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Die Gefahren der Technologie: Richtiger Umgang statt Technikfeindlichkeit

Sie kennen das Szenario. Der Bildschirm ihres Smartphones zeigt diese fantastische Bibel-App an. Die App, die die gesamte Bibel nach einem seltenen Wort durchsuchen und das Ergebnis nach zwei Sekunden anzeigen kann, für das ein Christ vor 100 Jahren Stunden gebraucht hätte. Du kannst eine riesige Bibliothek aller erreichbaren christlichen Klassiker mit einem Fingerwischen haben. Aber was war das? Ein unaufdringlicher Ton aus dem Lautsprecher des Handys. Eine Meldung ploppt auf, aber verschwindet schneller, als man sie lesen kann.

Da verlässt Du die Bibel-App und schaust auf die Meldungen, die da mit verschiedenen Nummern aufgeleuchtet sind. Du klickst auf eine und dann auf eine andere. Nach fünf oder zehn Minuten hast du alles aus deiner Bibel-App vergessen und teilst Nachrichten mit deinem Cousin zweiten Grades auf Facebook. Wo ist da dein intensives Bibelstudium geblieben?

Ich meine, es gibt bisher keine gute Antwort zum richtigen Umgang mit den neuen digitalen Techniken. Unsere Kultur wird erst später Klarheit darüber bekommen. Trotzdem sollten wir auch jetzt Chancen und Risiken abwägen.

Wie können wir moderne Technologie mit unserem Glauben versöhnen? Ist es das überhaupt wert? Sollten wir nicht stattdessen den Weg der Technikfeindschaft beschreiten und zu Bleistift, Papier und Konkordanz zurückkehren? Um es ehrlich zu sagen: es gibt bisher keine gute Antwort darauf. Wir werden als Kultur wahrscheinlich einmal Klarheit über die moderne Technik bekommen, aber wir haben sie bisher nicht. Während wir darauf warten müssen, biete ich ihnen zwei Veranschaulichungen, die mir gekommen sind, als ich mich mit meinem Gebrauch der Technik beschäftigte. Beide stehen in Spannung zueinander.

Das Beste nutzen

Ich wuchs in Virginia Beach auf und meine Kindheit fühlte sich so an, als ob ich von Militär umgeben wäre. Meine Familie gehörte nicht dem Militär an, aber man konnte nirgendwo hingehen ohne Militärboote zu sehen, Flugzeuge oder Waffen. Als Kind war ich von all dem Zeug fasziniert. Ich las so viele Bücher über Waffen und Kriege, wie ich kriegen konnte. Ich war davon beeindruckt zu sehen, wie schnell sich die Kriegswaffen in der Geschichte weiterentwickelt hatten. Ich erkannte auch, dass normalerweise die besser ausgerüstete Armee überlegen war und nicht notwendig die größere. Und wenn es um unsere amerikanischen Soldaten ging, dann wollte ich, dass sie die fortschrittlichsten Waffen und Munition haben sollten. Es wäre auch lächerlich gewesen, eine Spezialeinheit auf eine Mission mit Vorderladermusketen zu schicken statt mit M4 Sturmgewehren.

Gott hat den Menschen mit Kreativität erschaffen und voller Einfallsreichtum. Er hat uns in eine Welt gesetzt, in der Technologie existiert, eine Welt, die weiterentwickelt werden kann, gebaut wie mit Bausteinen. Fortschritte in der Technik, ob nun medizinisch oder militärisch, sind Geschenke der souveränen allgemeinen Gnade Gottes. Wenn Technik vorteilhaft ist, dann sollten wir sie begrüßen mit einem ehrlichen Dank an Gott. Um auf mein Bild zurückzukommen: Wenn es um unser geistliches Wachstum geht, dann sollten wir diesen geistlichen Kampf auch mit den besten Waffen kämpfen, die uns dafür zur Verfügung stehen.

Die Gefahren nicht übersehen

Auch meine zweite Illustration kommt aus der Zeit meiner Kindheit. Edward mit den Scherenhänden war 1990 ein Fantasy-Film von Tim Burton, der die Geschichte einer seltsamen Schöpfung eines Erfinders erzählte. Es ging um einen künstlichen Jungen, der mit Scheren als Händen gemacht worden war. Auch wenn Sie den Film nicht gesehen haben, können Sie sich vielleicht vorstellen, dass Scheren als Hände in manchen Situationen sehr nützlich sein können, umständlich in anderen und geradezu gefährlich in bestimmten Zusammenhängen. Edward konnte ohne Mühe Papier zerschneiden und sogar Skulpturen aus Eisblöcken schnitzen, aber er verletzte auch andere, ohne es zu wollen. Der Wissenschaftler und Philosoph Michael Polanyi besprach diese Situation, als es in seinem Buch Knowing and Being um Werkzeuge ging. Polanyi meint, dass ein Werkzeug mit seiner Benutzung auch zu einer Erweiterung der Person werden kann, die es nutzt. Für einen Chirurgen wird das Skalpell zu einer Erweiterung seiner Hände und Finger. Bei einer Operation denkt er nicht über das Skalpell nach. Er konzentriert sich auf die Operation, seine Bewegung und seine Fähigkeiten und das Werkzeug in seiner Hand erledigen die Aufgabe.

Das gleiche Gerät, mit dem wir Hilfen zum persönlichen Wachstum im Glauben und zum Bibelstudium empfangen, bringt auch Zerstreuung, Desinformation und verführt zum Verlassen der christlichen Gemeinschaft.

Ein Junge mit Scheren statt Fingern und Polanyis Einsicht in den Gebrauch von Werkzeugen können uns bei den Überlegungen helfen, wie wir als Christen Technologie nutzen, besonders wenn es darum geht, welches technische Hilfsmittel wirklich vorteilhaft ist und welches nicht. Es kann ein großer Nutzen sein, dass wir die Bibel sehr schnell durchsuchen können und über eine Bibliothek von tausenden christlichen Klassikern auf Computern und Handys verfügen, ohne aus dem Haus gehen zu müssen.

Aber was ist, wenn die gleichen Geräte zur Zerstreuung, zur Desinformation und zum Vernachlässigen sinnvoller sozialer Gemeinschaft führen? Es gibt Situationen, in denen es nett wäre, Scherenhände zu haben. Aber was ist, wenn man sie nicht mehr ablegen kann? Nun sind in einem Smartphone wesentliche Tätigkeiten, wie einen Anruf machen, eine Einkaufsliste oder einen Brief an Freunde schreiben, verbunden mit einem Werkzeug, das sich zugleich mit sozialen Medien verbinden, Pornografie zeigen und Videospiele darstellen kann. Und es zahlen tau­sende von Anbietern viel Geld dafür, An­zeigen dazwischen zu platzieren, die deine Aufmerksamkeit binden wollen. Was ist, wenn wir ein solches Werkzeug nicht mehr loswerden und weglegen können?

Ich meine nicht, dass wir schon letzte Klarheit über die Beurteilung dieser Dinge haben. Meiner Ansicht nach wird das noch ein paar Jahre brauchen. Wir könnten uns doch auch auf das unzweifelhaft Gute konzentrieren, das durch den Einsatz von moderner Technologie für das Reich Gottes getan werden konnte. Wir bleiben aber in der Spannung, die ich beschrieben habe.

Doch sollten wir die Gaben Gottes dazu einsetzen, den technischen Fortschritt – ob das nun der Buchdruck oder das Internet ist – so weiterzuentwickeln, dass er zum Nutzen für die Gemeinde ist, z.B. dadurch, dass möglichst viele Menschen das Evangelium hören können. Zugleich müssen wir uns bewusst sein, wie unsere technischen Werkzeuge uns verändern und sich unkontrolliert in immer mehr Bereiche unseres Lebens ausbreiten. Wir müssen sehr vorsichtig mit Werkzeugen sein, die wir nicht mehr weglegen können.

Schließlich sollten wir unser Vertrauen auf die schon bewährten Technologien nicht ablegen, wozu die Bibel als Buch gehört und die Auslegung des Wortes Gottes durch berufene und begabte Hirten in unseren örtlichen Gemeinden, auch wenn darüber niemand auf Twitter schreiben würde.

Nachdruck und Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries