ThemenWort- und Themenstudien

„Im Namen Jesu“ beten – was bedeutet das?

In einem zweiteiligen Beitrag geht der Autor der Frage nach, wie und zu wem wir beten dürfen. Die Untersuchung wurde ausgelöst durch die Behauptung mancher Christen, dass ausschließlich ein Gebet zu Gott, dem Vater, erlaubt sei und dass das Beten mit dem Zusatz „Im Namen Jesu“ beendet werden müsse.

Der erste Teil zeigt: die im Neuen Testament wiederholte Aufforderung im Namen von Jesus zu handeln und zu beten, ist kein Befehl zu einem formalen Handeln, sondern ruft zu einer Haltung und Einstellung im Beten. Es geht um Einmütigkeit als Teil und in Gemeinschaft der neutestamentlichen Gemeinde, die der neue Tempel Gottes ist.

Vor einiger Zeit wurde ich mit einer Lehrbetonung und Gebetspraxis konfrontiert, die mir bis dahin neu war, während sie unter nordamerikanischen Christen nicht unbekannt sein dürfte. Es geht um die Frage: „Zu wem sollen wir beten?“ Die Lehrmeinung und ihre Begründung dazu lauten:

Die Bibel würde uns dazu anhalten,

  • (1) ausschließlich zum Vater im Himmel und
  • (2) in dem Namen Jesu Christi zu beten.

Begründet wird dies anhand (1) der Gebetsanleitung Jesu in der Bergpredigt und (2) in seinen letzten Unterweisungen (Joh 15,16; 16,23). Praktisch bedeutet eine solche Meinung, dass in der Regel jedes Gebet mit der Ansprache: „Himmlischer Vater“ einzuleiten sowie als Abschluss des Gebets die Formel anzufügen ist: „Ich erbitte es [oder: ich bete] in dem Namen Jesu Christi. Amen.“

Ich wende mich zuerst der Meinung zu, dass jedes Gebet ausdrücklich „im Namen Jesu Christi“ formuliert sein soll, damit es erhörlich sei. Um diese vermeintlich biblische Gebetsregel zu untermauern, werden zwei gleichlautende Schriftstellen aus den „Abschiedsreden Jesu“ in Joh 15 und 16 angeführt, in denen der Meister den Seinen verspricht:

„Ich erwählte euch und setzte euch, dass ihr hingehen und Frucht tragen solltet und eure Frucht bleibe, damit, was immer ihr den Vater in meinem Namen bitten solltet, er euch gebe.“ (Joh 15,16).

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Was immer ihr den Vater in meinem Namen bittet, wird er euch geben.“ (Joh 16,23)

Unter genauer Betrachtung des Wortlauts geht es in beiden Fällen, so wie in Mt 6,9, keineswegs um die „Auf­forderung“, eine Bitte ausschließlich an den Vater zu richten, sondern dies wird entsprechend dem damals üblichen Verständnis vorausgesetzt.

Wer würde gemäß dieser Verheißung das „in seinem [Jesu] Namen“ Erbetene gewähren? An dieser Stelle heißt es zwar: „wird er [der Vater] euch geben“. Ist es aber hermeneutisch korrekt, allein aus diesen beiden Formulierungen in Kapitel 15 und 16 eine Ausschließlichkeit abzuleiten? Ist daraus zu schließen, dass es eine strikt abgegrenzte „Rollenverteilung“ zwischen dem Vater und dem Sohn gibt, gemäß welcher (1) der Angesprochene nur der Vater sein solle, damit er ihnen gebe, worum sie bitten, während (2) der Name des Sohnes („Jesus“) gleichsam nur das „Schlüsselwort“ der Erhörlichkeit durch den Vater bildet?

Zwei Personen, aber derselbe Gott

Um diese These zu überprüfen, muss der gesamte Kontext der „Abschiedsreden“ im Johannes-Evangelium herangezogen werden, insbesondere die vorangegangenen Belehrungen in Kapitel 14, welche gleichsam die Basis bilden. Indem der Sohn ankündigt, dass er zu seinem Vater gehe, verspricht er ihnen im Gegenzug:

„Was immer ihr in meinem Namen bittet, dieses werde ich tun, damit der Vater verherrlicht werde in dem Sohn. Wenn ihr etwas bittet in meinem Namen, werde ich es tun!“ (Joh 14,13-14)

Dieselbe Zusage der Erhörung einer Bitte, die an den Vater gerichtet wird, gilt auch für eine Bitte, die an den Sohn gerichtet ist.

Die Parallelität zu den beiden oben zitierten Verheißungen in Joh 15,16 und 16,23 ist bemerkenswert: Dieselbe Zusage der Erhörung einer Bitte, die an den Vater gerichtet wird, gilt auch für eine Bitte, die offenbar an den Sohn gerichtet sein muss, da sie von diesem erhört wird: „werde ich es tun“.

Dieselbe Über­ein­stim­mung und Identität all dessen, was der Vater „tut“ und wen er „sendet“, und dem, was der Sohn „tut“ und wen er „sendet“, ist auch in Bezug auf die Sendung des „Fürsprechers“ und „Trösters“, des Heiligen Geistes, erkennbar. So wie es von dem Sohn in Joh 14,16 über den Vater heißt:

„Und ich ­werde den Vater ersuchen,
und er wird euch einen anderen Für­spre­cher geben“,

so heißt es parallel dazu von dem Sohn über sich selbst in Joh 16,7:

„Wenn ich nicht weggehe, kommt der Fürsprecher nicht zu euch.
Aber wenn ich weggegangen bin, werde ich ihn zu euch schicken.“

Wenn es in derselben Rede einmal der Vater ist, der den „Fürsprecher“ senden wird, und ein anderes Mal gleichermaßen der Sohn, dann ist darin nicht nur kein Widerspruch zu sehen, sondern – ganz im Gegenteil – eine Offenbarung der Übereinstimmung der göttlichen Personen: Es ist derselbe handelnde und sendende Gott, in dem es letztlich keine strikt abgegrenzten „Rollenverteilungen“ am himmlischen Herrschaftsthron gibt, denn „der Vater und ich sind eins“ (Joh 10,30; vgl. 17,11).

Wäre diese einfache Schrifterkennt­nis in der Theologiegeschichte, nach der Regel: „Sola scriptura“ und „Tota scriptura“, beherzigt worden, dann hätten die Jahrtausend alte „Filoque“-Kontroverse zwischen Ost- und Weströmischer Kirche und ihr entbehrlicher Wortstreit um menschlich formulierte „Bekenntnisse“ unterbleiben können.

Und die Praxis?

Was aber bedeutet es in der Praxis, „in seinem Namen zu bitten“? Bedeutet es, dass wir nur unter ausdrücklicher Nennung des Namens des Sohnes eine Bitte aussprechen dürfen? Oder gilt das sogar für jegliche Art von Gebet, wie Dank, Anrufung und Anbetung?

Bleiben wir noch bei den „Abschiedsreden“. Die bekannte Metapher des Weinstocks für das Volk Israel (Ps 80,9-12; Jes 27,2-3; Jer 2,21) erläuterte der Meister auf neue, messianische Weise (15,1ff), denn Israel hatte den Bund längst gebrochen (Hbr 8,9; Apg 7,53). Und am Ende hatten das korrupte und repressive religiöse Herrschaftssystem des Judentums (vgl. Mt 23) und seine „verlorenen Schafe Israels“ diesen Anspruch verwirkt. So hatte schon Hosea getadelt (10,1):

„Ein üppig rankender Weinstock war Israel, (ein Weinstock,) der auch Früchte ansetzte; aber wie seine Früchte sich mehrten, so mehrten sich bei ihm auch die Altäre; je reicher sein Land trug, desto schönere Malsteine (oder: Standbilder Baals) fertigten sie an.“

Und Joel klagte (1,12):

„Der Weinstock ist verdorrt und der Feigenbaum verwelkt; Granate, auch Dattelpalme und Apfelbaum, alle Bäume des Feldes sind dürr: ja, zuschanden geworden ist die Freude, den Menschenkindern entschwunden!“

Also erbte diese Verheißung nunmehr in alleiniger Person der Messias selbst als „der wahre Weinstock“, aber nicht nur diese, sondern auch alle anderen ursprünglich dem Zwölfstämmevolk zugesagten Segnungen aufgrund ihrer damaligen Sohnesstellung (Röm 9,4-5).

Der Messias erbte die Verheißung, der wahre Weinstock zu sein, und nur wer als Rebzweig am Messias Jesus hängt, ist Miterbe der Verheißungen.

Aber wegen ihres nachhaltigen Ungehorsams hatte der Bundesgott, wie schon während der Wüstenwanderung (1Kor 10,5), „kein Wohlgefallen an ihnen“. Nicht mehr die Juden am Ende des Zeitalters waren „sein Sohn“ und „sein Erstgeborener“ gemäß 2Mose 4,22-23 und Hos 11,1, sondern nur noch ein einziger aus ihnen: „Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“ (Lk 3,11; 9,35-36; 2Pt 1,15-18). Er ist „der Erbe aller Dinge“ (Hbr 1,2; 2Kor1,20). Er kam als der wahre „Jisrael“ (in der Bedeutung: „Gottesstreiter“), als der wahre Sohn Gottes. Und nur der treue Überrest aus Israel, diejenigen, die dem Messias anhingen und ihm von Anfang an und bis zuletzt nachgefolgt waren, wurden zu seinen Miterben der Verheißungen (Röm 8,14-19; Gal 4,5-7; Eph 3,6). Dieses Verhältnis zwischen dem Meister und seinen Jüngern ist es, welches mit dem Gleichnis vom Weinstock und den Rebzweigen illustriert wird.

„Ich bin der wahre Weinstock […], ihr seid die Rebzweige. Wer an mir bleibt und [bei wem] ich in ihm [bleibe], der trägt viel Frucht, weil ihr ohne mich nichts tun könnt.“ (Joh 15,1.5)

„In ihm“ zu sein und zu bleiben ist die einzige Voraussetzung dafür, erhörlich zu bitten; denn auf diese Weise ist es „in ihm“ erbeten, d.h. in seinem Willen:

„Wenn ihr [als Rebzweige] an mir [als dem wahren Weinstock] bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was immer ihr wollt, und es wird euch [zuteil] werden.“ (V. 7)

Wiederum wird auch hier (1) weder ein Adressat des Gebets genannt (etwa der Vater), noch (2) wird das explizite Aussprechen des Namens „Jesus“ gefordert. Die Erhörlichkeit ist an der bildlich illustrierten Voraussetzung gebunden, als „Rebzweig“ an dem „Weinstock“ (Rebstock) „zu bleiben“, die Worte des Meisters „in uns“ zu bewahren und infolge dessen an dem Rebstock „viel Frucht zu tragen“.

Einmütigkeit

Dies entspricht der Verheißung des Meisters auch an anderer Stelle in den Evangelien:

„Wenn zwei von euch sich auf der Erde einigen in Bezug auf jede Sache, die immer sie sich erbitten: Sie wird ihnen von meinem Vater, der in den Himmeln ist, <zuteil> werden.“ (Mt 18,19)

Die Voraussetzung für erhörliche Gebetsgemein­schaften ist, dass die Seinen einmütig Fürbitte tun.

Was ist auch an dieser Stelle die einzige Voraussetzung für eine erhörliche Gebets­gemeinschaft gemäß den Worten unseres HErrn? Nur dieses eine: Dass die Seinen einmütig Fürbitte tun! Weder eine besondere Adressierung ist gefordert, noch eine bestimmte Bittformel („im Namen Jesu“). Das Verständnis im Spätjudentum von Gott als „Vater, der in den Himmeln ist“ wird hier nur als die übliche Anrede vorausgesetzt.

Zusammen im Namen des Herrn

Doch auf welchem biblischen Hintergrund beruht die nachfolgende Verheißung unseres HErrn für das Zusammenkommen seines Volkes „zu seinem Namen hin“ (so wörtlich)?

„Denn wo zwei oder drei zusammengekommen sind zu meinem Namen hin,
dort bin ich in ihrer Mitte.“ (Mt 18,20)

Zum tieferen Verständnis dafür, worauf der Meister anknüpft, hilft ein kurzer Abriss der Heilsgeschichte:

Nachdem JHWH-Gott die Israeliten aus Ägypten gerettet und aufgrund des Passah-Opfers geheiligt und nach der Bundesschließung zu dem ihm eigenen „königlichen Priestervolk“ erhoben hatte (2Mose 19.4-6), ließ er für die Zeit der Wüstenwanderung und danach ein „Zelt der Zusammenkunft“ bauen. Es entsprach dem genauen Bauplan gemäß dem „Urbild“, das Mose auf dem Berg Sinai von JHWH-Gott gezeigt worden war (2Mose 25,40; 26,30). Der Zweck, dass sie ihm auf diese Weise ein „Heiligtum“ für den Opfergottesdienst bauen sollten, war,

„damit ich in ihrer Mitte wohne.“ (2Mose 25,8; 29,44-46).

Allerdings waren die detailliert vorgeschriebenen sakralen Gegenstände und Einrichtungen dieser „Stiftshütte“ und der Gottesdienst darin nur „Abbilder der himmlischen Dinge“ (9,23) und „Schatten der zukünftigen Güter“ (Hbr 10,1) – sie waren eine typologisch-prophetische Vorwegnahme des geistlichen Reichtums, den das Volk des neuen Bundes in dem Erlösungswerk des kommenden Messias Jesus von Nazareth erben würde (1Kor 1,30; Eph 1,18; 2,7; 3,8.16; Kol 1,27; 2,2; Hbr 11,26).

Nachdem Gott später durch die Hand Davids Jerusalem als die Hauptstadt des gelobten Landes erwählt hatte, wurde dieses „Zelt der Zusammenkunft“ durch eine feste Behausung ersetzt, das Zenralheiligtum, das Salomo erbauen ließ. Bei der Einweihung, als „die Herrlichkeit JHWHs das Haus Gottes erfüllte“ (2Chr 5,13-14; 7,1), betete Salomo, dass es für alle Völker ein Haus der Begegnung mit JHWH-Gott werden sollte, auch für Ausländer, die nicht von dem Volk Israel waren, aber „um des großen Namens [Gottes] und seiner starken Hand willen“ aus fernem Land kamen:

„Wenn sie kommen und beten zu diesem Haus hin, dann höre du es vom Himmel her, der Stätte deines Thronens! Und handle nach allem, worum der Ausländer zu dir ruft, damit alle Völker der Erde deinen Namen erkennen und damit sie dich fürchten wie dein Volk Israel und damit sie erkennen, dass dein Name ausgerufen ist über diesem Haus, das ich gebaut habe!“ (2Chr 6,32-33).

Daraufhin gab JHWH-Gott die Zusage, dass er die Bitten seines Volkes, „über dem sein Name [JHWH] ausgerufen ist, an dieser Stätte erhören“ werde, wenn es sich demütigt und betet und sein Angesicht sucht (7,14).

„Ich habe dieses Haus, das du gebaut hast, geheiligt, um meinen Namen dort niederzulegen für ewig.“ (1Kön 8,3).

Über dem Haus Gottes in Jerusalem wurde der Name Gottes, JHWH, ausgerufen und die Zusage der Vergebung und Gebetserhörung damit verbunden.

Diese Bedeutung des geheiligten Hauses Gottes, über dem sein Eigenname „JHWH“ ausgerufen war, und die damit verbundene Heilszusage der Vergebung und Gebetserhörung zieht sich durch die gesamte Geschichte des alten Israels. Und dennoch war auch dieser Tempel mit all seinen Einrichtungen wie ehemals die Stiftshütte nur ein symbolisches „Heiligtum“ der Gegenwart JHWH-Gottes „in ihrer Mitte“. Denn „der Höchste wohnt nicht in Wohnungen, die mit Händen gemacht sind“, so zitiert Stephanus bei seiner apologetischen Rede vor dem Hohen Rat den Propheten Jesaja (Apg 7,48 nach Jes 66,1-2).

Das ewige Haus Gottes

Alles war nur vorläufig und vergänglich, denn es wies auf das ewige Haus hin, das der kommende Messias bauen würde, der Sohn Gottes (Hbr 3,6). Dies ist mehrfach durch die alten Propheten vorhergesagt, zuletzt bei Sacharja (6,12-13):

„Siehe, da ist ein Mann, Spross ist sein Name – denn unter seinen Füßen wird es sprossen –, der wird den Tempel JHWHs bauen. Ja, er ist’s, der den Tempel JHWHs aufbauen und Herrlichkeit gewinnen wird, und er wird auf seinem Throne sitzen und herrschen und zugleich Priester sein auf seinem Throne.“

Diese Weissagung mündet in eine duale Erfüllung:

In erster Linie zielt sie, wie bei allen Verheißungen (s.o.), auf den kommenden Messias, den „Erben aller Dinge“ (Hbr 1,2). Die wahre Wiederherstellung des „Hauses, über dem der Name Gottes [JHWH] ausgerufen ist“, erfüllte sich in der Auferstehung seines Leibes, drei Tage, nachdem die Juden das „Tempelheiligtum seines Leibes zerstört“ hatten (Joh 2,19.21). So ist er selber das wahre Haus Gottes des neuen Bundes! Er ist nicht nur der wahre „Fels“ in der Wüste, aus dem Wasser für die Verdurstenden strömte (1Kor 10,4) und die Wasserquelle des Heils auf dürres Erdreich, dessen Fluten nicht versiegen (Jes 12,3; 44,3; 55,11), auf dass ihre dürstende Seele werde wie ein wohlbewässerter Garten (Jer 31,12). Sondern er selbst ist auch und vor allem das wahre und ewige Tempelheiligtum des neuen, messianischen Zeitalters, aus dem heilendes Wasser herausfließt, um totes, salziges Wasser wieder lebendig zu machen (Hes 47,1-2), von dem auch Joel weissagte, dass in der heilsgeschichtlichen Vollendung „ein Quell aus dem Hause JHWHs hervorbrechen und das [öde, zum Toten Meer führende] Akaziental bewässern“ wird (Joel 4,18). Das ist, was unser HErr meinte, als er am letzten, großen Tag des Laubhüttenfestes der versammelten Menschenmenge zurief:

„Wenn jemanden dürstet, komme er her zu mir; und er trinke, der, der an mich glaubt.“ – gemäß dem, was die Schrift sagte: „Ströme werden aus seinem [Jesu] Inneren fließen, [Ströme] lebendigen Wassers.“ (Joh 7,37-38)

Und er versprach:

„Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, der wird in Ewigkeit nicht wieder Durst leiden, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Wasserquelle werden, die zu ewigem Leben sprudelt.“ (Joh 4,14)

„Dieses sagte er über den Geist, den die an ihn Glaubenden bekommen sollten.“ (Joh 7,39)

Die Herrlichkeit JHWHs ist die Herrlichkeit des Messias Jesus.

Die „Herrlichkeit JHWHs“ ist die „Herrlichkeit des Messias“ (2Kor 4,4.6), sie wurde ihm vom „Vater der Herrlichkeit“ (Eph 1,17) verliehen (Joh 1,14). Wie im Vorbild des irdischen Tempels Salomos vorgeschattet, wird in der Erfüllung von dem Sohn Gottes gesagt, dass die Herrlichkeit Gottes nun „in ihm wohnt“: „In ihm [in] leiblicher [Gestalt] wohnt die ganze Fülle der Gottheit“ (Kol 1,9).

In zweiter Linie zielt die duale, typologisch-messianische Verheißung von der Wiederherstellung des Tempelheiligtums auch auf diejenigen, die durch den neuen Bund in dem Blut des Lammes zum neuen Eigentumsvolk erhoben worden sind. Jesajas Weissagung von dem kommenden Messias und seinem wiederhergestellten Volk: „Die Herrlichkeit JHWHs ist über dir erstrahlt“ (60,1), findet gemäß der Lehre der Apostel im neuen Bund ihre Erfüllung:

„Wenn ihr im Namen des Christus, ‹des Gesalbten›, geschmäht werdet, [seid ihr] Selige, weil der Geist – der [Geist] der Herrlichkeit und Gottes – auf euch ruht.“ (1Pt 4,14).

„Wir aber, alle, schauen mit entschleiertem Gesicht in einem Spiegel die Herrlichkeit des HErrn und werden in dasselbe Bild umgestaltet von Herrlichkeit zu Herrlichkeit gleichwie von des HErrn Geist her.“ (2Kor 3,18)

Wie der auferstandene Leib des Messias zum wahren Tempelheiligtum Gottes geworden ist, entspricht auch die neutestament­liche Gemeinde diesem Bild.

So wie der physische, auferstandene Leib des Messias zum wahren Tempelheiligtum Gottes geworden ist, entspricht die neutestamentliche Gemeinde Gottes als „sein Leib“ (1Kor 12,12) ebenfalls diesem Bild. Auf die Erfüllung dieser Weissagung weist auch der Evangelist Matthäus hin, indem er in Anspielung an Sacharja 6,12-13 das Wort des Messias Jesus zitiert: „Auf diesem Felsen will ich meine Gemeinde bauen“ (16,18). Dieser aus lebendigen Bausteinen bestehende „Tempel“ sollte auf dem Glaubensbe­kenn­tnis beruhen, das zunächst von Petrus formuliert (V. 16) und schließlich durch die Apostel im Neuen Testament überliefert worden ist (vgl. Eph 2,20-22).

Folgerichtig bezog Petrus diese Weissagung vom endzeitlichen Tempel­heilig­tum auf die neu­testa­ment­liche Gemeinde (1Pt 2,4-10). In demselben Geist erklärte auch Paulus in 2Kor 6,16-18 die alten prophetischen Bibeltexte:

„Ihr seid ein Tempelheiligtum des lebenden Gottes, so wie Gott sagte: ‚Ich werde in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mir [das] Volk sein.’“ (vgl. 3Mose 26,11.12; Hes 37,27)

Darum ‚kommt aus ihrer Mitte heraus und sondert euch ab, sagt der Herr, und rührt nicht Unreines an!‘ (vgl. Jes 52,11), ‚und ich werde euch Einlass gewähren‘ („aufnehmen“, vgl. Hes 20,34 nach der Septuaginta LXX) und ‚ich werde euch ein Vater sein, und ihr werdet mir Söhne und Töchter sein‘ (Vgl. 2Sam 7,14; Jes 56,5.), ’sagt der Herr, der Machthaber über alles.‘ (vgl. 2Sam 7,8 nach der LXX).

Jesus-Jeschuah – JHWH rettet

Ein wesentlicher Aspekt ist noch zu ergänzen. Indem Gott das Zwölfstämmevolk unter der Bedingung der Einhaltung der Bundestreue als „seinen Sohn“ angenommen hatte, war über ihm sein Eigenname ausgerufen: „JHWH“. Das Eigentumsvolk besaß den Namen seines Eigentümers!

„Und alle Völker der Erde werden sehen, dass der Name JHWHs über dir ausgerufen ist.“ (5Mose 28,10)

Denn sein Volk ist „nach seinem Namen genannt“ (Jes 43,7), und im Blick auf den Messias betete Jeremia: „Dein Name ist über mir ausgerufen, JHWH, Gott der Heerscharen!“ (15,16).

So wurde der Name „JHWH-ist-Rettung“, „Jeschū’ah“, über dem Sohn ausgerufen, den „der Vater gesandt hat als Retter der Welt“ (1Joh 4,14). Und unter dem neuen Bund ist auch über seinen Miterben derselbe „gute Name ausgerufen“ worden (Jak 2,7).

Jakobus hat Amos 9,11.12 zitiert, um zu belegen, dass sich mit der Errettung der Heiden die Erfüllung der messianischen Weissagung vollzog:

„Nach diesem werde ich wiederkehren und das Zelt Davids, das gefallen ist, wieder bauen. Und seine Trümmer werde ich wieder bauen, und ich werde es wieder aufrichten, auf dass die Übriggebliebenen der Menschen den Herrn ‹mit Fleiß› suchen und alle von den Völkern, sie, auf die mein Name gerufen worden ist, sagt der HErr, der dieses alles tut.“ (Apg 15,16-17)

Zusammenfassung

Wir fassen zusammen und folgern: Weder für das persönliche Gebet („im Verborgenen“) noch für die Gebets­gemeinschaft der Gemeinde ist die ausdrückliche Erklärung erforderlich, „im Namen Jesu“ zu bitten. Denn die Zusage der Gegenwart unseres HErrn („in ihrer Mitte“) gemäß Mt 18,20 ist gültig, wo immer sich sein neutestamentliches Eigentumsvolk „zu seinem Namen hin“ versammelt, so wie im alten Israel „zu dem Tempelheiligtum hin“, über dem der Name „JHWH“ ausgerufen war. Sich „zu seinem Namen hin“ zu versammeln, hat nichts mit einer Gebetsformel zu tun, denn über den durch das Blut des Lammes Erlösten ist „sein Name ausgerufen“: der Name „Jeschū’ah“, „JHWH-ist-Rettung“. So ist in diesem Namen auch die Jeremia-Verheißung erfüllt:

„Du bist doch in unserer Mitte, JHWH, und über uns ist dein Name ausgerufen.“ (Jer 14,9)

Nicht eine rituelle Gebetsfloskel öffnet uns den Himmel, sondern die rechte Stellung vor Gott und eine Herzenshaltung in allen Lebenslagen und Handlungen, wie sie in der Metapher vom Weinstock und den Rebzweigen illustriert und in Kol 3,17 im Klartext gelehrt wird:

„Und alles, was immer ihr tut, in Wort oder in Werk, [tut] alles im Namen des HErrn Jesus. Dankt dabei dem Gott und Vater durch ihn.“

Fortsetzung folgt…