Der emeritierte Neutestamentler Ulrich Wilckens legt nun den dritten Band seiner Theologie des Neuen Testaments vor. In 13 Kapiteln beschreibt er die Wirkungsgeschichte der historisch-kritischen Exegese – kritisch. Von der Zeit der Aufklärung an waren historisch-kritische Exegeten überzeugt, dass die Vernunft die Existenz des lebendigen Gottes, der wunderbar an den Menschen handelt, ausschließe. Wilckens will diese Gründe seinen Lesern verständlich machen. Es geht ihm darum, „die Lebens- und Denkbehinderungen zu überwinden, die aus dem Aufbruch der Aufklärung entstanden sind“. (S. 6)
Er versteht sehr wohl die evangelikale Theologie, die „um das Wunder der Inspiration des menschlichen Geistes durch den göttlichen Geist“ weiß. „Dieses Wunder eröffnet sich zwar menschlicher Vernunft. Aber es verschließt sich jeder inhaltlichen Kritik menschlicher Vernunft, wenn diese sich zum autonomen Richter aufwirft.“ (S. 3)
Wilckens versucht nun zwischen beiden Positionen zu vermitteln. Das wird vor allem im letzten Kapitel seines Werkes deutlich.
Dort zeigt er noch einmal auf, weshalb es überhaupt zur historischen Bibelkritik kam. Es sei nicht allein die Philosophie gewesen, die sich zur Herrin über die kanonische Autorität aufgeschwungen hätte, sondern auch der jahrhundertealte Streit der konfessionellen Kirchen und Theologien gegeneinander. „Befreiung des Christentums von der Herrschaft dieser unmenschlichen Kirchen überhaupt – das war das entscheidende Motiv, das zur Quelle der Aufklärung als einer Bewegung im Bürgertum wurde … So sind auch die Gründe für die Entstehung der Bibelkritik einsichtig: Die Bibel soll ihre dominierende Funktion als Hammer der kirchlichen Herrschaft über die Gewissen verlieren.“ (S. 359)
Wilckens, Ulrich: Theologie des Neuen Testaments Band III. Historische Kritik der historisch-kritischen Exegese. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. („Neukirchner Theologie“). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2017. 386 S. Paperback: 35,00 €. ISBN: 978-3-7887-1909-8
Dem stellt Wilckens die Wunder-Wirklichkeit des biblischen Gottes entgegen. Die zentrale Wirklichkeit Gottes im Alten Testament zeigt sich in der Offenbarung seines Namens. Dazu gehört, dass das AT eine zusammenhängende Geschichte der Erfahrungen Israels mit seinem Gott ist, die in die Mitte des Neuen Testaments hineinführt. Das seien zwar durchweg Zeugnisse von Menschen, aber von Menschen, die das gleichwertige Heilshandeln Gottes als konkret-eigene Erfahrung bezeugen. (S. 367)
Als nächstes beschreibt Wilckens die Heilswirkung Gottes in der Geschichte von Jesus Christus und beginnt mit dessen Auferstehung von den Toten als Machttat Gottes – keine Reanimation, sondern ein völlig neues schöpferisches Handeln Gottes. Er stellt sich deutlich zum Sühnetod des Herrn, das der Logik des Heilsgeschehens entspricht.
Schließlich beschreibt er die Entstehung des Glaubens an Christus durch den Heiligen Geist und wünscht, dass Theologie zu einer geistlichen Wissenschaft wird. Die heilsgeschichtliche Theologie Pannenbergs sieht er dabei als Basis eines Neuanfangs. Dieses Heilshandeln Gottes geschieht ja in menschlicher Geschichte und darum muss alle biblische Auslegung auch historisch sein.