Beide Autoren sind Mitarbeiter der Studiengemeinschaft Wort und Wissen und legen in der Reihe „Studium Integrale“ vier Beiträge zur Archäologie der Landnahme Israels einschließlich der Zerstörung Jerichos vor. Sie setzen sich dabei mit heute gängigen Vorstellungen auseinander, die praktisch das Gegenteil der biblischen Darstellung behaupten. So stellt man sich vor, dass die „Proto-Israeliten“ selbst Kanaanäer gewesen wären, die sich dann aber absonderten und eine eigene Identität entwickelt hätten. Es könnten sich unter ihnen einige Sklaven befunden haben, die aus Ägypten gekommen wären und von dort phantastische Geschichten mitbrachten. (S. 11)
Die Autoren unterziehen diese und ähnliche Vorstellungen zur Volkwerdung Israels einer kritischen Prüfung mit dem Fazit, dass „gegenwärtig keins der unterschiedlichen Modelle eine widerspruchslose Deutung der Frühgeschichte Israels zulässt“. (S. 61) Die Lösung wird in einer grundlegenden Neudatierung der Archäologie Palästinas in Folge einer revidierten ägyptischen Chronologie gesehen. So können durchaus Alternativen aufgezeigt werden, die sowohl dem biblischen als auch dem archäologischen Befund entsprechen.
In einem neunseitigen Anhang greifen die Autoren einige theologische Aspekte der Landnahmetradition auf. Sie setzen sich mit den wichtigsten kritischen Theorien auseinander, und bringen eine Reihe von Argumenten, die diese zugunsten der biblischen Darstellung in Frage stellen.
Im zweiten Abschnitt diskutiert John Bimson die Frage, wann Josua Kanaan eroberte und geht dabei auch auf den archäologischen Befund von Jericho und den anderen Städten in Kanaan ein. Er bringt eine ganze Anzahl Argumente, dass Jericho doch schon am Ende der Mittelbronzezeit IIC, zerstört worden sein muss, was eher der traditionellen Sicht entspricht.
Uwe Zerbst & Peter van der Veen (Hg.). Keine Posaunen vor Jericho? Beiträge zur Archäologie der Landnahme. Studium Integrale. Edition Pascal. Holzgerlingen: Hänssler 2005. 155 S. gebunden: 17,95 €. ISBN: 3-7751-4419-6
Im dritten Abschnitt beschäftigt sich Uwe Zerbst mit der Größe der israelitischen Bevölkerung während der Wüstenwanderung und Landnahme. Aus archäologischen und auch aus biblischen Gründen machen die außerordentlich großen Zahlen im vierten Buch Mose und an anderen Stellen Probleme. Es muss sich um einen systematischen Fehler in der Überlieferungsgeschichte der biblischen Texte handeln, der nicht mit zufälligen Abschreibfehlern erklärt werden kann. Ein Schlüssel dafür ist die Annahme, dass der Term ’eleph sowohl für Einheit oder Verband im militärischen oder zivilen Bereich steht, als auch für die Zahl 1000. Diese Doppelbelegung wäre die Ursache für den späteren Überlieferungsfehler. (S. 108) Der Verfasser diskutiert in diesem Zusammenhang verschiedene Hypothesen und schlägt selbst ein modifiziertes Modell vor, das in fast allen Fällen zu plausiblen Ergebnissen führt, die sowohl mit den biblischen Texten als auch mit dem archäologischen Befund vereinbar sind. Die Gesamtzahl der Israeliten am Ende der Wüstenwanderung wäre danach mit etwa 42.000 Menschen anzunehmen. Der Autor hat das Modell auch an anderen alttestamentlichen Textstellen getestet und in den meisten Fällen plausible und stimmige Ergebnisse erhalten.
Im letzten Beitrag zeigen Zerbst und van der Veen, wie die zehn Plagen im zweiten Buch Mose aus der religiösen Perspektive des alten Ägyptens ausgesehen haben. Ein empfehlenswerter, anspruchsvoller Band.