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Relativismus und die Gestalt der Wahrheit

Der moderne Relativismus stellt alle bisher selbstverständlichen Überzeugungen in Frage. Jeder Wahrheitsanspruch sei angeblich nur ein Griff nach der Macht, damit Starke die Schwächeren unterdrücken können. Deswegen wird Religion, Tradition, Familie und selbst die Geschlechtlichkeit in Zweifel gezogen. Christen müssen sich dem mutig mit guten Argumenten entgegenstellen, weil großer Schaden entsteht.

Es war einmal, da waren Jungen noch Jungen und Mädchen waren Mädchen, und binär war ein Wort aus der Sprache der Mathematik.

Heute kann die Idee, dass es nur zwei Geschlechter gibt, männlich und weiblich, und dass man von Geburt an an sein Geschlecht gebunden ist, als Transphobie verworfen werden. Die Zweigeschlechtlichkeit sei einfach nur eine Idee, sagt man. Wer anders argumentiert, kann schnell der Hassrede beschuldigt werden.

Aber dieser neue „Glaube“ ist tatsächlich eine Verneinung der Realität, ein Verwerfen der Wissenschaft und ein Angriff auf Gott, unseren Schöpfer.

Das Konzept der Aufklärung und ihr Ergebnis, der Modernismus, behaupten: „Wir brauchen Gott nicht mehr!“ Aber ohne Gott müssen wir unsere eigenen Begründungen für alles finden. Schon allein sicheres Wissen abzuleiten, wenn man sich nur auf seine eigenen Begründungen stützen kann, ist aussichtslos. Wer soll denn zwischen sich widersprechenden Behauptungen entscheiden? Wir werden in den völligen Relativismus gestoßen. Aber überall, wo das Vertrauen in die Behauptungen des Modernismus abnimmt, kehrt man nicht einfach zu Gott, dem Schöpfer, zurück, der bestimmt hat, was Realität und Wahrheit ist, sondern flieht aus der Welt der vernünftigen Begründungen. So stolpert der Modernismus in den Post-Modernismus.

Es braucht Jahre, um eine große Kathedrale aufzubauen. Eine einzige Bombe kann sie in Minuten in Trümmer zerlegen. Am Aufbau einer Zivilisation ist die kumulative Weisheit von Generationen über Jahrhunderte beteiligt. Vor rund 100 Jahren, in den 1920er Jahren, setzte eine Gruppe von Denkern einen Prozess in Gang, der die Kraft von Kultur, Tradition, Familie und Religion zersetzen sollte, weil man darin Institutionen sah, die einer unbegrenzten persönlichen Freiheit entgegenstehen.

Diese Kulturrevolution stellte alles in Frage, um es zu dekonstruieren. Letztlich wollte man die Realität untergraben. Was war die Strategie? Teile die Menschheit in die Mächtigen und die Unterdrückten (Männer gegen Frauen, Hetero gegen Homo, cis gegen trans, weiß gegen schwarz, Gesunde gegen Behinderte usw.) Führe die Menschen dahin, dass sie denken, jeder Wahrheitsanspruch sei ein Griff nach der Macht. Diejenigen, die die Macht haben, gebrauchen große Erzählungen (big stories), um Kontrolle auszuüben (dazu gehören Religion, familiäre Werte, historische Wahrheit, Wissenschaft usw.). Worte sind nur Werkzeuge, die in diesem Machtkampf gebraucht werden.

Dieses Denken hat das Bildungswesen wie ein Virus angesteckt. Und durch diejenigen, die an den Schulen und Universitäten ausgebildet wurden und in ihre Berufe gingen, hat es sich durch die gesamte westliche Kultur ausgebreitet. Wir sehen das vergiftete Ergebnis in der erbitterten Identitätspolitik, die derzeit die akademische Freiheit zerstört und jede Gemeinschaft auseinanderreißt.

Kommen wir zurück zu der Aussage „Mädchen sind Mädchen und Jungen sind Jungen“. Das erscheint nicht mehr als unhinterfragbare biologische Tatsache, die von allen vernünftigen Menschen akzeptiert werden sollte. Die Tatsache wird nur noch als große Erzählung über die Zweigeschlechtlichkeit angesehen: die cis-Menschen als privilegierte Mehrheit haben die Macht an sich gerissen, um die trans-Menschen als unterdrückte Minderheit zu dominieren. Einem Neugeborenen nun ein biologisches Geschlecht zuzuordnen sei ein Akt der Gewalt. „Worte sind Gewalt.“ „Schweigen ist auch Gewalt“, nämlich immer dann, wenn man den Anspruch der Opfer nicht bejaht. Wer jetzt nach irgendeinem Beleg für das Ganze fragt oder wissenschaftliche Ergebnisse zitiert, wird nur als einer angesehen, der nach der Macht greift und damit beweist, dass er Teil des Systems ist (die Mächtigen, die Unterdrücker, die Sexisten, die Rassisten, die Elite usw.).

Viele wurden betrogen durch die Lüge des Teufels: „Da ist kein Gott; da ist keine Wahrheit.“ Die ganze Gendertheorie ist letztlich ein vergifteter Auswuchs des Unglaubens. Das hat bereits unzählige Leben ruiniert. Es stimmt, dass die meisten Menschen, die durch diese Theorie in Probleme geraten sind, die Theorie gar nicht selber aktiv vertreten. Aber sie sind Opfer dieser Ideologie und wenn sie nicht kritisch hinterfragt wird, wird die Zahl der Opfer wachsen.

Letztlich ist das Ganze ein Aufguss der antiken gnostischen Irrlehre. Die Geschichte zeigt, dass die Antworten auf die Irrlehre helfen, Gottes Wahrheit tiefer zu ergründen und klarer zu verkünden. Als Gläubige sind wir hier hineingesetzt, in gerade diese Zeit (Esther 4,14). Es ist unsere Gelegenheit, zu verkünden, dass die Würde des Menschen nur dann richtig respektiert wird, wenn wir verstehen, dass wir von Gott nach seinem Bild erschaffen wurden und dass Gott uns als Mann und Frau erschaffen hat (1Mo 1,26-28). Wir erkennen die Würde der körperlichen Menschheit besonders in der Menschwerdung von Christus. Das ewige Wort, der Herr Jesus Christus, wurde Fleisch, ein Mann, geboren von einer Frau.

Die Arroganz des Befreiungsprojekts der Aufklärung lag darin, zu denken, dass die menschliche Vernunft ohne Hilfe die Probleme der Menschen lösen könnte. Die kritische Theorie bestreitet heute gleich das ganze Konzept von Vernunft. Wir werden kollektiv in den Strudel der Unvernunft gerissen. Wir stehen mitten in den Trümmern einer Kultur, die Gott, den Schöpfer, verneint und bekämpft hat.

Manche Christen sind zu ängstlich, das offen auszusprechen. Aber wir sollten Gott mehr fürchten als die Menschen (Apg 5,29). Wir sollen deswegen die Wahrheit verkünden und Gottes Angebot der Gnade denen um uns herum darlegen, die durch Lügen betrogen wurden.

Aus TableTalk mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries übersetzt und veröffentlicht