ThemenWort- und Themenstudien

Nur zu Gott, dem Vater„im Namen Jesu“ beten?

Ist es richtig, direkt zu Jesus zu beten oder erlaubt das Neue Testament nur das Gebet zu Gott, dem Vater, wie es manche Christen lehren? Es zeigt sich, dass die dafür zitierte Stelle aus Mt 6,6 keine solche Aussage macht. Aus der Betrachtung des Namens des dreieinen Gottes und weiterer Bibelaussagen geht vielmehr die Anbetung Jesu hervor.

Es geht nun im zweiten Teil der Betrachtung um die Frage: Zu wem sollen wir beten? Gibt es Aufforderungen dazu in der Bibel? Die Lehrmeinung, mit der ich mich hier beschäftige, sagt Folgendes:

Die Bibel würde uns dazu anhalten,

  • (1) ausschließlich zum Vater im Himmel und
  • (2) nur in dem Namen Jesu Christi zu beten.

Begründet wird dies anhand (1) der Gebetsanleitung Jesu in der Bergpredigt und (2) in seinen letzten Unterweisungen (Joh 15,16; 16,23). Praktisch bedeutet eine solche Meinung, dass in der Regel jedes Gebet mit der Ansprache: „Himmlischer Vater“ einzuleiten, sowie als Abschluss des Gebets die Formel anzufügen ist: „Ich erbitte es [oder: ich bete] in dem Namen Jesu Christi. Amen.“

Die Frage: „Sollen oder dürfen die Gläubigen zu Jesus beten?“ sei daher – so die Lehrmeinung – zu verneinen, denn der HErr Jesus habe seine Jünger „statt dessen aufgefordert“:

„Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist! Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.“ (Mt 6,6).

Mit dieser Schrift­stelle sei allein schon die Frage: „Zu wem sollen wir beten?“ beantwortet; denn es sei „eine kurze und für jedermann verständliche Aussage des HErrn Jesus“, mit der man sich „genug sein lassen und danach handeln“ könne.

Die Betonung liegt dabei nicht nur darauf, „zu wem“ wir beten sollen, sondern auch und besonders auf der kategorischen „Aufforderung“: Wir „sollen“ zu Gott, dem Vater, beten – und zu niemand sonst.

Aber stimmt das? Ist damit wirklich schon „genug gesagt“? Ist diese Anweisung Jesu in Matthäus 6 Vers 6 so absolut zu verstehen? Und vor allem: In welchem Zusammenhang steht eigentlich Vers 6, und wie lautet die Betonung darin entsprechend dem griechischen Grundtext?

Es bedarf also erstens der Untersuchung des vollständigen Textzusammenhangs und zweitens einer ganzheitlichen, systematischen Betrachtung des Wesens des dreieinigen Gottes gemäß biblischer Offenbarung.

Die Lehre Jesu über das Beten in der Bergpredigt

Die oben gezogene Schlussfolgerung aufgrund eines einzigen, alleingestellten Verses in der Bergpredigt (Mt 6,6) trifft nicht das, was der Meister Jesus Christus mit seiner Belehrung beabsichtigt hat. Betrachtet man Matthäus 6,1-11 als Ganzes, wird klar, dass die Betonung nicht auf „zu deinem Vater“ liegt, sondern auf „der im Verborgenen ist“. Zu Gott als ihrem Vater beteten die Juden ohnedies. Daher wäre das nichts Neues für sie gewesen und hätte keinerlei „Aufforderung“ bedurft. Zu wem sonst hätten die Jünger bis zu dem Zeitpunkt beten sollen?

Dass Juden zu JHWH-Gott als „Vater“ beteten und ihn als ihren „Bildner im Mutterleib“ verstanden (vgl. Jes 44,2), war in Israel seit jeher Wissen und Praxis (siehe auch Jer 3,4; Ps 89,27), oft auch zu Unrecht: Jer 3,19; Joh 8,41-42. (Weitere Beispiele: 5Mose 32,6; 2Sam 7,14; Jes 63,16; 64,7; Mal 1,6; 2,10). Das gilt umso mehr für die beiden letzten vorchristlichen Jahrhunderte, wie außerbiblische jüdische Schriften belegen (Sir 23,1.4; 51,10). Im „Lexikon zur Bibel“ von Fritz Rienecker heißt es unter dem Stichwort „Unser Vater“:

„Die Wendung ‚Vater in den Himmeln‘ (so wörtlich im Grundtext) ist schon im Judentum der Zeit Jesu geläufig als Name und Gebetsanrede für Gott. Jesus hat hier also keinen neuen Ausdruck geprägt.“

In Matthäus 6 lehrt Jesus, dass wir nicht in öffentlicher Zurschaustellung und mit vielen Worten beten sollen, aber befiehlt nicht, allein zu Gott, dem Vater, zu beten.

Folglich kann der Meister nur gemeint haben, wo, wie und mit welchen zentralen Inhalten die Messias-Jünger beim Anbruch des Reiches Gottes zum Vater beten sollten, in Abgrenzung zur Gebetspraxis der pharisäischen (heuchlerischen) Juden und der „viele Worte“ machenden („plappernden“) Heiden. Nicht um die „Aufforderung“, ausschließlich zum Vater zu beten, geht es daher in Matthäus 6,1-11, sondern um die Praxis (a) des Almosengebens und (b) des Gebets, und zwar – in beiden Fällen – um das Wo und das Wie.

a) Almosengeben: Wo und wie?

Der Meister hatte in seinen Worten davor (siehe Mt 6,1-4) die heuchlerische und selbstdarstellerische Art der Pharisäer verurteilt, in der sie Almosen spendeten, nämlich öffentlich, „um von den Menschen gesehen zu werden“ und „um von den Menschen gerühmt zu werden“.

Dagegen belehrte der Meister seine Jünger: „Nein, wenn du Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut“, also gib im Verborgenen (V. 4).

b) Beten: Wo und wie?

Genau dieselbe Praxis und Haltung bezieht Jesus anschließend auch auf das Beten.

Die Überleitung dazu lautet (V. 5):

„Auch wenn ihr betet, sollt ihr es nicht wie die Heuchler machen; denn sie stellen sich gern in den Synagogen und an den Straßenecken auf und beten dort, um den Leuten in die Augen zu fallen; wahrlich ich sage euch: Sie haben ihren Lohn dahin.“

Dieser Überleitungstext bildet die unerlässliche Einleitung zum Verständnis von Vers 6, dessen richtige Übersetzung und Betonung folglich lautet (zitiert nach der Übersetzung von H. Menge):

„Du aber, wenn du beten willst, so geh in deine Kammer, schließe deine Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; dein Vater aber, der auch ins Verborgene hineinsieht, wird es dir alsdann vergelten.“

Entsprechend dem zugrunde liegenden Sinn übersetzen Herbert Jantzen/Thomas Jettel1 – da es um den Gegensatz zur pharisäischen Gebetspraxis geht – folgendermaßen:

„Aber du, wann immer du betest, […].“

Auch in den nachfolgenden Versen geht es um das Wie des Betens wahrer Gläubiger aus Anlass der Abgrenzung heuchlerischer Pharisäer, die wohl ebenso „wie die Heiden“ viele Worte machten. Deshalb ist eine Auslassung von Vers 7-8 fatal, denn gerade sie erhellen die tatsächliche Absicht des Meisters.

Dies ist umso schwerwiegender, als Vers 9 des betrachteten Textes auch noch fehlerhaft zitiert bzw. übersetzt wird: „Betet ihr nun so: Unser Vater […]“ Das entscheidende Wort „darum“ (oder: „also“, griech: oun), ist hier weggelassen.

Die genaueste und sinngetreue Übersetzung von Vers 9 lautet vielmehr (nach Jantzen/Jettel):

„Betet ihr daher auf diese Weise: […].“

Für „so“ steht im Griechischen das bedeutsame Wort houto[s]: „derart“, „auf diese Weise“, bzw. mit Bezug auf das Folgende: „folgendermaßen“2. Die aus dem griechischen Grundtext hervorgehende Betonung des Wortes „ihr“ unterstreicht, dass es um den Gegensatz zur Gebetspraxis der Heiden und auch der Pharisäer geht, die „wie die Heiden viele Worte machen“ (V. 7), und führt – analog zur Frage des Almosengebens – zu der Anleitung zum rechten, Gott wohlgefälligen Gebet, wie es seine Jünger praktizieren sollen: Nicht öffentlich, sondern im Verborgenen beten!

Fazit:

Zusammenfassend geht es in beiden Fällen darum: Die Lehre Jesu besteht in der Verwerfung (a) der Almosenpraxis und (b) der Gebetspraxis der vermeintlichen religiösen „Elite“ der Juden, der Pharisäer, mit der diese aus Ehr- und Anerkennungssucht ihre Scheinfrömmigkeit öffentlich zur Schau trugen (vgl. Mt 23,5-7). Dagegen trägt die Lehre von Jesus in der Bergpredigt nichts bei zu der eingangs gestellten Frage: „Zu wem ‚sollen’ wir [und zu wem sollen wir nicht] beten?“ Einzelne selektierte Aussagen ermöglichen jedoch – wie im vorliegenden Fall – eine Sinnentstellung und unzulässige „Hineinlese“ (Eisegese) vorgefasster Meinungen.

Der Name des dreieinigen Gottes – eine Offenbarung seines Wesens

Die gebräuchlichsten Bezeichnungen für Gott im Alten Testament sind „Elohim“ (zwar als Mehrzahlwort, jedoch in der Einzahlbedeutung: „der Gott“), „Adonaj“ (mein Herr), „El Schaddaj“ (der Allmächtige) und „Goel“ (Erlöser).

Jenseits dieser namensähnlichen Bezeichnungen und ihrer Bedeutungen hat sich Gott seit alters mit einem einzigartigen Eigennamen geoffenbart: mit dem Tetragramm „JHWH“ (wahrscheinlich vokalisiert: „Jahweh“) in der Bedeutung: „der ewig Seiende“, „der Sich-gleich-Bleibende“ oder: „der da ist und der da war und der da kommt“ (vgl. 2Mose 3,13-15; Offb 1,8).

Ist „JHWH“ ausschließlich der Name Gottes des Vaters oder auch Gottes des Sohnes und des Heiligen Geistes?

Der Sohn war vor Grundlegung der Welt und bei jeder Gottes­erscheinung selber dabei und hat geredet.

In Anbetracht der Lehre der Bibel, dass zwar „niemand Gott jemals gesehen“ hat (Joh 1,18a), dass aber durch die Heilsgeschichte hindurch Menschen JHWH erkannt und mit ihm geredet haben, kann die Antwort aus der Sicht des Neuen Testaments nur lauten: JHWH ist der Name der dreieinigen Gottheit: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Wenn Menschen im Alten Testament mit JHWH geredet haben, etwa bei Theophanien (Gotteserscheinungen), dann haben sie immer mit dem Sohn geredet oder ihn sogar gesehen (vgl. Kol 1,15; Joh 12,45; 2Kor 4,4). Abraham erschien JHWH in Männergestalt (1Mose 18), und Mose durfte JHWH auf dem Berg Sinai schauen (2Mose 34,5-8). Gideon wie auch Mano’ah und seine Frau erkannten, dass der, welcher mit ihnen geredet hatte, „der Engel JHWHs“ war (Ri 6,11-24; 13). Der erscheinende, sich offenbarende Sohn Gottes, der „ohne Anfang und ohne Ende“ (Hebr 7,3) und „vor Grundlegung der Welt“ (Joh 17,5.24) „Gott gleich“ war (griech.: isos, Joh 5,18; Phil 2,6), war JHWH selbst. Ihn hatten auch die Engel Gottes angebetet, als er sich dem Propheten Jesaja im Tempel offenbarte (Jes 6,1ff mit Joh 12,41).

Als der Sohn in die Welt kam (Gal 4,4), um sein Erlösungswerk zu vollbringen, wurde seinem Ziehvater Joseph geboten, ihm den Namen „Jesus“ zu geben, „denn er wird sein Volk retten von seinen Sünden“ (Mt 1,21). „Jesus“, hebr.: „Jeschū’ah“, bedeutet: „JHWH ist Rettung“, „JHWH rettet“, und ist die Kurzform des ursprünglichen Namens „Jehōschu’ah“, woraus in der alexandrinischen Übersetzung, der griechischen Septuaginta (so etwa bei 4Mose 13,16; Haggai 1,1) der Name „Iesous“ entstanden ist, auf lateinisch „Jesus“.

Von alters her ist JHWH der Retter-Gott. Er hatte sein Volk physisch aus der Knechtschaft Ägyptens errettet (Ps 106,21) und war als sein schützender Führer stets vor ihm hergezogen (2Mose 14,19.24.30; 15,2; Jes 63,9), und nun rettete er sein bundesbrüchiges Volk von seinen Sünden, indem er einen unverbrüchlichen, „neuen Bund in seinem Blut“ schloss.

Wenn „JHWH“ der Name des dreieinigen Gottes ist, dann der Name „Jesus“ im Neuen Testament umso mehr „JHWH ist Rettung“. Der Eigenname Gottes „JHWH“ ist also in dem Namen „Jeschū’ah/Jesus“ inbegriffen. So ist der Name „Jesus“ Gottes Programm des neuen Bundes! In Tit 1,3 ist „Gott unser Retter“, im nächsten Vers (4) ist „der HErr Jesus Christus unser Retter“ ! Fazit:

„Die Offenbarung Gottes in seinem Namen wird im Neuen Testament überboten durch die Offenbarung Gottes in seinem Sohn, die so den alttestamentlichen Gottesnamen gleichsam aufhebt.“ (F. Rienecker, Lexikon zur Bibel).

Gottes Eigenname JHWH ist im Namen Jesus inbegriffen, denn Jesus heißt Jeschuah, das bedeutet JHWH rettet.

Diese Erweiterung des Gottes­namens folgt aus dem Hervortreten und Menschwerden Gottes in dem Sohn: „Wer den Sohn hat, hat das Leben“ (1Joh 5,12). Wer den Sohn „hat“, hat damit die Gottheit vor sich, den dreieinigen Gott, nicht nur allein den Sohn. Wenn wir Jesus „sehen“, „sehen“ wir (auch) den Vater. Jesus und der Vater „sind eins“ (Joh 10,30).

Indem Abraham, Mose und Gideon JHWH gesehen hatten, hatten sie den Sohn gesehen (Joh 1,18b). Indem die Jünger Jeschū’ah/Jesus gesehen hatten, hatten sie laut Joh 14,7.9 zugleich JHWH gesehen, Gott den Vater.

Als der HErr Jesus im „hohepriesterlichen Gebet“ sprach (Joh 17,11): „Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen“, was meinte er damit: Wie lautete dieser „Name“ des Vaters? Hätte Jesus nicht sagen sollen: „„Bewahre sie in meinem Namen“? Nein, denn der ganze Satz lautete: „Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den [!] du mir gegeben hast“ – so die naheliegende Lesart. Einige Kapitel davor (Kap. 5) hat der Sohn öffentlich bezeugt: „Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht an“ (5,43). Meinte er mit „dem Namen meines Vaters“ einfach „im Auftrag des Vaters“ oder steckt mehr dahinter?

Wie immer versuchen wir, einzelne Aussagen im Gesamtzusammenhang zu interpretieren. Die in Joh Kap. 5 dokumentierte Rede unseres HErrn geschah in der Auseinandersetzung mit der herrschenden jüdischen Elite Jerusalems. Diese begann, seine Tötung zu betreiben, weil sie ihn – in fataler Verkennung – des Sabbat-Bruchs bezichtigte. Darüber hinaus verwarf sie seinen messianischen Anspruch, als er seine Gottessohnschaft bezeugte. „Dem Vater gleich“ zu sein (griech.: isos), bedeutete nichts weniger, als den Eigennamen des Gottes Israels zu tragen – er selbst offenbart sich als der „ICH-BIN“ (2Mose 3,14-15; vgl. Joh 8,24.58). Die messianische Weissagung in Psalm 118,26, „Gelobt sei, der kommt im Namen JHWHs“, wurde erfüllt in dem, dessen Eigenname „JHWH-ist-Rettung“ lautete (Jeschū’ah/Jesus): „Gelobt [sei] der, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!“ (Joh 12,13). So müssen wir folgern: Der Name des Sohnes ist der „Name des Vaters“, derselbe Retter-Gott-Name.

So betete der hohepriesterliche Sohn Gottes weiter: „Als ich bei ihnen war in der Welt, bewahrte ich sie in [oder bei] deinem Namen“ (V. 12). In Vers 25 und 26 betete er: „Gerechter Vater […], ich tat ihnen deinen Namen kund und werde ihn kundtun […].“ So auch in Vers 6: „Ich offenbarte deinen Namen den Menschen […].“ Indem der Sohn in die Welt kam und den Namen „JHWH-ist-Rettung“ annahm, offenbarte er den Menschen damit zugleich den „Namen des Vaters“.

Johannes hörte als Jesus sagte: „Ich bin der Erste und der Letzte“ denselben Gott, den Jesaja gehört hat, als JHWH sprach: „Ich bin der Erste und der Letzte“.

So ist „Jeschū’ah/Jesus“, in der Bedeutung „JHWH rettet“, der Name der dreieinigen Gottheit – es ist der Name sowohl des Vaters als auch des Sohnes. Der Name steht für sein Wesen: die Retterliebe JHWH-Gottes. Das Wort des Sohnes in Joh 3,16 ist allseits bekannt, aber kaum wird der Nachsatz zitiert, dass Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hat, „damit die Welt durch ihn gerettet werde“.

Als Stephanus unverwandt zum Himmel schaute, „sah er die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen“. Voll des Heiligen Geistes (Apg 7,55) interpretierte er: „Siehe, ich sehe die Himmel geöffnet und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen.“ Indem er den Sohn sah, „sah er die Herrlichkeit Gottes“. Die zentrale Aussage seiner Rede hatte gelautet (V. 25):

„Er [Mose] meinte aber, seine Brüder würden verstehen, dass Gott ihnen durch seine Hand Rettung gäbe; sie aber verstanden es nicht.“

Und sie verstanden auch jetzt nicht, dass ihr Retter-Gott ihnen den von Mose geweissagten Retter (V. 37, nach 5Mose 18,15.18) gesandt hatte.

Wer ist es, den Johannes zitierte: „Ich bin das Alpha und das Omega, Anfang und Ende sagt der HErr, der ist und der war und der kommt, der Machthaber über alles“ (Offb 1,8)? Es ist derselbe, dessen große, laute Stimme Johannes daraufhin hörte: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte“, die Stimme eines „gleich dem Sohn eines Menschen“ (Offb 1,11.13). Es ist derselbe, der gesagt hatte: „Ich bin der Erste und ich bin der Letzte, und außer mir [JHWH] gibt es keinen Gott“ (Jes 44,6).

„Jesus Christus ist gestern und heute derselbe – und in Ewigkeit“ (Hbr 13,8), wie es in Psalm 102,28 heißt: „Du aber [JHWH] bist derselbe“.

Die Heilung des Gelähmten an der Tempel­pforte durch Petrus und Johannes „im Namen Jesu Christi, des Nazareners“ (Apg 3,6ff) hatte so viel Aufsehen erregt, dass sie von den verärgerten Tempelaufsehern verhaftet wurden, weil sie „das Volk lehrten und mit Jesus die Botschaft der Auferstehung von den Toten verbreiteten“ (4,1ff). Am folgenden Tag war die gesamte Führung der jüdischen Religion zu Jerusalem versammelt, um sie zu verhören: die Obersten und Ältesten und Schriftgelehrten, Hannas, der alte Hohepriester, und Kajaphas, sein amtierender Sohn, und Johannes und Alexander und alle, die aus hohepriesterlichem Geschlecht waren. Sie erkundigten sich, „in welcher Kraft oder in welchem Namen“ sie dies getan hätten, während der Geheilte an ihrer Seite stand. Petrus, erfüllt mit dem Heiligen Geist, bezeugte (4,10):

„Es sei euch allen und allem Volk Israel kund, dass in dem Namen Jesu Christi, des Nazareners, den ihr gekreuzigt habt, den Gott auferweckt hat von den Toten, durch diesen [Namen] dieser gesund [wörtlich: gerettet] vor euch steht.“

Und um dies biblisch zu belegen, verwies der mit dem Heiligen Geist erfüllte Petrus anhand der Weissagungen in Psalm 118,22-23 und Jes 28,16 auf den Messias als „Eckstein“ des wahren „Tempels“ des neuen Bundes: „Das ist der von euch, den Bauenden, verachtete Stein, der zum Haupt[stein] der Ecke geworden ist“ und proklamierte:

„Und es ist in keinem anderen die Rettung, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden sollen.“ (4,12)

„Kein anderer Name“, in dem wir gerettet werden sollen! „Der Name, der über allen Namen ist“ (Phil 2,9).

Wir sollen taufen in dem Namen (Einzahl) der drei Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das ist gleichbedeutend damit, auf den Namen Jesus Christus zu taufen.

Was bedeutet das mit Blick auf jene, die in den Heiligen Schriften Moses und der Propheten Gott als Retter suchten? Nicht mehr der bloße Name „JHWH“, sondern „JHWH-ist-Rettung“ – „Jeschū’ah/Jesus“, kein anderer Name. Dies ist für alle zukünftigen Zeiten der Eigenname des dreieinigen Gottes. Ist es daher biblisch im Sinne des neuen Bundes, JHWH-Gott anzurufen und etwa zu „Jehova“ zu beten? Nein, sondern, wie F. Rienecker festgestellt hatte (s.o.), hat die Offenbarung Gottes in seinem Sohn den alttestamentlichen Gottesnamen gleichsam aufgehoben.

Zu Taufen ist uns geboten in dem Namen (Einzahl!) der drei Personen (Mehrzahl!) des dreieinigen Gottes: „in dem Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Ein einziger Name! „In dem „Namen des dreieinigen Gottes“ zu taufen, ist also gleichbedeutend damit, „auf den Namen Jesus Christus“ zu taufen (Apg 2,38; vgl. 8,16, 10,48; 19,5; 22,16). Das ist nicht widersprüchlich sondern schlüssig, denn „Jeschū’ah/Jesus“ ist der Name des Sohnes ebenso wie des Vaters und des Heiligen Geistes.

Indem der Meister in der Bergpredigt seine Jünger zu beten gelehrt hat: „Unser Vater, der in den Himmeln ist: Geheiligt werde dein Name“ (Mt 6,9), sollten sie um die Erfüllung der Verheißung Jesajas bitten (29,23), der in – typisch hebräischem „Parallelismus“ – geweissagt hatte:

„Wenn Jakob [d.h. seine Kinder] das Wirken meiner Hände in seiner Mitte sieht, so werden sie meinen Namen heiligen und den Heiligen Jakobs als heilig anerkennen und vor dem Gott Israels Ehrfurcht haben.“

Wurde im NT zu Jesus gebetet?

Redeten denn Menschen in der Bibel mit dem zur Rechten Gottes erhöhten Sohn Gottes? Und ob! Stephanus tat Fürbitte: „HErr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apg 7,60). Ananias führte ein Zwiegespräch mit dem Auferstandenen (Apg 9,13); Paulus bezeugte mehrmals sein Reden mit dem HErrn Jesus wie etwa in Apg 22,16 („ich sprach“) und 2Kor 12,8 („ich flehte“).

Das vielleicht befremdlichste Argument der in der Kritik stehenden Lehrbetonung ist der Versuch, zwischen Beten, Anbeten und Anrufen einen grundsätzlichen Unterschied zu behaupten. So wird behauptet:

„Ob und inwiefern Bibelstellen, die davon reden‚ ‚den Namen des Herrn Jesus Christus anzurufen‘, zu unterscheiden sind von ‚beten‘, ist noch zu klären, ebenso der Unterschied zwischen ‚Gebet‘ und ‚Anbetung‘. Stellen, in welchen Jesus Christus geehrt oder auch verherrlicht wird, müssen streng genommen nicht unbedingt ‚Gebet‘ meinen.“

Es ist unzulässig, zwischen Gebet, Anbetung und Anrufung so zu unterscheiden, dass damit die Beispiele für das Gebet zu Jesus ausgeschlossen werden.

Aber was sollen sie dann sonst meinen? Was ist „Gebet“ denn? Gebet ist Reden mit Gott, in welcher Stimmung, Lautstärke und Form auch immer wir bitten, danken, bekennen, preisen oder anbeten. Es kann in Prosa sein oder in Gedichtform und sogar als Lied – alles ist „Beten“, ist verbale Zuwendung zu Gott, auch wenn es wie beim stillen Beten lautlose Worte sind. Nonverbale, esoterisch-passive Meditation ist in der Bibel nicht zu finden und entspricht nicht dem „Reden“ mit einem persönlichen Gott.

Die Haltung ist beim „Reden mit Gott“ allerdings eine grundsätzlich andere als mit Menschen. Wir würden mit einer hochgestellten Persönlichkeit nicht in derselben Art reden wie mit einem widerspenstigen Kind. Das Gebet, die verbale Zuwendung zu dem lebendigen Gott, erfordert ein ungleich erhebenderes, ehrfurchtsvolles und anbetendes Reden mit ihm, ungeachtet der uns durch den Geist Gottes verliehenen „Abba“-Vertraulichkeit (Röm 8,15).

Daher kann es keinen Unterschied zwischen Gebet und Anbetung geben. Das hebräische Wort für „Gebet“, tepilah, bedeutet dementsprechend auch „Anbetung“.

In Joh 12,37-41 erfahren wir, dass es der Sohn Gottes als königlicher HErr „auf hohem und erhabenem Thron“ war, der dem in Anbetung vertieften Jesaja im Tempel erschienen war, um mit ihm Zwiesprache zu führen und ihn als Propheten zu berufen (Jes 6,1.5).

Die wörtliche Bedeutung des im Neuen Testament verwendeten griechischen Wortes „proskynein“ für „anbeten“, nämlich: „niederkniend huldigen, fußfällig verehren und unterwürfig grüßen“ illustriert die im Orient übliche Huldigung und völlige Unterwerfung durch Niederfallen auf die Knie und Berühren des Bodens mit der Stirne vor der Gottheit (vgl. 2Chr 4,3) und das Küssen der Füße oder des Kleidersaumes.

Den dreieinigen Gott zu bitten und ihm zu danken, setzt eine Haltung der Anbetung voraus. Diese Anbetung wurde Jesus als messianischem König schon ab seinen ersten irdischen Tagen entgegengebracht, und er hinderte seine Anbeter nicht ein einziges Mal:

  • Die Weisen aus dem Morgenland waren auf der Suche nach dem neugeborenen „König der Juden, um ihn anzubeten“ (o. „ihm zu huldigen“; Mt 2,2; vgl. V.8). Als sie ihn fanden, „fielen sie nieder und huldigten ihm. Und sie taten ihre Schätze auf und brachten ihm Gaben dar: Gold und Weihrauch und Myrrhe.“ (V.11). Mit diesen drei Gaben huldigten sie ihm jeweils als König, Priester und Propheten.
  • So richteten der Aussätzige (Mt 8,2), der Synagogenvorsteher Jairus (9,18) und die Mutter der Zebedäus-Söhne auch ihre Bitten anbetend niederfallend an ihn (Mt 20,20).
  • Indem seine Jünger, ihn als „Gottes Sohn“ bekennend, für die Rettung vor dem Untergang auf stürmischer See dankten, warfen sie sich huldigend vor ihm nieder (14,33), so wie auch der Blindgeborene – ihn als Sohn Gottes bekennend – sich in Dankbarkeit für seine Heilung anbetend niederwarf (Joh 9,35.38).
  • Besonders nach seiner Auferstehung wird dem Sohn Gottes niederfallende Anbetung entgegengebracht (Mt 28,9.17; Lk 24,52).

Dass dieselbe Anbetung des Vaters auch dem Sohn zur Rechten der Majestät gebührt, ist also vielbezeugte Offenbarung durch das ganze Neue Testament – „damit alle den Sohn ebenso ehren, wie sie den Vater ehren“ (Joh 5,23). Im „Lexikon zur Bibel“ (Hg. Fritz Rienecker) heißt es treffend unter dem Stichwort „Beten“:

„Auch Jesus betete zum Vater und Herrn im Himmel (Mt 11,25; Lk 10,21 u.ö.). Doch schon während seines öffentlichen Wirkens (Joh 9,38) und dann nach der Auferstehung wird ihm selber göttliche Verehrung und Anbetung dargebracht (Mt 28,17; Joh 20,28). In seinen Abschiedsreden spricht Christus von Bittgebeten, die an ihn gerichtet werden (Joh 14,14).“

Im „Vine’s Expository Dictionary of New Testament Words“ heißt es:

„Proskuneō […] is the most frequent word rendered to worship. It is used of an act of homage or reverence (a) to God, e.g., Matt. 4:10; John 4:21-24; 1Cor. 14:25; Rec 4:10; 5:14; 7:11; 11:16; 19,10 (2nd part) and 22:9; (b) to Christ, e.g., Matt. 2:2, 8,11; 8:2; 9,18; 14:33; 15:25; 20:20; 28:9, 17; John 9:38; Heb. 1,6 […].”

So sind auch die letzten Worte des anbetenden Stephanus zu verstehen,

„der [den HErrn] anrief und sagte: ‚HErr Jesus, nimm meinen Geist auf!’ Und er kniete nieder und rief mit großer, <lauter> Stimme: ‚HErr, rechne ihnen diese Sünde nicht an.’“ (Apg 7,59-60)

Dieser kurze überlieferte Text vereinigt anrufen, anbeten und bitten in einem einzigen Gebet. Jesus als HErrn anzurufen, ihn anzubeten, mit ihm zu sprechen und ihn zu bitten oder ihm zu danken ist biblisch legitime und häufig geübte Praxis.

Jesus als HErrn anzurufen, ihn anzubeten, mit ihm zu sprechen und ihn zu bitten oder ihm zu danken ist biblisch legitime und häufig geübte Praxis.

Die Anru­fung des Sohnes Gottes und das Bekenntnis zu ihm als „HErrn“ (griech.: „Kyrios“) wird sogar definitiv als heilsnotwendig erachtet. Dabei wird wiederum die Kontinuität zwischen Altem und Neuem Testament sowie dem Gottes- und Retternamen „JHWH“ und „Jeschū’ah“ offensichtlich. Die bekanntesten Schriftstellen dazu sind Röm 10,9-13 und Apg 2,21 als Erfüllung von Joel 3,5 (vgl. Paulus in Apg 22,16). Die Anrufung JHWHs ist wohl der Ausdruck des Gebets zu Gott schlechthin, und die Beispiele dazu in der Heilsgeschichte sind zahlreich und weisen prophetisch auf die „Anrufung“ des Messias wie folgt:

„Dann aber werde ich den Völkern andere, reine Lippen geben, damit sie alle den Namen JHWHs anrufen und ihm einmütig dienen.“ (Zeph 3,9)

So verschmelzen Gebet, Anrufung, Bekenntnis, Bitte, Dank und anbetender Lobpreis seines Namens gleichsam in eins wie in Ps 86,5-10:

„Denn du, o Allherr, bist gütig und bereit zum Verzeihen, bist reich an Gnade für alle, die dich anrufen.
Vernimm, o JHWH, mein Gebet und merke auf mein lautes Flehen!
Bin ich in Not, so ruf’ ich zu dir, denn du erhörst mich.
Keiner kommt dir gleich unter den Göttern, o Allherr, und nichts ist deinen Werken vergleichbar.
Alle Völker, die du geschaffen, werden kommen und vor dir anbeten, o Allherr,
und deinen Namen ehren; denn du bist groß, und Wunder tust du: ja du, nur du bist Gott.“

Alle alttestament­lichen Verheißungen im Namen JHWHs werden in dem neutestament­lichen Namen JHWH-ist-Rettung erfüllt.

Alle alttestamentlichen Ver­heißungen in dem Namen „JHWH“ werden in dem neutestamentlichen Namen „JHWH-ist-Rettung“ erfüllt (2Kor 1,19-20). Beispiele wie etwa Amos 9,11-12 laut Apg 15,15-17 und Ps 102,13.16.19.23.27-29 mit Apg 9,15; Gal 1,15; Hbr 1,10-12; 13,8 belegen dies. Und auch diese messianischen Gebete:

„Gesegnet sei, der kommt im Namen JHWHs!“ (Ps 118,26 mit Joh 12,13).

„Zu dir, JHWH, nehme ich Zuflucht: Lass mich nicht zuschanden werden ewiglich! In deiner Gerechtig­keit befreie mich und lass mich entrinnen. Neige dein Ohr zu mir und schaffe mir Rettung.“ (Ps 71,1-2)

„Mose und Aaron unter seinen Priestern und Samuel unter denen, die seinen Namen anrufen: Sie riefen zu JHWH, und er antwortete ihnen.“ (Ps, 99,6)

„Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang ist mein Name groß unter den Völkern, und überall werden meinem Namen Weihrauch und Opfer dargebracht, und zwar reine Gaben; denn groß ist mein Name unter den Völkern – so spricht JHWH der Heerscharen.“ (Mal 1,11)

„Anrufen“ ist der Beginn jedes Gebets und kann daher ebensowenig vom „Beten“ unterschieden werden wie Anbeten:

  • „O JHWH, mein Gott“ (Ps 30,3)
  • „JHWH, handle um deines Namens willen gnädig an uns!“ (Jer 14,7)
  • „Unser Vater im Himmel, geheiligt werde dein Name“
  • „HErr Jesus, nimm meinen Geist auf“
  • „Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig“.

Wir sprechen auch von einem „Stoßgebet“ wie der Hilferuf: „HErr, rette mich!“ (so Petrus in Mt 14,30) und „Bitte, HErr, hilf!“ (Ps 118,25: „Hosanna“). Griechisch epikaleomai bedeutet: „anrufen, für sich herbeirufen, jemanden zum Zeugen anrufen“. Der Apostel Paulus schreibt an „alle, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen“ (1Kor 1,2). Dieselben Gläubigen adressiert der Apostel Petrus als die, die „den als Vater anrufen, der ohne Ansehen der Person nach eines jeden Werk richtet“, die „erlöst sind mit kostbarem Blut als eines tadellosen und fleckenlosen Lammes, [dem Blut] des Christus“ (1Pt 1,17-19).

Fazit: Die Erlösten des HErrn haben Freiheit, den Vater oder den Sohn anzurufen, zu bitten und anzubeten, es ist gleichermaßen „gültig“ und es macht keinen Unterschied, denn der Vater und der Sohn „sind eins“.

Die Erlösten des HErrn haben Freiheit, den Vater oder den Sohn anzurufen, zu bitten und anzubeten, es ist gleichermaßen „gültig“ und es macht keinen Unterschied, denn der Vater und der Sohn „sind eins“.

Ich habe als Sechsjähriger erst­mals den HErrn Jesus angerufen, als ich andächtig bekennend und mit vollem kindlichen Ent­scheidungs­wil­len im Kinder­chor mitsang (dies ist mir als eine der prägendsten Erinnerungen meiner frühen Kindheit geblieben):

Jesus, dir leb ich, Jesus dir sterb ich, / Jesus dein bin ich, im Leben und im Tod.

O sei uns gnädig, sei uns barmherzig, / führ uns, o Jesus, in deine Seligkeit!

Vom Throne steige, dich zu mir neige, / liebster Herr Jesus, mein Herz ist dir geweiht.

Zusammenfassende Thesen:

Als Zusammenfassung aus beiden Teilen meiner Darlegung und unter Betrachtung maßgeblicher Schriftstellen ist zu folgern:

1. Die explizite Nennung des Namens „Jesus“ ist keine Voraussetzung für die Erhörlichkeit des Gebets eines durch das Blut des Lammes Gottes Erlösten und Gerechtgesprochenen, denn es hängt von der Stellung im Glauben und von dem Geist ab, in dem wir beten, nicht von der Wortwahl.

2. Wer dies dennoch von anderen fordert und zum Gesetz macht, geht „über das hinaus, was geschrieben steht“ (1Kor 6,4).

3. Zugleich läuft er Gefahr, die Nennung des Namens „Jesus“ zu einer rituellen Floskel zu degradieren, zu einer Art semantischem Türöffner, um mit seinen Bitten vor den Thron Gottes treten zu können, ohne die der Himmel verschlossen bliebe.

4. Die Heilige Schrift offenbart die Gemeinsamkeit des Wirkens von Vater, Sohn und Heiligem Geist seit der Erhöhung des Sohnes. Wer im Glaubensgehorsam und in der Vollmacht der Gotteskindschaft (griech.: exousia, Joh 1,12) den Sohn als Mittler („Hohepriester“) zur Rechten Gottes bittet, betet dadurch gleichzeitig zum Vater, welcher Erhörung und Erfüllung zu wirken vermag; und wer im Geist Gottes den Vater bittet, betet gleichzeitig zum Sohn, der kraft seiner Vollmacht Bitten zu erfüllen vermag. Mehr noch als der Name „JHWH“ vor der Menschwerdung des Sohnes ist der Name „JHWH-ist-Rettung“ („Jeschū’ah/Jesus“) der Name des dreimal heiligen Retter-Gottes (Jes 6,2-3 mit Offb 4,8): des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Auch wenn in den irdischen Tagen unseres Herrn die übliche Anrufung Gottes „Unser Vater“ lautete, so gilt nach dem vollbrachten Erlösungswerk des Messias die erweiterte Anrufung des Gottesnamens „Jeschuah/Jesus“ umso mehr.

Eine strikte Abgrenzung innerhalb des göttlichen Herrschaftsthrons verbietet sich, wenn Begriffe wie „Allmächtiger / Machthaber über alles“ (griech.: pantokrator, vgl. 2Kor 6,18; Offb 1,8), „HErr“ (griech.: kyrios), „Richter“ (griech.: krites, vgl. Jak 5,9; Apg 10,42) und „unumschränkter Herrscher / Gebieter“ (griech.: despotes), ja sogar Leben spendender „Vater“ (griech.: pater, vgl. Jes 9,5 und 53,10 mit Joh 10,28 und 14,8-9) nicht nur allgemein für Gott, sondern insbesondere auch für den Sohn verwendet werden wie: „das Wort war Gott“ (Joh 1,1; vgl. 20,28; 1Joh 5,20), „der Gebieter, der sie erkaufte“ (despotes in 2Pt 2,1) oder „unser alleiniger unumschränkter Herrscher-Gott und HErr, Jesus Christus“ (Jud 4).

5. Eine der üblichen Anrufungen Gottes in den irdischen Tagen unseres HErrn hatte gelautet: „Unser Vater, der in den Himmeln ist“, wenn auch nicht die einzige. Aber seit dem vollbrachten Erlösungswerk des auferweckten und erhöhten Messias zur Rechten Gottes gilt umso mehr die erweiterte Anrufung des Gottesnamens, in dem wir gerettet werden sollen: „Jeschū’ah/Jesus“. Daher dürfen wir bitten: „HErr Jesus Christus“ und „Komm, HErr Jesus!“ (Offb 22,20).

6. Wer demgegenüber fordert, dass unter Berufung auf den Namen „Jesus“ nur zum Vater gebetet werden soll, verkennt das Wesen der dreieinigen Gottheit: Er reduziert die Rolle des Sohnes beim Gebet auf die bloße Nennung seines Namens und spricht ihm ab, Gottes ebenbürtiger Mitakteur zu sein, um Gebete zu erhören und Bitten zu erfüllen.

7. Und nicht zuletzt: Würden wir diese engführende Lehre in unserer Glaubenspraxis konsequent befolgen, müssten wir wohl mehr als die Hälfte des Jahrtausende alten Liedguts der Christenheit als „unbiblisch“ entsorgen – all jene Passagen, in denen Gebete, Anrufung, Bekenntnis, Dank und anbetender Lobpreis direkt dem Sohn Gottes dargebracht werden, wie etwa jenes erhebende Gebet der gesegneten Liederdichterin vor hundert Jahren, Dora Rappard:

„O du Lamm Gottes, du hast auf Golgatha herrlich gesieget! […] Jesus, mein Heiland, dir sag ich Preis und Dank; o Überwinder, hör meinen Lobgesang! In deine Gnade hüll ich mich tief hinein, in deinem teuren Blut bin ich gerecht und rein. Ehr sei dem Lamm, das rief, da es gschlacht: Es ist vollbracht, es ist vollbracht!“

Schlussworte

Im Johannes-Evan­ge­lium offenbart sich der Sohn Gottes als der Gute Hirte, der – metaphorisch gesprochen – seine Schafe kennt, die seine Stimme hören und ihm folgen. Sollten nicht auch sie mit ihm sprechen dürfen?

Durch alle sieben Send­schreiben des letzten Buches der Bibel offenbart sich der auferstandene und erhöhte Sohn Gottes als der souveräne Akteur, als Retter und als belohnender HErr und Richter. Er überreicht dem, der „treu ist bis in den Tod“, den „Siegeskranz“, gibt „von dem verborgenen Manna“, verleiht „Vollmacht über die Heiden“. Er verspricht dem Überwinder: „Ich werde auf ihn schreiben den Namen meines Gottes“ – „JHWH-ist-Rettung“! Und dem, der seine Stimme hört und ihm „die Tür öffnet“, bietet er an:

„Ich werde zu ihm hineingehen und mit ihm Mahl halten und er mit mir“ (Offb 3,20).


  1. in: „Das Neue Testament und die Psalmen“, 2. Aufl. 2009. 

  2. vgl. Walter Bauer im „Wörterbuch zum NT“; so auch KJV: „After this manner therefore pray ye:“