Auf den ersten Blick scheinen die Synoptiker letzteren Fall anzunehmen. Die maßgeblichen Stellen dafür sind Mt 26,17-20 (mit den Parallelstellen Mk 14,12-17 und Lk 22,1.7-15), wo von der Vorbereitung und dem Beginn des Herrenmahles die Rede ist, sowie Mt 27,62 (mit den Parallelstellen Mk 15,42 und Lk 23,54), wo der Kreuzigungstermin kurz chronologisch eingeordnet wird.
Johannes scheint hingegen ersteren Fall anzunehmen. Die maßgeblichen Stellen in seinem Evangelium sind 13,1.27-29, 18,28 und 19,14.31.36.42.
Damit hängt die Frage zusammen, ob das Mahl, das Jesus mit seinen Jüngern vor seinem Tod gehalten hat, ein Passamahl oder ein anderes Mahl war. Nach der synoptischen Darstellung scheint es ein Passamahl gewesen zu sein, nach der Chronologie des Johannes wäre dies nicht möglich, da das Mahl einen Tag früher stattgefunden hätte.
1 Kurze Darstellung der Auslegungsgeschichte des Problems1
1.1 Die ersten beiden Jahrhunderte
Der erste regionale Konflikt bezüglich des Datums der Kreuzigung trat um 170 n.Chr. in Kleinasien auf. Die Kirchen und Bischöfe der Provinz Asia vertraten fast durchweg die Auffassung, dass der Termin des christlichen Osterfestes sich eng am Termin des jüdischen Passa orientieren müsse. Demnach müsse es am Abend des 14. Nisan beginnen, unabhängig vom Wochentag. Ihre Gegner in der Kirchenprovinz vertraten die Meinung, dass Jesus kein Passamahl gehalten habe und dass das Datum des Mahles der Abend des 13. Nisan gewesen sei, also ein Tag früher.
Bereits um 150 war die „erste Runde“ dieses „Osterfeststreits“ zwischen Rom und Kleinasien ausgetragen worden. Damals hatte der sehr bekannte kleinasiatische Bischof Polykarp von Smyrna den römischen Bischof Aniket besucht. Man debattierte über den Termin des Osterfestes. In Rom kannte man noch gar keine besondere Osterfeier, sondern beging jeden Sonntag als Tag der Auferstehung Christi. Demgegenüber hatte sich in Kleinasien der 14. Nisan als Tag des Osterfestes durchgesetzt. Man ertrug die Unterschiede, und Polykarp durfte sogar einen Gottesdienst in Rom leiten.
Eine Generation später, um 190, hatten die Vorzeichen sich verändert. Das in seiner Stellung gewachsene Rom kannte inzwischen die Feier des Osterfestes, allerdings nicht in der kleinasiatischen Form. Das Osterfest wurde mit dem Sonntag kombiniert. Damit fiel es immer in die Woche, in der der 14. Nisan lag. Es begann stets am Freitag und endete stets am Sonntag. Nun kam es zum Konflikt zwischen dem römischen Bischof Viktor und Polykrates, dem Bischof von Ephesus. Nachdem Viktor bei den anderen Kirchenprovinzen nach deren Brauch gefragt und festgestellt hatte, dass dieser mit dem römischen übereinstimmt, verlangte er, dass Kleinasien seinen Brauch dem Rest der Kirche angleiche. Als Kleinasien protestierte, kündigte Viktor einfach die Gemeinschaft mit der Kirchenprovinz auf.
Entschieden wurde die Frage dann auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325.
Auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 wurde der Termin des Osterfestes auf den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond festgelegt
Dort wurde der Termin des Osterfestes auf den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond festgelegt. Diese Regelung bestimmt den liturgischen Kalender bis heute. Der Bischof von Alexandria erhielt damals das Recht, alljährlich das Osterdatum zu errechnen und bekanntzugeben.2
1.2 Historisch – kritische Positionen
Mit dem Aufkommen der historisch-kritischen Forschung wurde anscheinenden Differenzen in biblischen Texten eine erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Dies trifft auch auf den Kreuzigungstermin zu. In dieser Frage wurden aber verschiedene Auffassungen vertreten:
1.2.1 Historizität bei den Synoptikern im Gegensatz zu Johannes
Manche Gelehrte vertreten die Auffassung, dass die Synoptiker die historischen Fakten richtig wiedergeben, wohingegen Johannes ganz bewusst – wider besseres Wissen – den Kreuzigungstermin vordatiert habe. Der Grund sei ein theologischer: Johannes wolle Jesus als das „Lamm Gottes“ darstellen, das während der Schlachtung der „normalen“ Lämmer im Tempel im Rahmen des Passafestes zeitgleich am Kreuz „geschlachtet“ werde. Belegt wird diese Auffassung mit Jo 1,29.35f und 19,36. In die Diskussion gebracht wurde diese Hypothese im 19. Jahrhundert durch die sogenannte „Tübinger Schule“ unter F. C. Baur; im 20. Jahrhundert wurde sie u.a. von Walter Bauer und Gustaf Dalman vertreten.3 Auch Adolf Schlatter ist hier einzuordnen, denn er wirft Johannes in dieser Hinsicht Ungenauigkeit vor.
„Obwohl der Bericht des Mat. unverkennbar in der Nähe ist, hielt es Joh. nicht für nötig, ausdrücklich zu sagen, dass nach seiner Erinnerung die Hinrichtung Jesu nicht am ersten Tag des Pascha, sondern am Vortag desselben, am 14., nicht am 15. Nisan geschah. Auch dieses Schweigen zeigt, dass Joh. die chronologische Genauigkeit nicht hoch wertete.“4
1.2.2 Historizität bei Johannes im Gegensatz zu den Synoptikern
Die Mehrzahl der Exegeten vertritt die gegenteilige Auffassung: Johannes berichte die historische Wahrheit, die Synoptiker hingegen nicht. Bestimmte Berichte der Synoptiker werden als historisch unmöglich hingestellt. Dies betrifft vor allem die mit der Verhaftung und dem Tod Jesu zusammenhängenden Ereignisse an einem Feiertag (der 15. Nisan war ein jüdischer Feiertag). Hierzu schreibt Willibald Bösen zusammenfassend:
„Sowohl Jesu Verhaftung durch jüdische Soldaten, sein Verhör durch die Hohenpriester in der Nacht wie auch durch das Synedrium am Morgen verstießen gegen alle Regeln des Paschafestes, mit dem Gesetz wären auch kaum die Aktivitäten als Ankläger vor Pilatus, als Zeugen der Hinrichtung wie des Todes zu vereinbaren. Unterm Strich bliebe den Verantwortlichen vom eigentlichen Festtag keine einzige Stunde ungestörter Festtagsfreude, selbst beim vielstündigen Paschamahl wären sie genötigt, sich mit der Gefangennahme zu beschäftigen.“5
In logischer Konsequenz wird das Herrenmahl auch nicht als Passamahl angesehen, sondern als wöchentliches Kiddusch-Mahl
In logischer Konsequenz wird das Herrenmahl auch nicht als Passamahl angesehen, sondern als wöchentliches Kiddusch-Mahl (Reinigungsmahl für den Sabbat), als Passa-Kiddusch-Mahl, als vorverlegtes Passamahl ohne Passalamm oder als Haburoth-Mahl (religiöses Gemeinschaftsmahl). Wie z.B. Bösen behauptet, sei das Herrenmahl erst nachträglich als Passamahl gewertet worden (durch die Evangelisten oder die Gemeinde). Das habe ebenfalls theologische Gründe: Das Herrenmahl solle als das neue Passamahl verstanden werden, Jesus löse somit als das wahre Osterlamm das alttestamentliche Passalamm ab.6
1.2.3 Historizität weder bei Johannes noch bei den Synoptikern
Eine dritte historisch-kritische Schule vertritt den noch radikaleren Ansatz, dass weder die Synoptiker noch Johannes historisch vertrauenswürdige Angaben machen. So meint z. B. Maurice Goguel, dass aus den vier Evangelien nichts Exakteres herausgelesen werden könne als die Tatsache, dass Jesus irgendwann um das Passafest herum gekreuzigt worden sei.7
1.3 Stellungnahme
Es ist beachtenswert, dass es in den ersten 150 Jahren nach dem Tod Jesu über den Termin seiner Kreuzigung keine Auseinandersetzungen gab. Dies kann darauf hindeuten, dass die ersten Generationen von Christen, die ja noch Verbindungen zur Apostel-, Evangelisten- und Apostelschülergeneration hatte, mit dem Kreuzigungstermin, wie er in den Evangelien überliefert ist, keine Probleme hatte. Vermutlich traten diese Probleme erst im Laufe der Zeit auf, als man sich zeitlich von den Aposteln und Evangelisten entfernte und ihre Schriften vielleicht nicht mehr richtig verstand.
Es kann nicht die Absicht der Evangelisten gewesen sein, eine theologische Tendenz auf Kosten der Wahrheit zu verfolgen
Die historisch-kritischen Positionen, die Synoptiker gegen Johannes oder Johannes gegen die Synoptiker auszuspielen, sind nicht korrekt, weil sie der jeweiligen „Partei“ vorwerfen, eine theologische Tendenz auf Kosten der Wahrheit zu verfolgen.
Dies kann jedoch nicht die Absicht der Evangelisten gewesen sein, denn alle vier Evangelisten wollten historische Tatsachen berichten, wenn auch jeweils auf ihre Weise. So ist z.B. Lukas peinlich darauf bedacht, die historischen Ereignisse genau aufzuschreiben und Johannes will in seinem Evangelium vor allem das berichten, was zum Glauben führt.
2 Harmonisierungsversuche und deren Bewertung
Ich setze voraus, dass es sich beim Herrenmahl eindeutig um ein jüdisches Passamahl handelt und dass Jesus ganz bewusst das Passamahl mit seinen Jüngern aus heilsgeschichtlichen Gründen gefeiert hat. Er wollte damit auf seinen bald darauf folgenden Kreuzestod hinweisen und diesen mit dem Auszug aus Ägypten parallel setzen. Weiterhin setzte ich voraus, dass der Wochentag, an dem Jesus gekreuzigt wurde, ein Freitag war. Hierüber ist sich die Forschung weitgehend einig.
Aus diesen Prämissen ergibt sich, dass eine Lösung des Problems nur gefunden werden kann, wenn man die Synoptiker und Johannes zu harmonisieren versucht. Diesbezüglich sind in der Geschichte einige Versuche unternommen worden. Bei der frühen Kirche beschränke ich mich auf Tatian.
2.1 Tatian: Diatessaron
Tatians Arbeit gehört in die Reihe der sogenannten „Evangelienharmonien“. Dabei handelt es sich um den Versuch, „die Vierzahl der Evangelien zu einer zusammenhängenden Darstellung der evangelischen Geschichte zu gestalten unter enger, aber nicht absoluter Bindung an den Text der vier Evangelien“8. Voraussetzungen dafür sind die Annahmen, dass eine objektive Harmonie zwischen den Evangelien besteht, dass die Evangelisten das Leben Jesu historisch zuverlässig (wenn auch nicht unbedingt in der historischen Abfolge) dargestellt haben und dass keine Distanz zwischen dem Leben Jesu und dem Bericht darüber besteht.9 Tatians „Diatessaron“ ist zu Beginn des letzten Drittels des zweiten Jahrhunderts entstanden. Leider wissen wir über diese Harmonie sehr wenig. Vielleicht ist sie eine Reaktion auf Marcion und seinen Kanon.10 Was wir heute vom Diatessaron wissen, wissen wir aufgrund von Textzeugen bzw. Übersetzungen oder sekundären Hinweisen auf den Originaltext.11 Zur Harmonisierungsarbeit Tatians schreibt Wünsch Folgendes:
„Tatian hat seine Quellen zu einer fortlaufenden Erzählung des Lebens Jesu umgestaltet, wobei seine kompositorische Tätigkeit sich nicht im Anordnen von Perikopen erschöpfte, sondern er seine Kunst auch im Zusammenstellen von kleinsten Mosaiksteinen zu einem Bild bewies. Dass der Vierevangelienkanon für Tatian nicht absolut bindend war, zeigt seine Freiheit, sowohl Einzelheiten wegzulassen … oder zu ändern …, als auch apokryphes Material zu übernehmen“12.
Tatian nimmt – nach Geldenhuys – das bei Johannes geschilderte Mahl einen Tag vorweg, geht dann aber bei Joh 18,28 anscheinend davon aus, dass das eigentliche Passamahl schon vorüber war und nur noch der „Rest“ des Festes der ungesäuerten Brote folgte, das sich ja unmittelbar an das Passamahl anschloss. Dem kann man zustimmen, weil die Wendung fagein to pascha (das Passa essen) in Joh 18,28 tatsächlich so übersetzt werden kann.
2.2 Kalenderhypothesen
Einen breiten Raum bei den Harmonisierungsversuchen nehmen die „Kalenderhypothesen“ ein. Diese gehen von der Annahme aus, während des Passafestes hätten zwei unterschiedliche Festkalender vorgelegen. Jesus und seine Jünger hätten das Passamahl nach einem der beiden Kalender gefeiert. Die Synoptiker hätten sich nun nach dem einen, Johannes hingegen nach dem anderen Kalender gerichtet. Auf diese Weise seien beide Parteien zwar zu verschiedenen Ergebnissen gekommen, wären beide jedoch trotzdem im Recht.
2.2.1 Sadduzäer gegenüber Pharisäern
I. Die Hypothese von Chwolson
Damit scheint es doch eindeutig, dass der Tag, an dem die Jünger den Ort für das Passa vorbereiten, der 14. Nisan war, der Tag, an dem die Passalämmer im Tempel geschlachtet wurden
Es handelt sich um die Hypothese von Daniel Chwolson, die er in dem Buch Das letzte Passamahl Christi und der Tag seines Todes, vertritt13. Billerbeck gibt die Hauptpunkte sehr gut wieder:14
Hauptpunkt 1: Die Worte tê de prôtê tôn azymôn aus Mt 26,17 seien falsch übersetzt. Der ursprüngliche aramäische Text habe bjwm‘ qmj dpsh‘15 gelautet. Diese Wendung könne entweder „am Tag vor dem Passatag“ (d.h. am 13. Nisan) oder „am Tag vor dem Passafest“ (d. h. am 14. Nisan) oder „am ersten Tag des Passafestes“ (d. h. am ersten Tag der ungesäuerten Brote) bedeuten. Der aramäische Grundtext habe die erste Variante aussagen wollen, wohingegen der Übersetzer entsprechend der dritten Variante übersetzt habe. Konsequenterweise sind die Worte aus Mk 14,12 und Lk 22,7, die nicht zum 13. Nisan passen, als spätere Zusätze anzusehen.
Stellungnahme: Diese Hypothese wäre sehr interessant, wenn uns ein aramäischer Urtext von Mt vorliegen würde, was aber leider nicht der Fall ist. Auch die Annahme, dass es sich bei bestimmten Worten um spätere Zusätze handelt, ist abzulehnen. Billerbeck gibt zu, dass die Wendung hê prôtê hêmera tôn azymôn (der erste Tag der ungesäuerten Brote) als Bezeichnung für den 14. Nisan, d.h. für den Tag, an dem die Passalämmer im Tempel geschlachtet wurden, ungewöhnlich ist;16 andererseits schreibt er eine Seite weiter:
„Aber welche Bedenken auch gegen die Bezeichnung des 14. Nisan als 1. Tag der ungesäuerten Brote obwalten mögen …, unerhört u. unmöglich ist sie darum nicht. Auch in der rabbin. Literatur gibt es etliche Stellen, die den 14. Nisan als 1. Tag des ganzen Passafestes zählen.“17
Und nach Aufzählung der Stellen schreibt er:
„Diese Stellen beweisen zur Genüge, dass auch gefeierte rabbinische Autoritäten, wenn es ihre Beweisführung forderte, kein Bedenken getragen haben, den 14. Nisan als ‚ersten‘ Feiertag des Maccothfestes zu zählen; warum hätten da nicht auch Matthäus u. Markus in populärer Ausdrucksweise den 14. Nisan als ‚ersten‘ Tag der ungesäuerten Brote bezeichnen sollen, zumal der Zusammenhang ihrer Erzählung jedes Mißverständnis dieser Bezeichnung ausschloß!“18
R. T. France weist als Beleg noch auf eine Stelle bei Josephus hin.19 Josephus lebte ca. von 37 bis 100 n.Chr.20 und kommt daher als Zeitzeuge in Frage. Er schreibt in seinem Bellum Judaicum (V,99) folgendes:
„Es kam nämlich der Tag der ungesäuerten Brote, der 14. Tag des Monats Xanthikos, heran, an welchem nach jüdischem Glauben der Anfang der Befreiung von den Ägyptern geschah.“21
Letztlich sagt die Datierung von Lukas genau das Gleiche aus, wenn auch etwas anders ausgedrückt. Er spricht vom „Tag der ungesäuerten Brote, an dem das Passa geschlachtet werden musste“.
Er lässt also das Zahlwort weg – vielleicht, weil die Terminologie nicht ganz klar war – und erklärt stattdessen den Tag näher (genau wie Mk). Damit scheint es doch eindeutig, dass der Tag, an dem die Jünger den Ort für das Passa vorbereiten, der 14. Nisan war, der Tag, an dem die Passalämmer im Tempel geschlachtet wurden. Dies wird von allen drei Synoptikern deutlich bezeugt.
Hauptpunkt 2. Es sei eine historische Tatsache, dass im Falle eines Zusammenfallens von 14. Nisan und Sabbat die Passalämmer an diesem Tag nicht geschlachtet werden durften, weil sonst der Sabbat entheiligt würde. Der spätere Grundsatz, dass das Passaopfer den Sabbat verdränge, habe zur Zeit Jesu noch nicht gegolten. Als Beweis führt Chwolson die (sicher als historisch geltende) halakhische Verhandlung zwischen Hillel und seinen Gegnern um 20 v.Chr. an.22 In einem solchen Fall wurden die Passalämmer bereits am 13. Nisan, einen Tag vorher, geschlachtet.
Hauptpunkt 3. Nach dem gleichen Modus sei vorgegangen worden, falls der 14. Nisan auf einen Freitag, also auf den Rüsttag zum Passa, gefallen sei. Der Grund dafür sei, dass in früherer Zeit die Schlachtung der Passalämmer nicht in den Nachmittagsstunden des 14. Nisan (wie es später der Fall war), sondern „zwischen den beiden Abenden“, d.h. zwischen Sonnenuntergang und völliger Dunkelheit, geschah (vgl. 1Mose 12,6 und 5Mose 16,6). Damit habe aber wiederum die Möglichkeit der Sabbatentheiligung bestanden, da ja der Sabbat abends gegen 18 Uhr begann. Während das Schlachten der Lämmer für alle Juden einen Tag vorverlegt worden sei, hätten sich bezüglich des Essens des Passalammes zwei Gruppen gebildet: Der größere, vermutlich von den Pharisäern beherrschte Teil des Volkes, habe das Passamahl direkt am Tag der Schlachtung gefeiert, also am 13. Nisan – vermutlich unter Berufung auf Ex 12,8: „Das Fleisch aber sollen sie in derselben Nacht essen“. Der Rest des Volkes, vermutlich der von den Sadduzäern beherrschte, habe das Essen der Lämmer bis zum Abend des 14. Nisan verschoben – vermutlich unter Berufung auf Ex 12,6: „Und ihr sollt es bis zum vierzehnten Tag dieses Monats aufbewahren.“ Jesus habe sich nun zusammen mit seinen Jüngern der zuerst genannten Gruppe angeschlossen, also in der Nacht vom 13. auf den 14. Nisan das Passamahl gefeiert. Somit wären auf der einen Seite die Synoptiker im Recht, die das Herrenmahl im Rahmen des Passamahles beschreiben, aber ebenfalls auch Johannes. Der Vers 18,28 in seinem Evangelium sei so zu verstehen, dass die Ankläger Jesu es mit dem sadduzäisch ausgerichteten Teil der Juden gehalten und demnach das Passamahl noch vor sich gehabt hätten.
Stellungnahme:
„Kalenderhypothesen“ gehen von der Annahme aus, während des Passafestes hätten zwei unterschiedliche Festkalender vorgelegen
Billerbeck hat Recht, wenn er sagt, dass Chwolsons Hypothese unter 3. vollkommen von seiner Annahme abhängt, dass das Schlachten der Passalämmer z. Zt. Jesu zwischen Sonnenuntergang und völliger Dunkelheit geschah und dass man zur Widerlegung dieser Meinung nachweisen müsse, dass das Schlachten der Lämmer nicht erst zur Zeit der Halakha, sondern auch schon z.Zt. Jesu in den Nachmittagsstunden stattfand. Er tut dies, indem er Philos Schrift De septenario (§ 18) zitiert. Dort schreibt Philo, dass das Opfern der Passalämmer bereits um die Mittagszeit begonnen habe.23 Da Philo, der ca. 20 v.Chr. bis 45 n.Chr. gelebt hat24, ein Zeitzeuge Jesu war, ist mit diesem Zitat ein gewichtiges Argument aus der Umwelt des NT gegen Chwolsons These gebracht.
Darüber hinaus scheitert seine These – wie auch alle anderen Kalenderhypothesen – an den Texten der Evangelien:
Es steht eben kein Wort darüber in den Evangelien oder der Apostelgeschichte, und das obwohl die Evangelisten alle religiösen Gruppen genau kannten.
Ein praktisches Argument, das ebenfalls auch auf alle anderen Kalenderhypothesen zutrifft, betrifft den Tempeldienst. Zur Zeit des Passafestes war Jerusalem überfüllt. Bösen spricht von rund 120.000 Festteilnehmern. Bei durchschnittlich zehn Personen pro Mahlgemeinschaft werden ca. 10.000 bis 15.000 Lämmer für ein Passa benötigt worden sein. Um diese Zahl an Schlachtungen zu bewältigen, wurden die Opfernden in drei Gruppen eingeteilt.25 Was für ein Chaos würde im Jerusalemer Tempel geherrscht haben, wenn diese Schlachtungen an zwei Tagen stattgefunden hätten, zumal die Tempelbediensteten schon mit einem Schlachtungstag augenscheinlich ihre liebe Not hatten.
Ein anderes praktisches Argument betrifft die damals herrschende Religionspolitik. Die Arbeit im Synhedrium war durchweg von einem Gegeneinander von Pharisäern und Sadduzäern geprägt. Eine Partei versuchte, ihre Interessen gegen die andere durchzusetzen. Auf diesem Hintergrund ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Sadduzäer, die die Oberaufsicht über den Tempeldienst hatten, eine Schlachtung an zwei Tagen geduldet hätten.
II. Die Hypothese von Billerbeck
Modifiziert wurde die eben genannte Hypothese von Billerbeck im zweiten Band seines Kommentares zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, die er dort in einem Exkurs darstellt. Diese Hypothese werde, wie Geldenhuys schreibt, auf der liberal-kritischen Seite heftig bekämpft und sei bei den konservativen Kommentatoren keinesfalls allgemein anerkannt. Er nennt als Befürworter Bouma, Ubbink, Sillevis-Smit und Christie.
Laut dieser Hypothese gab es unter den Sadduzäern eine Gruppe, die sich „die Boëthosäer“ nannten und aus deren Mitte in der Zeit von 24 v.Chr. bis 65 n.Chr. ungefähr sechs Hohepriester hervorgingen. Sie interpretierten Lev 23,9ff in der Weise, dass die Erstlingsgarbe stets am ersten Tag nach demjenigen Sabbat dargebracht werden sollte, der in das Mazzotfest fiel, also an einem Sonntag. Die Pharisäer vertraten hingegen die Auffassung, dass die Erstlingsgarbe immer am Tag nach dem ersten Mazzotfeiertag dargebracht werden müsse, also am 16. Nisan. Der Grund dafür lag in der unterschiedlichen Interpretation des Wortes schbt26 aus Lev 23,11. Die Boëthosäer fassten darunter den Wochensabbat, d.h. den Sonnabend, auf, während die Pharisäer darunter den ersten Ruhetag des Mazzotfestes, den 15. Nisan, verstanden. Diese Streitigkeiten sollen auch im Todesjahr Jesu akut geworden sein, da in diesem Jahr das Passafest nahe am Sabbat lag. Man einigte sich untereinander durch einen Kompromiss, der die Feier des Passa an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gestattete: Die Pharisäer durften am Donnerstag feiern, während sich die Sadduzäer an die offizielle Zählung hielten und am Freitag feierten. Jesus musste sich entscheiden und habe sich der pharisäischen Zählung angeschlossen.
Stellungnahme:
Die Boëthosäer haben zweifelsfrei historisch existiert. Doch ob die genannten Streitigkeiten wirklich existierten, ist rein hypothetisch.
Die Boëthosäer haben zweifelsfrei historisch existiert. Dies bestätigt Schürer in seinem Geschichtswerk.27 Doch ob die genannten Streitigkeiten wirklich existierten, ist rein hypothetisch. Billerbeck selbst erwähnt einen Text von Philo und Josephus schreibt in seinen Antiquitates Iudaicae über das Passafest (III, 10, 5):
„Am zweiten Tage des Festes der ungesäuerten Brote (es ist dies der sechzehnte Tag) verzehrt man einen Teil der neuen Ernte, die bis dahin niemand berührt hat, und indem man es für billig hält, Gott, den Spender dieser Gaben, zuerst damit zu ehren, bringt man ihm die Erstlinge der Gerste dar, und zwar auf folgende Weise…“28
Diese Darstellung aus der Umwelt des NT beweist zur Genüge, dass zur Zeit Jesu die pharisäische Meinung einzige Praxis war. Damit wären Chwolsons und Billerbecks Hypothesen ausreichend widerlegt.
2.2.2 Essener gegenüber offiziellem Judentum
Die französische Historikerin Annie Jaubert hat in dem 1957 erschienenen Buch La Date de la Cène eine neue Kalenderhypothese vertreten. Im Zuge ihrer Beschäftigung mit Qumran hat sie herausgefunden, dass die Juden um die Zeitenwende zwei verschiedene Kalender in Gebrauch hatten: Für die Mehrheit der Juden war der von Jerusalem vorgegebene Mondkalender maßgeblich, während die Essener einem Sonnenkalender folgten. Die Unterschiede zwischen beiden Kalendern beschreibt Bösen sehr gut:
„Nach dem offiziellen Jerusalemer Mondkalender zählt das Jahr insgesamt 354 Tage bzw. 6 Monate à 29 und sechs Monate à 30 Tage. Es beginnt mit dem Nisan als dem ersten und endet mit Adar als dem 12. Monat. Um die jährliche Differenz zum Sonnenjahr auszugleichen, wird durch Beschluss des Jerusalemer Synedriums alle zwei-drei Jahre ein 13. Monat, der sogenannte ‚2.Adar‘, angehängt. Spezifikum dieses Kalenders ist es, dass die Feste hinsichtlich des Wochentages von Jahr zu Jahr variieren. So feiert man das Paschafest wohl immer am 15. Nisan, doch nicht immer am selben Tag der Woche. Der priesterliche Sonnenkalender, dem – daran besteht kein Zweifel – die Essener folgen …, ist stark mathematisch ausgerichtet. Nach ihm zählt das Jahr 364 Tage, exakt 52 Wochen à 7 Tage. Im Unterschied zum lunaren Kalender finden alle Feste immer am gleichen Wochentag statt, nie aber an einem Sabbat. So feiert man das Paschamahl z.B. stets an einem Dienstagabend, das Laubhüttenfest, das dritte große Wallfahrtsfest im Herbst, an einem Mittwoch.“29
Für unser Problem ergeben sich daraus zwei Folgerungen:
1. Jesus habe zwar ein Passamahl gefeiert, jedoch nicht nach dem offiziellen Kalender, sondern nach dem priesterlichen Sonnenkalender. Demnach habe er das Passa in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gefeiert. Johannes berichte das Passa nach dem offiziellen Mondkalender, wonach es auf den Samstag falle.
2. Konsequenterweise ergibt sich daraus die Verhaftung Jesu in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch und sein Kreuzestod am Freitag. Damit liegen zwischen Verhaftung und Tod Jesu drei Tage. Diese „Dreitages-Chronologie“ der Passion Jesu wird von Eugen Ruckstuhl vertreten, der die Hypothese Jauberts übernimmt.
Wenn Jesus das Passa nach dem priesterlichen Sonnenkalender gefeiert hätte, wäre er in der Nacht von Dienstag zu Mitt woch gefangen genommen worden
Heutzutage wird dieser Hypothese keine große Beachtung mehr geschenkt. Der katholische Archäologe Bargil Pixner vertritt allerdings in einem in den letzten Jahren erschienenen Buch die Auffassung, dass diese Hypothese „im Licht der neuen archäologischen Erkenntnisse über die Nähe von Essener-Viertel und Urgemeinde auf dem Jerusalemer Südwesthügel, dem heutigen Zionsberg, … wiederum an Ansehen gewinnen [dürfte]“30.
Es gibt kaum einen deutlicheren Unterschied zwischen den theologischen Auffassungen der Essener und von Jesus
Stellungnahme zur 1. Konsequenz: Die Historizität des priesterlichen Sonnenkalenders für die Essener ist überzeugend nachzuweisen.31 Schwierig wird es jedoch, wenn man die Essener in Beziehung zu Jesus setzen will. Diese Beziehung muss man aber annehmen, wenn man davon ausgeht, dass sich Jesus nach dem essenischen Kalender gerichtet habe.
Neben dem bereits genannten Argument, dass in den Evangelien nichts über eine Kalenderstreitigkeit zwischen Jesus und einer religiösen Gruppierung innerhalb des Judentums gesagt wird, müssen vor allem theologische Differenzen zwischen Jesus und den Essenern als Argumente gegen die besagte Hypothese genannt werden. Bösen nennt drei wichtige Differenzen zwischen Jesus und den Essenern, die eine tiefere Beziehung unmöglich erscheinen lassen:
a) Die Sabbatpraxis wurde von den Essenern rigoros gehandhabt. Bösen weist auf Josephus hin, der in seinem Bellum Judaicum (II, 8, 9) über die Essener folgendes berichtet:
„… auch scheuen sie sich – am entschiedensten unter allen Juden – am siebten Wochentag … eine Arbeit anzugreifen. Sie bereiten nämlich nicht nur ihre Verpflegung einen Tag früher vor, um an jenem Tag kein Feuer anzünden zu müssen, nein, sie wagen an jenem Tag auch nicht ein Gerät anders zu stellen, nicht einmal auszutreten.“32
Die Haltung der Essener steht im krassen Widerspruch zur Sabbatlehre und -praxis von Jesus
Diese Haltung steht im krassen Widerspruch zur Sabbatlehre und -praxis Jesu, der es für angemessen hielt, das Sabbatgebot zu übertreten, um Gutes zu tun, Kranke zu heilen und sich mit lebensnotwendiger Nahrung zu versorgen.
b) Die Essener waren durch strenge Abgrenzung gegenüber dem Rest des jüdischen Volkes gekennzeichnet. Dazu zwei Beispiele aus der Gemeinderegel:
„[Folgende Ordnung besteht für die Männer von Qumran, nämlich] dass sie sich scheiden von der Versammlung der Männer des Frevels.“33
„Und keiner soll etwas essen von ihrem Besitz oder trinken oder etwas aus ihrer Hand empfangen.“34
Auch in dieser Beziehung lebte Jesus völlig anders. Für ihn gab es keine kultischen Schranken, die ihn an der Gemeinschaft mit bestimmten Bevölkerungsgruppen gehindert hätten.
c) Schließlich gibt es auch in der Frage der Ethik zwischen Jesus und den Essenern gewaltige Unterschiede. Die Essener kannten in ihrer Gemeinderegel das Gebot des Feindeshasses:
„[Gott hat Folgendes befohlen durch Mose und die Propheten:] Zu lieben, alles, was Er erwählt hat[,] und alles zu hassen, was er verworfen [hat].“35
„[Gott hat Folgendes befohlen durch Mose und die Propheten:] Zu lieben alle Licht-Söhne, jeden nach seinem Los in Gottes Rat, und zu hassen alle Finsternis-Söhne, jeden nach seiner Schuld in Gottes Rache.“36
Vermutlich greift Jesus diese Zitate in der Bergpredigt (Mt 5, 43-48) auf und stellt dem die Feindesliebe gegenüber. Es gibt kaum einen deutlicheren Unterschied zwischen zwei theologischen Auffassungen.
Stellungnahme zur 2. Konsequenz: Eine Dreitages-Chronologie für die Zeit von der Verhaftung bis zum Tod Jesu anzunehmen, scheint aufgrund der Evangelientexte kaum möglich. Diese sprechen eindeutig von einer nächtlichen Verhaftung und in der Folge von der Verurteilung, dem Prozess und dem Tod Jesu in den folgenden Stunden, konkret bis zum Nachmittag des nächsten Tages.
2.3 Angleichung der Synoptiker an Johannes
Die zweite große Gruppe der Harmonisierungsversuche wird von denjenigen Exegeten gebildet, die eine Lösung nicht außerhalb der Evangelien, sondern in ihrem Verhältnis zueinander suchen. Konkret bedeutet das, dass sie die Synoptiker und Johannes einander anzugleichen versuchen. Dies kann von beiden Richtungen aus geschehen.
Eine erste Gruppe favorisiert die johanneische Darstellung des Kreuzigungstermins und versucht zu beweisen, dass die Synoptiker an Johannes angeglichen werden können. Das bedeutet aber, dass das Herrenmahl auf keinen Fall ein reguläres Passamahl gewesen sein konnte. Als Alternativen bleiben folgende Möglichkeiten übrig: Entweder war das Herrenmahl kein Passamahl, stattdessen ein Kiddusch-Mahl, ein Passa-Kiddusch-Mahl, ein Haburoth-Mahl oder – wie I. Howard Marshall in seinem Buch Last Supper and Lord`s Supper vermutet – „a somewhat formal guest meal“37 – oder das Herrenmahl war ein vorweggenommenes Passamahl.
2.3.1 Das Herrenmahl als vorweggenommenes Passamahl
Diese Auffassung wird von R.T. France vertreten.38 Sein Hauptargument betrifft den Zeitpunkt, an dem Mk 14,12ff anzusiedeln ist. Er geht davon aus, dass es sich bei dem Tag, den Markus nennt, einwandfrei um den 14. Nisan handelte, bei der Zeit, in der die genannten Verse spielen, jedoch um den Abend, an dem er begann, d. h. um Mittwochabend, um den Sonnenuntergang herum oder eher noch später. France behauptet, dass wir als westlich denkende Menschen einfach zu wenig berücksichtigt hätten, dass der jüdische Tag bereits am Abend beginne. Die Wendung opsias genomenês aus Mk 14,17 fasst er nicht als präzise Zeitangabe auf; sie könne auch die Zeit nach dem späten Abend bezeichnen, was er anhand einiger Stellen belegt. Somit habe das Mahl Jesu mit seinen Jüngern ca. 24 Stunden vor dem regulären Passamahl stattgefunden, eher in der Nacht als am Abend, als vorweggenommenes Passamahl ohne Lamm. Jesus habe dieses Mahl quasi als ein Abschiedsmahl gefeiert in dem Bewusstsein, dass er 24 Stunden später bereits tot sein werde. Einen biblischen Beleg für diese Auffassung findet France in Lk 22,15f., wo Jesus zu seinen Jüngern sagt:
„Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passa mit euch zu essen, ehe ich leide. Denn ich sage euch, dass ich es gewiss nicht mehr essen werde, bis es erfüllt sein wird im Reich Gottes.“
Diese Hypothese setzt voraus, dass die Vorbereitungen, nach denen die Jünger Jesus in Mk 14,12 ja fragen, am Mittwochabend (ab Sonnenuntergang) in Eile innerhalb weniger Stunden stattgefunden hätten. Darin sieht France kein Problem, zumal der Raum schon vorbereitet war und das Lamm wegfiel, was die Vorbereitungszeit verkürzt habe.
2.3.2 Stellungnahme
Es ist schwer, die zeitlichen Aspekte völlig zu widerlegen. Dennoch möchte ich zu bedenken geben, was Carson zu dieser Argumentation sagt:
„Aber das ist nicht nur eine unnatürliche Lesart von Mk 14,12, es drängt die Chronologie unglaublich dicht zusammen, wenn wir mit berücksichtigen, dass es zu den Vorbereitungen gehörte, den Raum zu finden, indem sie dem Mann mit dem Wassergefäß folgten, und dann wahrscheinlich das Essen zu kaufen und vorzubereiten und den Raum einzurichten.“39
Diese Atmosphäre der Eile und des Improvisierens findet sich in den Evangelientexten nicht wieder
Aber auch der Gesamtzusammenhang der erzählten Ereignisse macht diese Hypothese schwierig. Die Grundvoraussetzung wäre, dass Jesus durch die Ereignisse gezwungen war, das Passamahl einen Tag vorzuverlegen und dass es von daher in Eile bereitet werden musste.
Aber diese Atmosphäre der Eile und des Improvisierens findet sich in den Evangelientexten nicht wieder. Hätten die Evangelisten auf solche Eile und die Vorverlegung des Passa nicht eindeutig hingewiesen, zumal es sich um das wichtigste Fest des Judentums handelte? Das Treffen der Jünger mit dem Mann in der Stadt, der den Wasserkrug trägt (z.B. Mk 14,13), klingt zwar geheimnisvoll und lässt auf geheime Absprachen im Vorfeld schließen, die ganze Situation der Vorbereitung macht jedoch nicht den Eindruck, dass sie in Hektik abläuft.
Zu den synoptischen Texten passt es einfach besser, ein normales Passa mit normaler Vorbereitung anzunehmen
Die fehlende Erwähnung des Lammes kann auch den gegenteiligen Grund haben:
Es wurde einfach vorausgesetzt. Zusammenfassend gesagt: Zu den synoptischen Texten passt es einfach besser, ein normales Passa mit normaler Vorbereitung anzunehmen, als ein hektisches Abschiedsmahl mit hektischer Vorbereitung in sie hineinzuzwängen, wie es France hier tut.
2.4 Angleichung von Johannes an die Synoptiker
Für eine zweite Gruppe von Exegeten bildet die Darstellung der Synoptiker den Ausgangspunkt und Johannes muss mit ihrer Darstellung harmonisiert werden. Das bedeutet: Sowohl die Synoptiker als auch Johannes beschreiben das Herrenmahl als reguläres Passamahl und setzen als Kreuzigungstermin den 15. Nisan voraus.
Eine diesbezügliche Lösung wird gut von Geldenhuys beschrieben. Sie geht u.a. zurück auf die Meinung von Edersheim. Im letzten Jahrhundert wurde sie vor allem von Zahn und Lightfoot vertreten. Carson greift sie in seinem Johannes-Kommentar an den einzelnen Stellen auf, und durch das ins Deutsche übersetzte Buch von Craig Blomberg, Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien, wurde sie auch einem der englischen Sprache nicht bewanderten Publikum zugänglich. Die Lösung bietet Vorschläge an, wie man einzelne Verse aus dem Johannes-Evangelium verstehen kann, ohne eine von den Synoptikern abweichende Datierung annehmen zu müssen. Es handelt sich um Joh 13,1.27-29, 18,28 und 19,14.31.
2.4.1 Johannes 13,1
Hier geht es darum, auf welchen Zeitraum sich die Wendung „vor dem Passafest aber“ bezieht. Sie kann sich zum einen auf „Jesus liebte die Seinen, die in der Welt waren, und liebte sie bis ans Ende“ beziehen. Dies hätte zur Folge, dass alles, was im Folgenden erzählt wird, sich auf die Zeitbeschreibung „vor dem Passa“ beziehen würde. Dies träfe auch auf das im nächsten Vers genannte Mahl zu. Bei diesem würde es sich dann um das Herrenmahl handeln, das eben vor dem Passa stattgefunden hätte. Geldenhuys geht nun von einer anderen Konstruktion aus. Die besagte Wendung könne sich genauso auf „als Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, aus dieser Welt zu dem Vater hinzugehen“ beziehen. Dann würde man übersetzen:
„Weil Jesus (schon) vor dem Fest wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen, liebte er die Seinen usw.“
In diesem Fall könnte man Vers 1 als einen Prolog oder eine Zusammenfassung der Kapitel 13-18 betrachten. Johannes habe mit diesem Vers zweierlei ausdrücken wollen:
„(1) Jesus hat schon vor dem Passafest gewusst, dass seine Stunde kommt und er sterben wird. Diese Betonung des Vorherwissens Christi ist sehr typisch für Johannes… (2) Jesus liebte seine Jünger sogar bis zum bitteren Ende. Dies beweist nicht nur die Fußwaschung, sondern die gesamte Passion.“40
Mit dem nächsten Vers wolle Johannes etwas Neues erzählen. Dabei spreche er vom Passamahl lediglich als deipnon:
„Er wusste, dass…die ersten drei Evangelien und auch die Paulusbriefe…einen vollständigen Bericht der Feier des Passamahls und der Einsetzung des Heiligen Abendmahls gegeben haben. Folglich wiederholt er nicht dieselben Fakten, sondern nennt einige ergänzende Vorkommnisse, die sich während des Mahles ereigneten, insofern sie ihn sehr beeindruckt hatten und in den anderen Evangelien nicht beschrieben worden waren.“41
Stellungnahme:
Die vorgeschlagene grammatikalische Lösung ist naheliegend und der Gedanke, dass Joh 13,1 eine Überschrift oder Zusammenfassung der nächsten Kapitel bildet, sehr sinnvoll. Das Fehlen des Artikels bei deipnon in Vers 2 könnte darauf hinweisen, dass Johannes das nun geschilderte Mahl als von den Synoptikern und von Paulus her bekannt voraussetzt und nun noch einige Dinge dazuerzählen möchte. So wird Johannes als letzter der Evangelisten ernst genommen. Auf diese Vorgehensweise weisen auch andere Stellen in seinem Evangelium hin.42
2.4.2 Johannes 13,27-29:
Hier geht es vor allem um Vers 29, wo die Jünger denken, Judas wolle als „Kassierer“ etwas für das Fest kaufen oder den Armen geben. Der Ausdruck „Fest“ (heortê) wird von den Befürwortern der johanneischen Chronologie als für das Passafest stehend betrachtet, das ihrer Meinung nach am nächsten Tag abends begann. Außerdem sei es für die Juden nicht erlaubt gewesen, in der Passanacht Essen zu kaufen oder den Armen Almosen zu geben.
Geldenhuys argumentiert, dass das Kaufen von Essen oder das Geben von Almosen zum fraglichen Zeitpunkt nicht verboten gewesen sei und verweist auf Billerbeck.
Mit dem Ausdruck „Fest“ sei nicht das Passafest gemeint, sondern der siebentägige Komplex des Passa und des Festes der ungesäuerten Brote
Mit dem Ausdruck (heortê) sei also nicht das Passafest gemeint, sondern der siebentägige Komplex des Passa und des Festes der ungesäuerten Brote.
Carson weist ergänzend darauf hin, dass diese Nacht des 15. Nisan in der Tat der beste Zeitpunkt für die Jünger war, etwas für das anbrechende Fest der ungesäuerten Brote zu kaufen – vielleicht mehr ungesäuertes Brot –, zumal der nächste Tag ein hoher Festtag und der übernächste Tag ein Sabbat war. Außerdem sei es unlogisch, wenn Jesus Judas 24 Stunden vor dem Passa in der Nacht zum Einkaufen geschickt hätte – am nächsten Tag wäre noch genug Zeit gewesen.43
Stellungnahme:
Die Möglichkeit, dass (heortê) auch den siebentägigen Festkomplex von Passa und ungesäuerten Broten bezeichnen kann, ist korrekt. Bauer schreibt in seinem Wörterbuch:
„hê he[ortê] das Fest wird durch den Zshg. als ein ganz bestimmtes erwiesen: d. Passafest …; d. Laubhüttenfest …“44
Auch der Artikel von Peppermüller weist darauf hin.45
Die Argumentation bei Billerbeck ist durchaus gewichtig.46 Dieser weist neben den Texten aus der Halakha ergänzend noch auf Josephus hin, der in seinen Antiquitates Iudaicae (18, 2, 2) Folgendes schreibt:
„An dem Feste der ungesäuerten Brote, welches wir Pascha nennen, pflegten die Priester gleich nach Mitternacht die Thore des Tempels zu öffnen.“47
Die Priester pflegten gleich nach Mitternacht die Tore des Tempels zu öffnen – Judas hätte also den Armen am Tempelbezirk Almosen bringen können
Das deutet darauf hin, dass es z. Zt. Jesu durchaus üblich war, den Armen, die sich zu dieser Zeit um den Tempelbezirk aufgehalten haben, am Fest Almosen zu geben.
2.4.3 Johannes 18,28
In dieser Stelle wird erzählt, dass Jesu Ankläger nicht in das Prätorium hineingingen, damit sie sich nicht verunreinigten und das Passa essen konnten. Es geht um die Wendung fagein to psscha (das Passa essen). Die Befürworter der johanneischen Chronologie nehmen diese Stelle als ein Hauptargument ihrer Position. Ihrer Meinung nach ist mit fagein to psscha die am folgenden Abend stattfindende Teilnahme am Passamahl gemeint.
Nach Geldenhuys bezeichnet dieser Ausdruck nicht die Teilnahme am eigentlichen Passamahl, sondern beziehe sich auf den gesamten Komplex des Festes der ungesäuerten Brote, im Speziellen auf das sogenannte „Chagigah“, ein Mahl, das zur Mittagszeit nach dem ersten Passaabend gefeiert wurde. Zur damaligen Zeit sei der gesamte siebentägige Festkomplex als „Fest des Passa“ oder einfach als „das Passa“ bezeichnet worden. Als neutestamentliche außerjohanneische Belege führt er Lk 22,1 und Apg 12,1 an, wobei er vermutlich 12,4 meint. Als Belege bei Johannes selbst nennt er u.a. 2,13 und 6,4. Daneben führt er noch einen Beleg aus der Mischna sowie Belege bei Josephus an. Carson macht hilfreiche Ergänzungen aus den Reinheitsbestimmungen. So gab es rituelle Verunreinigungen, die einen Tag dauerten, aber ebenso auch solche, die sieben Tage dauerten. Seiner Meinung nach ist es auch möglich, dass die jüdischen Autoritäten aus Angst um ihre öffentliche Position überhaupt jede Form von Verunreinigung vermeiden wollten.48
Zu der Frage, warum Johannes nun gerade diesen Ausdruck an dieser Stelle benutze, äußert sich Geldenhuys folgendermaßen:
„… er hatte keine Angst, dass sie ihn aufgrund der Verwendung des Ausdrucks fagein to psscha in xviii. 28 missverstehen und den Eindruck gewinnen würden, dass er damit im Gegensatz zu den anderen Evangelien das Essen des Passamahles meine. Folglich steht fest, dass es nicht die aktuellen Angaben von Johannes sind, die ein Problem verursachen in Bezug zu den Synoptikern, sondern eine falsche Interpretation seiner Angaben. Diese falsche Interpretation … hatte ihren Ursprung ungefähr im letzten Viertel des 2. Jahrhunderts n.Chr., als der erste Zugang zum Direktwissen über die Einsichten von Johannes und von anderen Führungspersonen des ersten Jahrhunderts immer dürftiger wurde und als Aussagen in den Evangelien anders interpretiert wurden, als die Autoren sie gemeint hatten.“49
Stellungnahme:
Die Prämisse, die Geldenhuys macht, klingt zwar überzeugend, man kommt m.E. aber auch ohne sie aus. Die neutestamentlichen Belege dafür, dass pascha auch den gesamten Festkomplex bezeichnen kann, sind zutreffend und überzeugend. Ich möchte noch besonders auf Apg 12, 3f hinweisen.
Für den gleichen Zeitraum wird in Apg 12,3-4 einmal der Begriff „die Tage der ungesäuerten Brote“ und einmal der Begriff „Passa“ verwendet
Dort wird für den gleichen Zeitraum einmal der Begriff „die Tage der ungesäuerten Brote“ (V.3) und einmal der Begriff „Passa“ (V.4) verwendet. Der Kontext lässt keine andere Erklärung zu.
2.4.4 Johannes 19,14
In dieser Stelle geht es um die Wendung paraskeuê tou pascha. Von den Befürwortern der johanneischen Chronologie wird diese Wendung mit „Rüsttag auf das Passa“ übersetzt. Damit glauben sie den Beweis erbracht zu haben, dass es sich beim Tag der Kreuzigung Jesu um den Tag vor dem Passa gehandelt habe.
Nach Meinung von Geldenhuys habe paraskeuê zur Zeit der Abfassung des Evangeliums auch die Bedeutung „Freitag“ haben können. Entsprechend bedeute die Wendung paraskeuê tou pascha „Freitag des Passa“, d.h. „Freitag in der Passawoche“ oder einfach „Passafreitag“. Er belegt diese Bedeutung mit neutestamentlichen Beispielen (z.B. Mt 27,62; Mk 15,42), mit einem Zitat bei Tertullian und mit einem Verweis auf Billerbeck.50 Carson gibt ergänzend einen plausiblen Grund für die Erwähnung dieses Wortes an dieser Stelle an: Johannes wolle auf die Verse 31-37 vorbereiten, wo es darum geht, dass Jesus und seine Mitgekreuzigten schon bald vom Kreuz abgenommen werden mussten, weil eben schon Freitag war. Genauso gehe er in 5,9 vor, wo er die Sabbatstreitigkeiten ab V. 16 einleiten wolle.
Stellungnahme:
Die Begründung von Geldenhuys zum „Passafreitag“ fällt m.E. nicht sehr überzeugend aus. Die Bedeutung „Freitag“ mit neutestamentlichen Zitaten belegen zu wollen, halte ich für nicht sehr geschickt, weil diese Stellen ausschließlich im Zusammenhang des jüdischen Festkalenders zu verstehen sind. Die Evangelisten verstehen unter paraskeuê immer den „Rüsttag“, d.h. einen Vorbereitungstag, und zwar im Zusammenhang mit dem Passa. Um zu der Bedeutung „Freitag“ zu kommen, müsste man eine Weiterentwicklung des Begriffs zu dieser Bedeutung, d.h. zur Bezeichnung eines Wochentages, nachweisen. Dieser Beweis lässt sich aber führen.
Joh 19,14 kann auch die Bedeutung „Freitag der Passawoche“ haben
Bauer schreibt in seinem Wörterbuch, dass in 19,14 auch die Bedeutung „Freitag der Passawoche“ vorliegen kann. Balz schreibt in seinem Wörterbuch, dass in frühchristlichen Texten paraskeuê ebenfalls Freitag bedeute. Als Belegstellen gibt er Didache 8,1, und Martyrium des Polykarp 7,1 an. Letzteres Buch dürfte als Argument nicht in Betracht kommen, weil es frühestens auf 155-156 n.Chr. datiert werden kann. Bei der Didache hingegen stehen die Chancen besser: Sie könnte bereits um 110 n.Chr. datiert werden. Wenn dies der Fall wäre, bestünde eine relativ große zeitliche Nähe zu Johannes, dessen Evangelium wohl in die letzten beiden Jahrzehnte des ersten Jahrhunderts datiert werden kann. Auf dem Hintergrund dieser Fakten und des lexikalischen Befundes sehe ich es als gegeben an, dass sich das Wort paraskeuê von der Bezeichnung „Rüsttag“ innerhalb des jüdischen Festkalenders immer weiter in Richtung der Bezeichnung des sechsten Wochentages gewandelt hat. Gründe dafür könnten die immer größere Ablösung der jüdischen durch die griechische Kultur und in diesem Zusammenhang die Zerstörung des Tempels im Jahre 70 sein. Johannes schreibt spät genug, um den Begriff bereits als „Freitag“ zu gebrauchen. Der Hinweis auf Tertullian ist aus Datierungsgründen nicht zu gebrauchen. Die Erwägungen von Carson zur Vorgehensweise von Johannes halte ich für plausibel.
Im Großen und Ganzen wäre es zu wünschen, dass der andere Gebrauch von paraskeuê besser belegt wäre. Allerdings sind die genannten Argumente nicht so schwach, dass sie den gesamten Lösungsvorschlag ins Wanken bringen könnten.
2.4.5 Johannes 19,31
Hier geht es um die Aussage „denn der Tag jenes Sabbats war groß“. Befürworter der johanneischen Chronologie behaupten, dass dies so zu verstehen sei, dass Johannes den Sabbat mit dem ersten Festtag gleichsetze, also mit dem 15. Nisan. Aufgrund dieses Zusammenfallens der Daten bezeichne er diesen Sabbat als „groß“. Ein anderer Grund komme für solch eine Bezeichnung nicht in Frage.
Geldenhuys vertritt unter Berufung auf Billerbeck die Meinung, dass die Bezeichnung dieses Sabbats als „groß“ auch darin ihren Grund haben kann, dass er mit dem zweiten Festtag zusammengefallen ist, also mit dem 16. Nisan, was der synoptischen Chronologie entspräche. Er zitiert Edersheim, der darauf hinweist, dass dieser zweite Festtag dem ersten gleichgestellt war, weil an ihm die sogenannte „Schwenkgarbe“ oder „Omergarbe“ (vgl. Lev 23,11) dargebracht wurde.51
Stellungnahme:
Die Argumentation bei Billerbeck, auf die Geldenhuys verweist, ist nachzuvollziehen. Demnach war die Bezeichnung eines Sabbats als „groß“ auch dann angebracht, wenn der Sabbat auf einen 16. Nisan fiel.
2.4.6 Stellungnahme zur Lösung von Geldenhuys
Dieser Lösungsvorschlag ist m. E. sowohl in seinen Einzelheiten als auch in seiner Gesamtheit zu befürworten. Die Gründe sind folgende:
1. Er nimmt sowohl die Synoptiker in ihrer Darstellung als auch Johannes mit dem ihm eigenen erzählerischen und theologischen Stil ernst.
2. Er nimmt ernst, dass Johannes die drei synoptischen Evangelien kannte und daraufhin sein Evangelium mit einer besonderen Akzentsetzung geschrieben hat.
3. Die sprachlichen und gedanklichen Schwierigkeiten, auf die man beim Lesen des Johannesevangeliums stoßen könnte, werden befriedigend geklärt.
4. Die Tatsache, dass der Lösungsvorschlag keiner aufwendigen externen Voraussetzungen, wie zweier unterschiedlicher Kalender, bedarf, sondern dass sich die Lösung eher im Sprachlichen ansiedelt, macht ihn sympathisch.
3 Schlusswort
Oft ist schon in überraschender Form nachgewiesen worden, dass ‚Widersprüche‘ sich ohne Künsteleien harmonisch auflösen
Nach dem heutigen Stand der Forschung ist es durchaus möglich, das Problem des Kreuzigungstermins zwischen Johannes und den Synoptikern zu harmonisieren. Die Hypothese, die Geldenhuys vorgestellt hat, hat dies lückenlos bewiesen, selbst wenn nicht alle Einzelfragen restlos zu klären sind.
Erich Sauer schrieb einmal:
„… wie oft ist doch schon geradezu in überraschendster Form nachgewiesen worden, dass solche ‚Widersprüche‘ sich bei genauer Kenntnis der Zeitlage, der Einzelumstände und auch der sprachlichen Ausdrucksweise des biblischen Berichterstatters ohne Künsteleien harmonisch auflösen! Darum hat der Glaube durchaus fest erprobten, vielfach unter Beweis gestellten, sicheren Grund zu froher Zuversichtlichkeit, dass auch da, wo wir heute vielleicht noch nicht restlos die volle Erklärung haben, sie dennoch schon jetzt irgendwie besteht: Entweder hat ein anderer sie anderswo schon heute, oder aber sie wird in kürzerer oder längerer Zeit von anderen oder möglicherweise auch von uns selbst noch gefunden werden. In jedem Fall wird sie in der Vollendung von uns allen klar geschaut werden.“52
Die geschichtlichen Erörterungen unter Punkt 1 beruhen größtenteils auf dem sehr lesenswerten Exkurs „The day and date of the Crucifixion“ in: Geldenhuys, Norval, Commentary on the Gospel of Luke. The English Text with Introduction, Exposition and Notes, Grand Rapids 1951, Nachdruck 1983, S. 649-653. ↩
Die Lösung des Osterfeststreites nach Jedin, Hubert, Kleine Konziliengeschichte, Freiburg / Basel / Wien 1978, S. 18. ↩
Geldenhuys, N., Commentary on the Gospel of Luke. The English Text with Introduction, Exposition and Notes, Grand Rapids 1951, Nachdruck 1983, S. 649f. ↩
Schlatter, Adolf, Der Evangelist Johannes. Wie er spricht, denkt und glaubt. Ein Kommentar zum vierten Evangelium, Stuttgart 31960, S. 346. ↩
Bösen, Willibald, Der letzte Tag des Jesus von Nazaret. Was wirklich geschah, Freiburg / Basel / Wien 21994, S. 84f. ↩
Bösen, W., a.a.O., S. 84. ↩
Geldenhuys, N., a.a.O., S. 652. ↩
Wünsch, Dietrich, „Evangelienharmonie“, Theologische Realenzyklopädie 10 (1982) 626-636, S. 626. Dieser Artikel, aus dem die Informationen dieses Punktes stammen, gibt einen guten Einblick ins Diatessaron. ↩
Nach Wünsch, D., a.a.O., S. 626. ↩
So von Campenhausen, Hans, Die Entstehung der christlichen Bibel (Beiträge zur historischen Theologie 39), 1961, S. 206, zitiert bei Wünsch, D., a.a.O., S. 627f. ↩
Wünsch, D. (a.a.O., S. 628f) gibt eine gute Übersicht. ↩
Wünsch, D., a.a.O., S. 629. ↩
Diese Hypothese ist wiedergegeben in dem sehr lesenswerten Exkurs von Paul Billerbeck (Strack, H.L. / ders. Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Band 2, München 1924, S. 812-853. ↩
Billerbeck, P., a.a.O., S. 845f. ↩
Bei Billerbeck (a.a.O., S. 845) ohne Vokalisation. ↩
Billerbeck, P., a.a.O., S. 812. ↩
Billerbeck, P., a.a.O., S. 813. Siehe direkt im Anschluß auch die rabbinischen Belegstellen. ↩
Billerbeck, P., a.a.O., S. 815. ↩
France, R.T., „Chronological Aspects of `Gospel Harmony´“, Vox Evangelica 16 (1986), S. 52, Fußnote 55, die auf S. 59 aufgeführt ist. ↩
Lüderitz, G., „Josephus, Flavius“, Das große Bibellexikon, Band 3 (1996), 1125-1127, S. 1125. ↩
Zitiert in deutscher Übersetzung nach: Michel, O. / Bauernfeind, O., Hrsg., Flavius Josephus. De bello Judaico. Der Jüdische Krieg (Band II,1: Buch IV-V), München 1963, S. 123. ↩
Die genaue rabbinische Stellenangabe siehe Billerbeck, P., a.a.O., S. 846. ↩
Den genauen griechischen Wortlaut des Zitats siehe bei Billerbeck, P. (Strack, H.L. / ders., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Band 2, München 1924), S. 847. ↩
Deines, Roland, „Historische Analyse I: Die jüdische Mitwelt“, Das Studium des Neuen Testaments, Band 1: Eine Einführung in die Methoden der Exegese (Bibelwissenschaftliche Monographien 5), Hrsg. H.-W. Neudorfer / E.J. Schnabel, Wuppertal 1999, 155-191, S. 184. ↩
Diese Zahlen bei Bösen, W., Der letzte Tag des Jesus von Nazaret. Was wirklich geschah, Freiburg / Basel / Wien 21994, S. 98. ↩
Bei Billerbeck a.a.O., S. 848, ohne Vokalisation. ↩
Schürer, Emil, Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, Zweiter Band: Die inneren Zustände, Leipzig 31898, S. 413f. ↩
Zitiert in deutscher Übersetzung nach: Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer. Übersetzt und mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Dr. Heinrich Clementz (I.Band, Buch I bis X), Wiesbaden 41982, S. 177. ↩
Bösen, W., Der letzte Tag des Jesus von Nazaret. Was wirklich geschah, Freiburg / Basel / Wien 21994, S. 76. Die wiedergegebene Argumentation und die Widerlegung derselben in Anlehnung an ihn (S. 76-83). ↩
Pixner, Bargil, Wege des Messias und Stätten der Urkirche: Jesus und das Judenchristentum im Licht neuer archäologischer Erkenntnisse (Studien zur Biblischen Archäologie und Zeitgeschichte, Band 2), Gießen 31996, S. 222. ↩
Bösen, a.a.O., S. 76, Fußnote 10, die sich auf S. 364 befindet) nennt als Beweis u.a. die Tatsache, dass Bücher mehrfach in Qumran gefunden worden, die den priesterlichen Kalender bezeugen, so das Jubiläenbuch, das Henochbuch und die Damaskusschrift. ↩
Zitiert in deutscher Übersetzung nach: Michel, O. / Bauernfeind, O., Hrsg., Flavius Josephus. De bello Judaico. Der Jüdische Krieg (Band I: Buch I-III), München 31982, S. 211. ↩
Gemeint sind Menschen außerhalb von Qumran. Zitiert in deutscher Übersetzung nach: C. K. Barret, Hrsg., Texte zur Umwelt des Neuen Testaments, 2. erweiterte deutsche Auflage, hrsg. v. C. J. Thornton, Tübingen 1991, S. 252. ↩
Zitiert nach Barret, C. K., a.a.O., S. 253. ↩
Zitiert in deutscher Übersetzung nach: Johann Maier, Hrsg., Die Qumran-Essener: Die Texte vom Toten Meer (Band I: Die Texte der Höhlen 1-3 und 5-11), München / Basel 1995, S. 168. ↩
Zitiert in deutscher Übersetzung nach Maier, J., a.a.O., S. 169. ↩
I. Howard Marshall, Last Supper and Lord`s Supper, Carlisle 1980, Nachdruck 1993, S. 67. ↩
Die Informationen sind entnommen aus France, R. T., „Chronological Aspects of ‚Gospel Harmony‘“, Vox Evangelica 16 (1986), S. 50-54. ↩
Carson, D. A., The Gospel according to John, Grand Rapids 1991, S. 456. ↩
Geldenhuys, N., a.a.O., S. 657. ↩
Geldenhuys, N., a.a.O., S. 659f. ↩
Vgl. hierzu Zahn, Th., Einleitung in das Neue Testament, Zweiter Band, Leipzig 1899, S. 498-509, wo er sich mit dieser Thematik gründlich befasst. ↩
Carson, D. A., The Gospel according to John, Grand Rapids 1991, S. 475. ↩
Bauer, Walter, Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur. (Hg. Von Kurt und Barbara Aland) Berlin/NewYork 61988, Sp. 567. ↩
Peppermüller, R., „heortê“, Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Band II (21992), Sp. 33f. ↩
Billerbeck, P. (Strack, H.L. / ders., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, Band 2, München 1924), S. 842f. ↩
Zitiert in deutscher Übersetzung nach: Des Flavius Josephus Jüdische Altertümer. Übersetzt und mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Dr. Heinrich Clementz (I.Band, Buch I bis X), Wiesbaden 41982, S. 509. ↩
Die Darlegungen im Einzelnen siehe bei Carson, D. A., The Gospel according to John, Grand Rapids 1991, S. 588f. ↩
Geldenhuys, N., a.a.O., S. 663. ↩
Die genauen Belege siehe bei Geldenhuys, N., a.a.O., S. 664f. ↩
Edersheim, A., Life and Times of Jesus the Messiah, Vol. II, S. 613, zitiert bei Geldenhuys, N., a.a.O., S. 665. ↩
Sauer, Erich, Ist die Bibel Gottes Wort? Eine siebenfache Begründung für die Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift. Wuppertal 21983, S. 16. ↩