Dürfen Tiere gesegnet werden? Dürfen sowohl privates Eigentum und Investitionen als auch Gemeindehäuser und Sonderveranstaltungen dem Segen Gottes anbefohlen werden? Hat Gott seiner Gemeinde Anweisungen über die Grenzen des Segens gegeben? Und wenn jemand segnet, soll dies mit oder ohne Handauflegung ausgeführt werden? Dies sind aktuelle Fragen, die in diesem Artikel mit biblischen Belegen behandelt werden. Im ersten Teil wird das Wesen biblischen Segnens behandelt werden; im zweiten Teil die biblischen Grenzen des Segnens.
1 Hauptwörter der Bibel für Segen und Segnen
Wörter für Segen und Segnen werden in der Bibel mit verschiedenen Bedeutungen und Nuancen benutzt. Im Alten Testament ist „barak“ das Hauptwort für „Segen“ und „segnen“. Die grundlegende Bedeutung von barak ist „knien“. Menschen segnen Gott dadurch, dass sie entweder wörtlich oder im Herzen vor ihm hinknien, um ihn zu preisen und zu loben.1 Wenn Menschen an Hand von barak Gott „segnen“, sollte barak mit „preisen“, „loben“ oder sogar „anbeten“ übersetzt werden.
Im Neuen Testament wird „makarios“ manchmal als „gesegnet“ übersetzt, aber die überwiegende Bedeutung ist eher „glückselig“ oder „glücklich“. Die Formen von „eulogeo“ werden am häufigsten für „Segen“ und „segnen“ benutzt. Von der Wortbildung her ist die Bedeutung „gut zu reden“ erkennbar. Wie bei barak im Alten Testament, wird eulogeo an manchen Stellen im Neuen Testament benutzt, um Gutes über Gott zu reden, um Gott zu preisen oder ihm zu danken.
Es gibt Stellen sowohl im Alten Testament als auch im Neuen Testament, wo Gott Menschen segnet, ohne dass ein Mensch um den Segen Gottes gebeten hat. Die Initiative dieses Segens kommt von Gott selbst, nicht von einem Mensch. Und wenn Gott einen Segen erteilt, kann der Segen niemals in einen Fluch verwandelt werden. Balak, König der Moabiter, war frustriert, weil der geldgierige Prophet Bileam, den Balak bestellt hatte, um Israel zu verfluchen, Israel gesegnet hatte:
„Da sagte Balak zu Bileam: Was hast du mir da angetan! Meine Feinde zu verfluchen, habe ich dich holen lassen, und siehe, du hast sie sogar noch gesegnet!“ (4. Mose 23,11)
Bileam hatte Balak aber schon vorher gesagt:
„Wie soll ich verfluchen, wen Gott nicht verflucht, und wie verwünschen, wen der HERR nicht verwünscht hat?“ (4. Mose 23,8)
Der Segen Gottes kann nicht verändert werden; er hat den Charakter eines göttlichen Dekrets
Der Segen Gottes kann nicht verändert werden; er hat den Charakter eines göttlichen Dekrets.
Wenn Menschen andere Menschen segnen, kann die Bedeutung ebenfalls „knien“ sein, wie bei der ursprünglichen Bedeutung von barak. Menschen knien wörtlich oder im Herzen vor Gott, um den Wunsch und die Bitte an Gott zu richten, dass er jemanden segnet. Ähnlich wie bei eulogeo reden Menschen Gutes in Bezug auf andere, indem sie Gott bitten, den anderen beizustehen und zu helfen.
2 Gott als Quelle des Segens
Gott als Quelle des Segens wird in verschiedener Art und Weise unterstrichen, wie in den folgenden Stellen:
„Ein Gesegneter des HERR“ (1. Mose 24,31), „Gott, der Allmächtige, segne Dich“ (1. Mose 28,3), „der HERR, der Gott eurer Väter … segne euch“ (5. Mose 1,11), „Gesegnet sollt ihr sein von dem HERRN“ (2. Samuel 2,5), „Gott sei uns gnädig und segne uns“ (Psalm 67,2), „Ihr seid gesegnet vom HERRN“ (Psalm 115,15), „es segne Dich der HERR“ (Psalm 128,5), „der HERR segne Dich“ (Psalm 134,3), „segnete er das Volk im Namen des HERRN“ (1. Chronik 16,2), „wenn ich … in der Fülle des Segens Christi kommen werde“ (Römerbrief 15,29), „der Segen Abrahams in Christus Jesus“ (Galaterbrief 3,14).
Im Neuen Testament wird der geistliche Bereich des Lebens besonders betont. Petrus predigt in Apostelgeschichte 3,26 zu den Juden, die Jesus gekreuzigt hatten: „Euch zuerst hat Gott seinen Knecht erweckt und ihn gesandt, euch zu segnen, indem er einen jeden von euch von seinen Bosheiten abwendet.“
Gott ist die Quelle von allen geistlichen Segnungen in der Himmelswelt für die Auserwählten in Christus (Epheserbrief 1,3-4). Er ist aber nicht nur die Quelle der geistlichen Segnungen, sondern auch die Quelle der Segnungen in der Weite und Breite des menschlichen Lebens. Jakob teilte seinem Sohn Joseph die folgende Segnung Gottes mit:
„Von dem Gott deines Vaters – der helfe dir – und von Gott, dem Allmächtigen – der segne dich mit Segnungen des Himmels droben, mit Segnungen der Tiefe, die unten liegt, mit Segnungen der Brüste und des Mutterleibes.“ (1. Mose 49,25)
Segnungen sind im umfassenden Sinn Bitten, dass Gott in das ganze Leben von Menschen in seiner Macht eingreift, wo Menschen Hilfe brauchen, ob im nationalen, Familien-, oder persönlichen Leben. Dazu gehören Gesundheit, langes Leben, Fruchtbarkeit, Erfolg im Krieg, Bewahrung und Gedeihen im Allgemeinen.
In seiner Gnade und Liebe segnet Gott sogar die Erde für Menschen:
„Denn ein Land, das den häufig darauf kommenden Regen trinkt und nützliches Kraut hervorbringt für diejenigen, um derentwillen es auch bebaut wird, empfängt Segen von Gott; …“ (Hebräerbrief 6,7)
An einigen Stellen werden Patriarchen oder andere Menschen genannt, die die Segnungen von Gott weitergegeben haben, aber die Kraft zum Segnen kommt immer von Gott. Diese Kraft ist nicht in dem Segnenden gespeichert, um von ihnen auszugehen. Die eigentliche Kraft und Wirkung des Segens kommt nicht indirekt von Gott über den Segnenden, oder über die Worte des Segnenden, sondern direkt von Gott als Erhörung der Bitte des Segnenden. Im Theologischen Wörterbuch zum Alten Testament steht:
„Im Alten Testament ist der Segen fast immer auf Gott zurückgeführt oder mit ihm eng verbunden. Der Fromme war sich bewusst, dass er nur Segenswünsche aussprechen kann, deren Erfüllung allein bei Gott steht.“2
3 Beschreibung des Inhalts von Segnungen an Hand des aaronitischen Segens
Die zentrale Stelle über Segnungen in der Schrift ist 4. Mose 6,22–27, wo die Segensformel für Aaron und seine priesterlichen
Segnungen sind im umfassenden Sinn Bitten, dass Gott in das ganze Leben von Menschen in seiner Macht eingreift
Nachfolger angegeben wird. Mit Hilfe einer Auslegung dieser Stelle kann der wesentliche Inhalt von Segnungen exemplarisch beschrieben werden.
„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr die Söhne Israel segnen! Sprecht zu ihnen:
Der HERR segne dich und behüte dich!
Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig!
Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!
Und so sollen sie meinen Namen auf die Söhne Israel legen, und ich werde sie segnen.“
Nachdem die Israeliten Ägypten verlassen hatten, verbrachten sie ein Jahr am Berg Sinai, wo sie das Gesetz bekamen und wo sie die Stiftshütte errichteten. Besonders in den letzten drei Wochen am Sinai bereiteten sich die Juden für die Reise nach Kanaan und für den Kampf gegen die Feinde in Kanaan vor. Die Armee wurde gezählt und Ordnungen für die Lager und die Marschordnungen wurden erklärt. Der Dienst der Priester und Leviten wurde besonders betont.
An Gottes Segen war alles
gelegen, und das ist immer noch der Fall
In diesem Zusammenhang hat Gott Mose gesagt, wie Aaron und die nachfolgenden Priester das Volk segnen sollen. Alle äußeren Vorbereitungen für die Landnahme würden vergeblich sein, wenn Gott sein Volk nicht segnet. An Gottes Segen war alles gelegen, und das ist immer noch der Fall. Deshalb wurde es zu einer der wichtigsten Aufgaben der Priester, dass sie das Volk regelmäßig segnen sollen.
Gleich vor dem aaronitischen Segen in 4. Mose wurde das Gesetz für die Abgesonderten gegeben, die Nasiräer – wie Simson und Samuel. Gleich nach dem aaronitischen Segen wurden die Gaben der Stammesfürsten für die Einweihung der Stiftshütte beschrieben. Besondere Nasiräer werden von Gott berufen werden und wohlhabende Stammesfürsten dürfen teure Gaben spenden, aber der aaronitische Segen war für das ganze Volk, für jeden in Israel, groß oder klein, reich oder arm, abgesondert oder unbekannt!
3.1 Gott ist der Autor dieses Segens!
„Und der HERR redete zu Mose und sprach: ,Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr die Söhne Israel segnen! Sprecht zu ihnen: …‘“ (4. Mose 6,22–23)
Dieser Segen wurde nicht auf einer kreativen Tagung von Aaron und den anderen Ältesten in Israel entwickelt. Er wurde von dem HERRN, von „Jahwe“, gegeben.
Wir lesen in diesem Text nicht von „Gott“ als „Elohim“, sondern ausschließlich vom HERRN, von „Jahwe“. Die Transzendenz und die Allmacht Gottes (Elohim) werden hier nicht betont. Stattdessen werden die Immanenz, die Nähe, die treue Liebe und die Fürsorge Gottes für sein Volk an Hand des Namens „Jahwe“ betont. Gott sagt auch in Vers 27, „So sollen sie meinen Namen auf die Söhne Israel legen, und ich werde sie segnen“. Der Name, der besonders auf die Söhne Israel gelegt wird, ist „Jahwe“, der seine Nähe und seine persönliche Beziehung zu Gottes Volk betont. Gott will seinem Volk nahe kommen. Und er will, dass sein Volk immer nah bei ihm bleibt, wie auch Jakobus im Neuen Testament schreibt: „Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch.“ (Jakobusbrief 4,8a)
Das Wort „segnen“ kommt nicht nur in dem eigentlichen aaronitischen Segen in den Versen 24–26, sondern auch in Vers 23 und Vers 27 vor. Diese zwei Verse bilden einen Rahmen für den Segen in den Versen 24-26. In Vers 23 spricht Gott: „So sollt ihr die Söhne Israel segnen.“ Und nach dem Segen spricht Gott am Ende von Vers 27: „und ich werde sie segnen.“ Die Umrahmung des Segens mit den Versen 23 und 27 bedeutet, dass nicht nur die ersten vier Wörter in Vers 24 („der HERR segne dich“) zum eigentlichen Segen gehören, sondern alle Aussagen in den Versen 24-26, einschließlich „segne dich“, „behüte dich“, „lasse sein Angesicht über dir leuchten“, „sei dir gnädig“, „erhebe sein Angesicht auf dich“ und „gebe dir Frieden“. Alles gehört zum Segen. Im folgenden Kommentar versuche ich, zu erklären, wie umfassend diese Segnung ist.
3.2 Der eigentliche aaronitischen Segen wird in 4. Mose 6,24–26 angeordnet
3.2.1 Überblick über den aaronitischen Segen
In allen drei Versen ist der HERR derjenige, der segnet. Die Priester, die den Segen sprechen, erfüllen einen wichtigen Dienst vor Gott, indem der Segen Gottes vom Himmel auf die Menschen herabgebetet wird. Aber nur Gott kann segnen. Auch wenn der Priester den Namen Jahwe benutzt, hat der Segen keine „magische“ Wirkung. Vers 27 zeigt, dass Gott selbst den Segen wirksam macht. Die Grammatik in Vers 27, wo Gott spricht, fordert die Übersetzung: „Und ich selbst werde sie segnen.“3 Beim Segnen sollte ein Priester niemals sagen: „Ich segne dich“, sondern „Der HERR segne dich“, „Möge der HERR dich segnen“, oder ähnliches.
Im Rahmen des Segens, in Vers 23 und Vers 27, sollten die Priester „die Söhne Israel“ segnen (Mehrzahl), aber der Segen selbst wird in der Einzahl gesprochen: „Der HERR segne dich und behüte dich! Der HERR lasse Sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig!“ usw. Israel wird entweder als eine Einheit in der Einzahl gesegnet, oder die einzelnen Juden werden persönlich gesegnet. In diesem Sinn soll ein Segen persönlich sein. Der Segen sollte normalerweise in der Anwesenheit der gesegneten Personen gesprochen werden, obwohl dies nicht immer möglich war.
Auch inhaltlich steigt das
Gewicht des Segens in jedem Vers
Die drei Verse des eigentlichen Segens sind in poetischer Form geschrieben. Vers 24 hat nur drei hebräische Wörter. Vers 25 hat fünf Wörter und Vers 26 hat sieben Wörter. Auch inhaltlich steigt das Gewicht des Segens in jedem Vers. Jeder Vers hat zwei Teile. Der erste Teil ist grundlegend und der zweite Teil stellt eine besondere Folge des ersten Teils dar. Die Steigerung bewirkt, dass der Segen immer größer und großartiger wird, bis zum Ende von Vers 26, wo der Begriff „Schalom“ (Frieden in einem allumfassenden Sinn) benutzt wird.
3.2.2 Der erste Vers des aaronitischen Segens bildet eine allgemeine Grundlage (4. Mose 6,24)
„Der HERR segne dich und behüte dich!“
Die Priester sollten zuerst Gottes Volk dem allgemeinen Segen und der Bewahrung Gottes anbefehlen. Menschen schauen ihre aktuellen Situationen an und werden oft von den grundlegendsten Nöten in ihrem Leben abgelenkt. Sie sind dazu geneigt, Gott um Zweitrangiges zu bitten, um Erfolg bei einem bestimmten Projekt, Beförderung an der Arbeitstelle oder sogar das Erwerben von materiellen Dingen.
Aber Gott ist allweise und weiß am besten, was sein Volk braucht. Im Vaterunser geht es in der abschließenden Bitte um Bewahrung: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ (Matthäusevangelium 6,13) Geistliche Bewahrung ist besonders grundlegend für fruchtbares menschliches Leben, obwohl Gott sich auch um die körperliche Bewahrung seines Volkes kümmert. Bewahrung ist eine sehr wichtige Folge von Gottes Segen. Paulus war voll Zuversicht und hatte
Wie Eltern auf ein schlafendes Kind, schaut Gott voll Freude auf den Gesegneten
keinen Zweifel, dass Gott ihn bis zum Lebensende bewahren würde:
„Der Herr wird mich retten von jedem bösen Werk und mich in sein himmlisches Reich hineinretten. Ihm sei die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (2. Timotheusbrief 4,18)
Gott gibt seinem Volk viel Freude im Leben, indem er es vor Verführung, Sünde, Unfällen, und anderen persönlichen Tragödien bewahrt. Bewahrung ist ein großer Segen.
3.2.3 Der zweite Vers betont Gottes persönliche Zuneigung und unverdiente Fürsorge (4. Mose 6,25)
„Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig!“
Wenn Gott sein Angesicht über seinem Volk leuchten lässt, demonstriert er sein persönliches Interesse am Leben seines Volkes, wie bei der persönlichen Begegnung von Jakob mit Gott in 1. Mose 32,31:
„Und Jakob gab der Stätte den Namen Pnuel: denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden!“
Die Stilfigur eines Anthropomorphismus wird verwendet, wobei die persönliche Gegenwart Gottes bei dem Gesegneten an Hand seines leuchtenden Angesichts beschrieben wird. Ein Ehepaar schleicht in das Kinderzimmer, um voll Freude auf ihr schlafendes Kind zu schauen. Ähnlich will Gott voll Freude sein, wenn Er auf den Gesegneten schaut. Und wenn Gott die Gesegneten vor Sünde bewahrt, können sie erwarten, dass sein Angesicht über ihnen leuchtet. Gottes Volk braucht nicht bis zum Lebensende zu warten, um die Worte von Jesus zu hören:
„Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!“ (Matthäusevangelium 25,21)
„Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.“ (1. Johannesbrief 1,5) Gott will das Leben seines Volkes mit seiner Gegenwart erleuchten. Das Leuchten von seinem Angesicht versinnbildlicht die Offenbarung seiner Liebe, Freundlichkeit, Zuneigung und Fürsorge für sein Volk, aber auch die Offenbarung seiner Heiligkeit, seines Wortes und seiner Weisheit für sein Volk.
Christen sollen mit David über die persönliche Teilnahme und Gnade Gottes in ihrem Leben staunen:
„Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.
Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht schon wüsstest.
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.
Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen.“ (Psalm 139,2–6)
Christen können die Freude des erleuchtenden Angesichts Gottes erleben, wenn sie wissen, dass sie mit Gott wandeln
Christen können die Freude des erleuchtenden Angesichts Gottes erleben, wenn sie wissen, dass sie mit Gott wandeln. Aber das Gegenteil ist auch möglich. Adam und Kain erlebten Furcht und Angst vor dem Angesicht Gottes, als Sünde in ihrem Leben herrschte:
„Aber Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes des HERRN unter den Bäumen im Garten.“ (1. Mose 3,8)
Und nachdem Kain seinen Bruder Abel tötete, ging er „hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.“ (1. Mose 4,16)
Im zweiten Teil von Vers 25 wird Gottes unverdiente Gnade betont: „und sei dir gnädig!“ Gott ist bereit, seinem Volk und auch allen anderen Menschen zu vergeben und ihnen seinen Willen zu offenbaren, wenn sie mit offenen Herzen zu seinem Licht kommen. Die positive Einstellung Gottes und das Angebot der Versöhnung und persönlichen Fürsorge sind mehr wert als alle materiellen Gaben.
3.2.4 Der dritte Vers der Segnung unterstreicht Gottes mächtigen Beistand und sein allumfassendes Wohlwollen für das ganze Leben seines Volkes (4. Mose 6,26)
„Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!“
Im dritten Vers kommt die Segnung zu einem überwältigenden Crescendo. Gott schenkt an Hand seines erhobenen Angesichts dem Gesegneten Sieg über Seine Feinde und Wohlergehen in jedem Bereich seines Lebens.
In Psalm 68,2-4 findet der Leser die Folgen, wenn Gott sein Angesicht erhebt:
„Gott wird sich erheben, es werden sich zerstreuen seine Feinde, und die ihn hassen, werden fliehen vor seinem Angesicht. Wie Rauch auseinandergetrieben wird, so treibst du sie auseinander; wie Wachs vor dem Feuer zerschmilzt, so werden die Gottlosen umkommen vor dem Angesicht Gottes. Aber freuen werden sich die Gerechten, sie werden frohlocken vor dem Angesicht Gottes und jubeln in Freude.“
In diesem Psalm wird der Sieg Gottes über die Feinde Israels geschildert. Sogar der Sieg Jesu bei der Himmelfahrt wird in Vers 19 prophezeit.
„Du bist hinaufgestiegen zur Höhe, du hast Gefangene weggeführt, hast Gaben empfangen bei den Menschen; und sogar Widerspenstige sind bereit, sich Jah, Gott, zu unterwerfen.“
Gott will durch den aaronitischen Segen nicht nur Bewahrung vor den Feinden schenken, sondern auch entscheidende Siege über die Feinde.
Der krönende Segen ist „Schalom“ (Frieden). Schalom bedeutet viel mehr als Frieden nach dem Sieg im Krieg. Schalom bezeichnet Frieden im ganzen Leben und schließt jeden Bereich des Lebens ein, wie Bewahrung, Gesundheit, Ehe, Familie, Freundschaften, Schule, Ausbildung, Beruf, Freizeit, geistliches Leben und Dienste für den Herrn.4 Schalom bezieht sich auf ein Leben, das charakterisiert ist von Frieden, Gesundheit und Wohlergehen. Gott schenkt innere Frieden und Wohlergehen in „guten Zeiten“ und auch in Zeiten der Enttäuschungen oder Katastrophen. So wurden die Priester von Gott beauftragt, das Volk im Namen Jahwes zu segnen. Die Priester bitten um den mächtigen Beistand Gottes, damit das Volk nicht nur Bewahrung erfährt, sondern damit es in allen Bereichen des Lebens und gegen alles, was ihm von innen und von außen widersteht, in der Macht Gottes siegen kann.
3.3 Gott verpflichtet sich, sein Volk zu segnen (4. Mose 6,27)
„Und so sollen sie meinen Namen auf die Söhne Israel legen, und ich werde sie segnen.“ (V. 27)
Niemand in Israel wurde vom Segen ausgegrenzt, auch nicht die Ungläubigen. Die Ungläubigen hatten auch die Gelegenheit, den Segen in Anspruch zu nehmen, darauf einzugehen, Gott zu vertrauen, und sowohl geistlich als auch im ganzen Leben das Wohlwollen Gottes zu erleben. Der Gesegnete musste aber die Entscheidung treffen, ob er den Segen persönlich ablehnt oder annimmt.
Die Priester durften Israel nur im Namen des HERRN segnen. Sie durften in keinem anderen Namen segnen. Aber die Worte der Segnung, die die Priester aussprechen, sind nicht das Entscheidende im Vers. Das Handeln Gottes bildet den Höhepunkt im Text: „… und Ich werde sie segnen.“ Die Priester konnten die Segnung sprechen, aber sie verfügten nicht über die Autorität und Macht, die Folgen des Segens im Leben des Volkes zu verwirklichen. Die Priester legten Gottes Namen auf die Söhne Israels, aber Gott selbst in seiner Souveränität segnete das Volk.
4 Vergleich von Segen und Fürbitte
4.1 Ähnlichkeiten von Segen und Fürbitte
Segnungen sind an Gott gerichtete Gebete, genauso wie normale Fürbitte an Gott gerichtet wird. Walter Kaiser schreibt:
„True blessings … are actually prayers to God asking for God’s gift to be bestowed. The words in themselves cannot be invested with a power as if they were separated from the source from which the result comes: viz. our LORD himself.“5
Gott erhört Gebete aber nicht immer mit einer bejahenden Antwort. Oft werden Gebete, für sich oder für andere, mit einem „nein“ oder „warte“ beantwortet. Paulus betete dreimal um die Beseitigung des Dornes im Fleisch, aber Gott antwortete mit der Verheißung, dass seine Kraft ausreichend war, nicht dass der Dorn weggenommen wird. Jeremia wollte auch mehrmals für die Rettung Judas vor der babylonischen Macht beten, und Gott antwortete auch mehrmals, dass Jeremia nicht mehr für Juda beten sollte, weil Juda tief in Sünde gesunken war. (Jeremia 7,16; 11,14; 14,11) Die Antwort war eindeutig „nein“. Die Erfahrung vom Volk Gottes ist durch die Jahrhunderte ähnlich. Gott beantwortet die Fürbitte seines Volkes nicht immer wie Sein Volk es wünscht. Oft antwortet Gott in seiner Barmherzigkeit und Liebe und schenkt das, wofür sein Volk gebetet hat. Auch wenn die Barmherzigkeit und Liebe Gottes unverändert ist, antwortet er oft in seiner Weisheit mit einem „nein“. Gott entscheidet in seiner unendlichen Weisheit, ob die Bitte erfüllt wird oder nicht.
Trotz der regelmäßigen Segnungen wurde Israel in der Zeit der Richter immer wieder von Feinden besiegt
Ähnlich reagiert Gott auf das Segnen seines Volkes. Die Segnung des Volkes Gottes wurde oft erhört, wie bei Jabez. (1. Chronik 4,10) Aber die Tatsache ist leicht zu erkennen, dass die Segnungen über Gottes Volk oft nicht positiv erfüllt wurden. Nach den Anweisungen Gottes sprachen die Priester den aaronitischen Segen ständig. Trotz der regelmäßigen Segnungen wurde Israel in der Zeit der Richter immer wieder von Feinden besiegt, es kam zur Trennung in Nord- und Südreich unter Rehabeam, und die zwei Reiche wurden von Assyrien und Babylonien erobert. Ein Kind Gottes kann an einem Tag gesegnet werden und am nächsten Tag sterben.
Die Ursachen, warum Gott die Gebete und Segnungen seines Volkes oft nicht positiv beantwortet, sind mannigfaltig und sprengen die Grenzen dieses Artikels. Aber eine Ursache unter vielen ist die Sünde im Leben des Volkes Gottes. Dieses Moment muss auch bei Segnungen ausreichend in Betracht genommen werden. Gott verkündigt nicht nur Segen für sein gehorsames Volk (5. Mose 27–30), sondern auch Fluch für sein rebellisches und abtrünniges Volk. Es muss deshalb erkannt werden, dass Gottes Volk keine positiven Antworten auf Fürbitte oder Segnungen erwarten kann, wenn es in Rebellion gegen Gott und sein Wort wandelt. Der Segen kann von menschlicher Seite und aus menschlicher Sicht nicht sicher sein. Gott ist souverän in der Erhörung des Segens.
4.2 Unterschiede zwischen Segen und normaler Fürbitte
4.2.1 Der Gebrauch der zweiten Person
Im Kontrast zur normalen Fürbitte, wird bei Segnungen oft der Gesegnete mit der zweiten Person angeredet, wie bei der Segnung von Jakob durch Isaak und beim aaronitischen Segen:
„Gott, der Allmächtige, segne dich und mache dich fruchtbar und vermehre dich, dass du zu einer Schar von Völkern werdest;…“ (1. Mose 28,3)
„Der HERR segne dich und behüte dich!“ (4. Mose 6,24)
Auch bei dieser Form der Segnung ist deutlich, dass der Segen letztendlich von Gott kommt. Deshalb sollte diese Form des Segens als eine besondere Form der Fürbitte verstanden werden.
Segnungen müssen nicht immer in der Anwesenheit des Gesegneten gesprochen werden
Segnungen müssen nicht immer in der Anwesenheit des Gesegneten gesprochen werden. Und es muss nicht die zweite Person benutzt werden: Neben normaler Fürbitte dürfen Christen Segnungen im Gebet zu Gott bringen.
„Der HERR möge Kraft geben seinem Volk, der HERR möge sein Volk segnen mit Frieden.“ (Psalm 29,11)
4.2.2 Der breite, allgemeine Charakter des Segens
Normale Fürbitte ist auf spezifischen Anliegen begrenzt. Hiob leistete Fürbitte für die geistliche Wiederherstellung seiner drei Freunde (Hiob 42,7-10), weil Gottes Zorn gegen sie brannte. König Jerobeam I. bat um Fürbitte vom Mann Gottes, dass seine Hand geheilt werden würde (1. Könige 13,6). Jesus betete um Vergebung für die, die ihn kreuzigten (Jesaja 53,12; Lukas 23,34). Paulus bat um Fürbitte, dass Gott „eine Tür des Wortes öffne, das Geheimnis des Christus zu reden ….“ (Kolosserbrief 4,3) Besorgte Menschen bitten, dass ein verlorener Schlüssel gefunden wird. Normale Fürbitte ist begrenzt und gezielt.
Segnungen sind eine besondere Art der Fürbitte, wobei die Breite der Bitte betont wird. Im aaronitischen Segen wird Israel in jeder Hinsicht gesegnet, einschließlich Bewahrung, Gottes Gegenwart und Kraft für den Sieg über Feinde, bis zum Schalom – Frieden, Gesundheit und Wohlsein in einem allumfassenden Sinn.
Die Segnung von Adam und Eva (1. Mose 5,2) und von Noah und seinen Söhnen (1. Mose 9,1ff), schlossen das ganze Leben ein.
Als Christus Kinder segnete (Markusevangelium 10,14–16), meinte Er nicht nur, dass sie gesund bleiben oder dass sie ein fröhliches Leben führen sollten, sondern dass sie in jedem Bereich ihres Lebens Gottes Beistand und Hilfe empfangen. Als Naomi Boas segnete, hatte sie nicht nur sein materielles Wohlergehen im Sinn, sondern auch eine glückliche Ehe mit Ruth:
„Da sagte Noomi zu ihrer Schwiegertochter: Gesegnet sei er von dem HERRN, der seine Gnade nicht entzogen hat, weder den Lebenden noch den Toten! Und Noomi sagte zu ihr: Der Mann ist uns nahe verwandt, er ist einer von unsern Lösern.“ (Ruth 2,20)
Am fünften Tag der Schöpfung standen die Gebiete des Meers und des Himmels im Mittelpunkt. Gott segnete alle Wesen in den Meeren und am Himmel. (1. Mose 1,20-22) Als Jesus das Brot und den Wein beim Abendmahl segnete (1. Korintherbrief 10,16-17, Lukasevangelium 22,19-20), standen das Brot und der Wein symbolisch für den Leib und das Blut Christi, und allumfassend für die Erlösung durch seinen Tod und die nachfolgende Gemeinschaft der Gemeinde im Neuen Bund mit ihm. Wenn ein Mann Gottes zum geistlichen Dienst ordiniert und gesegnet wird, sind nicht nur seine Predigt und seine Seelsorge im Blick, sondern sein ganzes Leben und sein ganzer anschließender Dienst vor dem Herrn. Ein Segen betont nichts Spezifisches, sondern Gottes Wohlwollen über das Ganze.
Wenn das Objekt der Segnung etwas begrenzt ist, wie eine evangelistische Veranstaltung, wird die Veranstaltung als Ganzes gesegnet. Nach der allgemeinen Segnung wird öfters für verschiedene spezifische Anliegen Fürbitte geleistet:
Segnung: „Unser Vater, ohne Deinen Segen sind wir hilflos. Segne Du die Veranstaltung, damit Du verherrlicht wirst.“
Fürbitte: „Gib dem Evangelisten die richtigen Worte. Rede Du zu den Herzen der Verlorenen. Lass einige Menschen die Botschaft aufnehmen und zum Glauben an Jesus kommen.“
Abschließendes Wort
Segnen ist eine besondere Art der Fürbitte, wobei das ganze Leben gesegnet wird
Hauptsächlich werden der Segen und das Segnen im Alten Testament mit Formen von „barak“ und im Neuen Testament mit Formen von „eulogeo“ bezeichnet. Das Segnen ist eine besondere Art der Fürbitte, wobei das ganze Leben gesegnet wird.
Der aaronitischen Segen in 4. Mose 6,24-26 illustriert das Wesen des Segnens. Gottes Bewahrung, persönliche Zuneigung, unverdiente Fürsorge und mächtiger Beistand für den Gesegneten werden hier beschrieben. Schließlich wird Gottes Volk mit Schalom gesegnet, Gottes allumfassendem Wohlwollen. Gott ist ein Vater, der sich über sein gesegnetes Volk freut und mit seiner Macht nicht nur Bewahrung vor den Feinden sondern entscheidende Siege über die Feinde schenkt.
Der eigentlich Segnende ist Gott und Gott allein. Die Segenskraft wird nicht in Menschen gespeichert. Wenn Menschen um Gottes Segen bitten, antwortet Gott nach seiner Weisheit und nach seinem souveränen Willen. Allerdings verpflichtet Gott sich, sein Volk zu segnen! (4. Mose 6,27b) Und er hat sein neutestamentliches Volk, die Gemeinde, schon „mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus“ (Epheserbrief 1,3). Deshalb kann sein treues Volk Gottes weiteren Segen im ganzen Leben mit dankbarem Herzen, mit Vertrauen und mit Zuversicht erwarten und annehmen.
Lesen Sie den zweiten Teil des Artikels „Biblisches Segnen“ hier: Biblisches Segnen Teil II: Grenzen des biblischen Segnens
„Auf Gott bezogen, ist baruk … freudiger … Ausruf der Dankbarkeit und der Bewunderung.“ C. A.Keller und G. Wehmeier, „brk“, Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament. Herausgegeben von Ernst Jenni und Claus Westermann. Zwei Bände. München: Chr. Kaiser Verlag, 1971, Band 1, Spalte 358. ↩
Josef Scharbert, „brk“, Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Band I (Stuttgart: Kohlhammer, 1972), Sp. 836. [kursiv vom Autor des Artikels] ↩
Jakob Milgrom, Numbers, The JPS Torah Commentary (Philadelphia: The Jewish Publication Society, 1990), S. 52. ↩
Friedrich Horst schreibt: „Segen ist der Lebenserfolg, der ganze Zustand des Unversehrt- und Ungefährdetseins, der Ruhe und Sicherheit, des Glücks und des Heils. Das zusammenfassende Wort für solchen Inhalt ist Schalom [„Frieden“], das einen weit größeren Begriffsumfang hat als eireinein, Friede. Schalom ist darum der Inhalt des Segensgrußes Ri. 19,20; 1. Sam. 25,6; 1,17; Mt. 10,12f.“ Friedrich Horst, „Segen und Segenshandlung in der Bibel“ (1947). Gottes Recht: Gesammelte Studien zum Recht im Alten Testament. Herausgegeben von Hans Walter Wolff. München: Chr. Kaiser Verlag, 1961, S. 195. Philip Budd schreibt: Schalom „… refers to every aspect of life;…“ [Übersetzung: Schalom „bezieht sich auf jeden Aspekt des Lebens“.] Philip Budd, Numbers, Word Biblical Commentary (Waco: Word Publishers, 1984), S. 76. ↩
Walter C. Kaiser, Jr., The Old Testament Case for Material Blessings and the Contmporary. ↩