John Wyatt hat viele Jahre als Kinderarzt und Professor für Kinderheilkunde am University College in London gearbeitet. Aus seiner intensiven Beschäftigung mit Fragen der Medizinethik und Sterbebegleitung ist das vorliegende Buch entstanden.
Der Autor stellt zunächst nüchtern fest, dass der Kampf gegen den Tod – trotz aller medizinischen Fortschritte – letztlich nicht zu gewinnen ist. Jeder muss sterben. Dieser für alle Menschen offensichtlichen Wahrheit steht das seltsame Verhalten der Verdrängung des Todes durch die moderne Gesellschaft gegenüber. Das Sterben wird in die Krankenhäuser und Altenheime abgeschoben. Die Lebenden und (noch) Gesunden wollen damit nicht konfrontiert werden. Doch es ist Torheit, die Augen vor einer Wahrheit zu verschließen, die uns alle betrifft. Deshalb plädiert John Wyatt dafür, sich dem Gespräch über den Tod zu stellen und zu fragen, wie wir gut sterben können.
Im ersten Kapitel stellt Wyatt fest, dass der Tod etwas Unnatürliches und keineswegs eine höchste Entwicklungsstufe des Menschen darstellt. Der Tod ist als Feind des Lebens infolge der Rebellion der ersten Menschen gegen ihren Schöpfer in die Schöpfung eingedrungen und „ist und bleibt ein zerstörerisches und grausames Element.“ (S. 23) Zugleich aber ist der Tod auch etwas Gnädiges, denn er begrenzt das gefallene Leben und lässt uns nicht ewig in einer Welt der Vergänglichkeit, der Krankheiten und des Leids zurück.
In den folgenden Kapiteln geht Wyatt auf die „Ars Moriendi“ (= Kunst zu sterben) -Schriften des Mittelalters ein. In ihnen findet er viele hilfreiche Hinweise für ein gutes Sterben, die auch uns heute nützlich sein können. Wer „gut sterben“ will, kann dafür während und am Ende seines Lebens manches tun: der Familie und den Beziehungen Priorität einräumen, Vergebung erbitten und Versöhnung erfahren, Materielles loslassen, ein geistig-geistlich-materielles Erbe geordnet hinterlassen, eine Patientenverfügung aufsetzen und Vorsorgevollmacht erteilen, sich auf den Himmel ausrichten. Die Ars Moriendi-Schriften zeigen aber auch, dass in den letzten Wochen des Lebens oft schwere Anfechtungen den Sterbenden heimsuchen können. Wyatt zählt diese auf (die Anfechtung des Zweifels, der Verzweiflung, der Ungeduld, des Stolzes, der Habsucht) und stellt diesen Anfechtungen jeweils eine Tugend gegenüber: Glaube, Hoffnung, Liebe, Demut und Loslassen. Er fügt aus seiner eigenen Erfahrung noch zwei weitere Anfechtungen mit Tugenden hinzu: die Anfechtung der Verdrängung des Todes und als Tugend die Akzeptanz; die Anfechtung der Selbstbestimmung bzw. Unabhängigkeit und als Antwort die Abhängigkeit. Die genannten Anfechtungen und Tugenden stellt der Verfasser ausführlich dar und illustriert sie durch zahlreiche Beispiele.
Kapitel 5 beschäftigt sich unter dem Titel „Transparenz und offene Kommunikation“ mit den prämortalen Phasen und empfiehlt dem Leser, nicht unbedingt alle Behandlungsmöglichkeiten auszuschöpfen und evtl. auch auf lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten, sofern diese nur eine Verlängerung des Leidens bedeuten würden. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage einer Reanimation in Todesnähe angesprochen sowie die wichtige Frage thematisiert, wo der Sterbende sein Leben beenden möchte (Krankenhaus, Hospiz, zuhause).
Wyatt, John. Wer so stirbt/lebt, der stirbt wohl. Vom guten Sterben und was wir dafür tun können. Bielefeld: Christlicher Missions-Verlag 2021. 160 S. Hardcover: 7,90 Euro. ISBN: 978-3-86701-329-1
Im sechsten Kapitel legt der Verfasser die sieben Worte Jesu am Kreuz aus. In der ganzen Kirchengeschichte haben ungezählte Christen in ihren letzten Stunden Trost und Zuversicht dadurch erlangt, dass sie auf den sterbenden Gottessohn geschaut und seine letzten Worte nachbuchstabiert haben. Das abschließende siebte Kapitel lenkt den Blick des Lesers auf die wunderbare Hoffnung des ewigen Lebens, die jeder an Jesus Glaubende haben darf. Diese Hoffnung trägt durch das dunkle Tal des Todes hindurch.
In einem Anhang werden praktische Tipps für Angehörige und Pflegende gegeben. Es geht darum, wie man ein Gespräch mit einem Sterbenden beginnen und führen kann und auf welche Themen man das Gespräch hinführen sollte (Wovor hast du Angst?; Was macht dir die größten Sorgen?; Hast du noch irgendeinen Wunsch, den wir dir erfüllen sollen?). Die Angehörigen und Pflegenden sollten gewährleisten, dass der Sterbende sowohl medizinisch wie auch seelsorgerlich bzw. psychologisch optimal versorgt ist.
John Wyatt hat ein nützliches Buch geschrieben. Man sollte es lesen, bevor man sterbenskrank ist, damit man auf das eigene Sterben gut vorbereitet ist. Aber auch für die Angehörigen eines Sterbenden enthält das Buch viele hilfreiche Hinweise, die die Sterbebegleitung erleichtern.