Das ausgezeichnete Büchlein gibt nicht nur einen sehr guten Überblick über die Fundamentalismusdiskussionen und -definitionen, der überraschte Leser erfährt auch, dass es überhaupt keine einheitliche Definition von Fundamentalismus gibt. Die vom Verfasser vorgeschlagene Kurzdefinition leuchtet noch am meisten ein: „Fundamentalismus ist militanter Wahrheitsanspruch.“ (S. 14)
Es sollte eigentlich klar sein, dass friedliche Mission und öffentliche Darstellung der eigenen Religion überall als integraler Bestandteil der Religionsfreiheit gesehen würde, denn Mission ist eine Form der Gewissensfreiheit, der Redefreiheit und der Pressefreiheit und kann nicht auf die Köpfe oder die Wohnzimmer beschränkt sein. (S. 27)
In verschiedenen Kästen werden Übersichten oder ergänzende Definitionen gegeben, wie zum Beispiel auf S. 30: „Wie schütze ich mich (nicht nur, aber vor allem als Christ) vor Fundamentalismus?“ Eine dieser guten Empfehlungen lautet: „Hinterfrage, wenn andere Befehle Gottes für dich bekommen.“
Thomas Schirrmacher. Fundamentalismus. Wenn Religion zur Gefahr wird. Holzgerlingen SCM Hänssler: 2010. 127 S. Taschenbuch: 7,95 €. ISBN 978-3-7751-5203-7
Die Gefährlichkeit des Fundamentalismusbegriffs wird vor allem daran deutlich, dass er zum Schimpfwort geworden ist. Fundamentalisten sind immer die anderen. Dabei machen sich die Nutzer oft nicht klar, dass sie damit vom eigenen Fundamentalismus ablenken. „Wer Fundamentalismus definiert, muss seine Ausgangswerte und seine eigene Weltanschauung benennen!“ (S. 108) „Die, die nicht mehr wissen, wer sie sind, gelten als die Guten, die, die Identität in irgendwelchem Verbindlichem finden (Familie, Religion, Nation) werden schlechtgemacht.“ (S. 109)
Ein wichtiges und lesenswertes Büchlein.