ThemenGelebte Bibeltreue, Nachfolge

Klug wie die Schlangen und ohne Falschheit wie die Tauben

Als Jesus seinen Jüngern befahl, zu den Israeliten zu gehen und ihnen zu sagen, dass das Reich Gottes nahe ist (Mt 10,7), da gab er ihnen auch eine Warnung neben den anderen Anweisungen mit auf den Weg:

Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Seid deshalb klug wie die Schlangen und aufrichtig wie die Tauben. (Mt 10,16 NEÜ)

Jesus eröffnet seine Anweisung damit, dass er seine Jünger wissen lässt, dass sie durch seine Sendung in eine verletzliche Position kommen werden. Das griechische idou, das meist mit „siehe“ übersetzt wird, ist ein Signalwort, das Aufmerksamkeit fordert: Passt genau auf, was ich euch sagen will, ist wichtig! Für die Israeliten bedeutete das Kommen des Reiches Gottes auch, dass Gottes Gericht bevorstand und diejenigen, die nicht von ihren bösen Wegen umkehren würden, verdammt werden. Jesus wollte, dass sich seine Jünger bewusst sind, dass die Botschaft von Gottes Herrschaft eine Opposition herausfordern würde. Er bereitete sie vor, damit sie nicht überrascht sind, wenn ihre Botschaft schlimmen Zorn auslöst, der einem Wolfsangriff vergleichbar ist.

Jesus erinnert die Apostel (10,14-15):

Und wenn die Leute euch nicht aufnehmen oder anhören wollen, dann geht aus jenem Haus oder jenem Ort und schüttelt den Staub von euren Füßen ab. Ich versichere euch: Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als solch einer Stadt.

Viele Menschen werden das Evangelium um seiner selbst willen ablehnen und seine Zeugen hassen. Unnötige, von unfreundlichen Boten gemachte Ärgernisse sollen wir aber vermeiden.

Wer hört schon gern die Botschaft vom kommenden Gericht und den Ruf zur Umkehr? In dieser Hinsicht war die Botschaft vom kommenden Reich Gottes im 1. Jahrhundert genauso wenig populär, wie sie es im 21. Jahrhundert ist. Die Menschen fühlen sich angegriffen, wenn man ihnen sagt, dass sie in einer Rebellion gegen Gott leben, dass sie schuldig sind, Gott nicht genug geliebt zu haben und ebenso wenig ihren Nächsten. Der Angriff des Evangeliums wird einige Menschen unweigerlich zu Feinden der Nachfolger des Christus werden lassen. Das sollen sich die Jünger nach dem Willen von Jesus klarmachen.

In Johannes 15,19 finden wir das von Jesus bestätigt:

Wenn ihr zur Welt gehören würdet, würde sie euch als ihre Kinder lieben. Doch ihr gehört nicht zur Welt, denn ich habe euch ja aus der Welt heraus erwählt. Das ist der Grund, warum sie euch hasst.

Wenn wir unmissverständlich Gottes Botschaft predigen und selber danach leben, dann werden wir von der Welt gehasst werden. Wir können diesem Hass vielleicht ausweichen, indem wir ein anderes Leben leben, aber dann weichen wir auch dem klaren Ruf von Jesus aus, was am Ende schlimmer wäre, als verfolgt zu werden. Jesus stellt das in Lukas 6,26 heraus:

Und weh euch, wenn alle Menschen gut von euch reden,/ denn genau so haben es ihre Vorfahren mit den falschen Propheten gemacht.

Nachdem Jesus seine Jünger auf die Ablehnung ihrer Botschaft vorbereitet hat, gibt er ihnen einen wichtigen Rat:

Seid deshalb klug wie die Schlangen und aufrichtig wie die Tauben. (Mt 10,16b)

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Diese rätselhaften Worte wurden vielfach von Auslegern diskutiert und es gibt eine Übereinstimmung darin, dass wir das Evangelium nicht auf eine Weise verkünden sollen, die dumm, achtlos oder lästig wäre. Das bedeutet, dass wir darauf achten sollen, keine weiteren Barrieren aufzubauen zu dem natürlichen Ärgernis hinzu. Es bedeutet auch, dass wir lernen sollen, wie wir auf eine kluge Weise von Jesus sprechen können. Wenn uns die Menschen anfangen zu hassen, weil wir treue Zeugen für Jesus sind, dann ist es wichtig, jede unnötige weitere Provokation von Ärger und Verachtung für das Evangelium zu vermeiden. Johannes Calvin hat diesen Abschnitt so kommentiert:

Der Grund muss von der Notwendigkeit der Sache herrühren; denn, wenn sie nicht kluge Vorsicht geübt hätten, dann könnten sie sofort von den Wölfen verschlungen worden sein; hätten sie andererseits gezittert vor dem Wüten der Wölfe oder wären sie übervorsichtig, dann hätten sie gezaudert und hätten es auf die Dauer verfehlt, ihren Auftrag zu erfüllen.

Der Rat von Jesus spricht erst davon, dass den Gefahren des Zeugnisses des Evangeliums mit Weisheit begegnet werden soll, aber auch das zweite Element in seinen Worten ist wichtig. Wir sollen auch aufrichtig sein oder, mit anderen Worten, nicht bedrohlich, sondern sanftmütig, freundlich und demütig. Es scheint so, dass wirkungsvolle Botschafter des Reiches Gottes es nötig haben, zu lernen, eine so demütige Haltung einzunehmen, dass sie dem Glauben an einen demütigen Retter entspricht. Unsere höchste Pflicht für Christus ist nicht allein, das Evangelium zu predigen und seine treuen Nachfolger zu sein, sondern unsere Herzen sollen auch in einem Prozess erneuert werden, in dem wir uns mit Gottes auserwähltem Volk identifizieren. Der Apostel Petrus erinnert so an diese neue Identität aus dem Evangelium:

Aber ihr seid ein ausgewähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, das Gott selbst gehört. Er hat euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen, damit ihr verkündigt, wie unübertrefflich er ist. (1Pet 2,9)

Um als erwähltes Geschlecht von Jesus seine Botschaft zu verkünden, brauchen wir eine veränderte Persönlichkeit, die diese kraftvolle Kombination zwischen Weisheit und demütiger Rein­heit widerspiegelt, voll von Gnade und Wahrheit, stark und mitfühlend, ohne Furcht vor Menschen und zugleich nicht rück­sichtslos, gleichgültig oder respektlos.

Diese Verbindung von christlichen Tugenden hat die demütigen Nachfolger von Jesus in den ersten Jahrhunderten zu effektiven Zeugen des Evangeliums werden lassen. Sie kämpfen und gewannen gegen die Brutalität des Römischen Reiches ohne Waffen oder soziale Aufstände. Es scheint, dass allein ihr begeisterter und wahrhaftiger Glaube an den Tod und die Auferstehung von Christus und ihre Hoffnung auf ein ewiges Leben genug war, um ihre Herzen in Flammen zu setzen und zugleich legten sie eine demütige und gütige Haltung gegenüber ihren Gegner an den Tag.

Für uns, die wir die Botschaft des Evangeliums in eine säkulare, relativistische und selbstzentrierte Welt zu bringen haben, sind die Worte der Warnung und Ermutigung weiter wesentlich:

„Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Seid deshalb klug wie die Schlangen und aufrichtig wie die Tauben.“ (Mt 10,16 NEÜ)

Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries.