„Gott ist Liebe.“ 1Johannes 4,8c
Der Apostel Johannes wird nicht müde, die Christen zu gegenseitiger Liebe aufzufordern. Die Aussage, dass Gott Liebe ist, stammt aus einem Abschnitt, der die wohl stärkste Aufforderung enthält, darauf zu achten. Er ist nicht einfach auf den Befehl des Herrn Jesus Christus gegründet (vgl. Joh 13,34-35), sondern im eigentlichen Wesen Gottes: „Gott ist Liebe.“ Wenn Johannes das sagt, dann lehrt er uns, dass Liebe nicht nur Tat Gottes, sondern Wesen Gottes ist. Gott liebt nicht in einer Weise, als könnte es auch einfach anders sein. Er liebt andauernd, weil es für ihn wesentlich und notwendig ist. Wir könnten deswegen tatsächlich sagen, dass Er die Liebe selbst ist. Er ist die ursprüngliche Quelle, aus der jede Form von Liebe fließt.
Das gilt allerdings für alle Eigenschaften Gottes. Alles, was Gott ist, das ist er auch in seinem Wesen und deswegen notwendig. Er könnte nicht einfach ein anderer sein, als der er sich uns offenbart hat. So wie Gott liebender Gott ist, so ist er auch gerecht, gut, weise, gnädig usw. Oder wenn wir es mit Substantiven sagen, dann ist Gott Gerechtigkeit, Güte, Weisheit, Gnade usw. und so ist er auch Liebe. Das ist anders als bei Menschen oder auch bei Engeln, die mal lieben und mal nicht, die gut oder böse, weise oder dumm, gnädig oder unbarmherzig sein könnten. Gott liebt immer, so wie er notwendig unbegrenzt, ewig und unwandelbar ist in seinem Wesen, seiner Weisheit, Kraft, Heiligkeit, Güte und Wahrheit.
Theologen haben unter der Überschrift der Einfachheit Gottes darüber nachgedacht, wie alle Eigenschaften Gottes eine Einheit sein können. Allerdings ist diese Idee selbst alles andere als einfach. Die Frage dreht sich nicht darum, ob es einfach ist, diese Idee zu verstehen oder darüber zu sprechen – es geht immerhin um Gott selbst. Vielmehr sind die Eigenschaften Gottes nie selbstständig, wie Teile von ihm, die voneinander getrennt sein könnten oder sogar getrennt von ihm. Gott ist doch kein zusammengesetztes Wesen, das aus kleinen Teilen oder Komponenten zusammengefügt wäre. Auch die einzelnen Personen der Dreieinigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist, dürfen wir nicht als Teile des einen wahren Gottes denken. Jede Person ist ganz Gott, die selbst ein ganzes Wesen darstellt, das nicht zusammengesetzt ist.
Im Wesen Gottes bilden alle seine Eigenschaften, Liebe, Gerechtigkeit, Güte, Weisheit, Gnade usw. eine perfekte Harmonie und sind Teil der Herrlichkeit Gottes.
Wenn wir an diesen Wahrheiten festhalten, werden wir nicht durch Lehren verwirrt, die eine Eigenschaft Gottes über der anderen anordnet oder die Eigenschaften untereinander in Spannung sehen will. Solche Ideen werden dazu führen, dass wir die Lehre der Heiligen Schrift verzerren und vielleicht einen Teil der Schrift ablehnen oder einen anderen vorziehen. Gerade bei der Liebe Gottes kommt das vor, wenn sie als überragende Eigenschaft Gottes dargestellt wird und die anderen demgegenüber zweitrangig werden. Zum Beispiel soll dann die Liebe Gottes auf irgendeine Weise seine Gerechtigkeit begrenzen oder mindestens die Ausübung der Gerechtigkeit Gottes zurückhalten. In der extremen Form wird die Gerechtigkeit Gottes, die in der ewigen Bestrafung der Verlorenen zum Ausdruck kommt, aus dem Grund abgelehnt, dass sie anscheinend nicht mit der Liebe zusammenpasst. Aber beides wird in der Bibel ganz deutlich gelehrt. Die Bibel bringt sogar auf wunderbare Weise die verschiedenen und sich scheinbar widersprechenden Eigenschaften Gottes so zusammen, dass sie alle zu seiner Herrlichkeit gehören. Als Gott seine Herrlichkeit Mose offenbarte, da verkündete er seinen Namen auf diese Weise (2Mose 34,6-7):
Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied!
Hier werden einige Eigenschaften Gottes erwähnt, ohne dass eine der anderen vorangestellt ist. Keine steht in Spannung zur anderen. Der Gott der bleibenden Liebe und Treue ist zugleich der Gott des Gerichtes, der den Schuldigen Zorn ankündigt. Die Herrlichkeit Gottes umfasst das alles. Diese Harmonie sehen wir auch an anderen Stellen in der Schrift (z.B. Jes 30,18; Hos 2,19).
Gerade das Kreuz zeigt uns die absolute Einheit der Eigenschaften Gottes. Johannes hebt es als besonderen Ausdruck der Liebe Gottes heraus (1Joh 4,9): „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen.“ Zugleich ist das Kreuz der besondere Ausdruck der Gerechtigkeit Gottes und seines Gerichtes, weil Gott seinen Sohn …
„… für den Glauben hingestellt hat als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus“ (Römer 3,25-26).
Dass Gott Liebe ist, diese Wahrheit sollte von den Dächern ausgerufen werden und als Schatz in unseren Herzen bewahrt. Aber das gilt auch für die anderen Eigenschaften Gottes. Eine ist nicht besser oder schöner als die andere, keine ist übergeordnet. Aber sie können auch nicht in Spannung stehen, weil sie zum Wesen Gottes gehören. Im Sein Gottes bilden sie eine perfekte Harmonie, weil alle Eigenschaften zur Herrlichkeit Gottes gehören.
Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries