanntesten deutschen Evangelisten, Dr. Gerhard Bergmann. Bergmann war damals ein Gegner der Bibelkritik im Gewande der Entmythologisierung Rudolf Bultmanns. Sein Buch „Alarm um die Bibel“ hatte viele Auflagen erlebt und war eine Stärkung der Gemeinde Jesu geworden. Gleiches galt für das Folgebuch „Kirche am Scheideweg“. Auf die entstehende Bekenntnisbewegung hatten sie einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Auch der Bibelbund hat diese Werke trotz Vorbehalte verbreitet. Aber auch Bergmann war überzeugt, daß es in der Bibel Widersprüche gäbe, wenn auch nur in Nebensachen. Besonders die sogenannten Rachepsalmen konnte er nicht als inspiriert ansehen. Hier hakte Külling ein und warf Bergmann Verführung der Gemeinde Jesu und innere Bibelkritik vor.

Dadurch wird verständlich, warum der Bibelbund 1966 eine differenzierte Stellungnahme zur Gründung der „Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium“ abgab. Man begrüßte grundsätzlich die in der Gründungsversammlung in Dortmund ausgesprochene Kritik an der Bibelkritik, forderte jedoch auch ein Bekenntnis zur Irrtumslosigkeit der Bibel.66 Hier konnte und wollte jedoch die Bekenntnisbewegung nicht mitgehen. Deshalb blieben die Verbindungen zwischen Bibelbund und Bekenntnisbewegung auf offizieller Ebene aus, wenngleich einzelne Mitglieder in beiden Vereinen mitarbeiteten. So z. B. Prof. Dr. Wilhelm Mundle aus Marburg, der als führender Kopf der Bekenntnisbewegung auch auf Tagungen des Bibelbundes sprach. Mundle lehnte die Verbalinspiration ab und kam deshalb später in Konflikt mit Külling. Aber grundsätzlich wußte man sich in der Kritik an der Kritik einig. Gerade die 60er Jahre mit ihrem Aufbruch der Gemeindebasis gegen die Bibelkritik brachten Bekenntnisbewegung und Bibelbund neue Mitglieder, die den Kampf um die Bibel unterstützten.

Die Kritik an der Bibelhaltung mancher Evangelikalen führte Külling auch 1978 weiter, als sich der Theologische Konvent der „Konferenz Bekennender Gemeinschaften“ auf seiner Tagung in Frankfurt mit der Bibel beschäftigte. Dort sprachen u. a. Dr. Gerhard Maier, Prof. Georg Huntemann, Prof. Beyerhaus und Prof. Staudinger. Külling war anwesend und kritisierte die Aussagen von Beyerhaus und Staudinger, die von Widersprüchen in der Schrift ausgingen.67 Anders dagegen Maier und Huntemann, die die Schrifthaltung des Bibelbundes bestätigten. Auch hier kam es zu erheblichen Irritationen, weil manche im Bibelbund lieber den Frieden mit den Brüdern suchten, als die offene Konfrontation. Aber um der Sache willen konnte und wollte Külling nicht zurückweichen. So hatte der Bibelbund durch sein positives Bekenntnis zur Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel trotz Bekenntnisbewegung und Theologischen Konventes seine unbedingte Daseinsberechtigung.

Dieser Haltung ist es zu verdanken, daß gerade Ende der 60er Jahre vielen Gläubigen die Augen für die heimliche Bibelkritik in den eigenen Reihen geöffnet wurden. Die bis dahin einseitige Blickrichtung auf die radikalen Liberalen an den Universitäten wurde nun korrigiert: auch manche angesehenen Pfarrer in den „frommen Kreise“ waren von dem Gift der Kritik infiziert, auch wenn sie es nach außen nur selten zeigten.

Insgesamt wurden die Artikel in „Bibel und Gemeinde“ damals wissenschaftlicher und tiefgründiger.

Insgesamt wurden die Artikel in „Bibel und Gemeinde“ damals wissenschaftlicher und tiefgründiger. Man beschäftigte sich in erster Linie mit Behauptungen der Bibelkritiker, z. B. zur Autorschaft der fünf Bücher Mose und der Einheit des Jesajabuches. Dank seiner profunden Kenntnisse des Alten Testamentes konnte Külling gegen die Quellenscheidungstheorien im Pentateuch und Jesaja vorgehen. Er sah sich dabei in Übereinstimmung mit einer Reihe mit konservativen Forschern wie Volz, Rudolph, Cassuto, Aalders, Young, Gordon und Segal, vor allem aber mit einem seiner Vorgänger in der Schriftleitung, Dr. Wilhelm Möller. Andere Artikel beschäftigten sich mit der Bibelhaltung von Karl Barth, mit der Formkritik der Evangelien und den verschiedenen Befreiungstheologien. Auch ökumenekritische Beiträge erschienen von verschiedenen Seiten.

4.2 Die Ablehnung der Evolutionslehre

Darwins Deszendenzlehre war einfach nicht mit der Schöpfungsgeschichte in Einklang zu bringen.

Ein weiteres Entscheidungsfeld begann sich Mitte der 60er Jahre abzuzeichnen: die Frage nach der Beurteilung der Evolutionslehre. Der frühe Bibelbund hatte ja schon zu Beginn des Jahrhunderts eine klar ablehnende Haltung zur Frage nach der zufälligen Entstehung des Lebens eingenommen. Darwins Deszendenzlehre war einfach nicht mit der Schöpfungsgeschichte in Einklang zu bringen. Nach dem Kriege gewannen jedoch die Vertreter einer „theistischen Evolution“ die Oberhand im Bibelbund. Sie wollten die Ergebnisse des Darwinismus mit dem Schöpfungsbericht in 1Mose 1 harmonisieren. So verstand man z. B. den Begriff „Tag“ auf der ersten Seite der Bibel als einen langen Zeitraum, in dem die Phasen der Evolution abgelaufen seien. Der bekannte Paläontologe und Vorstandsmitglied des Bibelbundes, Freiherr von Huene, war ein überzeugter und bekannter Anhänger dieser Lehre. Ebenso der damals schon verstorbene Bibellehrer Erich Sauer. Auch Prof. Hans Rohrbach, Mathematikprofessor aus Mainz und Mitglied des Bibelbundes, vertrat ähnliche Gedanken: er sprach von sogenannten Präadamiten, menschenähnlichen Wesen, die lange vor Adam gelebt hätten. Andere Mitglieder – auch im Vorstand – hielten das Erbe von Karl Heim hoch, der trotz seines lobenswerten Einsatzes für die Verbindung von Naturwissenschaft und Theologie auch an der Evolutionslehre festgehalten hatte.

Prof. Dr. Arthur Ernest Wilder Smith

Prof. Dr. Arthur Ernest Wilder Smith

In diese Situation hinein stellte sich Külling nach einigem Zaudern hinter die alte Position des Bibelbundes von einer wörtlich verstandenen 7-Tage-Schöpfung. Entscheidende Impulse bekam der neue Schriftleiter durch den Pharmakologen Prof. Dr. Arthur Ernest Wilder Smith. Wilder Smith (1915-1995), ein gebürtiger Engländer, war mit Beate Gottwaldt verheiratet, Tochter des Bibelbundmitgliedes Pfarrer Wilhelm Gottwaldt aus Frankfurt. Durch seine Mitarbeit in der Studentenmission war Wilder Smith ein bekannter Redner im Umfeld von Naturwissenschaft und Glauben geworden. Er wandte sich in verschiedenen Publikationen gegen die darwinische Evolutionstheorie. Jegliche Harmonisierungsversuche zwischen Schöpfung und Evolution lehnte er aus naturwissenschaftlichen und biblischen Gründen ab. Schon auf der internationalen Bibelbund-Haupttagung im September 1964 in Frankfurt hatte Wilder Smith diese Überzeugung in einem Vortrag geäußert.68 Es dauerte aber noch einige Jahre, bis sich der gesamte Bibelbund hinter seine Ausführungen stellen konnte.

Denn besonders Prof. Dr. Hans Rohrbach war ein geschätzter Mitarbeiter des damaligen Bibelbundes. Er verwarf ebenfalls die Vorstellung einer zufallsgesteuerten Evolutionslehre. Vor allen Dingen war Rohrbach jedoch für seinen kompromißlose Haltung zur Irrtumslosigkeit der Schrift bekannt geworden. Deshalb wußte man sich in der gemeinsamen Frontstellung einig, auch wenn die Differenzen sichtbar wurden. Für beide Gruppen war klar, daß die Bibel nicht nur über das „daß“ der Schöpfung, sondern auch über das „wie“ Aussagen machte. Zur Entscheidung kam es auf der Bibelbundtagung 1967 in Stuttgart. Prof. Werner Schaaffs aus Berlin bejahte hier in einem Referat mit Vorsicht die Evolutionslehre, mußte sich aber schon heftige Kritik aus den Reihen des Bibelbundes gefallen lassen. Immer wieder kam es in der Folgezeit zu Artikeln zum Thema in „Bibel und Gemeinde“. Besonders die Übersetzungen von Beiträgen aus dem Amerikanischen von John Whitcomb, Siegbert Becker, Henry Morris und anderen wurden ausschlaggebend für eine Hinwendung zum konsequenten Kreationismus. Aber auch deutsche Forscher wie Prof. Siegfried Schröter und Dr. Joachim Scheven halfen zur Klärung der Position.

Külling selbst stellte sich Anfang der 70er Jahre ganz auf die Seite des Kreationismus. Theistische Evolutionskonzepte wurden im Bibelbund nicht mehr geduldet. Personen, die daran festhielten, traten aus dem Vorstand aus. In mehreren Artikel nahm Küllling dann 1975 noch einmal zu diesem Thema Stellung und untermauerte seinen Kreationismus auch exegetisch.69 Angesichts der damaligen Situation, in der es noch kaum geeignete Literatur von Seiten der Kreationisten gab, war diese zweite Kurskorrektur Küllings für den Bibelbund maßgeblich und bedeutungsvoll. In der Zukunft liefen so die Bemühungen des deutschen Kreationismus und des Bibelbundes Arm in Arm. Hier hatte man einen Bereich gefunden, in dem die Überzeugung von der Glaubwürdigkeit der Bibel auch für die Wissenschaft fruchtbar gemacht werden konnte.

4.3 Die Gründung der Freien Evangelisch-Theologischen Akademie (FETA)

Eine Parallelentwicklung zum Bibelbund bahnte sich Ende der 60er Jahre durch die Gründung der „Freien Evangelisch-Theologischen Akademie“ (FETA) in Basel an. Initiator war der Vorsitzende und Schriftleiter des Bibelbundes, Dr. Samuel Külling. Aufgrund verschiedener Anfragen über den weiteren Weg der Bibeltreuen entwickelte er erste Gedanken über ein alternatives Ausbildungskonzept in seinem Artikel „Das Übel an der Wurzel erfassen“70. Nach einer treffenden Skizzierung der theologischen Situation forderte Külling damals den Leser auf, die Ausbildungssituation ins Visier zu nehmen. Hier sei der Schlüssel zur zukünftigen Entwicklung der geistlichen Situation angelegt. Es nütze nichts, die theologschen Fakultäten zu reformieren: zu sehr seien sie vom Liberalismus zersetzt. Besser sei die Gründung eines eigenen Bildungszentrums, in dem bibeltreue Theologen Forschungsarbeiten vorantreiben könnnten. Außerdem sei eine Stiftung von Nöten, die verschiedene Projekte finanziell tragen könnte.

Külling führte aus:

„Am verheißungsvollsten scheint mir für das deutsche Sprachgebiet die Lösung eines Gemeinschaftswerkes. Es müßte eine Vereinigung solcher gegründet werden, die den bestehenden extrem- und gemäßigt-kritischen Strömungen, ohne sich einschüchtern zu lassen (Phil. 1,28) entgegensteht. Das Wirksamste wäre die Gründung einer eigenen Fakultät, getragen von allen Mitgliedern der Vereinigung, aus verschiedenen Denominationen.“71

Am Ende seines Artikels entwarf Külling für die Leser ein Antwortformular, in dem sie ihre Unterstützung für seine Initiative eintragen und zurückschicken konnten. Viele Leser von „Bibel und Gemeinde“ haben sich damals hinter diesen ersten Aufruf des neuen Vorsitzenden gestellt.

Im Januar 1970 konnte Külling dann den Lesern von „Bibel und Gemeinde“ mitteilen, daß die Regierung des Kantons Basel-Stadt dem Förderverein grünes Licht für die Eröffnung einer bibeltreuen Fakultät gegeben hatte.

In den nächsten Jahren arbeitete die Vereinigung zur Fakultätsgründung im Stillen weiter. Im Januar 1970 konnte Külling dann den Lesern von „Bibel und Gemeinde“ mitteilen, daß die Regierung des Kantons Basel-Stadt dem Förderverein grünes Licht für die Eröffnung einer bibeltreuen Fakultät gegeben hatte. Die Eröffnung der Akademie konnte am 4. Oktober in der „Freie evangelischen Gemeinde“ und im großen Festsaal des Kirchgemeindehauses Ökolampad in Basel stattfinden. Festredner des Tages war Dr. René Pache, Direktor der Bibelschule Emmaüs in St. Légier. Külling schied damals aus dem Lehrdienst auf St. Chrischona aus und widmete sich voll und ganz den Aktivitäten der FETA. Außerdem gewann man Dr. Theophil Flügge und Dr. Theodore Stanley als hauptamtliche Mitarbeiter. Zu den nebenamtlichen Lehrern zählten: Harold Brown, Arthur Hoffmann, Georg Huntemann, Burkard Krug, Francis Schaeffer, Alfred Stückelberger und Helmut Saake. Schon im ersten Studienjahr meldeten sich 24 Studenten aus Deutschland, Holland, Österreich und der Schweiz. Der Durchbruch war geschafft – auch Dank der Unterstützung aus dem Kreis des Bibelbundes. Über den Fortgang der Akademie berichtete Külling regelmäßig in „Bibel und Gemeinde“.

In den nächsten Jahren ging es dann immer wieder um die Anerkennungsfrage der FETA. Intensive Gespräche wurden mit schweizer und österreichischen Behörden geführt, aber auch mit der württembergischen und badischen Landeskirche. Leider wurde von verschiedenen Seiten ein recht negatives Bild der FETA gezeichnet – vor unwahren Behauptungen schreckte die Gegenseite nicht zurück. Die theologischen Fakultäten fürchteten eine unliebsame Konkurrenz und versuchten mit verschiedenen Eingaben, die Anerkennung zu verhindern. Trotzdem stieg die Studentenzahl der FETA weiter an. Hatte man 1970 mit 24 Studenten begonnen, waren es auf dem Höhepunkt der FETA Ende der 70er Jahre mehr als 170. Dadurch bekam auch der Bibelbund wiederum manche Impulse, denn die Studenten und Absolventen schrieben Artikel und Beiträge in „Bibel und Gemeinde.“ Außerdem bereicherten sie mit ihrer Anwesenheit die verschiedenen Tagungen, von denen noch zu berichten sein wird.

Die Entstehung der FETA in Basel war neben den genannten Veränderungen sicher der entscheidenden Meilenstein der „Ära Külling“. Trotz vielerlei Belastungen durch die junge, sich entwickelnde Akademie, hat der Schriftleiter auch nach 1970 unermüdlich versucht, die Bibeltreuen im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus zu sammeln. Von daher war allein die Gründung einer selbständigen theologischen Fakultät ein langfristiger Erfolg. Die Mitglieder des Bibelbundes haben in diesen Jahren am Ergehen der FETA von Herzen teilgenommen.

4.4 Neue Autoren und Internationalisierung des Bibelbundes

Das akademische Niveau der Zeitschrift stieg sprunghaft an, ohne daß die Ebene der Allgemeinverständlichkeit verlassen worden wäre

Külling baute zunächst auch den Redaktionskreis der Zeitschrift aus. Er selbst übernahm die Leitung für Artikel zum Alten Testament, Prof. Dr. Wilhelm Mundle aus Marburg kümmerte sich um Beiträge zum Neuen Testament, Dekan Richter um die Kirchengeschichte. Für die Naturwissenschaften war zunächst noch Prof. Dr. Rohrbach aus Mainz zuständig, die Weltanschauungsfragen behandelte Dr. Arthur Hoffmann aus Düsseldorf-Kaiserswerth. Später übernahm dann Prof. Wilder Smith die Rubrik Naturwissenschaft. Durch diesen großen Mitarbeiterstab waren die Aufgaben verteilt worden, auch wenn Külling die Hauptverantwortung blieb. Parallel dazu stieg das akademische Niveau der Zeitschrift sprunghaft an, ohne daß die Ebene der Allgemeinverständlichkeit verlassen worden wäre. Trotzdem äußerten manche Leser ihre Bedenken, daß einige Beiträge für den Nichttheologen kaum zu verstehen seien. Külling plädierte an diesem Punkte für eine Offenheit beider Seiten: es müsse in Bibel und Gemeinde Artikel für den „Laien“ und für den Theologen geben.

Zugleich wurde die Internationalisierung des Bibelbundes vorangetrieben. In den Heften nach 1965 fallen manche ausländische Namen unter den Autoren auf: aus Holland die Professoren Zuidema, Ridderbos, Mulder und Gispen, aus Frankreich J. M. Nicole vom Bibelinstitut Nogent-sur-Marne, aus Ungarn Franz Kiss, aus Israel Yigael Yadin, aus Amerika Allan MacRae und John C. Whitcomb. Regelmäßig berichtete man über die Situation in anderen Ländern. Z. B. schrieb Külling ausführlich über das Abrücken der „Freien Universität “Amsterdam von der Verbalinspiration. Nun wurden auch bibeltreue englischsprachige Bücher rezensiert und empfohlen. Besonders wurde die Bibelbundarbeit in der Schweiz ausgebaut, indem man Regionalbeauftragte einsetzte. Spezielle Tagungen in der Schweiz sollten den persönlichen Kontakt zu den dortigen Mitgliedern verstärken.

Durch eine Skandinavienreise Küllings im Jahre 1964 wurden die Mitglieder auch mit den dortigen Bibeltreuen bekannt gemacht, so z. B. mit dem Schweden David Hedegard, dem Finnen Uuras Saarnivara und dem Dänen Pfr. Niels Ove Rasmussen.72 Auch über die Gemeindefakultät in Oslo wurde berichtet, ebenso von der Neugründung der bibeltreuen Fakultät im französischen Vaux-sur-Seine bei Paris. Positiv war auch der Bericht des Schriftleiters über den Weltkongreß für Evangelisation in Berlin im Jahre 1966. Instruktiv wurde über Lausanne 1974 informiert.

Nach Küllings Plänen sollten die ausländischen Bibeltreuen regelmäßigüber die Entwicklung in ihren Ländern berichten. Somit weitete Külling den bis dato auf Deutschland beschränkten Horizont der Mitglieder aus. Nun sah man deutlich, daß es bibeltreue Kreise auch im Ausland gab. Der Kontakt zum ökumenekritischen ICCC verstärkte sich, in dem Delegierte des Bibelbundes an den internationalen Konferenzen teilnahmen.

Zu erwähnen sind noch die Kontakte zum „International Council on Biblical Inerrancy“ (ICBI). Dem Rat ging es ab 1977 in einem Zehn-Jahres-Plan um die Erarbeitung von grundlegenden theologischen Studien zur Irrtumslosigkeit der ganzen Bibel. Man hatte in Amerika erkannt, daß eine Kritik der Bibelkritik allein nicht genüge. Alternative, tragfähige Konzepte sollten vielmehr die desolate Situation der Gemeinde Jesu überwinden helfen. Mitarbeiter waren unter anderem die Theologen Norman Geisler, James Packer und Kenneth Kantzer. Külling wurde vom Rat aufgefordert, als beratendes Mitglied an den Konsultationen in Amerika teilzunehmen. In drei grundsätzlichen Erklärungen zur Irrtumslosigkeit der Schrift, zur Hermeneutik und zur ethischen Verantwortung des Christen richtete man sich Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre an die Öffentlichkeit. Külling veröffentlichte einen Bericht über die erste Konferenz 1978 in Chicago und die gleichnamige Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Schrift in „Bibel und Gemeinde“ und machte damit den deutschsprachigen Lesern mit dem ICBI vertraut.73

Külling gewann auch neue Autoren. Z. B. Dr. H. H. Janzen, ein kanadischer Mennonit, der Gastlehrer auf St. Chrischona war. Daneben war er ein beliebter Evangelist und Radioprediger. Janzen legte in mehreren Fortsetzungen den Römerbrief und den ersten Johannesbrief aus. Ein weiterer Autor war Pfr. Georg Vischer, ebenfalls lange Jahre Lehrer auf St. Chrischona und später Leiter der „Freien evangelischen Schule“ in Zürich. Vischer beschäftigte sich insbesonders mit dem Zeugnis des Neuen Testamentes über das Alte Testament. Horst Thurmann (1911-1999), Krankenhauspfarrer in Wuppertal und Lehrer am Bibelseminar in Wuppertal, gehörte ebenfalls zum Autorenkreis von Bibel und Gemeinde und steuerte mehrere profunde Artikel bei. Abraham Meister, ein theologischer Autodidakt, beschäftigte sich mit vielen biblischen Fragen und übernahm die Verantwortung für die Rubrik der Fragenbeantwortung. Seine umfangreichen Bücher zum Alten und Neuen Testament fanden weite Verbreitung. Herbert Jantzen, Bibellehrer und späterer Dozent an der FETA, erfreute auf Tagungen und in Artikel durch seine tiefgründige Bibelkenntnis.

Arpad und Annelene von Almassy

Arpad und Annelene von Almassy

Einen wichtigen Einschnitt bedeutete die Einstellung eines ersten vollamtlichen Geschäftsführers, Arpad von Almassy (1920-2010).

Ab Oktober 1967 wurde Pfarrer von Almassy Nachfolger des ehrenamtlichen arbeitenden Hildenbrand. Almassy stammte aus einem alten Pfarrergeschlecht, war gebürtiger Ungar, der nach seinem Theologiestudium in Debrecen und seinem Kriegsdienst in der Arbeit des „Ungarischen reformierten Seelsorgedienstes“ gestanden hatte. Dabei kümmerte er sich um die weitverstreuten Landsleute in Lagern und Gruppen und hielt ihnen Gottesdienste. Nach seiner Bekehrung während seines pastoralen Dienstes in München kam er 1956 mit dem ICCC und dann auch mit Külling in Kontakt. Von Külling in die vollzeitliche Mitarbeit gebeten, war er ab 1967 zuständig für die schriftlichen Arbeiten, für die Tagungen und Freizeiten und die Mitgliedsdatei. In jahrzehntelanger rühriger Tätigkeit sorgte sich Almassy um die geschäftlichen Angelegenheiten und die persönlichen Kontakte zu Bibelbundmitgliedern. Auf verschiedenen Reisen quer durch Deutschland und der Schweiz hat er immer wieder Gläubige für die Arbeit des Bundes gewinnen können. Besonders die Freizeiten und Rüstzeiten lagen ihm am Herzen, da man hier einen kontinuierlichen Dienst tun konnte. Neben den Haupttagungen an verschiedenen Orten Deutschlands gab es damals jedes Jahr noch zwei oder drei lokale Tagungen, die von Almassy mit Hilfe den Geschwistern vor Ort organisierte. Unter stetiger Mithilfe seiner Frau Annelene war er die „gute Seele“ im Bibelbund. In Treue und Zurückhaltung war er bereit, über die Maßen die vielen Kleinarbeiten im Bibelbund zu tun. Bis in die Gegenwart hinein verantwortet er im Rentenalter die Abteilung Sonderdrucke des Bibelbundes, bei der jährlich einige Tausend Abdrucke aus „Bibel und Gemeinde“ ins Land gehen.

Die Geschäftsstelle des Bibelbundes befand sich damals im Hause der Almassys in Blankenloch. Von dort aus koordinierte der Geschäftsführer die vielfältigen Aktivitäten des Bundes. Regelmäßige Kontakte mit Külling in Basel sollten eine Zersplitterung der Kräfte verhindern. Im Auftrag der FETA ging von Almassy 1976 für ein Jahr als Pastor der deutschsprachigen Gemeinde in Temuco nach Chile. Er sollte dort für künftige FETA-Absolventen den Weg in die lutherische Kirche bereiten.

4.5 Neue Mitglieder und Kontakte des Bibelbundes

Auch andere Mitglieder warben kräftig für den Bund, so daß die Zahl der Mitglieder und Leser auf über 3000 stieg

Auch die Zahl der Bibelbundmitglieder stieg in diesen Jahren an. Durch Kontakte zu den Schülern auf St. Chrischona, durch die großen Bibelbundkonferenzen, durch mehrfache Israelreisen usw. knüpften Külling und von Almassy vielfältige Kontakte. Aber auch andere Mitglieder warben kräftig für den Bund, so daß die Zahl der Mitglieder und Leser auf über 3000 stieg.

Külling mühte sich auch um die Ausweitung der konfessionellen Zusammensetzung des Bibelbundes. Bis dahin waren ja meistens lutherische Pfarrer und Pietisten Mitglieder im Bund gewesen. Unter Külling kam es nun zu einer Zunahme der freikirchlichen Mitglieder. Aber auch reformierte Professoren und Pfarrer kamen zu Wort, die Külling durch seine Studien in Holland kennengelernt hatte. Andererseits vergaß er nicht, die konfessionellen Lutheraner an den Bibelbund zu binden. Regen Kontakt pflegte er mit Prof. Oesch von der theologischen Hochschule der freikirchlichen Lutheraner in Oberursel. Oesch hatte sich schon vorher gegen die Evolutionslehre und für die Irrtumslosigkeit der Bibel eingesetzt und stand mit diesen Sichten mehr und mehr isoliert in der Theologenschaft seiner Freikirche.

Auch andere Projekte wurden in dieser Zeit begonnen. So versuchte man, z. B. Seminare für angefochtene Theologiestudenten einzurichten. 1966 fand ein erstes Seminar unter Leitung von Külling, Dr. Stanley und Prof. Blocher in Vaux-sur-Seine statt. 1967 dann ein zweites in Neukirchen, ebenfalls mit Külling, Stanley und Pfr. Thurmann. Eine gute Kontaktmöglichkeit für neue Mitglieder waren auch die verschiedenen Schulungswochen, die in erster Linie durch Arpad von Almassy und Hans Passarge geleitet wurden. In erholsamer Umgebung wurde hier auf das Wort Gottes gehört und die Autorität der Schrift betont. Viele neue Mitglieder und Leser sind durch diesen Dienst gewonnen worden. Arpad von Almassy bot für Kinder einen bibeltreuen Schulungsunterricht an, der während der Bibelfreizeiten stattfand. Diese Einrichtung half Eltern, die es mit einem bibelkritischen Pastor in ihrer Gemeinde zu tun hatten.

In einer Fragerubrik konnten die Leser ihre Anliegen und Schwierigkeiten in„Bibel und Gemeinde“ loswerden. Besonders die scheinbaren Widersprüche in der Bibel wurden hier fachkundig behandelt und beantwortet. Über viele Jahre zeichnete Abraham Meister für die Fragesektion verantwortlich. Anfang der 70er Jahre wurde eine weitere wichtige Spalte hinzugefügt: die Gemeindeecke. Hier sollten bewußt praktische Gemeindethemen wie Gemeindewachstum, Kinderarbeit usw. zur Sprache kommen. Denn der Bibelbund hatte nicht umsonst ja sein Hauptorgan „Bibel und Gemeinde“ genannt. In den Artikeln wurden u.a. auch die großen und wachsenden Gemeinden in den USA vorgestellt. Aber auch Tips für die Sonntagsschularbeit waren dabei.

Ende der 70er Jahre kam es dann leider zu Konflikten im Bibelbund. Ausschlaggebend war zunächst die unterschiedliche Einstellung des Vorstandes und des Vorsitzenden zur Pfingst- und Charismatischen Bewegung.

Ende der 70er Jahre kam es dann leider zu Konflikten im Bibelbund. Ausschlaggebend war zunächst die unterschiedliche Einstellung des Vorstandes und des Vorsitzenden zur Pfingst- und Charismatischen Bewegung. Ehepaar Külling hatte schon in den 60er Jahren Kontakt zu den Marienschwestern in Darmstadt mit ihrer Leiterin Basileia Schlink aufgenommen. Gegner der Marienschwestern warfen diesen „schwärmerische Umtriebe“ vor. Anfang der siebziger Jahre erschien dann ein Artikel des Pfingstpredigers Russell Spittler in „Bibel und Gemeinde“, der manche negative Reaktionen hervorrief. Auf der Seite des Vorstandes stand man der neuaufkommenden Charismatische Bewegung eher skeptisch bis ablehnend gegenüber und ordnete die Zeichengaben mehr der Apostelzeit zu. Külling war dagegen auch durch persönliche Erfahrungen wesentlich offener für die neue Bewegung und die sie begleitenden Zeichen der Zungenrede und der Krankenheilung. Dabei fielen dann jedoch auch harte Worte, als Külling den Pfingstgegnern „Innere Bibelkritik“ vorwarf.74 Denn die Eingrenzung von bestimmten Geistesgaben allein auf begrenzte Phasen der Heilsgeschichte sei nach Külling Bibelkritik „von innen“ und daher konsequent abzulehnen. Geistliches Wachstum und Segen Gottes würden durch diese Antihaltung gehindert.

Im Oktober 1979 trafen sich einige Vorstandsmitglieder auf der Bibelbundtagung in Veldhausen, zu der Külling nicht angereist war. Dort wurde angeregt, daß in Zukunft der Vorstand mehr Befugnisse für die Zusammenstellung der Hefte von „Bibel und Gemeinde“ bekommen sollte, um mögliche Einseitigkeiten in der Artikelzusammenstellung zu vermeiden. In erster Linie ging es dabei um mehr Allgemeinverständlichkeit der Beiträge und um eine gewisse Kontrolle des Schriftleiters. Auch sollte die Arbeit des Bibelbundes sich stärker von der Verbindung mit der FETA lösen, um nicht zu einem wissenschaftlichen Fachblatt der Akademie zu werden. Diesen Vorschläge der Vorstandsbrüder empfand Külling als einen Affront gegen seine Person und sein Amt als Schriftleiter. Er bestand auf seine Unabhängigkeit als Redakteur. Zusätzlich hatten sich auch der Vorsitzende und der Geschäftsführer in theologischen Fragen auseinandergelebt – ausschlaggebend war hier die Frage nach der Einordnung der Charismatiker. Auch auf einigen Vorstandssitzungen Ende der 70er Jahre wurde deutlich, daß Külling nicht mehr sein volles Vertrauen in Almassy setzte.

Leider spitzte sich die Situation in den nächsten Wochen und Monaten zu, so daß Külling im Dezember 1979 von seinen Verpflichtungen als Vorsitzender und Schriftleiter zurücktrat. Der Vorstand stellte sich zugleich hinter Arpad von Almassy. Als Folge dieses Konfliktes konnte damals die Nr. 4 des 79. Jahrganges nicht erscheinen. Auf der nächsten Mitgliederversammlung im Frühjahr 1980 in Frankfurt am Main konnten aber die Weichen im Bibelbund wieder neu gestellt werden. Vorhandene Unruhe wich einer fundierten Neuausrichtung für die Zukunft. Zwar kam es zu einigen Austritten aus dem Bibelbund und dem Vorstand, aber grundsätzlich fand man zu einem Neuanfang in den vorgegebenen Linien.

Trotz der Spannungen im Bibelbund Ende der 70er Jahre hat es Samuel Külling verstanden, das bibeltreuen Anliegen Ende der 60er Jahren ins Bewußtsein zu rufen. Das Wachstum des Bibelbundes und die Entstehung der FETA in Basel waren wichtige Meilensteine in der Entwicklungsgeschichte der Gemeinde Jesu im deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus hatte Külling immer wieder den Blick für die Brüder im Ausland, mit denen er ständig in Kontakt blieb. Völlig zu Recht konnte Külling über seine Amtszeit im Bibelbund sagen:

„Im Lauf der Zeit ist der Kreis der Mitglieder des Bibelbundes in drei Richtungen erweitert worden: von den Landeskirchen zu Freikirchen und Gemeinschaften (ein Ernstmachen des Leibes Christi, der quer durch alle Denominationen und Kirchen geht), aus Deutschland nach der Schweiz hin, und umfassender mehr und mehr zu einem Weltbund aller Bibeltreuen in unserer Zeit.“75

Seit 1965 hatte sich auch die Mitglieder- und Leserzahl des Bibelbundes verfünffacht. So war das Anliegen des Bibelbundes eine laute Posaune in der Gemeinde Jesu geworden.

5. Die 80er Jahre bis zur Gegenwart

5.1 Die Konsolidierungsphase unter Schnabel und Passarge

Paul Schnabel

Paul Schnabel

Auf der angesprochenen Mitgliederversammlung 1980 in Frankfurt wählte man Paul Schnabel (*1923) zum neuen ersten Vorsitzenden des Bibelbundes.

Schnabel war durch seine langjährigen Dienste als Kassierer und als Vorstandsmitglied mit der Bibelbundarbeit bekannt und galt als Mann des Vertrauens in einer Zeit der Unruhe. Der gebürtige Stuttgarter hatte nach Abitur und Kriegsdienst Geodäsie studiert und war seit 1953 im Stadtmessungsamt Stuttgart tätig. Darüber hinaus war er jahrelang Vorsitzender des Jungmännervereins Bad Cannstatt gewesen und eine kurze Zeit auch Mitglied der württembergischen Landessynode. Schon früh stand er im Konflikt mit der Bibelkritik in der Kirche und wurde ein bekannter Vertreter für ein bibeltreues Schriftverständnis. Die Hilfe in der Auseinandersetzung mit den Schriftkritikern kam durch den Bibelbund, den er Anfang der 60er Jahre kennengelernt hatte. 1968 wurde er Schatzmeister des Bibelbundes, eine Aufgabe, die er bis heute in viel Treue und Geduld unter der Mithilfe seiner Frau Elsbeth verrichtet. Külling holte ihn 1974 auch ins Kuratorium der FETA in Basel. Bis 1988 hat Schnabel die Geschicke des Bibelbundes gestaltet und den Bund in ruhigere Fahrwasser geführt. Seiner Besonnenheit ist es zu verdanken, daß in dieser Zeit viele neue Mitglieder gewonnen werden konnten.

Schnabel formulierte programmatisch in seinem Leitartikel vom Frühjahr 1980:

„Wir wollen diesen Kampf für den ein für allemal in der Bibel überlieferten Glauben nach unserem Bekenntnis in der Wahrheit und Liebe führen. Jeder Verkündiger des Evangeliums, ob Nichttheologe, Religionslehrer oder Pfarrer hat für seine Verkündigung Rechenschaft abzulegen … In dieser Auseinandersetzung, die eher zu- als abnehmen wird, will der Bibelbund den Gläubigen Hilfe geben, u.a. durch Veranstaltungen (mit Büchertisch) und der Zeitschrift „Bibel und Gemeinde“. Es ist unser Wunsch, daß diese Hilfe allezeit sich allein an unserem Herrn und Seinem Wort orientiert und ausrichtet, damit Er unseren Dienst mit Seinem ganzen Segen begleiten und füllen kann.“76

Hans Passarge

Hans Passarge

Innerhalb kurzer Zeit konnte auch ein neuer Schriftleiter gewonnen werden, nämlich Hans Passarge (*1923).

Auch er arbeitete seit Jahren im Vorstand mit und setzte sich besonders bei Tagungen und Freizeiten für die Sache des Bibelbundes ein. Als 9jähriger hatte Passarge in Essen das Weigle-Haus unter der Führung von Wilhelm Busch kennen- und liebengelernt. Hier bekam er seine entscheidenden geistlichen Prägungen. Dort bekehrte er sich als 14-jähriger, später wurde er Helfer in der Jugendarbeit in einem Essener Stadtbezirk. Nach dem Krieg hatte Passarge ebenfalls Geodäsie in Karlsruhe studiert und war später im Bereich der Flurbereinigungsverwaltung in Stuttgart tätig. Seine geistliche Heimat fand er im Bereich des Liebenzeller Gemeinschaftsverbandes. 1966 kam Passarge mit dem Bibelbund in Berührung und war von seinem Anliegen gleich begeistert. Hier fand er eine Vereinigung von treuen und hingegebenen Christen, die ohne wenn und aber zur Irrtumslosigkeit der ganzen Schrift standen.77

Beide, Schnabel und Passarge, waren sich darüber im klaren, daß die Leitung des Bundes eigentlich in die Hände von Theologen gehören sollte. Aber sie scheuten sich nicht, in der Zeit der Not einzuspringen und ihren Mann zu stehen. Durch die jahrelange Mitarbeit unter Külling kannten sie auch als theologische Autodidakten die geistliche Situation des Landes und hatten ein klares Urteil für die Notwendigkeit einer bibeltreuen Verkündigung. Wie so oft in der Geschichte der Gemeinde Jesu waren es damals die sogenannten Laien, die der Sache des Herrn wieder Auftrieb gaben und neue Richtungen wiesen.

Der Neuanfang nach dem Ausscheiden von Külling gestaltete sich schwierig. Immerhin hatte Külling als Schriftleiter und in seiner FETA-Funktion viele Kontakte zu Autoren auf nationaler und internationaler Ebene aufgebaut. Woher sollten nun neue Artikel kommen? Auch wußten die Autoren nicht, ob sie nun weiterhin für „Bibel und Gemeinde“ schreiben sollten, oder aber nach Küllings Ausscheiden erst abwarten sollten, wie sich das Blatt weiter entwickelt. Angefangene Fortsetzungsartikel mußten abgebrochen werden, weil sich einige Schreiber hinter Külling stellten. Der neue Schriftleiter mußte sich erst neu in die technischen Abläufe einarbeiten. Angesichts des totalen Neuanfanges ist es erstaunlich, daß die erste Nummer von „Bibel und Gemeinde“ einigermaßen pünktlich im Frühjahr 1980 erscheinen konnte. Viele Beweise der Solidarität von Autoren und Lesern trafen in den nächsten Wochen ein und bestärkten das neue Führungsteam.

Bei inhaltlichen Sachfragen gab es wenig Neuerungen im Organ des Bibelbundes. In der Frage nach der Evolution stellte man sich weiter hinter den Kreationismus und die nun entstehende „Studiengemeinschaft Wort und Wissen“ um Prof. Horst Beck und Dr. Joachim Scheven. Mehrmals erschienen Artikel über die Situation der Debatte um Schöpfung und Evolution. Deutlich kritisierte man auch die synkretistischen Tendenzen innerhalb des Weltkirchenrates und stellte sich hinter die Auffassungen des ICCC. Passarge forcierte auch die Übersetzung von englischsprachige Literatur für „Bibel und Gemeinde“. Viele Artikel erschienen aus der Feder von Martin Lloyd-Jones, von 1938 bis 1968 Pfarrer an der berühmten Westminster Chapel in London. Oder es kamen Beiträge von den Autoren aus dem Umfeld des ICCC. Manche Leser legten das als eine Art “Armutszeugnis“ aus, weil man anscheinend keine deutschen Autoren finden konnte. Passarge widersprach dem, denn er hatte zurecht erkannt, daß klare Aussagen zur Schriftinspiration im Zusammenhang mit praktischen Folgerungen für die Gemeinden in erster Linie im englischsprachigen Raum zu finden waren. Er begann auch mit ausführlichen Empfehlungen englischsprachiger Literatur in der Bücherspalte.

Unter dem neuen Schriftleiter erschienen nun Artikel und Stellungnahmen, die sich gegen die Charismatische Bewegung wandten.

Wie erwähnt war es Ende der 70er Jahre zu Differenzen über die Beurteilung der neu-aufgekommenen sogenannten Charismatischen Bewegung in Bibelbund gekommen. Unter dem neuen Schriftleiter erschienen nun Artikel und Stellungnahmen, die sich gegen die Bewegung wandten. Z. B. kritisierte man die Gruppe um Volkhard Spitzer in Berlin, oder die fragwürdigen Veröffentlichungen von Kathleen Kuhlmann, Agnes Sandford, Charles Hunter, Reinhard Bonnke u. a. Man hatte im Bibelbund erkannt, daß die unnüchternen Lehren und Begleiterscheinungen nicht biblisch legitimiert waren. Besonders durch die Beiträge des Evangelisten Alexander Seibel78 und Rudi Holzhauers kam der Bibelbund hier zu einer einheitlichen Position. Wichtig wurde damals auch ein Artikel des amerikanischen Theologen John Whitcomb, in dem er Zeichen und Wunder als besondere Bestätigungen Gottes zu auserwählten Zeiten der Heilsgeschichte herausstellte.79 Alles in allem hat es der Bibelbund verstanden, als eine der wenigen Stimmen auf die verhängnisvollen Auswirkungen der Charismatischen Bewegung und neuerdings der sogenannten Dritten Welle hinzuweisen. Auch wenn die Stellungnahmen nicht immer nur positives Echo hervorriefen, so waren sie doch für viele eine Wegweisung in unsicheren Zeiten. Bis heute gehen die angefertigten Sonderdrucke dieser Artikel zu Hunderten in die Gemeinden.

Mitte der 80er Jahre erschienen auch mehrere Artikel zur modernen Psychologie in „Bibel und Gemeinde“. Seit den 70er Jahren hatte sich die Bekenntnisbewegung außerordentlich kritisch gegen die wesentlichen Formen der Pastoralpsychologie (Gruppendynamik, Humanistische Psychologie) gewandt, wobei sie wesentliche Impulse von Jay Adams aufnahm. Nun begannen Evangelikale neu zu fragen, ob angesichts der vielen seelischen Nöte auch unter Christen Psychologie und Psychotherapie nicht bestimmte Hilfen anbieten könnten. In dieser Situation waren es Artikel von Els Nannen, Dozentin an einer niederländischen Hochschule, die sich mit den Ansätzen von Freud, Jung und Adler auseinandersetzten und zunächst vor jeder Vermischung von Tiefenpsychologie und Seelsorge warnten, dann aber auch evangelikalen Autoren wie Jay Adams und Lawrence Crabb eine Vermischung von Psychologie und Seelsorge vorwarfen. Nannen kam zu einer kompromißlosen Ablehnung aller psychologischen Methoden, was sicherlich nicht von allen Bibelbundmitgliedern nachvollzogen werden konnte. Trotzdem schärfte sie den Lesern den Blick für die kommende „psychologische Gesellschaft“, in der nicht mehr die Seelsorge der Heiligen Schrift, sondern das Psychologiebuch des Experten die Norm sein wird.

Unter der Schriftleitung Hans Passarges wurde der Trend hin zu den Freikirchen und ihrer Theologie fortgeführt. War der Bibelbund ursprünglich eine innerkirchliche Bewegung gewesen, so hatte nach dem Krieg der Weg zur Gemeinschaftsbewegung begonnen. Nun traten wesentlich mehr Freikirchler dem Bibelbund bei, schwerpunktmäßig aus dem Kreis der Brüderversammlungen. Diese Entwicklung hing damit zusammen, daß nun auch der Dispensationalismus in mehreren Artikeln auftauchte. Der Dispensationalismus unterteilt die Heilsgeschichte Gottes in mehrere Heilszeiten, in denen Gott auf unterschiedliche Art mit dem Menschen umgeht. Diese Einteilung des Handelns Gottes führt dabei zu einer scharfen Trennung von Israel und der Gemeinde. Da diese Auslegung besonders in Brüdergemeinden vertreten ist, kamen deshalb auch aus dieser Gruppierung viele neue Mitglieder zum Bibelbund.

Zunehmend kritisierte man auch den Weg der Gemeinschaftskreise, die sich nicht deutlich genug von der Kirche distanzierten. Trotzdem muß gesagt werden, daß auch in diesen Jahren viele Gemeinschaftsleute durch die Zeitschrift und die Tagungen des Bibelbundes Glaubensstärkung erfuhren, die ermutigend und stabilisierend wirkte. Die alte Prämisse, den Bund für Gläubige aus Kirchen und Freikirchen offenzuhalten, sollte sich auch in den 80er Jahren bestätigen – wenn es deshalb auch immer wieder mal zu Konflikten durch das unterschiedliche Gemeindeverständnis kam.

Passarge verstand es, weitere aktuelle Themen in „Bibel und Gemeinde“ anzupacken: Auseinandersetzung mit der christlichen Rockmusik, Stellungnahmen zur Alternativmedizin wie Homöopathie, Akupunktur, Yoga, Warnung vor Bibelkritik auch in den Freikirchen und evangelikalen Kreisen, Wurzeln der Freimaurerei usw.

Passarge verstand es, weitere aktuelle Themen in „Bibel und Gemeinde“ anzupacken: Auseinandersetzung mit der christlichen Rockmusik, Stellungnahmen zur Alternativmedizin wie Homöopathie, Akupunktur, Yoga, Warnung vor Bibelkritik auch in den Freikirchen und evangelikalen Kreisen, Wurzeln der Freimaurerei usw. Dazu kamen auch Informationen über Sekten und Weltanschauungen. Damit erweiterte sich das Gesichtsfeld des Bibelbundes. Nun ging es nicht mehr nur um die Zurückweisung der Bibelkritik, sondern um Apologetik in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Sicher lag dies auch daran, daß die Zahl der Theologen im Bibelbund in dieser Zeit abnahm. Grundlegende exegetische und hermeneutische Beiträge kamen seltener vor als früher. Aber der neue Schriftleiter des Bibelbundes hatte erkannt, daß die Frontstellungen der modernen Zeit über die eigentliche Auseinandersetzung mit der Bibelkritik hinausgingen. Die Saat der Bibelkritik ging nun in allen Gesellschaftskreisen auf. Gerade die New-Age-Bewegung der 80er Jahre offenbarte den Hang des modernen Menschen zur Mystik und zum Irrationalismus. Hier wurden manche Hilfestellungen geliefert. Ebenso im Bereich der Pädagogik, der Gruppendynamik und der Sexualethik. Der moderne Mensch war so stark von Säkularismus und Gottvergessenheit durchdrungen, daß die „Scheidung der Geister“ auf allen Ebenen anzusetzen hatte.

Unter der Schriftleitung von Samuel Külling war der Bibelbund eng mit der FETA in Basel verbunden gewesen. Eine ähnliche Allianz kündigte sich Anfang der 80er Jahre zwischen Bibelbund und der Freien Theologischen Akademie in Gießen an. Die Akademie war 1974 von dem amerikanischen Theologen Dr. Cleon Rogers in Seeheim gegründet worden. Rogers, Promovent von „Dallas Theological Seminary,“ sah als Missionar die Not der theologischen Ausbildung in Deutschland und faßte den Mut, eine Ausbildungsstätte auf Hochschulebene zu gründen. Die Ziele und die Bibelhaltung der FTA glichen denen der FETA in Basel. Nach den ersten Jahre in enger Koordination mit der Bibelschule in Seeheim ging man 1981 in die Eigenständigkeit nach Gießen. Die Studentenzahlen stiegen hier sprunghaft an, so daß man bald schon in ein größeres Gebäude umziehen mußte. An der FTA in Giessen fanden nun nicht nur einige Bibelbundtagungen statt, sondern manche Vorstandsmitglieder und Artikelschreiber kamen aus dem Kreis der Ausbildungsstätte. So war es dem Bibelbund auch hier wieder gelungen, die bibeltreue Ausbildung junger Theologiestudenten zu fördern. Denn der Predigernachwuchs entscheidet oftmals über die zukünftige Ausrichtung der Gemeindebünde. So hat der Bibelbund entscheidende Impulse von den bibeltreuen Akademien in Deutschland erhalten und selbst manchen Einfluß auf sie ausgeübt.

Obwohl durch den Abgang von Külling einige Mitglieder den Bibelbund verlassen hatten, konnten in den folgenden Jahren neue Mitglieder und Leser gewonnen werden. In dieser Zeit erreichte die Zeitschrift eine Auflage von 3.000 Exemplaren. Zu einer guten Zusammenarbeit zwischen Schriftleitung (Passarge) und Geschäftsführung (von Almassy) kam es auch durch den Umzug Almassys nach Waldbronn, dem Wohnort Passarges, im Jahre 1980. 1981 und 1984 bekam „Bibel und Gemeinde“ ein neues Cover, um auch äußerlich attraktiver zu werden. 1981 wurde der Vorstand erweitert: mit Pfr. Lienhard Pflaum von der „Liebenzeller Mission“ und Dr. Cleon Rogers von der „Freien Theologischen Akademie“ traten zwei versierte Brüder in das Leitungsgremium des Bibelbundes ein. 1984 verjüngte sich der Vorstand durch das Hinzukommen von Dr. Helge Stadelmann, Thomas Schirrmacher, Roger Wyssbrod und Fritz Weber. Durch den Letztgenannten gab es nun auch einen Vertreter aus Österreich im Bibelbundvorstand.

Unter der Schriftleitung von Hans Passarge wurde besonders die Gemeindebezogenheit des Blattes erreicht. Die Artikel blieben bis auf wenige Ausnahmen allgemeinverständlich. Geistliche Impulse wurden durch Bibelauslegungen am Anfang der Hefte gegeben. Sie gingen weniger in die exegetische Tiefe, aber dafür in das Herz der Leser. Unter besonderer Mithilfe seiner Frau Liselotte verstand es Passarge, das Bibelbundheft in eine neue, praxisrelevante Richtung zu führen. Viele Mitglieder und Leser haben es ihm gedankt, auch wenn für manchen anspruchsvollen Gemeindeglieder gelegentlich der fachliche Tiefgang fehlte.

Dr. Bernhard Kaiser

Dr. Bernhard Kaiser

Ein weiterer wichtiger Einschnitt in der Geschichte des Bibelbundes war die Berufung von Dr. Bernhard Kaiser (*1954) als halbzeitlicher Theologischer Referent des Bibelbundes im Jahre 1986.

Der gebürtige Marburger hatte von 1972 bis 1977 an der FETA in Basel Theologie studiert und war dadurch auf den Bibelbund aufmerksam geworden. Als Pfarrer der lutherischen Kirche in Chile und Nachfolger von Arpad von Almassy hatte er dort von 1978 bis 1983 vielfältige Erfahrungen im Gemeindedienst machen können. Nebenbei lehrte er theologische Fächer an chilenischen Bibelinstituten. Seit 1981 arbeitete Kaiser an seiner Dissertation über „Luther und die Auslegung des Römerbriefes“, die er 1988 an der Universität in Stellenbosch erfolgreich abschließen konnte. Seit 1985 unterrichtete er halbzeitlich Systematische Theologie an der „Freien Theologischen Akademie“ in Gießen.

Bernhard Kaiser übernahm von Arpad von Almassy u. a. die Vorbereitungen der Tagungen und den Reisedienst, sowie die gesamte Korrespondenz des Bundes. Kaiser machte sich insbesondere um die vereinsrechtliche Neuregelung verdient, denn die Verfassung des Bundes mußte auf den neuesten Stand gebracht werden. Die gesamte Geschäftsstelle wurde 1986 von Waldbronn nach Reiskirchen bei Gießen verlegt, wo Kaiser sein Domizil hatte. Durch verschiedene Vortragsreisen zu Bibelschulen und Gemeinden intensivierte er wieder den persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern und Freunden und erweiterte das Schulungsangebot des Bundes.

Aber Kaiser regelte nicht nur die Geschäfte des Bibelbundes, sondern war auch selber literarisch in „Bibel und Gemeinde“ aktiv. Seine gediegenen theologischen Artikel waren für viele Leser zunächst ungewohnt und z. T. schwer verständlich. Trotzdem wurde durch seine Mitarbeit die eigentliche theologische Arbeit im Bereich der Fundamentaltheologie wieder aufgenommen. Neben der Abwehr der Irrlehren in unserer Zeit fand der Bibelbund in Bernhard Kaiser einen Mann, der dogmatisch die eigenen Positionen positiv aufarbeiten konnte. Sein Ziel war das Heraustreten aus der bloß defensiven Abwehrhaltung. Langfristig könne man der Gemeinde Jesu wesentlich effektiver zur Seite stehen, wenn die biblischen Positionen tiefgehend erfaßt und aufgearbeitet würden. Dabei stand Kaisers mehr reformatorische Position manchmal im Gegensatz zum Dispensationalismus vieler Bibelbundmitglieder. Aber sie regte zum Nachdenken und Überdenken der eigenen Anschauungen an. Im gemeinsamen Zentrum der Bibeltreue konnten sich beide Traditionen nebeneinander stehenlassen.

5.2 Der Bibelbund in den Herausforderungen der Gegenwart

Ein entscheidender Wechsel in der Leitung des Bibelbundes wurde dann im Jahre 1986 beschlossen. Ab dem Januar 1988 sollten der Vorsitz und die Schriftleitung wieder in die Hände von zwei Volltheologen übergehen. Nach längerer Vorbereitung entschied sich der Vorstand für Dr. Helge Stadelmann, dem Dekan der „Freien Theologischen Akademie“, und Dr. Thomas Schirrmacher, Leiter des „Institutes für Weltmission und Gemeindebau“ in Bonn und Pastor innerhalb der „Evangelischen Gesellschaft“.

Dr. Helge Stadelmann

Dr. Helge Stadelmann

Dr. Helge Stadelmann (*1952), gebürtiger Nürnberger, hatte nach seinem Abitur an der FETA in Basel studiert.

Anschließend setzte er seine Studien in Dallas (Texas) fort, wo er sich schwerpunktmäßig mit der deutschen Evangelienkritik auseinandersetzte. Nach weiteren Studien an der Universität Cambridge promovierte er 1980 an der Universität Basel bei Prof. Bo Reicke. Nach mehrjährigen Lehrverpflichtungen an den Bibelschulen in Brake und Wiedenest berief ihn die FTA 1986 zum Dekan nach Gießen. Parallel dazu war er Pastor der „Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde“ in Gießen.

Schon während seiner FETA-Zeit war Stadelmann mit dem Bibelbund in Verbindung gekommen. 1984 wählte man ihn in den Vorstand. Schon Jahre vorher war er durch verschiedene theologische Artikel im Bibelbundorgan für das Anliegen der Bibeltreue eingetreten. Wegweisend für viele wurde sein Buch „Grundlinien eines bibeltreuen Schriftverständnisses“,80 in dem er bibeltreue Prinzipien für die Textauslegung entwickelte. Als Vorsitzender war sein Anliegen die Vertiefung des theologischen Anliegens des Bundes. Stadelmann wollte auch das Niveau des Heftes erhöhen, um an diesem Punkt an die Külling-Zeit anzuknüpfen. Auch sollte die Bibelfrage und die Auseinandersetzung mit der Bibelkritik in ihren vielfältigen Formen wieder stärker ins Zentrum rücken. Der neue Vorsitzende ging in eine gewollte Distanz zum Stil eines mehr destruktiven und kämpferischen Fundamentalismus, der nur die rücksichtslose Zerschlagung der Gegner im Sinn hatte. Ziel war für ihn die Balance zwischen einer klaren biblischen Position und einem brüderlichen Aufeinander-Hören. Jeglicher prinzipielle Separatismus lag ihm fern. Die Mitglieder des Bibelbundes sollten kompromißlose Positionen vertreten und dennoch auch konstruktiv in den Ortsgemeinden mitarbeiten. Die Liebe zum Wort Gottes und die Liebe zur Gemeinde gehörten für ihn zusammen. Skeptisch stand er jedem Kämpfer gegenüber, der sich vor Ort als nicht gemeindetauglich erwies.

Stadelmann forcierte auch weiter den Kontakt mit den befreundeten Institutionen. Immer wieder wies er darauf hin, daß der Bibelbund längst nicht allein sei im Eintreten für die Irrtumslosigkeit der Bibel. Enge Verflechtungen – auch personeller Art – gab es zur „Studiengemeinschaft Wort und Wissen“. Stark verbunden wußte man sich mit den neu entstehenden Bekenntnisschulen und der „Initiative für bibeltreue Hochschulen“. Auch manche Mitgliedsschulen der „Konferenz bibeltreuer Ausbildungsstätten“, 1963 auf Initiative des Vorstandsmitgliedes Heinrich Jochums gegründet, waren mehr oder weniger mit dem Bibelbund liiert. Zugleich lag Stadelmann daran, daß Theologen, die die Schrifthaltung des Bibelbundes vertreten, sich in Gremien einbringen, die sich nicht zur völligen Irrtumslosigkeit der Schrift bekennen, um dort einen positiven Einfluß auszuüben. Er selbst engagierte sich entsprechend im Vorstand des „Arbeitskreises für evangelikale Theologie“ (AfeT) und in der Theologischen Kommission der „Weltweiten Evangelischen Allianz“ („World Evangelical Fellowship“) .

Dr. Thomas Schirrmacher

Dr. Thomas Schirrmacher

Parallel mit dem neuen Vorsitzenden kam auch ein neuer Schriftleiter zum Bibelbund, Dr. Thomas Schirrmacher.

Auch er war von 1978 bis 1982 an der FETA in Basel ausgebildet worden, promovierte 1985 mit einer Arbeit über Theodor Christlieb an der reformierten Fakultät in Kampen, Holland, 1989 noch über ein ethnologisches Thema in Amerika. Um praktische Erfahrungen zu sammeln, war er Pastor innerhalb der „Evangelischen Gesellschaft für Deutschland“ von 1982 bis 1986. Anschließend leitete er das „Institut für Weltmission und Gemeindebau“ in Bonn, dem auch ein eigener Verlag angegliedert war. Von 1983 bis 1989 war er außerdem Dozent für Missions- und Religionswissenschaft an der FTA in Gießen, seit 1990 an der FETA in Basel.

Schirrmacher wollte als neuer Schriftleiter zunächst die Kontinuität des Blattes wahren und nahm nur behutsame Änderungen vor. Wie sein Vorgänger Passarge veröffentlichte er viele Artikel aus dem gesamten Bereich der Apologetik. Um die Beiträge besser zu gliedern teilte er sie in verschiedene Rubriken ein. Als Missionswissenschaftler hatte Schirrmacher auch einen Blick für die Nöte der Weltmission – ein Bereich, der bisher im Bibelbund zu kurz gekommen war. In der neuen Rubrik „Stimmen der Väter“ druckte man in Zukunft wertvolle Beiträge aus vergangenen Tagen ab. Auf unterschiedliches Echo stieß die Spalte „Zur Diskussion gestellt“, in der es um umstrittene Themen aus evangelikalen Kreisen ging. Hier wurden manche „heiße Eisen“ diskutiert, wie z. B. Ehescheidung, Wiederheirat, Heilsgewißheit, Schwören usw. In der Spalte „Umschau“ wurde wieder mehr über aktuelle Entwicklungen berichtet. Aber auch Sekten, Weltreligionen, Religions- und Konfessionskunde standen ab sofort auf dem Programm der Zeitschrift. Nun begann man auch mit Schwerpunktheften, in denen von verschiedenen Autoren verwandte Themen behandelt wurden. Auf dieser Weise versuchte Schirrmacher, mehr systematisch zu arbeiten. Ein Jahresregister sollte zudem das Auffinden von alten Artikeln erleichtern. Um die anfallende Mehrarbeit effektiv zu gestalten formierte sich 1992 auch ein Redaktionskreis, der dem Schriftleiter zur Seite steht und sich um neue Autoren bemüht.

Eine Ausweitung der gesamten Bibelbundarbeit begann Ende der 80er Jahre. Damals startete man wieder mit der Regionalisierung der gesamten Arbeit, wie sie schon in den 50er Jahren bestanden hatte. Regionalbeauftragte sollten den persönlichen Kontakt vor Ort herstellen und auf die spezifischen Nöte in den Gemeinden eingehen. Lokale Tagungen mit dem Theologischen Referenten förderten die Verbindungen untereinander. Auch in der Satzung des Bundes wurde nun die Regionalarbeit aufgenommen, um eine gewisse Selbständigkeit zu erreichen. Dadurch gewann der Bibelbund neue Freunde und blieb mit der Gemeindebasis verbunden. Entscheidende Hilfen vermittelte der Bibelbund auch bei der Gründung einer Vereinigung mit gleicher Zielrichtung in Ungarn.

Vor allen Dingen kam es aber durch den Fall des eisernen Vorhanges zu einer Neubelebung der Bibelbundarbeit in Ostdeutschland. Der Bibelbund hatte ja nach dem 2. Weltkrieg die Mitglieder in den Ostgebieten fast vollständig verloren. Und doch gab es Ende der 70er Jahre dort unabhängig von der Entwicklung in Westdeutschland einen Aufbruch in bibeltreuen Kreisen, der für die spätere Arbeit wichtig werden sollte. Im Mai 1977 trafen sich einige Brüder – meist aus dem Kreis der dortigen Brüdergemeinden – zum ersten Male in einem „Arbeitskreis bibeltreuer Theologie“. Dazu zählten u.a. Manfred Schäller, Hartmut Decker, Karl-Heinz Vanheiden, Jürgen Lutter und Richard Bergmann. Hauptanliegen war die theologische Weiterbildung der Absolventen der Bibelschule Burgstädt. Man traf sich ca. fünfmal im Jahr zum theologischen Gedankenaustausch. Richard Bergmann berichtet über diese Zeit:

„Wir wünschten uns eine Gesprächsrunde, in der man seine Gedanken und Ansichten unbesorgt äußern konnte. Nicht, um unbedingt darin bestärkt zu werden. Ziel war das gemeinsame Ringen, meinetwegen auch mit abstrusen Ideen und Vorstellungen. Manche von ihnen sind wir einfach dadurch los geworden, daß wir sie einmal aussprechen konnten. Auf diese Weise gab es Seelsorge. Über etwa 75 Themen hörten wir Referate. Einer von uns arbeitete über einem Thema. In selteneren Fällen auch mehrere. Jeder versuchte natürlich vorher schon, ins Thema ‚hineinzugelangen‘. Nach den Referaten schloß sich darum eine oftmals sehr lebhafte Debatte an.“81

Trotz unterschiedlicher Meinungen war es allen Beteiligten klar: die irrtumslose Bibel gibt uns die Leitlinie für unsere Erkenntnis.

Trotz unterschiedlicher Meinungen war es allen Beteiligten klar: die irrtumslose Bibel gibt uns die Leitlinie für unsere Erkenntnis.

Ein mutiges Unterfangen dieses Kreises war die Herausgabe einer eigenen Informationsbroschüre unter dem Titel „Biblisch Glauben, Denken, Leben“. Den Mangel an hilfreicher, bibeltreuer Literatur empfand man im Osten noch viel stärker als im Westen. Schon entstand der Plan, eine kurze und prägnante Zeitschrift selbst herauszugeben. Zielgruppe sollten die Mitarbeiter in den Gemeinden sein. In der DDR war jede Literaturarbeit von kirchlicher Seite problematisch. Zunächst schien das Risiko zu hoch, dann aber kam technische Unterstüztung aus dem Westen und der erste Informationsbrief konnte im Dezember 1986 erscheinen. Er wurde dank vieler Spender kostenlos abgegeben und erreichte schnell die Auflagenstärke von fast 1.000 Exemplaren. Das Niveau war hoch, jedoch achtete man auf Allgemeinverständlichkeit. Viele ermutigende Reaktionen aus den Gemeinden gaben den Mitarbeitern die Motivation, weiterzumachen. Attacken des Staates verliefen – Gott sei Dank – im Sande.

Diese kleine aber schlagkräftige Gruppe von ostdeutschen Bibeltreuen kannte den Bibelbund recht gut. „Bibel und Gemeinde“ wurde auch im Osten gelesen und durch private Besuche von Mitgliedern war ein brüderlicher Zusammenhalt gewachsen. Besonders Thomas Schirrmacher und Alexander Seibel haben durch einige Reisen die Kontakte geknüpft und forciert. Schirrmacher nahm zwischen 1986 und 1990 jedes Jahr an Sitzungen des Arbeitskreises teil und bestärkte die Teilnehmer bei der Herausgabe der Zeitschrift. Aus dem Arbeitskreis wurde so Anfang 1990 der Bibelbund-Ost. Aber diese Zweigleisigkeit war nicht effektiv und forderte schon bald eine einheitliche Marschrichtung. So wundert es nicht, daß auf der Vorstandssitzung 1992 in Friedrichroda der Bibelbund Ost mit dem Bibelbund West verbunden wurde. Eine unselige staatliche Trennung hatte nach über 40 Jahren ihr Ende gefunden und damit konnten sich auch die Bibeltreuen vereinigen. Die Föderung bibeltreuer Theologie in der Gemeinde sollte nach der Wende wieder unter einer einheitlichen Regie im gesamten Deutschland in Angriff genommen werden. Angesichts der Situation vor dem Kriege nahm der Bibelbund damit ein alte Tradition wieder auf, in dem er auch in Ostdeutschland aktiv wurde.

Richard Bergmann

Richard Bergmann

Als Zeichen der brüderlichen Verbundenheit wurde im Rahmen der Vereinigung der Bünde Ost und West auf der Vorstandssitzung 1992 in Friedrichroda auch ein Ostdeutscher zum Vorsitzenden des Bibelbundes gewählt, nämlich Richard Bergmann (*1951).

Das Hinzukommen der Ostbrüder sollte nicht als ein „Anschluß“, sondern als harmonisches Wiedervereinen von lange Jahre getrennten Brüdern verstanden werden. Auch die Brüder im Osten hatten unter wesentlich schwierigeren Bedingungen gute theologische Arbeit geleistet und der Kritik widerstanden. Mit der Wahl des Vorsitzenden sollte dies sichtbar anerkannt werden. Bergmann, in einem gläubigen Elternhaus großgeworden, entschied sich mit 11 Jahren für Christus. Nach einer Jugendzeit nicht ohne Krise studierte er zunächst Mathematik, mußte sein Studium aber auf Drängen der Staatssicherheit abbrechen. Anschließend absolvierte er eine Lehre zum Heizungsmonteur und besuchte später die Bibelschule in Burgstädt bei Chemnitz (damals noch Karl-Marx-Stadt). Geprägt durch die Brüdergemeinden im Bund der „Evangelisch Freikirchlichen Gemeinden“ der DDR ging er anschließend von 1986 bis 1991 in den vollzeitlichen Dienst. Parallel dazu unterrichtete er auch als Gastlehrer an der Bibelschule in Burgstädt. Seit 1991 war er als Geschäftsführer in der freien Wirtschaft tätig.

Unter seiner Regie geht der Bibelbund in die letzten Jahre des Jahrhunderts. Die Weichenstellung von vor 100 Jahren ist die gleiche geblieben: die Bibel ist Gottes irrtumsloses, inspiriertes Wort. Es ist der Anker, bei dem Menschen letzte Sicherheit bekommen. In einer sich immer schneller verändernden Welt haben wir einen unveränderlichen Maßstab, die Heilige Schrift. Die Ergebnisse der Bibelkritik – so unterschiedlich sie sich in 100 Jahren Theologiegeschichte gaben – werden dem Anspruch der Schrift nicht gerecht und führen den Menschen in die Irre. Die adäquate Antwort auf Offenbarung heißt Gehorsam, nicht Kritik.

Zentrum der Überzeugung der Bibelbundmitglieder ist der § 2 der Satzung des Bibelbundes, in dem es heißt:

„Die Mitglieder bekennen sich zu dem Glauben, daß allein die Bibel Alten und Neuen Testamentes nach ihrem Selbstzeugnis bis in den Wortlaut hinein das durch göttliche Inspiration empfangene, wahre Wort Gottes und verläßliche Zeugnis von seiner Offenbarung in der Geschichte ist. Sie halten an der völligen Zuverlässigkeit und sachlichen Richtigkeit aller biblischen Aussagen – auch in geschichtlicher und naturkundlicher Hinsicht – sowie ihrer uneingeschränkten Geltung in ihrem heilsgeschichtlichen Zusammenhang fest. Sie bezeugen, daß die Bibel keinen wirklichen Widerspruch enthält, sondern eine von Gott gewirkte Einheit ist. Den Mitgliedern ist die Bibel in allem, was sie sagt, Heilswort, das dem Glauben gegeben ist, und somit uneingeschränkt göttliche Autorität und Norm für Lehre und Leben.“

100 Jahre Bibelbund auf dieser Grundlage sind 100 Jahre Treue und Fürsorge Gottes. Der Bibelbund erlebte verschiedenste Schulen der Bibelkritik: die Liberale Theologie am Ende des 19. Jahrhunderts, die „Dialektische Theologie“ eines Karl Barth, die Herausforderung durch die Entmythologisierung durch Rudolf Bultmann, das Eindringen der Bibelkritik in freikirchliche und Gemeinschaftskreise, die Umdeutung des Evangeliums durch Moralrevolution, New Age und Psychologie. Die Zeiten änderten sich, aber das Anliegen blieb das gleiche. Der Bibelbund hat manche innere Krisen durchgemacht, aber Gottes bewahrende Hand stand sichtbar über diesem Werk. In einer wahren Allianz von Gläubigen aus Kirchen, Freikirchen und Gemeinschaften wurde der Bibelkritik widerstanden und der biblische Glaube hochgehalten. Möge der Herr auch in den nächsten Jahren seinen Segen nicht zurückhalten, damit angesichts der Nöte der modernen Zeit das Anliegen des Bundes auf fruchtbaren Boden fällt. Es ist zu wünschen, daß sich dazu noch viele Gleichgesinnte aus den deutschsprachigen Gemeinden in die Arbeit einspannen lassen.


  1. Die Geschichte des Bibelbundes ist bis heute nicht geschrieben. Dieser Tatbestand verwundert angesichts der breiten Wirksamkeit des Bundes. Einige Hinweise aus der Geschichte des Bundes geben folgende Artikel: Steinmeier, „Der Bibelbund“, „Nach dem Gesetz und Zeugnis“, 4 (März, 1905), 367-70; Liselotte Passarge, „Blick in die Vergangenheit“, Bibel und Gemeinde, 74 (Nr. 1, 1974), 18-20; 74 (Nr. 2, 1974), 110-19; 74 (Nr. 3, 1974), 224-36; 74 (Nr. 4, 1974), 334-54; 75 (Nr. 1, 1975), 23-25; 75 (Nr. 2, 1975), 132-36. Passarges Artikel gibt auch einige ausgewählte Textreprints wieder. Vgl. auch Hans Passarge, „Ein kurzer Rückblick auf 90 Jahre Bibelbund“, Bibel und Gemeinde, 84 (Nr. 4, 1984), 380-83. Vgl. auch meine Ausarbeitung in: Fundamentalismus in Deutschland: Der Kampf um die Bibel im Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts, Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, 1993, 189-218, aus der einige Passagen für den ersten Teil dieses Artikels übernommen wurden. 

  2. seit 2012 an die Bibelschule Brake zumgezogen 

  3. Adolf von Harnack, Das Apostolische Glaubensbekenntnis: Ein geschichtlicher Bericht nebst einem Nachwort, Berlin: A. Haack, 1892. 

  4. Untertitel: Ein schlichtes Laienzeugnis für den göttlichen Ursprung und die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift, Leipzig: E. Ungleich, 1893. Eine zweite Auflage erschien 1896 in Liegnitz: Christliche Schriftenniederlage, 1896. Ich zitiere aus einem Nachdruck in der Reihe Aktuelle Fragen, Bd. 14, Hg. Heinrich Jochums, Wuppertal: Evangelische Gesellschaft für Deutschland, 1966. 

  5. Ebd., S 7f. 

  6. Th. Beyer, Das Alte Testament im Licht des Zeugnisses Christi: Vortrag im Kirchlichen Verein zu Hamburg am 7. Oktober 1896, Berlin: Wiegandt & Grieben, 1897. 

  7. St. Petri Zeugnis über das Alte Testament: Vortrag im Bibelbund zu Stettin am 13. April 1898, Veröffentlichung des Bibelbundes, Nr. 10, Braunschweig: Hellmuth Wollermann, 1904. 

  8. Paul Gaedke, „Aus dem Leben des Pastors Friedrich Gaedke“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 32 (Juli/Aug., 1932), 90. 

  9. Wilhelm Kölling, Vierzig Jahre im Weinberger Christi: Lose Blätter als Beitrag zur praktischen Theologie, Berlin: Buchhandlung der Berliner Stadtmission, 1901, 233. 

  10. Wilhelm Kölling, Die Lehre von der Theopneustie, Breslau: Carl Dülfer, 1891. 

  11. Ebd., XII. 

  12. Sein in dieser Hinsicht bekanntestes Werk wurde Die Inspiration der heiligen Schrift und ihre Bestreiter: Eine biblisch-dogmatische Studie, Leipzig: Georg Böhme Nachf. (E. Ungleich), 1889. 

  13. Julius Greve, Der Kampf um die heilige Schrift und ihre Inspiration, Cottbus: 1892. 

  14. Eduard Rupprecht, Wissenschaftliches Handbuch der Einleitung in das Alte Testament, Gütersloh: Bertelsmann, 1898. Rupprecht widmete dieses umfangreiche Werk seinen Lehrern Hävernick, Hengstenberg und Keil. 

  15. So in seinem Werk Die Anschauung der kritischen Schule Wellhausens vom Pentateuch: Ihr Wert und der Weg zur Selbstbehauptung der Kirche ihr gegenüber, Erlangen: A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlg. Nachf. (Georg Böhme), 1893. 

  16. Eduard Rupprecht, Der Pseudodaniel und Pseudojesaja der modernen Kritik, Erlangen: A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlg. Nachf. (Georg Böhme), 1894. 

  17. Eduard Rupprecht, Das Christentum von D.Ad. Harnack nach dessen sechzehn Vorlesungen: Eine Untersuchung und ein Erfahrungszeugnis an die Kirche der Gegenwart aller Konfessionen, Gütersloh: C. Bertelsmann, 1901, VIII. 

  18. Eduard Rupprecht, Das Rätsel des Fünfbuches Mose und seine falsche Lösung: Eine Reihe kritischer Einzeluntersuchungen und Zeugnisse, Gütersloh: C. Bertelsmann, 1894, 11f. 

  19. Theodor Beyer, Das Alte Testament im Licht des Zeugnisses Christi: Vortrag im Kirchlichen Verein zu Hamburg am 7. Oktober 1896, Berlin: Wiegandt & Grieben, 1897, IV-V. 

  20. F. Gaedke, „Zwei verschiedene Lichter!“ Nach dem Gesetz und Zeugnis, 3 (Heft 1, 1903), 5. 

  21. Zu Lepsius vgl. den Artikel von Karl Endemann, „Dr. Johannes Lepsius und ‚Ein menschlicher Tag‘“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 4 (1904), 38-56, 77-82. 

  22. Karl Endemann, Beiträge zur Pentateuchkritik, Veröffentlichungen des Bibelbundes, Nr. 7, Braunschweig: Hellmuth Wollermann, 1900. 

  23. Steinmeier, „Zu: Wider kirchliche Engländerei. 2.“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 15 (Juni, 1915), 79. 

  24. Heinrich Lenk, „Woher die moderne Theologie und die Gemeinschaftsbewegung?“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 16 (April, 1916), 13-17. 

  25. Ebd., 219. 

  26. Georg Stosch, Das Wesen der Inspiration auf Grund des alttestamentlichen Strifttums untersucht, Gütersloh: C. Bertelsmann, 1912. 

  27. Ebd., 20. 

  28. Georg Stosch, Die Inspiration der neutestamentlichen Evangelien, Gütersloh: C. Bertelsmann, 1913. 

  29. Fr. Hashagen, Aus der Studentenzeit eines alten Pastors, Wismar: Hans Bartholdi, 1908, 196. 

  30. Ebd., 281. 

  31. Fr. Hashagen, Aus dem amtlichen Leben eines alten Pastors, Leipzig: E. Ungleich, 1911, 260. 

  32. Ich benutze hier den Nachdruck in: Nach dem Gesetz und Zeugnis, 25 (Jan.-März, 1925), 347-72. Der Artikel erschien auch als Sonderdruck 1925. 

  33. Ebd., 370f. 

  34. Fr. Hashagen, Persönliche Schrift- u. Kirchen-Studien zur Bekämpfung der modern-rationalistischen Schrift-Kritik, Hermannsburg: Missionshandlung, 1913. 

  35. Ebd., 57ff. 

  36. Heinrich Lenk, Wer ist Gott?, Veröffentlichungen des Bibelbundes, Nr. 19, Lütjenburg: Selbstverlag des Bibelbundes, 1925. 

  37. G. Finke, Wer hat die fünf Bücher Moses verfaßt? Eine historisch-kritische Studie, Leipzig: A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlung Nachf. (G. Böhme), 1900. 

  38. G. Finke, Das Schreien der Steine oder Hieroglyphen, Keilschriften und Bibelwort, Braunschweig: Hellmuth Wollermann, 1900. In einer anderen Arbeit wollte er die Glaubwürdigkeit des Alten Testamentes durch die verschiedenen Weissagungen auf den Messias dokumentieren: Der Stern aus Jakob: Eine Betrachtung der messianischen Weissagungen des Alten Testaments, Braunschweig: Hellmuth Wollermann, 1901. 

  39. Vgl. auch hier den Nachruf von Cornelius in Nach dem Gesetz und Zeugnis, 23 (Jan./März, 1924), 89. 

  40. Heinrich Cornelius, „Die Aufgaben unseres Bibelbundes in der Gegenwart“, Nach dem Gesetz und Zeungis, 24 (April-Juni, 1924), 6. 

  41. O. Rohnert, „Karl Barth und wir“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 26 (Januar-März, 1927), 350-60. 

  42. Eine Liste der Veröffentlichungen des Bibelbundes findet sich am Ende dieser Festschrift. 

  43. Titel: Grundriß für Alttestamentliche Einleitung, Berlin: Evangelische Verlagsanstalt, 1958. 

  44. Albert Wilms, Die Ausläufer der modernsten Theologie und Philosophie (K. Barth, H. Rickert, K. Heim, Nic. Hartmann): zugleich eine Ergänzung der „Unlogik der modernen Welt- und Gottesanschauung“, Veröffentlichungen des Bibelbundes, Nr. 32, Lütjenburg: Selbstverlag des Bibelbundes, 1929, 10. 

  45. Ebd., 20. 

  46. Theodor Beyer, „Jesus, kein Arier, sondern ein Glied des auserwählten Volkes der Juden“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 25 (Juli-September, 1925), 130-36. 

  47. Vgl. „Kirche und Rasse“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 34 (April/Juni, 1934), 31-34. 

  48. E. Kruse, „Das Alte Testament – heute noch?“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 36 (August/ September, 1936), 166. 

  49. E. Kruse, „Die Bekehrung der Germanen, freiwillig oder durch Zwang?“ Nach dem Gesetz und Zeugnis, 37 (Juni, 1937), 63-64. 

  50. August Fliedner, „Die Schöpfung der Welt“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 37 (September, 1937), 134f. 

  51. Wilhelm Möller, „Zum Brückenbau zwischen Staat und Kirche“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 38 (Januar-Februar, 1939), 233. 

  52. Friedrich Hübner, „Zum Geleit“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 40 (Heft 1, 1950), 2. 

  53. Vgl. z. B. A.E. Wilder Smith, „Schöpfung und Naturwissenschaft“, Nach dem Gesetz und Zeugnis, 42 (März, 1952, 32-34. 

  54. Fritz Rienecker, Stellungnahme zu Bultmanns „Entmythologisierung“: Eine Antwort, Wuppertal: Brockhaus, 1951. 

  55. Ph. J. Bischoff, „An sämtliche Mitglieder des Bibelbundes!“, Bibel und Gemeinde, 57 (Nr. 2, 1957), Beiblatt. 

  56. „Nachrichten aus dem Bibelbund“, Bibel und Gemeinde, 60 (Heft 3, 1960), 17. 

  57. Reinhard Hildenbrand, „Wenn mir die Bibel genommen wird“, Bibel und Gemeinde, 59 (Heft, 4, 1959), 15. 

  58. Erschienen unter dem Titel Karl Heim – Ein Christuszeuge im Spannungsfeld zwischen Glauben und Wissen, Metzingen: Ernst Franz Verlag, 1965. 

  59. In einem Brief an die Vorstandsmitglieder hatte Külling deutlich gemacht, dass seine Arbeit als Vorsitzender und Schriftleiter für ihn selbst nur dann Sinn mache, wenn es zu einer Entscheidung in der Schriftfrage zu eindeutiger Klarheit gebe. Er machte seine Mitarbeit von der Entscheidung abhängig. 

  60. Samuel Külling, „Der Bibelbund verlangt Zivilcourage: Ein Wort des neuen Schriftleiters“, Bibel und Gemeinde, 65 (Nr. 1, 1965), 5. 

  61. Der Vortrag von Külling wurde abgedruckt in Bibel und Gemeinde, 65 (Heft 4, 1965), 277-95. 

  62. Ebd., 293. 

  63. So in seiner Nachbetrachtung zu Zürich in Bibel und Gemeinde, 65 (Nr. 4, 1965), 345. 

  64. Vgl. Bibel und Gemeinde, 66 (Nr. 1, 1966), 62-66. 

  65. Samuel Külling, „Initiis obsta!“, Bibel und Gemeinde, 66 (Heft 1, 1966), 4. 

  66. So Samuel Külling in seinem Artikel „Zur Großkundgebung in Dortmund: ‚Kein anderes Evangelium‘,“ Bibel und Gemeinde, 66 (Heft 2, 1966), 130f. 

  67. Samuel Külling, „Der theologische Konvent und die Stellung zur Bibel“, Bibel und Gemeinde, 78 (Nr. 2, 1978), 107-13. 

  68. Der Text des Vortrages wurde abgedruckt unter dem Titel „Widersprüche zur Bibel von der Naturwissenschaft her?“, Bibel und Gemeinde, 65 (Nr. 1, 1965), 36-51. 

  69. Samuel Külling, „Der Schöpfungsbericht und naturwissenschaftliche Fragen“, Bibel und Gemeinde, 75 (Nr. 1-4, 1975). 

  70. Samuel Külling, „Das übel an der Wurzel erfassen,“ Bibel und Gemeinde, 66 (Heft 4, 1966), 258-74. 

  71. Ebd., 272. 

  72. Vgl. die Berichte über die Skandinavienreise im Jahrgang 1965. 

  73. Samuel Külling, „Das Anliegen des ICBI, die Chicago-Erklärung und wir,“ Bibel und Gemeinde, 79 (Nr. 1, 1979), 3-16. Külling war nur auf der ersten Versammlung in Chicago vertreten. 

  74. Samuel Külling, „Wenn jemand hinwegnimmt …“, Bibel und Gemeinde, 73 (Nr. 2, 1973), 134. 

  75. Samuel Külling, „Gedanken zum 80-jährigen Jubiläum des Bibelbundes“, Bibel und Gemeinde, 74 (Nr. 1, 1974), 10. 

  76. Paul Schnabel, „1980… wohin sollen wir gehen?“, Bibel und Gemeinde, 80 (Heft 1, 1980), 5. 

  77. Vgl. seinen Artikel zur Vorstellung seiner Person in Bibel und Gemeinde, 80 (Heft 2, 1980), 131-34. 

  78. Sein Artikel „Die Bibel beleuchtet die Hintergründe des Terrorismus“ wurde der Bestseller bei den Sonderdrucken des Bibelbundes. Er wurde tausendfach nachgedruckt und versand. 

  79. John C. Whitcomb, „Möchte Gott, daß Christen heute Wunder wirken?“ Bibel und Gemeinde, 82 (Heft 1, 1982), 33-42. 

  80. Helge Stadelmann, Grundlinien eines bibeltreuen Schriftverständnisses, Wuppertal: R. Brockhaus, 1985. 

  81. Brief an den Autor vom 28. Juni 1993.