Die Autorin, Dr. phil., Jg. 1948 ist Historikerin mit dem Forschungsschwerpunkt Humanismus und Reformation. Sie versucht, in dieser wissenschaftlichen Gemeinschaftsarbeit dem Denken einer Frau aus dem Umfeld von Zürich in den Wirren der Reformation nahezukommen. Das Buch beginnt mit zwei Seiten namentlich genannten Sponsoren, die dieses Werk überhaupt ermöglicht hatten. Schon 20 Jahre vorher hatten einige Frauen ein Sachbuch über Katharina von Zimmern verfasst und einen gleichnamigen Verein gegründet. Dann fanden sie die Autorin, die das Archivmaterial, das zuvor gesichtet und transkribiert werden musste, wissenschaftlich aufarbeiten konnte. Am Ende waren es mehr als 1000 Dokumente.
Die Äbtissin Katharina von Zimmern förderte die Reformation in Zürich besonders dadurch, dass sie schließlich das Fraumünsterstift der Stadt übergab. Als 13-jährige hatte sie in dem Kloster Unterkunft gefunden, in dem unverheiratete Töchter aus adligen Familien lebten. Die Klosterfrauen fühlten sich aber nicht als Nonnen, sondern als Chorfrauen, die sich nur verpflichteten, ehrbar zu leben und die Gottesdienste zu fördern (S. 47). Nach und nach verließen sie das Kloster, bis Katherina 1524 als einzige Bewohnerin das Stift der Stadt überschrieb. Dafür erhielt sie eine hohe Leibrente. Kurz darauf heiratete sie den Söldnerführer Eberhard von Reischach, der damals in Zürich in Ungnade gefallen war, und hatte mit ihm zwei Kinder.
Christ-von Wedel, Christine. Die Äbtissin, der Söldnerführer und ihre Töchter. Katharina von Zimmern im politischen Spannungsfeld der Reformationszeit. Zürich: TVZ 2019. 356 S. Hardcover: 33,90 € ISBN: 978-3-290-18255-7.
Die Autorin schildert das Leben dieser selbstbewussten Frau, beleuchtet das Zürcher Soldwesen, die Klosterpolitik der Stadt, ihre Bündnispläne, das Alltagsleben, die Literatur, sie deutet die erhaltenen Bilder und Reliefs, das ganze erreichbare Umfeld. Dadurch liest sich das Buch nicht leicht. Immer wieder tauchen neue Personen auf und ein Stück von deren Vergangenheit, dazu neue Schauplätze mit ihren Hintergründen. Man merkt, dass die Autorin sich im Umfeld des Humanismus gut auskennt. Sie ist überzeugt, dass im Elternhaus der Katharina die humanistischen Werte im „Bibelhumanismus“ neu aufblühten (S. 18). Im Buch wird aber nicht klar, wo es in all den Wirren wirklich um Glauben ging und wo nur um Macht oder Geld. Selbst Zwingli und sein Glaube wird nur von außen betrachtet.
Das Buch ist sehr schön gestaltet und reich bebildert, mit 928 Endnoten versehen, Quellenangaben, Söldnerlisten, Urkundentexten, Stammbäumen und Zeittafel. Besonders interessant dürfte es für Leser im Zürcher Umfeld sein.