LiteraturAufsatzband, Buchbesprechungen

Bekenntnis Schulen: Festschrift für Berthold Meier

Wie steht es um die Arbeit der christlichen Bekenntnisschulen in Deutschland? Die Festschrift Bekenntnis Schulen gewährt einen ersten Einblick. Sie ist anlässlich des Aussscheidens Berthold Meiers, des ersten Generalsekretärs des Verbandes Evangelischer Bekenntnisschulen (VEBS), aus seinem aktiven Berufsleben, herausgegeben worden. Meier hat die Entwicklung der Bekenntnisschulbewegung ehren- und hauptamtlich über viele Jahre entscheidend geprägt. Sein Übergang in den Ruhestand ist daher ein guter Anlass für eine erneuerte Darstellung dieser Bewegung. Das Buch soll nach dem Willen der Herausgeber einen Zwischenstand der Arbeit der evangelischen Bekenntnisschulen geben.

Die Festschrift gliedert sich in sechs Hauptteile, deren Inhalte ich zusammenfassend darstelle:

Zusammenfassung

Teil 1 möchte eine Geschichte der ev. Bekenntnisschulen bieten. Dazu findet sich jedoch nicht eine durchgängige historische Betrachtung, sondern eine Vielzahl von Aufsätzen, die sich mit der Entstehungsgeschichte einzelner Bekenntnisschulen und der Gründungsgeschichte des Verbandes der evangelischen Bekenntnisschulen (VEBS) aus unterschiedlichen Perspektiven beschäftigen. Hierzu gehört auch die exemplarische Vorstellung einzelner handelnder Personen aus dieser Zeit. Ergänzt werden diese durch grundlegende Artikel zu einer christlichen Pädagogik August Hermann Franckes oder der Bedeutung des Grundgesetzes für die Gründung freier christlicher Bekenntnisschulen.

Im zweiten Teil werden die Aufgaben des VEBS beschrieben. Eine Übersicht über die Arbeit der Geschäftsstelle bietet die Grundlage, von der aus die hier aufgefächerten Aufgabenschwerpunkte Lehrerfortbildung (VEBS-Akademie), Öffentlichkeitsarbeit, Mitarbeitergewinnung, Publikationen und die Entwicklung der Digitalisierung dargestellt werden. Dabei bieten diese Aufsätze nicht nur eine Beschreibung der aktuellen Aufgaben, sondern auch einen erfrischenden zukunftsorientierten Ausblick auf die Herausforderungen der Verbandsarbeit.

Teil 3 bildet das inhaltliche Zentrum des Buches und war für mich ein besonders spannendes und gewinnbringendes Lesevergnügen. Denn Bildung mit biblischer Perspektive – so der Titel dieses Teils – ist nicht beschränkt auf Lehrertätigkeit in christlichen Bekenntnisschulen. Hier wird vielmehr beleuchtet, wie – geprägt durch ein biblisches Menschenbild – christliche Bildungsarbeit überhaupt aussehen kann. Natürlich werden diese Gedanken immer wieder konkret auf die Bekenntnisschulen bezogen. Doch die Grundlagen, die hier dargestellt werden, lassen sich auf viele Bereiche christlicher Bildungsarbeit übertragen. Und solche Arbeit geschieht doch vielfältig, auch in der Familie und der christlichen Gemeinde. Ein Vertrauen in die Wahrheit der Schrift, das Zusammenhalten von Glauben und Denken, das Bewusstwerden von Denkvoraussetzungen oder die Zielrichtung der Christusähnlichkeit („damit Christus in uns Gestalt gewinnt“) sind einige wichtige Fundamente christlicher Bildung, die in den verschiedenen Artikeln kompetent und hilfreich beleuchtet werden. Dabei kommt auch die Frage nach dem persönlichen Selbstverständnis nicht zu kurz. „Was glaubst du, wer du bist?“, fragt Wolfgang Reuter (ehem. Schulleiter der Freien Christlichen Bekenntnisschule in Gummersbach) und bietet einen ganzen Blumenstrauß von hilfreichen und starken Metaphern. Dieser Artikel allein bietet jedem, der in irgendeiner Art Lehrverantwortung übernommen hat, eine Fülle von Impulsen für diese Aufgabe und die Rolle, die man hier übernimmt. Dabei ist es nicht entscheidend, ob man diese hauptamtlich oder ehrenamtlich in Kindergottesdienst, Hauskreisarbeit oder an anderen Orten ausfüllt.

Im zweiten Hauptabschnitt dieses dritten Teils werden dann die vorgestellten Ansätze auf verschiedene Unterrichtsfächer exemplarisch angewandt. Was prägt einen Deutsch-, Geschichts-, oder Biologieunterricht, der auf einer dezidiert christlichen Weltanschauung fußt? Die Artikel zeigen, wie in den genannten Fächern das Denken und der christliche Glaube zusammengehen. So wird zum Beispiel sichtbar, was es heißt, dass der Gott der Bibel, ein Gott ist, der in der Geschichte gewirkt hat und bis heute wirkt. Geschichte ist nicht zufällig und zwecklos. Sie läuft auf ein von Gott gesetztes Ziel hin. Wenn ich den Artikel von Michael K. Hageböck vom Christlichen Schul- und Erziehungsverein Freiburg zur Familien und Geschlechtserziehung lese, dann sehe ich das Privileg, welches Kinder haben, die an christlichen Bekenntnisschulen unterrichtet werden. Denn als Vater zweier Töchter an staatlichen Regelschulen erlebe ich durchaus eine Konkurrenzsituation mit den dort vermittelten Ansätzen zum Wert von Ehe, Familie, Leben oder dem Verhältnis zum eigenen Körper.

„In einer Zeit, in der Bildung in Deutschland nicht mehr von einem christlichen Menschenbild aus gedacht wird, ist eine christlich-biblische Durchdringung der schulischen Bildung wichtiger denn je.“

Reinhard Wurster, Michael Hageböck (Hrsg). Bekenntnis Schulen. Festschrift für Berthold Meier. Dillenburg: CV, 2020, 496 Seiten, 19,90 Euro

Im vierten Teil bieten weitere Autoren in einzelnen Aufsätzen einen Blick auf das Verhältnis von Bekenntnisschule und Gesellschaft. Hier liegt der Schwerpunkt auf einer Darstellung von Chancen und Gefahren für Bekenntnisschulen im Heute: Chancen, junge Menschen geistlich zu prägen und die Gefahr, das geistliche Anliegen zur Erleichterung der Schularbeit häppchenweise zu verlieren. Darum werden noch einmal Leitgedanken des christlichen Glaubens auf die Bekenntnisschulbewegung angewandt sowie Erfahrungen aus Ländern mit Christenverfolgung für die Leitung von und das Leben an christlichen Schulen fruchtbar gemacht. Hier finden sich ebenfalls viele Gedanken, die nicht nur für Bekenntnisschulen hilfreich und weiterführend sind. Abgeschlossen wird dieser Teil mit einem Blick auf die Schulfinanzierung in Deutschland, die gemessen am internationalen Vergleich zwar eine hohe staatliche Unterstützungsquote aufweist, gleichzeitig jedoch Neugründungen bis heute vor große Herausforderungen stellt.

Teil fünf nimmt den Leser mit in die internationale Zusammenarbeit des VEBS mit verschiedenen Verbänden und Netzwerken. Dabei kommen auch internationale Vertreter dieser Verbände zu Wort und bereichern den Blick auf die Chancen und Herausforderungen christlicher Bekenntnisschulen im internationalen Kontext. Dabei sticht immer wieder heraus, was die christlichen Schulen in ihren ganz unterschiedlichen konfessionellen und kulturellen Prägungen vereint: das Evangelium von Jesus Christus und der Auftrag, auf dieser Grundlage christlich geprägte Bildungsarbeit zu leisten. Es wird sichtbar, wie wichtig diese internationale Zusammenarbeit im Blick auf politische und kulturelle Herausforderungen für christliche Schulen gerade auch in Europa ist. Gemeinsam haben die Bekenntnisschulen in Europa eine stärkere Stimme, um ihre Arbeit auf der Grundlage des Rechtes auf Religionsfreiheit zu verteidigen und zu sichern. Eine ganz praktische Frucht der internationalen Zusammenarbeit für einzelne Schulen wird am Ende dieses Teils noch vorgestellt: die Entwicklung von Angeboten für Schüler, sich praktisch in Missions- und Diensteinsätzen im In- und Ausland einzubringen.

Im sechsten und letzten Teil finden sich biographische Details zu Berthold Meier sowie einzelne Beiträge verschiedener Autoren zur erlebten Zusammenarbeit mit ihm. Das Hauptgewicht bildet ein ausführliches Interview mit Berthold Meier selbst. In diesem Interview wird von ihm noch einmal deutlich herausgestellt, warum und wozu christliche Bekenntnisschulen so unglaublich wichtig sind. In einer Zeit, in der Bildung in Deutschland nicht mehr von einem christlichen Menschenbild aus gedacht, konzipiert und praktiziert wird, ist eine christlich-biblische Durchdringung der schulischen Bildung innerhalb der Bekenntnisschulen wichtiger denn je, um jungen Menschen eine christliche Sicht auf die Welt zu ermöglichen. Denn eine solche Sicht ist unerlässlich, um im Heute für den christlichen Glauben einstehen zu können. Darüber hinaus wird in diesem Gespräch deutlich, welche große Bedeutung Berthold Meier der gemeinsamen und persönlichen Spiritualität im Schulalltag beimisst. Die gelebte persönliche Christusbeziehung, nach außen hin sichtbar in gemeinsamen und persönlichen Gebets- und Andachtszeiten, ist unerlässlich für die geistliche Ausrichtung der gesamten Schulgemeinschaft einschließlich der ehrenamtlichen Vorstände ihrer Trägervereine. Dafür ist Zeit nötig: Zeit, die nicht für andere Aktivitäten eingesetzt werden darf. Berthold Meier selbst hat aus dieser engen persönlichen Christusbeziehung auch seine Arbeit für die christlichen Schulen gelebt. Gott allein zur Ehre. Dieses Schlussinterview gewährt noch einmal einen überzeugenden Einblick in die Arbeit, die Möglichkeiten und die Notwendigkeit christlicher Schulen und Kitas.

Das Ziel, Bildung am Maßstab der Heiligen Schrift auszurichten und den jungen Menschen die Einladung Gottes zu einem ewigen Leben mit ihm weiterzugeben, steht bei allen Bemühungen der Arbeit christlicher Bekenntnisschulen im Mittelpunkt. Alles ist auf diese Ziele hin ausgerichtet, Gott zur Ehre und den jungen Menschen zu Gute.

Fazit

Wer sich für die Arbeit der christlichen Bekenntnisschulen in Deutschland interessiert, findet in der Festschrift eine Fülle von Material. Diese Fülle mag jedoch auch manche Leser abschrecken, die nach einleitenden Begründungen oder einer übersichtlichen Darstellung der Arbeit des VEBS suchen. Der Aufbau des Buches ermöglicht es allerdings, einzelne Artikel nach Interesse zu lesen und eher speziell gefasste Aufsätze auszulassen. Dies ist bei dem niedrigen Preis von 19,90 EUR für ein Hardcover-Buch dieser Druckqualität mit fast 500 Seiten und vielen farbigen Darstellungen, Übersichten und Fotos wirklich gut zu vertreten. Ich wünsche diesem Buch eine große Verbreitung. Die Notwendigkeit für christliche Bildungsarbeit – schulisch und außerschulisch – ist nach meiner Ansicht in vielen Gemeinden nicht präsent. Ich hoffe, dass dieses Buch einen Beitrag dazu leistet, dass christliche Gemeinden und Familien die so unglaublich wichtige Herausforderung christlicher, biblisch-fundierter Bildungs- und Erziehungsarbeit beherzt und mit einem festen Vertrauen auf Gott angehen.

 

Abdruck mit freundlicher Genehmigung aus Bekenntnis Schulen: Festschrift für Berthold Meier