Philip Yancey ist Journalist und schreibt für die Zeitschrift Christianity Today. Das vorliegende Buch geht auf ein früheres zurück, das er vor fast 20 Jahren verfasste: Gnade ist nicht nur ein Wort. Wer allerdings ein Buch über die großartige Gnade Gottes und ihre Wirkungen an uns erwartet, wird enttäuscht sein. Es geht dem Autor eher um in seiner Sicht positive Auswirkungen der Gnade, die er weltweit an Christen beobachtet haben will.
Im ersten Teil beschreibt er aber erst einmal den außerordentlich schlechten Ruf evangelikaler Christen und Gemeinden – vor allem der sogenannten Fundamentalisten und vor allem in den USA. Seine Sorge ist, dass Kirchen an ihrem Auftrag scheitern, Gottes Gnade an eine Welt weiterzugeben, die danach dürstet. Teil zwei beschreibt Beobachtungen an evangelikalen Pilgern, Aktivisten und Künstlern, die der Autor für Vorbilder hält und die seiner Meinung nach die Gnade in der säkularen Welt am besten repräsentieren. Im dritten Teil reflektiert er, inwieweit das Evangelium tatsächlich eine gute Nachricht gegenüber der Wissenschaft, New Age und anderen Glaubensrichtungen ist. Zum Schluss will er zeigen, wie Christen es vermeiden können, dass man sie nur als eine Lobbygruppe unter vielen abtut.
Philip Yancey. Zurück zur Gnade. Wie wir wiederfinden, was uns verloren gegangen ist. Witten: SCM Brockhaus 2016. 324 S. Hardcover: 19,95 €. ISBN: 978-3-417-26645-0
Yauncey erzählt viel, zitiert viel und dabei auch manches Nützliche (Quellen sind in 315 Schlussnoten belegt), betrachtet aber die Dinge mehr vor außen. Ihn interessieren vor allem die Auswirkungen des Glaubens im Diesseits. Über Fundamentalisten äußert er sich sehr kritisch, obwohl Freunde sein Manuskript schon abgemildert hätten (S. 307). Das verwundert nicht, wenn man aus einem vor drei Jahren auf Deutsch erschienenen Buch (Spuren der Gnade) seine herablassenden Äußerungen über den Glauben an die Unfehlbarkeit der Bibel, eine sechs-Tage-Schöpfung, die Ablehnung des Frauen-Pastorats und ähnliches registriert. Natürlich muss man ihm in vielen seiner Beobachtungen Recht geben, aber in Bezug auf die Bibel erscheint manches oberflächlich. Symptomatisch ist das Zitat aus Apg 1,11: „Warum steht ihr hier und starrt in den Himmel?“ Er leitet daraus ab: „Wir, die Nachfolger Jesu sind beauftragt, den Willen Gottes auf der Erde auszuführen. Nur allzu leicht erwarten wir von Gott, dass er etwas für uns tut, wenn Gott es vielmehr durch uns tun will.“ (S. 121) Die Engel haben die Jünger aber nicht ermahnt, etwas gegen den Hunger in der Welt zu tun, statt in den Himmel zu schauen, sondern etwas ganz anderes, wie ein einziger Blick in die Bibel beweist.