Es schadet bekanntlich einem guten Anliegen, wenn es mit unbrauchbaren Mitteln vorangebracht werden soll oder verteidigt wird. Daher ist es gelegentlich notwendig, Werkzeuge auszumustern, die nicht oder nicht mehr wirksam oder sogar kontraproduktiv sind. Das heißt für die Arbeit der SG Wort und Wissen:
- Argumente, die mit guter Absicht gegen Evolution oder für die biblische Sicht der Ursprünge eingesetzt werden, müssen hin und wieder daraufhin überprüft werden, ob sie noch tragfähig sind. Denn Wissenschaft kennt keinen Stillstand; neue Erkenntnisse können die Indizienlage verändern; durch neue Ideen werden Antworten oder Hinweise auf bisher ungelöste Fragen entwickelt.
- Leider kursieren auch zahlreiche Argumente, die noch nie gut waren – sicher auf beiden Seiten, aber wir wollen uns auf die Schöpfungslehre und Evolutionskritik konzentrieren. Zu vermeiden ist das Herausgreifen isolierter oder untypischer Befunde, ohne den gesamten Datenbestand bzw. den erreichten Diskussionsstand zu berücksichtigen (vgl. dazu vor allem Punkte 7 und 8).
In den folgenden Beispielen werden einige Statements in Anführungszeichen wiedergegeben und in einer Antwort darauf eingegangen. Die Liste ist nicht vollständig. Es werden aber nicht nur fragwürdige oder verkehrte Argumentationen angesprochen, sondern auch Hinweise gegeben, wie jeweils anders bzw. besser argumentiert werden kann. Dadurch sollen Hilfestellungen gegeben werden, um unnötigen Angriffen vorzubeugen. Da es letztlich um das Evangelium geht, werden Angriffe immer kommen, aber der Stein des Anstoßes sollten nicht fragwürdige Argumente sein, sondern der Anspruch des Evangeliums, Jesus Christus selber.
Für eine gründlichere Sachauseinandersetzung ist jeweils entsprechende Literatur angegeben. Einige Regeln des „Umgangs in der Auseinandersetzung um die Schöpfungslehre“ wurden bereits in einem W+W-Diskussionsbeitrag zusammengestellt; in diesem Beitrag soll es vor allem um die inhaltliche Seite gehen. Kol 4,6 faßt beides zusammen: „Eure Rede sei immer freundlich, mit Salz gewürzt, denn ihr müßt jedem in der rechten Weise antworten können.“
1. „Evolution schließt die Existenz Gottes aus.“
Für viele schließt Evolution Gott nicht aus. Christen, die eine göttlich gelenkte Evolution für vertretbar halten, sind deswegen weder Christen zweiter Klasse noch ist ihnen deswegen gar der Glaube abzusprechen. Es ist gut möglich, daß unser Gesprächspartner noch nie über einen möglichen Zusammenhang zwischen der Evolutionslehre und der Person und dem Wirken Jesu Christi nachgedacht hat. Stoßen wir ihn dann nicht vor den Kopf, indem wir Zweifel an seinem Christsein andeuten. Richtig ist aber, daß eine konsequent durchdachte Evolutionslehre nicht nur eine direkte Schöpfung Gottes ausschließt, sondern auch den geschichtlichen Sündenfall und eine weltweite Sintflut, wie sie die biblischen Überlieferungen schildern.1) Daß dies Konsequenzen für die neutestamentliche Heilsbotschaft hat, sollte dem Gespächspartner anhand biblischer Texte gezeigt werden.
2. „Wenn es Evolution gab, hat unser Leben keinen Sinn und kein Ziel.“
Auch Evolutionstheoretiker haben sich intensiv Gedanken über die Sinnfrage in ihrem Weltbild gemacht |
Dies vertreten mit Sicherheit nicht alle Befürworter von Evolution. Vorsicht: Unterlegen Sie dem Andersdenkenden nicht Auffassungen, die er selber gar nicht vertritt. Damit verbauen Sie sich von vornherein eine echte Kommunikation. Zur Sache: Viele Evolutionstheoretiker haben sich intensiv Gedanken über die Sinnfrage in einem evolutionären Weltbild gemacht. Hier gilt es, die biblische Eschatologie (Lehre von dem Zukünftigen) den evolutionistischen Sichtweisen entgegenzuhalten.
3. „Die Datierungsmethoden sind willkürlich.“
Die Datierungsmethoden liefern im Großen und Ganzen in sich recht schlüssige Ergebnisse, die auf hohe Alter hindeuten. Ausreißer, wie z. B. die oft zitierte 200 Jahre alten Lava auf Hawaii, die auf Millionen von Jahren datiert wurde, können in vielen Fällen erklärt werden, so daß ein Langzeitmodell dadurch nicht widerlegt wird. In den Datierungsfragen haben die Evolutionstheoretiker ziemlich „gute Karten“; in der Schöpfungslehre, die aufgrund der biblischen Heilsgeschichte von kurzen Zeiträumen ausgeht, macht dieser Bereich viel Mühe. (Es ist folgerichtig, daß in der Arbeit von Wort und Wissen auf dieses Gebiet ein Forschungsschwerpunkt gelegt wird.)
Wenn die Evolutionstheoretiker hier zwar recht schlüssige Konzepte vorweisen können, heißt das nicht, daß alternative Deutungsweisen der Meßdaten ausgeschlossen sind. Darüber hinaus kann generell festgehalten werden, daß Alter nicht gemessen werden, sondern unter vorausgesetzten Modellannahmen bestimmt werden; Altersangaben können daher grundsätzlich nicht absolut gemacht werden, sondern sind modellabhängig.2
4. „Fossiliendatierung und Gesteinsdatierung hängen gegenseitig voneinander ab.“
Erdschichten liegen keineswegs unsystematisch übereinander; im Gegenteil: es ist möglich, durch regionale und globale Korrelationen relative Abfolgen von Sedimentgesteinen zu begründen. Neben dem Fossilinhalt werden weitere, von den Fossilien unabhängige Befunde herangezogen, z. B. die über große Flächen nachweisbaren Spuren von Vulkanausbrüchen. Mit der Regelhaftigkeit der Schichtenfolge muß man sich auseinandersetzen, man kann und darf sie nicht leugnen.3
5. „Wenn das Universum Millionen von Jahren alt wäre, müßte es auf dem Mond eine dicke Staubschicht geben.“
Das Mondstaubargument sollte nicht gegen ein hohes Mondalter eingesetzt werden |
Das Mondstaubargument schien einige Zeit ein tragfähiges Indiz gegen ein hohes Mondalter zu sein. Inzwischen ist es aber auch von Schöpfungstheoretikern vorerst zurückgenommen worden.4 Es gab übrigens auch unter den Evolutionstheoretikern Wissenschaftler, die nicht viel Mondstaub erwarteten, als die Dicke erstmals bei den Mondlandungen gemessen wurde. Heute liegen Theorien vor, die plausibel machen können, wie und warum der Mondstaub sich größtenteils verfestigt hat. Vorerst sollte man dieses Argument nicht gegen ein hohes Mondalter einsetzen. Ein geringes Alter wird damit nicht ausgeschlossen. Es gibt andere Daten, die deutliche Hinweise darauf geben, daß das Universum jung sein kann.5 Doch eine Schwarzweißmalerei („alles spricht für eine junge Schöpfung“ oder „alles paßt zu einem alten Universum“) ist nicht möglich.
6. „Die Biogenetische Grundregel von Haeckel ist widerlegt.“
So wie Haeckel sich eine Wiederholung der Stammesgeschichte in der individuellen Entwicklung (von der befruchteten Eizelle bis zum erwachsenen Organismus) vorgestellt hat, ist sie von Biologen schon immer bestritten worden. Die heutige Argumentation zur biogenetischen Grundregel beruft sich schon lange nicht mehr auf Haeckel, sondern auf viele andere spätere Erkenntnisse, und ist erheblich differenzierter geworden, dadurch aber nicht mehr so leicht widerlegbar. Man geht heute nur noch davon aus, daß bei einzelnen Entwicklungsschritten einzelne Organanlagen auf eine Wiederholung der Stammesgeschichte hindeuten. In Gesprächen als Laie und mit Laien sollte vor allem darauf hingewiesen werden, daß man die Erkenntnisse aus der Embryologie auch im Sinne einer durchdachten Schöpfung deuten kann.6
7. „Die Fossilien sprechen eindeutig gegen Evolution.“
In dieser allgemeinen Formulierung ist das nicht richtig. Fossilien sprechen insofern gegen Evolution, als sich gezeigt hat, daß Zwischenformen zwischen größeren Organismengruppen regelmäßig fehlen. Es wäre aber unredlich, beim Thema „Fossilien“ nur auf fehlende Zwischenformen zu sprechen zu kommen, aber den Befund der Regelhaftigkeit der Fossilablagerungen zu verschweigen. (Natürlich ist es genauso unfair, daß Schulbücher den allgemeinen Befund der Fossillücken nicht ansprechen.)7 Damit ist gemeint, daß z. B. Säugetiere später (d. h. in höheren Schichten) auftreten als Reptilien, diese wiederum später als Fische (viele weitere Beispiele können genannt werden). Dieser Befund kann durch Evolution gedeutet werden (Nacheinander = Auseinander), wenn auch nicht zwingend (niemand hat das „Auseinander“ gesehen); diese Deutung ist auch nicht die einzig mögliche. Im Rahmen der Schöpfungslehre versuchen wir, ökologische Gründe und die Sintflut und Folgeereignisse (Wiederbesiedlung, Megasukzessionen) als Erklärung für das gestaffelte Auftreten vieler Fossilformen heranzuziehen.8 Viele Fragen bleiben offen. Der Fossilbericht spricht keine eindeutige Sprache in Sachen Schöpfung oder Evolution.
8. „Affenmenschen sind Mißbildungen, Fälschungen oder grobe Fehldeutungen.“
Es ist unredlich, nur auf fehlende Zwischenformen hinzuweisen, aber den Befund der Regelhaftigkeit der Fossilablagerungen zu verschweigen |
In der Paläanthropologie sind so viele Funde von Fossilien von Menschen und Menschenaffen gemacht worden, daß die Zahl der Fälschungen, Mißbildungen und groben Fehldeutungen (die es gab und z.T. auch heute geben mag) dagegen unbedeutend ist. Mit dem Verweis auf Ausnahmen werden die vielen Funde gar nicht erklärt. Dazu kommt, daß diese Argumentationsstrategie unnötig ist. Im Bereich der Anthropologie gibt es Alternativen zur Evolutionstheorie, die die bekannten Daten berücksichtigen.9
9. „Der Mensch kann nicht von Affen abstammen, weil die Chromosomenzahlen verschieden sind.“
Die Chromosomenzahl besagt nicht viel. Es bestehen bei vielen Organismen Kreuzungsmöglichkeiten trotz unterschiedlicher Chromosomenzahl. Tatsächlich ist das Erbgut von Menschenaffen und Menschen sehr ähnlich. Doch was besagt das? Ähnlichkeit kann ohne Weiteres durch „Schöpfungsverwandtschaft“ gedeutet werden. Das gilt auch für andere Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Affen.
Allgemeines
Es ist schon viel gewonnen, wenn der Evolutionslehre das Erklärungsmonopol bestritten wird |
- Zeigen Sie die weltanschauliche Verflochtenheit (den Glaubensaspekt) der Evolutionslehre beispielhaft auf und machen Sie deutlich, daß hier wie bei der Schöpfungslehre Glaube vorliegt!
- Zeigen Sie, inwiefern sich die Glaubensgrundlagen der Schöpfungslehre von denen der Evolutionslehre unterscheiden! An dieser Stelle bietet es sich an, zeugnishaft zu begründen, weshalb man der Bibel glaubt.
- Arbeiten Sie darauf hin, daß deutlich wird, daß Evolution nur eine Deutungsmöglichkeit ist, aber keine Deutungsnotwendigkeit und daß ihr eine alternative, biblisch motivierte Deutungsmöglichkeit gegenübersteht! Es ist schon viel gewonnen, wenn der Evolutionslehre das Erklärungsmonopol bestritten wird; wissenschaftlich streng widerlegbar ist die Evolutionslehre vermutlich nicht. Man kann aber beispielhaft zeigen und begründen, daß der biblisch begründete Glaube mit dem Wissen der Naturwissenschaften zusammengebracht werden kann und daß man den Verstand nicht an der berühmten Garderobe abgeben muß, wenn man glaubt. Der Glaube bleibt immer eine Sache der persönlichen Einstellung und Entscheidung, ein Wagnis, das sich aber bewährt. Unsere Aufgabe sehe ich hier darin, unberechtigte Hindernisse in Form wissenschaftlicher Erklärungsmonopole abzubauen.
⇒ Zum zweiten Teil des Artikels „Die richtigen Argumente gegen Evolution einsetzen“
Ausführlich wird dies behandelt in: R. Junker: Leben durch Sterben? Schöpfung, Heilsgeschichte und Evolution. Studium Integrale. Neuhausen 21994. Die SG Wort und Wissen bietet zu dieser Thematik auch einige „Diskussionsbeiträge“ an, die bei den u. g. Adressen angefordert werden können. (Themen: „Schöpfungforschung am Ende?“, „Biblische Argumente gegen die Vorstellung, der Schöpfungsbericht und die Evolutionslehre seien miteinander vereinbar“, „Evolution – Schöpfungsmethode Gottes?“ ↩
R. Junker S. Scherer, Entstehung und Geschichte der Lebewesen, Gießen, 31992, S. 156-160. ↩
R. Junker S. Scherer, Evolution – ein kritisches Lehrbuch. Gießen 1998, Kap. VI.12.2 ↩
D. A. Snelling D. E. Rush: Moon Dust and the Age of the Solar System. Creation ex nihilo Technical Journal 7 (1993), 2-42. ↩
N. Pailer: Neues aus der Planetenforschung, Neuhausen 3/1996 ↩
Beispielhaft: H. Ullrich: Embryologie und Homologie. Die Reichert-Gauppsche Theorie. Stud. Int. Journal 1 (1994), 15-24; Junker/Scherer (Anm. 3), Kap. V.10. ↩
vgl. dazu die „Diskussionsbeiträge“ 1/94 der SG Wort und Wissen; „Fehler in Evolutions-Schulbüchern?“ ↩
Junker/Scherer (Anm. 3), Kap. VII.17.1 ↩
Junker/Scherer (Anm. 3), Kap VI.14; S. Hartwig-Scherer: Paläanthropologie und Archäologie des Paläolithikums. In: S. Scherer (Hg.) Die Suche nach Eden. Neuhausen, 1991, S. 55-110; M. Brandt: Gehirn und Sprache. Studium Integrale. Berlin, 1992; M. Brandt: Der Ursprung des aufrechten Ganges, Neuhausen 1995; R. Junker: Stammt der Mensch von Adam ab? Neuhausen 4/1996. ↩