Tobias Teichen ist Gründer und Pastor der ICF München, einer „überkonfessionellen Freikirche auf biblischer Grundlage“, die als ihren „Style“ angibt, „am Puls der Zeit“ und „vom Leben begeistert“ zu sein. Entsprechend „stylisch“, das sei vorweggenommen, ist auch das Buch produziert. Das Papier ist hochwertig, die zum Teil ganzseitigen Grafiken aufwendig, die Gestaltung kreativ. Wie sieht es mit dem Inhalt aus? Das Ziel des Autors, die jüdischen „Wurzeln“ des christlichen Glaubens aufzuzeigen, ist jedenfalls erfreulich. In der Tat beginnt der „spannende Bogen“ von Gottes Geschichte mit der Menschheit im Alten Testament, das nicht zufällig wesentlicher Bestandteil der christlichen Bibel ist.
Teichen beginnt seine Darstellung mit der Frage nach dem Wesen Gottes, betont die Einheit des biblischen Gottesbildes und beschreibt dann die Bundesschlüsse mit Abraham und Mose. Dabei werden diese Texte immer wieder auch auf Jesus bezogen. Die Darstellung wird ab und an durch persönliche Erfahrungen des Autors und seiner Bekannten unterbrochen, die oft „Heilungen und Wunder“ zum Gegenstand haben. Hier sollten keine unrealistischen Erwartungen entstehen. Auch theologisch lassen sich einige Rückfragen stellen. Sind „Herzensgewissheit“ und eine rationale Herangehensweise an den Glauben wirklich Gegensätze? Ist der Grund für das Kommen Jesu nicht etwas unvollständig beschrieben („um uns von unseren inneren Gefängnissen, Unfreiheiten und Bitterkeiten zu befreien, von unserer Schuld“)? Hier und an anderen Stellen scheint der Autor dem Zorn Gottes ausweichen zu wollen (das Blut des Passalamms etwa ist „die Voraussetzung dafür, dass die Israeliten aus Ägypten befreit werden“, richtiger wäre wohl: dafür, dass Gottes Strafgericht „vorübergeht“), wobei er negative Konsequenzen der Sünde sowie Leid und Verfolgung durchaus anspricht.
Teichen, Tobias: Roots. Auf der Suche nach dem Ursprung des Glaubens. Witten: SCM-Verlag 2016. 240 S. Hardcover: 16,95 €. ISBN: 978-3-417-26794-5
Insgesamt weist Teichen aber in die richtige Richtung: „Was im ersten Teil der Bibel falsch war, ist auch im zweiten Teil falsch. Und was im ersten Teil richtig war, bleibt es auch im zweiten“. Dies nimmt er auch zum Anlass, „Lulle-Lalle-Christen“ zu kritisieren, die meinen, ihr Leben nicht ändern zu müssen, weil Jesu Gnade alles vergebe. Auch die Rolle Israels wird beleuchtet, wobei sich der Autor gegen die Ersatztheologie ausspricht. Biblische Berichte und Prophetien nimmt Teichen vom Grundsatz her ernst und zitiert zahlreiche Schriftstellen.
Das Buch kann daher für die richtige Zielgruppe durchaus nützlich sein. Diese dürfte eher aus „jüngeren“ Christen bestehen oder auch aus Suchenden, die an den jüdischen Ursprüngen des christlichen Glaubens Interesse haben. Neben der Aufmachung des Buchs ist nämlich auch der Schreibstil „modern“ und zum Teil etwas umgangssprachlich, von grammatisch unvollständigen Sätzen bis hin zu einer nicht immer sachlichen Wortwahl („Ich finde diese Interpretationen ehrlich gesagt Schwachsinn!“). Stört man sich daran nicht, kann man aus diesem unkonventionellen Buch durchaus etwas mitnehmen.