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Predige das Wort! – dann wird es nicht zu moralistisch

Die englische Sprache hat das Wort „preachy“ aus „preach“ (predigen) gebildet. Es bedeutet „moralisierend“. Das gibt m.E. gut wieder, was man überall beobachten kann: All die Moralisierer landauf landab reden in einem predigenden Ton, treten als Prediger oder Predigerin für irgendeine „gute Sache“ ein. Natürlich sprach der eingeladene Meteorologe auf dem kleinen Neujahrsempfang unserer Stadt nicht über interessante Wetterphänomene, etwa die Entstehung von Schnee oder Stürmen im Winter. Er predigte darüber, wie wir alle mit Verhaltensänderungen die Welt vor der herannahenden „Klimakatastrophe“ retten können. Kürzlich las ich über das Sexualverhalten von Tieren. Aber über die faszinierende Vielfalt der Schöpfung zu berichten, erschien der Biologin zu langweilig. Sie predigt auf beinahe jeder Seite, indem sie zuerst behauptet, z.B. Homosexualität oder Transgenderismus im Tierreich entdeckt zu haben, um daraus die moralisierende Botschaft zu machen: „Seht jede sexuelle Spielart bei Menschen als normal an und werdet so tolerant!“ Immer weniger Journalisten haben Freude an ihrer eigentlichen Arbeit, dem Herausfinden von Fakten und Berichten über Ereignisse. Oft hört man eine Agenda heraus: Man berichtet, um Gerechtigkeit, Mitgefühl, Toleranz oder Wohlverhalten zu fördern. Passen die Fakten nicht so ganz zur eigenen moralischen Predigt, dann werden sie für den guten Zweck auch gern „angepasst“.

Dass viele Moralapostel sein wollen, obwohl sie sonst spotten, ist nicht etwa ein Zeichen von hoher Moral, sondern die Kehrseite der moralischen Krise, in der wir uns gesellschaftlich befinden. Der Kampf für die Befreiung aus einer heuchlerischen Doppelmoral zur weitgehenden Freiheit des Einzelnen in seinem ethischen Handeln hat gezeigt, dass der Mensch nicht ohne Moral sein kann. Christliche Maßstäbe in der Sexualmoral abzulegen, bedeutet aber nicht einfach Freiheit, weil neue Maßstäbe in die Leerstelle gerückt sind. Das ergänzende Zueinander von Mann und Frau in ihrer Verschiedenheit im Namen der Gleichheit als prinzipiell ungerecht zu verwerfen, brachte die neue Forderung, sich in seiner Identität selber zu definieren, ohne andere je infrage zu stellen.

Bei Christen mache ich nun zwei Beo­bach­tungen. Die einen übernehmen die „Predigt­themen“ der Gesellschaft und garnieren sie mit Bibelworten. Die anderen schimpfen gegen die falsche Moral der Gesellschaft und predigen die bessere Moral der Christen. Moralisierend ist am Ende beides. Paulus hatte für Timotheus eine klare Weisung für solche Zeiten (2Tim 4,1ff): „Predige das Wort!“

Nur wer das biblische Wort im Zusam­menhang des Evangeliums von Jesus Christus predigt, wird das gesunde Zueinander von Gesetz und Evangelium bewahren können. Er wird den Anspruch Gottes in der richtigen Weise mit dem Zuspruch Gottes verbinden. Er weiß, dass der Mensch und die Welt nicht durch richtiges Verhalten gerettet werden, sondern dass sie gerettet sind durch das Sterben und Auferstehen des Herrn Jesus Christus. Eine gesunde, heilsame Lehre in der Predigt wird um Glauben an Christus werben und die Schönheit des Lebens nach den Maßstäben Gottes zu seiner Ehre und unserem Besten hervorheben.