Dieses Buch verfolgt das ehrgeizige Ziel, die Grundlagen des christlichen Glaubens kompakt innerhalb eines einzigen Buches zusammenzustellen. Motiviert wird dieses Vorhaben dadurch, dass der Verfasser in der Einleitung anhand einiger gesellschaftlicher Meinungsfragen eine Rückkehr der Religiosität konstatiert, die jedoch eher zu „Patchwork-Religionen“ als zum Christentum tendiert. Vor diesem Hintergrund erachtet Roth es zu Recht als notwendig, die Grundlehren des christlichen Glaubens vorzustellen: „Es lohnt sich daher in einer Zeit, in der das Christentum selbst vielen Christen ‚fremd‘ geworden ist, sich dieses festen Fundaments zurückzuerinnern und allen denjenigen nach Spiritualität suchenden modernen Menschen das Christentum als gutes, haltgebendes Angebot neu vorzustellen“ (S. 15). Das Buch ist also somit sowohl für christliche als auch nichtchristliche Leser bestimmt. Diesen Spagat unterschiedlicher Zielgruppen und das gesteckte Ziel einer Zusammenfassung christlicher Glaubenslehre erreicht der Autor erstaunlich gut. Das Buch gliedert sich in drei große Teile: Der Autor nähert sich dem Christentum zunächst in einem ausführlichen apologetischen Teil, in dem er Vorurteile gegenüber dem christlichen Glauben ausräumt (S. 23-81). Trotz der inhaltlichen Tiefe der vorgetragenen Argumente gelingt es dem Autor durch gut gewählte Beispiele und Veranschaulichungen, häufige Einwände als Voreingenommenheit zu entlarven, und wirbt damit für eine unvoreingenommene Auseinandersetzung. Dieser Buchteil ist für jeden Leser ein Gewinn.
In einem zweiten großen Teil widmet er sich dann der „Dogmatik“, also den Lehrinhalten des christlichen Glaubens (S. 85-395). Dieser bildet zugleich den Hauptteil des Buches und behandelt mit den Themen Gotteslehre, Schöpfungslehre, Anthropologie, Hamartiologie, Christologie, Soteriologie, Pneumatologie, Ekklesiologie und Eschatologie die wichtigsten Bereiche der systematischen Theologie. Der Autor behandelt die einzelnen Themen bewusst aus einer evangelischen und stark kirchlich geprägten Perspektive, der sich nicht jeder Leser anschließen, sondern (wie der Rezensent) bisweilen deutlich widersprechen wird. Das schmälert aber nicht unbedingt den Lesegewinn, da der Autor sich in weiten Teilen mit seiner eigenen Positionierung bewusst zurückhält, sondern aufzeigt, welche inhaltlichen Leitlinien sich in der Kirchengeschichte etabliert haben. Damit werden auf jedem Themengebiet unterschiedliche Positionen deutlich, so dass man unabhängig von der eigenen Position einen guten Überblick über die Inhalte des christlichen Glaubens aus katholischer, evangelischer, reformierter, lutherischer oder freikirchlicher Sicht bekommt. Dem Autor gelingt es, dabei die großen Themengebiete der christlichen Lehre vorzustellen, plausibel anhand der Bibel zu erklären und dabei auch unterschiedliche Positionen nebeneinanderzustellen, ohne den Eindruck innerer Zerrissenheit zu erwecken. Das Buch eignet sich tatsächlich, um einen Überblick über das breite Spektrum christlicher Lehre und ihre (gegenüber anderen Religionen) erstaunliche systematische Fundierung zu erhalten. Kleinere Schwächen sind neben einem stellenweise unsauberen Druck, dass sich einige Exkurse oder Abschnitte teilweise wörtlich wiederholen. Auch sind die Inhalte sehr selektiv und ungleichmäßig mit Literaturbelegen versehen, was die Darstellung etwas unausgewogen erscheinen lässt.
Roth, Ludger: Christsein. Sachkompetent. Urteilskompetent. Handlungskompetent. Nürnberg: VTR 2022. 687 S. Softcover: 49,80 €. ISBN 978-3-95776-144-6
Ein letzter großer Teil widmet sich der Ethik und stellt darin Themen wie die Grundlagen der theologischen Ethik, ethische Maßstäbe, Sozialethik und Missiologie vor (S. 397-663). Jeder der drei großen Buchteile untergliedert sich in kurze Unterkapitel und -abschnitte, die jeweils mit einem kurzen Fragebogen und Gesprächsanregungen für die Bearbeitung in einer Gruppe abschließen. Am Ende runden ein Personen-, Abbildungs- und Literaturverzeichnis den Band ab.
Fazit: Das Buch erreicht das ehrgeizige Ziel, die Grundzüge des christlichen Glaubens aus evangelischer Perspektive darzustellen und dabei auch unterschiedliche Positionen in Lehrfragen aufzuzeigen. Obwohl man der Perspektive des Autors nicht überall zustimmen wird, kann man das Buch mit Gewinn lesen.