LiteraturBiografien, Buchbesprechungen

1945: Die Schatten der Flucht.

Traumatische Erlebnisse in Ostpreußen – und die Geschichte einer späten Heilung

Ursula Pasut ist ein 7-jähriges sensibles Kind, als sie die Vertreibung aus Ostpreußen erlebt. Grausame Geschehnisse muss sie mitansehen, während die Russen über die Deutschen herfallen. Doch wie viele andere Flüchtlinge verdrängt sie die Erlebnisse, weil der Neuanfang in Westdeutschland ihre ganze Zeit und Kraft fordert. Erst viele Jahre später, als sie beruflich auf einem Flug nach Indonesien ist und eine Zwischenstation auf dem Moskauer Flughafen machen muss, drängen sich die Erlebnisse urplötzlich wieder in ihr Bewusstsein, als sie russischen Soldaten in Uniform gegenübersteht. Sie wird von der Vergangenheit eingeholt und spürt intuitiv, dass sie ihre Fluchterfahrungen noch nicht verarbeitet hat.

Ursula Pasut. 1945: Die Schatten der Flucht. Traumatische Erlebnisse in Ostpreußen – und die Geschichte einer späten Heilung. Basel: Brunnen Verlag 2012, 143 S., Paperback: 8,99 €. ISBN: 978-3-7655-4177-3.

Als überzeugte Christin und Missionarin beginnt sie, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Zunächst kann sie mit ihrer inzwischen hochbetagten Mutter wichtige Gespräche über Themen führen, die jahrelang tabu waren. Dann reist sie nach Polen und erhält die Möglichkeit, ihr Heimatdorf und ihr Elternhaus wiederzusehen und diesen Lebensabschnitt als endgültig abgeschlossen zu akzeptieren. Schließlich stellt sie sich ihrer Bitterkeit gegenüber den Russen und lernt – mit der Unterstützung einer einfühlsamen Seelsorgerin – zu vergeben und kann fortan russisch sprechenden Mitbürgern in ihrer Nachbarschaft ganz anders begegnen.

Das Buch ist ein eindrückliches Zeugnis dafür, dass traumatische Erfahrungen der Vergangenheit sich in unsere Seele eingraben. Vor allem sensible Menschen werden früher oder später von diesen Traumata eingeholt. Sie müssen ans Licht gebracht, artikuliert und möglichst mithilfe eines Seelsorgers vor Gott aufgearbeitet werden. Dabei spielt Vergebung eine zen­trale Rolle.