ThemenSchöpfungsglaube

Anti-Kreationismus Aktuell

In einigen Publikationen aus der jüngsten Zeit wird dem „Kreationismus“ besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Daraus können Denkweisen und Strategien der Kritiker der Schöpfungslehre entnommen werden. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Arbeit der Studiengemeinschaft Wort und Wissen?

Lehrbuch „Evolutionsbiologie“ von Storch, Welsch und Wink

In der völlig neu bearbeiteten „Evolutionsbiologie“ von V. Storch, U. Welsch und M. Wink (Berlin – Heidelberg 2001)1 schreiben die Autoren in einem Exkurs über „Kreationismus“ (S. 350):

„Während es jedem freisteht, dies [Erschaffung der Welt in sechs Tagen und das vor ca. 10.000 Jahren] zu glauben, wird es gefährlich, wenn dies als wissenschaftlich begründete Aussage angesehen und benutzt wird, um wirkliche naturwissenschaftliche Aussagen zu diskreditieren.“

Von aktiven Kreationisten könne eine „extrem intolerante Aggressivität“ ausgehen, bis hin zu Todesdrohungen. Zum Teil würden „Darwin, die Juden und der Kapitalismus ‚in einen Topf geworfen‘ und gehässig angegriffen.“ Und schließlich:

„Eine unvoreingenommene sach lich-kritische Auseinandersetzung mit den Fragen der Evolution unterbleibt und wird unterdrückt . Der Kreationismus ist daher wie alle anderen intoleranten Dogmen, Parteiprogramme, Manifeste usw. eine Bedrohung der Freiheit des Menschen in jeder Form und steht damit auch im Gegensatz zu echter Religion.“

Quellenangaben für diese schwerwiegenden Behauptungen fehlen. Die fachlich orientierte Literatur der Studiengemeinschaft Wort und Wissen, welche eine „sachlich-kritische Auseinandersetzung mit den Fragen der Evolution“ führt, wird verschwiegen („Evolution – ein kritisches Lehrbuch“, Studium-Integrale-Monographien, Studium Integrale Journal).

Die Ausführungen von Storch/Welsch/Wink können nur formuliert werden, wenn ein wesentliches Segment der Publikationen (wenn nicht der größte Teil) von biblisch motivierten Evolutionskritikern ausgeblendet wird. Was unterscheidet da die Autoren von „Evolutionsbiologie“ noch von dem, was sie selber kritisieren? Sie selber sind doch weit davon entfernt, eine „sachlich-kritische Diskussion“ zu führen. Wer im Glashaus sitzt …

Stichwort „Kreationismus“ in der „Naturwissenschaftlichen Rundschau“

Die verbreitete „Naturwissenschaftliche Rundschau“ publiziert zur Zeit eine Serie von Begriffen aus der Wissenschaft. Im Januarheft von 2002 (S. 59f.) war der „Kreationismus“ an der Reihe. Autor dieser Begriffserklärung ist Prof. Ulrich Kutschera, der im Jahr 2001 ebenfalls ein Buch mit dem Titel „Evolutionsbiologie“ herausgegeben hat. In einer Rezension hatte ich gezeigt, dass der Autor in diesem Buch Falschaussagen über „Kreationismus“ verbreitet (siehe Info 3/01, September 2001). Diese Rezension hatte ich auch Prof. Kutschera zugeschickt. Der Autor antwortete mir kurz darauf, dass er der Grundtypenbiologie eine Absage erteilen müsse, da ihr jegliche rationale Grundlage fehle (konkretere Gründe nannte er nicht). Er bekennt sich weiter als „überzeugter Atheist“ und schließt sein Schreiben damit, dass ein Dialog aus seiner Sicht sinnlos sei und von ihm „nicht angestrebt“ werde. (Immerhin wünschte er mir trotz unterschiedlicher Grundansichten „weiterhin viel Erfolg“.)

Kutschera behauptet nun im Beitrag in der „Naturwissenschaftlichen Rundschau“, in seinem Buch seien die Gegenargumente gegen Evolution „im Detail analysiert“ worden und „konnten durch Fakten widerlegt“ werden. Davon kann aber nicht die Rede sein, wenn gar keine Bereitschaft da ist, sich mit der Gegenkritik auseinanderzusetzen. Entsprechend wird behauptet, dem modernen Anti-Evolutionismus fehle „jegliche objektive wissenschaftliche Grundlage“.

Wenn man die sachliche Auseinandersetzung nicht anstrebt, kann man problemlos bei den Vorurteilen bleiben

Wenn man freilich die sachliche Auseinandersetzung nicht anstrebt, kann man problemlos bei den Vorurteilen bleiben. Kutschera kommt zum Schluss, dass der „Neo-Kreationismus als fundamentalistisch-konservative (pseudowissenschaftliche) Extremposition einiger Außenseiter bezeichnet werden muss“, meint aber weiter:

„Dennoch sollte jeder Biologe mit den Argumenten und Strategien der Evolutionsgegner vertraut sein.“

Diesen letzten Satz kann man nur unterstreichen.

Leserbrief zum Thema „Explosive Artbildung“

In der darauffolgenden Ausgabe der „Naturwissenschaftlichen Rund schau“ (2/2002) erschien auf den Seiten 88f. ein bemerkenswerter Leserbrief von Martin Mahner. Der Autor nahm Bezug auf einen im August 2001 in derselben Zeitschrift veröffentlichten Artikel von Georg Menting über „Explosive Artbildung bei ostafrikanischen Buntbarschen“. Es ging in der Sache darum, dass bei diesen Fischen eine extrem schnelle Artaufspaltung erfolgte. Diese wird im Rahmen des Grundtypmodells der Schöpfungslehre als Beispiel für die Polyvalenz (genetische Vielseitigkeit) von Grundtypen interpretiert. (Dabei werden die Grundtypen mit ihrer Polyvalenz als geschaffen vorausgesetzt; das Konzept der polyvalenten Stammformen ist aber auch ohne diesen Bezug diskutierbar und so geschieht es auch im Artikel von Menting.)

Menting hatte in diesem Artikel zwei Beiträge aus Studium Integrale Journal und eine Passage aus „Evolution – ein kritisches Lehrbuch“ tendenziell zustimmend zitiert. Das nun störte Herrn Mahner so sehr, dass er in dem genannten Leserbrief darauf einging:

„Mit Befremden musste ich feststellen, dass derartige kreationistische Pseudowissenschaft in dem Artikel von Georg Menting über Artbildung bei ostafrikanischen Buntbarschen beworben wird.“

Es könne sich dabei kaum um das Versehen eines arglosen Autors handeln. Der Kritiker möchte nach eigenem Bekunden mit seinem Leserbrief auf die „subtile Strategie der kaum bekannten, aber sehr aktiven deutschen Kreationisten“ hinweisen, die „im Gegensatz zu dem eher brachialen Vorgehen ihrer amerikanischen Kollegen versuchen, Einfluss auf Schule und Universität zu gewinnen.“ Weiter:

„In äußerst geschickt aufgemachten Büchern und Zeitschriften wird viel normale und durchaus gute Biologie präsentiert …“

Danke für das Lob, kann man da nur sagen. Doch warum spricht der Autor zuvor von „Pseudowissenschaft“ (s. o.)? Klar, er denkt an den dahinter stehenden biblisch begründeten Deutungsrahmen. Letztlich stört es, wenn innerhalb dieses Deutungsrahmens „normale und gute Biologie“ betrieben werden kann. Diese werde dann benutzt, „um mehr oder weniger gut kaschierte ‚schöpfungstheoretische‘ Erklärungsalternativen“ anzubieten.

Mahner schließt seinen Leserbrief mit einem Aufruf zur Wachsamkeit: „Vor allem Biologielehrer sollten hier wachsam und vorbereitet sein.“ Wachsam wovor? Dass sie nicht unversehens zu Kreationisten werden? Mahner hat hier etwas Wichtiges erkannt, nämlich dass es verschiedene Argumentationsebenen gibt. Diese sollte man auch so weit es geht auseinander halten. Andererseits soll die Ebene des Glaubens nicht verschwiegen und auch nicht „kaschiert“ werden. Sie hat ihren Platz, aber nicht bei Detailargumentationen. Und diese Ebene gibt es auch bei den Evolutionstheoretikern, die sich nicht selten als Materialisten und Atheisten bekennen.

Schlussfolgerungen

Diese jüngsten Stellungnahmen zeigen:

Der „Kreationismus“ wird als Bedrohung empfunden. Totschweigen genügt den zitierten Autoren offenbar nicht mehr

  1. Der „Kreationismus“ wird als Bedrohung empfunden. Totschweigen genügt den zitierten Autoren offenbar nicht mehr.
  2. Auch da, wo zurückhaltend und vorsichtig argumentiert wird (wie z. B. im evolutionskritischen Lehrbuch), sind die Kritiker nicht weniger scharf. Schon die Infragestellung der Evolutionstheorie als allein vertretbarer Ursprungsvorstellung ruft heftige Antireaktionen hervor. Der Absolutheitsanspruch der Evolutionslehre darf nicht angetastet werden. Um diesen Absolutheitsanspruch zu schützen, wird auch vor üblen Diffamierungen nicht zurückgeschreckt.
  3. Die Kritiker lassen in der Regel kein Bemühen um Ausgewogenheit erkennen – im Gegenteil: sie suchen sich aus dem zweifellos schillernden Spektrum dessen, was auf dem „kreationistischen Markt“ ist, das heraus, was dem Zweck des Diskreditierens der Schöpfungslehre am besten dient. Eine sachliche, faire Auseinandersetzung ist meist gar nicht gefragt. Neben den bereits genannten Beispielen sei auch noch erwähnt, dass zum wiederholten Male sowohl von Stroch/Welsch/ Wink als auch von Kutschera falsch behauptet wird, im amerikanischen Bundesstaat Kansas sei die Evolutionslehre an den staatlichen Schulen verboten worden (vgl. dazu den Kommentar in W+W-Info 1/2000, S. 5). Damit sollen Kreationisten wohl in die Ecke der Ignoranten und derer gestellt werden, die die Wahrheit unterdrücken.
  4. Mit der Schöpfungsthematik, ja bereits mit der bloßen Kritik an der Evolutionslehre wird ein Nerv der etablierten Wissenschaftlergemeinschaft getroffen. Die Welt weiß sehr wohl, dass das Zeugnis der Schöpfung für den christlichen Glauben fundamental ist und ihren eigenen Absolutheitsanspruch bedroht. Dagegen kämpft sie – oft genug mit unlauteren Mitteln und nicht selten extrem intolerant.

Konsequenzen

Die Welt weiß sehr wohl, dass das Zeugnis der Schöpfung für den christlichen Glauben fundamental ist und ihren eigenen Absolutheitsanspruch bedroht

Die Tatsache, dass die etablierten Wissenschaftler den biblischen Schöpfunsglauben bekämpfen und die von daher motivierte fundamentale Kritik am Evolutionsgebäude letztlich als Ausdruck von „Fundamentalismus“ hinstellt, muss Christen hellhörig machen. Diese Thematik ist wichtig – gerade heute. Ein Sich-Anfreunden mit dem Evolutionsgedanken ist von daher kontraproduktiv – abgesehen von den vielen daraus resultierenden theologischen Problemen.

Trotz der Ignoranz der Kritiker der Schöpfungslehre ist eine fachlich gründliche und saubere wissenschaftliche Arbeit notwendig, denn das gehört auch zum christlichen Zeugnis und zu seiner Glaubwürdigkeit.2 Inwieweit dieses Zeugnis angenommen wird, steht nicht in unserer Hand, wohl aber, wie wir mit den uns zur Verfügung gestellten Möglichkeiten umgehen.


  1. Frühere Auflagen unter dem Titel: Remane, Storch, Welsch: Evolution (dtv München). 

  2. In diesem Sinne schreibt Petrus: „Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr glücklich zu preisen. … Wenn einer von euch … leidet, weil er Christ ist, so schäme er sich nicht, sondern verherrliche Gott als Christ“ (1 Petr 4,14-16).