Der BibelbundAus dem Bibelbund

Bericht von der Bibelbund-Konferenz 2024 „Christsein in Staat und Gesellschaft“

Die Reher Bibelbund-Konferenz 2024 hatte die Frage der christlichen Verantwortung im Staat aus biblischer Sicht zum Thema. Bereits in der Planung war darauf geachtet worden, dass die Konferenz kein Ort des Streites über politische Ansichten wird. Die können zu verschiedenen Themen auch unter Christen unterschiedlich sein und sie sind es auch unter den Freunden des Bibelbundes. Aber es gibt abgesehen davon doch einige biblische Konstanten, denn der christliche Glaube hatte immer auch eine politische Dimension und er hat auch die politische Welt im Laufe der Jahrhunderte stark beeinflusst. Einiges, was wir heute für normal und richtig halten, hat einen christlichen Ursprung. Man denke nur daran, dass nicht einfach „das Recht des Stärkeren“ gelten soll. Selbst im Kriegsfall gibt es eine Ethik zum Umgang miteinander, die heute in den Genfer Konventionen festgelegt ist, aber in vieler Hinsicht auf biblisch-christlicher Ethik fußt.

Michael Kotsch machte in seinen Vorträgen besonders auf die historischen Aspekte aufmerksam und zeigte auf, was wir heute von Christen früherer Jahrhunderte lernen können bzw. was wir so heute nicht machen sollten. In seinem eindrücklichen Beitrag zur Sklaverei entfaltete er, dass es Sklaverei seit Menschengedenken und in fast allen Kulturen gab und bis heute gibt. Die Überwindung der Sklaverei in Nordamerika und vorher in England, die auf christliche Initiativen zurückging, ist dabei nur ein kleiner Teil der Geschichte. In der Bibel fällt auf, dass Sklaverei nicht grundsätzlich abgelehnt wird, aber ganz klar ist, dass auch sie einer biblischen Ethik unterliegt. Der Sklave hat Rechte, die ihm nicht genommen werden dürfen. Er muss gut behandelt werden, auch wenn seine Freiheit eingeschränkt ist. Menschenverachtende Formen der Sklaverei und des Menschenhandels gibt es jedoch bis heute. Es ist gut, dass Christen sich dagegen wenden und Beiträge leisten, um Menschen ein würdiges Leben ohne Ausbeutung und Rechtlosigkeit zu ermöglichen. Am Ende des Vortrages war allerdings klar, dass es mit den konkreten Lösungen viel schwieriger ist, als nur ein Ende aller Sklaverei zu fordern.

Im Zusammenhang mit der Entstehung der sogenannten Barmer Erklärung vor 90 Jahren wurde deutlich, dass sich die Erklärung nicht gegen alle Aspekte der Naziherrschaft richtete, sondern gegen einen entscheidenden. Menschen und Regierungen wollten sich an die Stelle Gottes setzen, statt sich – wie es die Bibel lehrt – als Diener Gottes auch im Regierungshandeln zu begreifen. Das heißt aber, dass auch die Ausübung von Macht unter der Oberherrschaft Gottes geschehen muss. Jede Regierung muss sich ihrer Verantwortung vor Gott bewusst sein. Unter der Regierung der Nationalsozialisten ging es auch um die Stellung zum Judentum. Die Kirchen in Deutschland sollten auch den sogenannten „Arierparagraphen“ umsetzen und Juden aus dem Dienst ausschließen. Die Barmer Erklärung lehnte das ab, auch wenn sie die Judenfeindschaft nicht ausdrücklich ansprach, was etwa Dietrich Bonhoeffer kritisierte. Andere Erklärungen und Bekenntnisse hatten sich aber sogar ganz vor einer Aussage gedrückt, weil sie nicht in Konfrontation mit der Regierung geraten wollten. Und einige in den Kirchen standen sogar ganz hinter einer Zurückdrängung des Einflusses von Juden in Kirche und Gesellschaft. Dass wir heute vor solchen Verführungen nicht gefeit sind, wenn wir nicht klar nach Gottes Wort leben und denken, wurde deutlich. Denn die Feindschaft gegen die Juden gibt es in allen politischen Richtungen.

Die Bibelarbeiten der Konferenz drehten sich um einige Bibelstellen, in denen das Verhältnis von Kirche und Staat angesprochen wird. So macht Jesus mit seiner Aussage „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ prägnant klar, dass Christen einerseits in einem Staat mit seinen Gesetzen und seinen Steuern leben, andererseits aber der Anspruch des Staates bestimmte Grenzen haben muss. Eine Hingabe und einen Glauben, wie sie allein Gott zukommen, darf er nicht fordern, aber Christen dürfen eine solche Hingabe auch nicht geben. Karl-Heinz Vanheiden unterstrich besonders den Anspruch Gottes, der vielen zweitrangig zu sein scheint, aber in Wahrheit an erster Stelle steht. Hartmut Jaeger legte die zentrale Stelle aus Römer 13 aus.

In den Vorträgen und Seminaren ging es teilweise auch um recht praktische Themen. Anhand der Problematik, die Paulus zum Schreiben des Philemonbriefs geführt hatte, zeigte Thomas Kleine auf, wie wir mit Konflikten in Gemeinden umgehen können und nach Entzweiung wieder zueinanderfinden. In einem Seminar von Thomas Jeising ging es um die Sprachethik der Bibel und was sie für unseren Beitrag zu Diskussionen bedeutet. Christen müssen in jeder Situation mit Besonnenheit, Wahrheit und Freundlichkeit reden. Wie sie sich in der Öffentlichkeit einbringen, hat nämlich einen Effekt für ihr Zeugnis des Evangeliums in der Welt. Dieses Zeugnis ist aber ihre Hauptaufgabe, die sie nicht gefährden oder unglaubwürdig machen dürfen.

Tobias Wagner erinnerte an die Situation der ersten Christen im Römischen Reich. Ein Vergleich zeigt, dass die gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten dazu geführt haben, dass unsere Situation dem Römischen Reich immer ähnlicher wird. Es leben Menschen aus vielen Ländern und Kulturen zusammen. Menschen hängen vielen verschiedenen Religionen und Kulten an. Christen sind da nur eine kleine Gruppe unter vielen. Trotzdem war ihr Zeugnis erstaunlich fruchtbar, was sich übrigens auch an vielen archäologischen Funden zeigen lässt.

Dr. Carsten Polanz nahm in seinem Vortrag auf die Situation Bezug, dass Christen heute wieder mit Menschen aus vielen Religionen zusammenleben. Unser heutiges Verständnis von Religionsfreiheit bedeutet, dass sie in Deutschland grundsätzlich die gleichen Rechte auf Ausübung ihrer Religion haben wie Christen. Das hat inzwischen an vielen Stellen Folgen in der Gesellschaft, etwa in Schulen oder Kindergärten. Christen sollten vor allem mit der Wahrheit und Schönheit des Evangeliums werben und so Zeugen für Christus sein. Aber natürlich gibt es auch Konflikte, insbesondere wo islamische Gläubige Rechte einfordern, die in der Schule z.B. dem Lehrauftrag widersprechen. In den Gesprächen wurden manche Erfahrungen unter den Teilnehmern diskutiert.

Das alles kann nur ein kleiner Ausschnitt aus der vielfältigen Tagung sein. Es besteht für Interessierte die Möglichkeit, die Vorträge auf einem Stick zu erwerben. Sie sollen aber demnächst auch auf unserer Internetseite zur Verfügung stehen.

Die Konferenz bestand allerdings nicht nur aus Vorträgen und Seminaren. Die rund 200 Teilnehmer hatten viel Gelegenheit zu Gesprächen und Austausch. Viele suchten auch das Gespräch mit den Verantwortlichen aus dem Ständigen Ausschuss, die den Bibelbund leiten. Dabei kam viel Dankbarkeit zum Ausdruck, manche Vorschläge wurden gemacht oder auch persönliche Anliegen besprochen. Dankbar konnten die Planer der Konferenz sehen, dass sich wieder mehr jüngere Teilnehmer angemeldet hatten. Auch einige Familien waren dabei, die sich über die Angebote für ihre Kinder freuten. Dafür hatte der Bibelbund extra Mitarbeiterinnen eingeladen, die mit viel Freude und Engagement ein Programm für Kinder anboten. Im Gästehaus in Rehe genossen wir die Gastfreundschaft und den guten Service.

Nach der Konferenz blieben einige Teil­nehmer noch für die Verlängerungstage. Thematisch ging es dort um den Kolosserbrief und Gottes Wirken in der sichtbaren und unsichtbaren Welt. Ausgehend vom Bibeltext wurden an den Abenden einzelne Wunder aus Gottes Schöpfung betrachtet. Auch hier gibt es viel, was auf den ersten Blick unsichtbar ist. So ist das z.B. mit der Welt der Pilze, wo man das eigentliche Pilzgeflecht nur selten zu Gesicht bekommt. Das allerdings kann sich im Waldboden über 100te Quadratmeter erstrecken, auch wenn nur vereinzelt Pilze wachsen. Der größte bekannte Pilz ist ein Halimasch, der eine Fläche von einem Quadratkilometer besiedelt. Für die Bäume hat das eine wichtige Funktion, weil das Pilzgeflecht für große Bäume die notwendigen Nährstoffe auch aus größerer Entfernung heranschafft.

Viele Teilnehmer haben sich gleich für die kommende Konferenz in Rehe in diesem Jahr angemeldet, auf der es darum geht, wie Jesus Christus seiner Gemeinde Mut macht, weil er selber sie baut und bewahrt. 2026 will der Bibelbund seinen Freunden im Süden Deutschlands entgegenkommen. Dann wird die Konferenz sowohl in Rehe als auch im Bibelkonferenzzentrum LaHoe in Karlsbad stattfinden.