Die 4. Reher Bibelbund-Konferenz vom 25. bis 29. Oktober 2013 stand unter dem Leitspruch „Die Bibel – lebensverändernde Botschaft in einer orientierungslosen Zeit“. Da ich schon im Jahr zuvor an der Konferenz mit sehr viel Gewinn teilgenommen hatte, war die Vorfreude diesmal umso größer. Bei der Ankunft konnte ich auch gleich Bekannte der letzten Konferenz begrüßen und nach und nach neue Teilnehmer kennenlernen. Insgesamt waren mehr als 100 Christen verschiedener Kirchen und Gemeinden versammelt. Die Gemeinschaft untereinander, die Gespräche bei Tisch oder im Café waren eine echte Bereicherung.
Geprägt war die Konferenz aber von einem vielseitigen Programm mit ermutigenden, herausfordernden und anregenden Vorträgen und Seminaren. Immer ging es darum, die Orientierungslosigkeit unserer Zeit nicht nur wahrzunehmen oder zu kritisieren, sondern durch die Bibel selber Orientierung zu finden und sie dann auch anderen geben zu können.
Mit seinem Vortrag „Suppe, Seife, Seelenheil“ vermittelte uns Michael Kotsch einen interessanten Einblick in die Lebensgeschichte von William Booth, die untrennbar mit der Gründung und dem Aufbau der Heilsarmee verbunden ist. Booth hat zu seiner Zeit unkonventionelle Wege beschritten, um Arme und Gescheiterte mit dem Evangelium zu erreichen. Er ließ sich dabei auch nicht durch verkrustete Strukturen der etablierten Kirchen irritieren. Die Verbindung von praktischer Hilfe und Evangelisation war für ihn etwas vollkommen Normales. Der notwendige kritische Blick auf manche seiner Ansichten verstellte nicht die Möglichkeit, von seinem Leben zu lernen.
Die Richtung für jeden Tag gab an den Vormittagen eine tiefgehende Bibelarbeit unter der Überschrift „Mutig mit Gottes Wort“. Wir betrachteten einige Abschnitte aus Kapiteln des 2. Korintherbriefes.
Am Samstagvormittag führte uns Dr. Berthold Schwarz durch die Welt der „Emerging Church“. Die weltweit wachsende, überkonfessionelle christliche Bewegung sei vor Jahren „aufgetaucht“, daher auch der Name „emerging“, und habe inzwischen viel Einfluß gewonnen. Kennzeichen der Emerging Church-Bewegung sind Gottesdienste nach den so genannten EPIC-Kriterien: experiental (Erfahrung), participating (Beteiligung), image-driven (Bildorientierung) und connected (Beziehungen). Die Emerging Church versucht, sich in ihrer ganzen Ausrichtung an die Religiosität der Postmoderne anzupassen, weil sie damit Menschen für die christliche Gemeinde gewinnen will. Sehr deutlich wurde herausgearbeitet, was an diesem Ansatz falsch ist. Wir sollen als Christen Gedankengut, das gegen Gott gerichtet ist, gefangen nehmen und uns nicht umgekehrt gefangen nehmen lassen (2. Kor 10, 4-5).
Sehr viel Interesse fand auch das Seminar von Dr. Berthold Schwarz zu dem Thema „Wie führe ich ein missionarisches Gespräch?“ Auch ich hatte mich dafür entschieden. Hier wurde alles Wesentliche zum Thema persönliche Evangelisation behandelt. Die Teilnehmer waren gefordert, darüber nachzudenken, warum sie meistens nicht einfach unbefangen von Jesus reden. B. Schwarz sah wesentliche Gründe in unserer Herzenshaltung und dem täglichen Leben aus Gott. Die Liebe und Wertschätzung für verlorene Menschen sind eine Grundvoraussetzung für Evangelisation. Wie man überzeugend Zeugnis gibt, ohne dabei „kanaanäisch“ zu sprechen und auch noch auf den Punkt kommt, wurde uns deutlich. Das war ein mutmachendes und hinterfragendes Seminar, das uns aus der christlichen „Komfortzone“ lockte, an unsere Verantwortung erinnerte und klarstellte, dass jeder aktive Christ positiv oder negativ zum „Vorbild“ wird.
Am Samstagabend wurde die Konferenz mit einem wachrüttelnden Vortrag vom Geschäftsführer des Verbandes Evangelischer Bekenntnisschulen e.V. (VEBS) Berthold Meier mit dem Thema „Pädagogik und Bildung in einer orientierungslosen Zeit“ fortgesetzt.
Deutlich wurde dabei die Verantwortung der Christen, das Thema „Bildung“ nicht der Welt zu überlassen, sondern sich auch hier zu engagieren. Bildung sei ein zentrales Anliegen nach Gottes Wort. Und so haben wir als Gemeinde Jesu auch einen Bildungsauftrag.
Berthold Meier ermutigte, das Thema in den Gemeinden hochzuhalten, christliche Schulen zu gründen oder zu unterstützen. Es sollten sich aber genauso christliche Lehrer und Eltern an staatlichen Schulen engagieren. Seine Ausführungen zu dem an den Schulen herrschenden Konstruktivismus in der Wahrheitsfrage forderten dazu heraus, einen Gegenpol zu bilden. Immerhin lehrten auch die Schulen, dass sich jeder seine eigene Wahrheit schmieden könne. Während die Bibel als Maßstab offen abgelehnt werde, öffne sich die Gesellschaft zugleich für Esoterik. Auch hier sollten Christen mutig den Mund aufmachen.
„Wie soll man die Bibel denn richtig verstehen?“ Zu diesem Thema referierte Karl-Heinz Vanheiden über die Prinzipien der Hermeneutik, d.h. der Lehre vom Verstehen. Ziel jeder biblischen Hermeneutik ist, dass man die Botschaft von Jesus Christus kennt, sie glaubt und der Bibel gehorchen will. Eine gute Kenntnis der Schrift ist notwendig. Darum wurden wir aufgefordert, immer und immer wieder die Bibel zu lesen, zu lesen und zu lesen. Da die Bibel sich selbst auslege, sei dieser Einblick und Überblick notwendig. Auch bevor man nun einen einzelnen Bibeltext auslegt, soll man diesen oft gelesen haben. Dann erst können Kommentare zur Auslegung herangezogen werden. Während manche „Hermeneutik“ die Bibel zu einem völlig unverständlichen Buch erklärt, konnte K.-H. Vanheiden ermutigen, sich von zuerst schwer Verständlichem nicht abschrecken zu lassen. Zum Schluss gab es noch ein paar Merksätze zum Thema: 1. Lege nichts in den Text hinein, sondern lege ihn aus. 2. Biblische Berichte sind Berichte und keine Anweisungen. 3. Jede Aussage sollte zwei oder drei biblische Zeugen haben.
Am Sonntagabend gab es einen Vortrag von Dr. Berthold Schwarz zum Thema „Die ethische Schieflage in unserer Gesellschaft“. Der Zerfall früher anerkannter Moralvorstellungen schreite offensichtlich mit großen Schritten voran. Die Reaktion der Christen solle aber keine Wagenburgmentalität sein. Johannes 17,15-18 erinnert uns vielmehr daran, dass Jesus uns in die Welt gesandt hat. Und in der Welt haben Christen es immer mit Sündern und Sünden aller Art zu tun. Wir leben stets in einer moralisch verfallenen, weil von Gott abgefallenen Welt.
In Christus haben wir aber die Zusage, dass Unmoral überwunden werden kann, und zwar durch Buße. Jesus kann erneuern. Christen sollen ihre Kultur und Gesellschaft ernst nehmen, obwohl der moralische Verfall mit Händen zu greifen ist. Sie passen die Wahrheit des Evangeliums nicht der Kultur an, vielmehr sind sie von der Salzkraft des Wortes Gottes überzeugt.
Alexander Seibel führte am Montag unter dem Thema „Bei der Wahrheit bleiben“ aus, wie Verführungen in den christlichen Gemeinden um sich gegriffen haben. U.a. ging er auf Fälschungen in Form von Bibelübersetzungen ein. Hier wurden zum Beispiel die „Queen James Bibel“ oder die „Bibel in gerechter Sprache“ genannt. Insgesamt war dies ein augenöffnender Beitrag, damit wir nicht alles ungeprüft annehmen, was im christlichen Bereich angeboten wird.
Das zweite von mir besuchte Seminar hatte das Thema „Moderne Mythen und die Wahrheit der Bibel“ von Thomas Jeising. Bei diesem Seminar wurden moderne Mythen enttarnt, die den christlichen Glauben in Frage stellen. So wurde gezeigt, dass es eine Erfindung der Aufklärung ist, dass zur Zeit von Kolumbus die Meinung vorherrschte, die Erde sei eine Scheibe. Auch damit wollte man das Mittelalter als „dunkel“ und die eigene Erkenntnis als „hell“ darstellen. Und ebenso „mittelalterlich“ sei dann auch die Bibel mit ihrer Rede von „den Enden der Erde“. Tatsächlich aber wurde die Bibel erstaunlicherweise nicht von wechselnden „Weltbildern“ verfälscht.
Ein zweites Beispiel beschäftigte sich mit dem Leben Galileo Galileis und wie daraus ein Fall von Wissenschaftsfeindlichkeit des christlichen Glaubens gemacht wurde. Galilei habe aber nicht gegen, sondern für die katholische Kirche gearbeitet. Der Streit, der sich dann zwischen Rom und Galilei entwickelte, bezog sich darauf, dass Galilei belastbare Beweise für seine Theorie vorlegen sollte, bevor er die Ansichten der zeitgenössischen Astronomen spöttisch kritisiert. Solche Beweise waren aber bis dahin nicht gefunden. Auch aus der Bibel kann man keine Wissenschaftsfeindlichkeit ableiten. Im Gegenteil fördere sie die Forschung, indem sie den Unterschied zwischen dem Schöpfer und dem Geschaffenem betont. Auch fordert die Bibel vom Menschen, sich die Erde untertan zu machen und sich nicht nur als Teil der Natur zu sehen.
Unter dem Thema „Hau drauf oder säusele sanft“ führte Michael Kotsch in einem – teilweise sehr humorvollen Beitrag – am letzten Abend durch die Welt der christlichen Apologetik. Nicht jedes Gespräch sei dazu geeignet, apologetisch zu reagieren. An sehr konkreten Beispielen wurde aufgezeigt, wie man auf allgemeine Entgegnungen zum christlichen Glauben eingehen könne. Manche falsche Überzeugungen sollten im persönlichen Gespräch eventuell auch gar nicht aufgegriffen werden, es sei denn sie stünden einer Bekehrung zwingend im Weg. Vielmehr gehe es zentral um die Verkündigung des Evangeliums. Manche Fragen könnten auch nach der Bekehrung behandelt werden. Bei allem ist es wichtig, gut zuzuhören.
Der letzte Vortrag der Konferenz wurde unter dem Thema „Wie sollen wir denn leben?“ von Thomas Jeising gehalten. Uns wurde gezeigt, dass wir keine Alternative zum Leben als Zeuge für Christus haben, weil es einen eindeutigen Auftrag gibt. Zugleich heißt das aber nicht, dass es nur einen einheitlichen evangelistischen Lebensstil geben muss. Wir sind auf unterschiedliche Art Jesu Zeugen. Bedenken sollte man, dass uns jeder Mensch von Gott gesandt wurde (2. Korinther 5,16). So kann auch jede Situation eine Gelegenheit zum Zeugnisgeben sein. Oft vergessen wir, dass unser Zeugendienst immer ein Teil des Auftrags des ganzen Leibes Christi ist und ergänzt wird durch die Gaben der Anderen (1. Petrus 4,10).
Im Gästehaus in Rehe kann man sich wirklich wohl fühlen. Die Bewirtung war wieder sehr gut. Das abwechslungsreiche Essen schmeckte einfach hervorragend. Die Freundlichkeit der Mitarbeiter trug ebenfalls zur guten Konferenzatmosphäre bei.
Musikalisch wurde die Konferenz geleitet und begleitet von Dietrich Georg am Flügel und weiteren Musikern mit Gitarre und Mundharmonika.
In den Pausen konnten Neuerscheinungen am Büchertisch angesehen und erworben werden. Hiervon wurde nach meiner Beobachtung rege Gebrauch gemacht, so dass die Konferenz auch auf diese Art weiterwirkt.
Die freundliche Atmosphäre hat viele zu intensiven Gesprächen in den Pausen oder auch abends im gemütlichen Café ermutigt. Das Interesse am persönlichen Ergehen oder an der Gemeinde vor Ort waren dabei ebenso Thema wie biblische Fragen. Auch seelsorgerliche Gespräche und das gemeinsame Gebet fanden ihren Raum.
Insgesamt ist mein Fazit, dass dies eine gelungene und ausgewogene Konferenz war. Auf die 5. Reher Bibelbund-Konferenz vom 24. – 28. Oktober 2014 mit dem Thema „Was Gott zusagt, das hält er gewiss!“ dürfen wir gespannt sein.