Auch viele Christen beteiligen sich seit einiger Zeit an der Diskussion um die Meinungsfreiheit. Sie beklagen eine Cancel-Culture, die bestimmte Meinungen nicht mehr zulassen will. Eine Umfrage zeigte etwa, dass viele Journalisten eher „linken“ Parteien anhängen1, und deswegen die „rechten“ Meinungen öffentlich weniger vorkommen oder verdreht oder pauschal geächtet werden. Bestimmte Dinge oder Wörter dürfe man nicht mehr sagen. Und tatsächlich sind auch Gesetze in Kraft, die man als Einschränkung der Meinungsfreiheit werten kann. Das reicht von einem Verbot, die Meinung zu vertreten, dass der Nationalsozialismus in Deutschland keinen Völkermord an Juden begangen habe (StGB § 130) bis zum Verbot, einer schwangeren Frau in der Nähe einer Klinik oder Arztpraxis seine ablehnende Meinung zur Abtreibung „aufzudrängen“ (SchKG § 13). Dass eine bestimmte Meinung verboten wird, ist nur bei der Holocaustleugnung der Fall (das gilt auch für weitere europäische Länder, nicht aber für die USA), ansonsten geht es allgemein um das Verbot der Diskriminierung oder des Aufrufs zu Hass und Gewalt gegen Andere aufgrund von Rasse, Herkunft, Geschlecht oder Religion. Es ist also erlaubt, zu sagen, dass der christliche Glaube überholt oder unsinnig sei, aber verboten, zu Gewalt gegen Christen aufzurufen.
Ein christliches Thema?
Meinungsfreiheit ist gewissermaßen auch ein christliches Thema, spätestens seit nach Pfingsten die damalige Gesellschaft die Verkündigung der christlichen Botschaft von Jesus Christus als dem Retter von Sünde und Versöhner mit Gott unterdrücken wollte. Sie ergriffen eine Reihe von Einschüchterungsmaßnahmen. Petrus und Johannes traf es zuerst:
Apostelgeschichte 4,1-3: Während Petrus und Johannes noch zu den Leuten redeten, kamen Priester mit dem Tempelhauptmann und einigen Sadduzäern zu ihnen heran. Sie waren empört darüber, dass die Apostel das Volk belehrten und am Beispiel von Jesus die Auferstehung aus den Toten verkündeten. So nahmen sie beide fest und sperrten sie bis zum nächsten Morgen ins Gefängnis. Es war nämlich schon Abend geworden.
Da die beiden nichts gegen die damals geltenden Gesetze getan hatten, war es tatsächlich nur der Versuch einzuschüchtern. Lukas berichtet allerdings so, dass jeder erkennen soll, dass die Verhaftung die Wirkung der Botschaft des Evangeliums überhaupt nicht beeinträchtigt hat. Es kamen sogar Hunderte zum Glauben, so dass die Gesamtzahl der Gläubigen auf 5000 wuchs, was bei einer geschätzten Einwohnerzahl von 30-40.000 zu dieser Zeit, schon eine beträchtliche Minderheit darstellte. Die Einschüchterungsversuche, die dazu dienen sollten, den neuen Glauben am besten im Keim zu ersticken, gingen mit einem Verhör und einer Verwarnung weiter:
Apostelgeschichte 4,17: Damit sich die Sache aber nicht noch weiter im Volk ausbreitet, müssen wir ihnen strengstens verbieten, in diesem Namen zu irgendeinem Menschen zu reden.
Allerdings hatten alle Verbote keinen Erfolg. Petrus und Johannes sind nicht eingeschüchtert und wollen sich den Mund nicht verbieten lassen. Sie bringen sogar noch ein stärkeres Argument vor, als die persönliche Meinungsfreiheit.
Apostelgeschichte 4,19-20: Doch Petrus und Johannes erwiderten: „Entscheidet selbst, ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als ihm. Was wir gesehen und gehört haben, können wir unmöglich verschweigen.“
Es dürfte den damaligen Politikern und religiösen Führern klar gewesen sein, dass die weiteren Verwarnungen und die Aufforderung zu schweigen, nichts nützen würden. In der anschließenden Gebetsgemeinschaft ordnen die Gläubigen die Sache von der Bibel her ein und sehen im Verbot der Verkündigung den Widerstand gegen Gott und seinen Messias Jesus Christus. Aber weil sie wissen, dass die Warnungen und Drohungen eventuell doch auf sie wirken könnten, bringen sie auch eine Bitte vor Gott:
Apostelgeschichte 4,29: Und jetzt, Herr, sieh ihre Drohungen an und hilf deinen Sklaven, die Botschaft von dir mutig und frei zu verkündigen.
Die Apostel beriefen sich offenbar bewusst nicht auf die Meinungsfreiheit, als ihnen die Verkündigung verboten wurde, sondern auf ihren Auftrag von Gott.
Gott hat dieses Gebet erhört. Die Apostel predigten weiter, Gott segnete das mit Wundern und Bekehrungen. Sie wurden erneut festgenommen. Diesmal befreit sie ein Engel aus dem Gefängnis und sie predigen sofort weiter. Beim nächsten Verhör berufen sich die Apostel wieder nicht direkt auf die Meinungsfreiheit nach dem Motto „Das wird man doch noch sagen dürfen.“ Sie heben hervor, dass sie mit der freien Verkündigung des Evangeliums Gott gehorsam sein wollen, weil sie sich an den Auftrag Gottes gebunden sehen (5,29):
Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.
Man könnte fast meinen, dass der Pharisäer Gamaliel, der in der anschließenden Beratung seine Sicht der Dinge darstellt und die Jesus-Bewegung für eine vorübergehende Erscheinung hält, die Meinungsfreiheit vertreten hat (5,38):
Im vorliegenden Fall rate ich deshalb: Lasst diese Leute in Ruhe! Lasst sie gehen! Denn wenn das, was sie wollen und das, was sie tun, von Menschen kommt, wird es scheitern.
Dass das nicht so gemeint war, wird daran deutlich, dass die Apostel schwer geschlagen werden und ihnen erneut die freie Rede vom Evangelium verboten wurde. Man hat sich nur entschieden, keine schwereren Strafen anzuwenden, also nach einer Anklage wegen Gotteslästerung zur Steinigung aufzurufen. Und das tat man vor allem deswegen, weil man fürchtete, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte, weil es bereits zu viele Sympathisanten der Christen in Jerusalem gab. Die Pharisäer hatten Angst vor dem Volk.
Wir lernen an dieser Betrachtung zuerst einmal, dass es für die Christen einen Unterschied zwischen der Meinungsfreiheit und ihrem Auftrag zur Verbreitung der Botschaft Gottes gab und gibt. Da es sich beim Evangelium um mehr als ihre Meinung oder eine bestimmte Weltanschauung handelt, sondern um Gottes offenbarte Wahrheit, können und wollen sie diese Wahrheit nicht auf eine menschliche Ebene herunterziehen. Das hätten sie tun können, auch wenn es noch keine Erklärung der Menschenrechte gab. Die Pharisäer hatten in der Auslegung der Bibel auch Freiheit, und so kam es an vielen Stellen zu unterschiedlichen Meinungen. Die Pharisäer und Sadduzäer waren sich sogar uneinig darüber, ob es eine unsichtbare Welt mit Engeln, einen Messias, eine Auferstehung und ein ewiges Leben gibt (vgl. Mt 22,23-33; Apg 23,8). Solche Meinungsverschiedenheiten konnten offenbar ertragen werden, ohne dass bestimmte Äußerungen verboten wurden. Deswegen kamen die Apostel zu der Überzeugung, dass diese Feindschaft gegen das Evangelium nicht nur die Ablehnung einer unliebsamen Meinung war, sondern Ausdruck der Feindschaft gegen Gott selbst.
Allerlei Meinungen – ist das immer gut?
Wenn wir im Neuen Testament den Bereich der menschlichen Meinungen und der Freiheit der Meinungen betrachten, dann können wir weitere Beobachtungen machen. Es ist offenbar so, dass wenn wir Menschen uns frei unsere Meinungen bilden, dabei nach Gottes Maßstäben selten etwas Gutes herauskommt. Das griechische Wort, dass z.B. in Römer 14,1 mit „Meinung“ übersetzt wird, heißt διαλογισμός (dialogismos). An anderer Stelle bedeutet es auch „Gedanke“ oder „Überlegung“ oder auch „Zweifel“. Die Meinungen, Gedanken und Überlegungen des Menschen sind aber in der Mehrzahl der Fälle nicht wertneutral. Denn meistens werden bei der Meinungsbildung sündige Kategorien das Ergebnis bestimmen.
Bei Matthäus und Markus sind es „böse Gedanken“, die aus dem Herzen des Menschen hervorkommen und ihn unrein machen (Mt 15,19; Mk 7,21). Auch Lukas, der das Wort öfter für die inneren Gedanken und Meinungen der Menschen benutzt, sieht meistens negative Gedanken. Als Jesus dem Gelähmten die Sünden vergibt, ist „freie“ Meinung, dass es sich um Gotteslästerung handelt. Jesus kannte die Gedanken und forderte auf, sich frei zu äußern, weil zeigen wollte, dass die Meinung falsch war (Lk 5,22). Als die Jünger einen freien Meinungsaustausch darüber führen wollen, wer unter ihnen wohl der Angesehenste ist, da begegnet Jesus diesen Gedanken, indem er ein Kind unter sie stellt und sie auffordert, dieses Kind anzunehmen und nicht mehr sein zu wollen als ein Kind bei Gott (Lk 9, 46-48). Paulus sieht in seiner Analyse der Situation der Menschen, dass sie in ihrer Meinungsbildung von einer Dummheit in die nächste fallen, weil sie Gott ausgeschlossen haben (Röm 1,21; 1Kor 3,20). Da nützt es auch nichts, dass sie sich für sehr klug und weise halten. Der Anfang jeder Weisheit wäre nämlich, Gott zu fürchten und zu lieben und an Christus zu glauben. Jakobus sieht, was dabei herauskommt, wenn Christen sich ihre Meinungen bilden (hier über die Stellung von Menschen anhand von Besitz) und diese dann zum Maßstab ihrer Urteile machen (Jak 2,4). Es sind Geringschätzung und Streit untereinander.
Wo das griechische Wort gut mit „Zweifel“ übersetzt werden kann (Lk 24,38; Phil 2,18; 1Tim 2,8), da liegt offenbar zugrunde, dass die Meinungsbildung des Menschen in seinem inneren Dialog oft nicht zur Gewissheit führt. Es kommt gar nicht zu einer klaren Meinung, sondern zu widerstreitenden Gedanken im Inneren ohne eine gesunde Überzeugung. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass das besser ist, als sich eine feste Meinung zu bilden, die falsch ist oder Gott gegenüber feindlich. Christliche Überzeugungen sind aber nicht nur unsichere Meinungen, sondern am Wort Gottes gebildete Gewissheiten.
Allerdings darf es offenbar im Rahmen dieser Gewissheiten auch eine Bandbreite an Meinungen zu bestimmten christlichen Themen geben. Paulus diskutiert das in Römer 14 anhand der Frage, ob und welche Feiertage Christen beachten müssen. Auch die Frage nach dem Speiseplan gehört in diese Kategorie der Bandbreite an Meinungen. Es gilt aber nun für Christen, dass sie über solche Dinge wohl gern reden können, aber nicht feindlich miteinander streiten und andere nicht wegen ihrer Meinung verachten dürfen. Bewegen wir uns im Raum der echten Meinungen, die vor dem Wort Gottes möglich sind, dann zählen Liebe und Rücksichtnahme und nicht Meinungsstärke. Paulus führt das den gern streitenden Korinthern an der Frage vor, ob der Christ heiraten darf oder lieber ohne Ehe und Familie sein Leben ganz im Dienst für Christus leben soll. Paulus hält das für die bessere christliche Lebensweise, aber macht deutlich, dass es sich dabei um seine Einschätzung handelt und nicht um eine göttliche Weisung (1Kor 7,25-40). Paulus benutzt hier allerdings ein anderes griechisches Wort (γνώμη), das bei ihm offenbar nicht den überwiegend negativen Ton von dialogismos hat. Das findet sich auch in seiner Ermahnung, die er an die zerstrittene Gemeinde in Korinth gerichtet hat, die aber an Aktualität nie etwas verloren hat:
1Korinther 1,10: Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle einmütig redet und nicht Spaltungen unter euch seien, sondern dass ihr in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt seid.
Worüber wir heute diskutieren
Das alles scheint mir eine gute Grundlage zu sein, um aus biblischer Perspektive an der Diskussion um die Meinungsfreiheit teilzunehmen.
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Meinungsfreiheit ist eine geschöpfliche Gabe Gottes, aber menschliche Meinungen brauchen die Bindung an Gottes Willen.
Gott gibt uns Raum für eine Meinung, seit er uns nach seinem Bild geschaffen hat. So wie Gott seinem Werk Namen gab und auch sein Urteil darüber abgab, so gibt er das auch an Adam weiter. Er darf den Tieren Namen geben, wie er will. Kain und Abel konnten jeweils von ihrem Ertrag für Gott opfern und einen schönen Anteil aussuchen. Für das Erschaffen von Kultur mit Musik oder Poesie hat Gott keine festen Vorschriften gemacht, sondern der Kreativität eine Menge Raum gelassen. Aber es ist vollkommen klar, dass alles den Ordnungen Gottes entsprechen soll. Die Freiheit hat also Grenzen. Dass Lamech jeden, der ihn verwundet, töten will und von seiner Familie verlangt, dass sie – sollte er getötet werden – 77 Personen der Familie seines Mörders tötet (1Mo 4,24), das ist zwar seine Meinung, aber das ist deswegen nicht wertneutral. Nur im Rahmen des Willens Gottes soll jeder seine Meinung bilden. Verlässt er aber die Grenzen, macht er sich mit seiner Meinung zum Feind Gottes. Das ist auch seit dem Sündenfall der Normalfall geworden: Menschen treten mit ihren starken Meinungen auf, fordern geachtet zu werden und machen sich größer, als Gott es ihnen zugemessen hat. Der Mensch will zu allem sein Urteil geben, denn er bestimmt jetzt, „was gut und böse ist“ (1Mo 3,22), selbst wenn er keine Ahnung von der Sache hat. Schweigen wäre oft besser (Hiob 13,5; Spr 30,32).
Vor Gott hat jede unnütze Meinungsäußerung Konsequenzen (Mt 12,36). Das wird vom NT bestätigt, denn vor dem Richterstuhl Gottes kommen nicht nur die Taten oder die Unterlassungen zur Sprache (2Kor 5,10). Unsere Gedanken und Meinungen stehen immer in der Kritik durch Gottes Wort und werden ewig beurteilt:
Hebräer 4,12-13: Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen.
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Absolute Meinungsfreiheit kann es nicht geben und ist aus christlicher Sicht auch kaum erstrebenswert.
Umfragen haben gezeigt, dass rund 50 % der Menschen in Deutschland zunehmend das Gefühl haben, sie könnten ihre Meinung nicht frei äußern2. Auch der US-amerikanische Milliardär und Meinungsmacher Elon Musk beklagte die mangelnde Meinungsfreiheit. Beschränkungen der Meinungsfreiheit sind tatsächlich ganz normal, und es gibt sie in jedem Land, auch in den USA. Es kommt eher darauf an, welche Beschränkungen es sind und wie sie gehandhabt werden. Wenn ich als Dozent unterrichte, beschränke ich die Meinungsfreiheit meiner Studenten. Ich lasse Fragen zu, aber begrenze bestimmte Äußerungen auch. Keine christliche Gemeinde wird einfach jede Meinungsäußerung frei zulassen. Die Predigtinhalte sind auf Gottes Wort und die gesunde Lehre beschränkt (vgl. 1Kor 14,27-33). Gemeindeglieder können andere Meinungen haben, aber sie können diese innerhalb der Gemeinde noch lange nicht frei verbreiten.
Im Grunde ist das in allen Medien ähnlich. Natürlich wird dort die freie Meinungsäußerung eingeschränkt. Die sogenannten sozialen Medien sind gewinnorientierte Unternehmen und haben gewisse Regeln. Das trifft auch gelegentlich christliche Inhalte, wenn z.B. bestimmte Filme bei Youtube gesperrt werden oder gleich ein ganzer Account. Umgekehrt können sie bestimmte Meinungen auch fördern, indem sie sie mit ihren Computerprogrammen bevorzugen, indem sie etwas häufiger ins Blickfeld rücken als anderes.
Auch die gelebte Meinungsfreiheit einer Gesellschaft bzw. eines Staates braucht Grenzen. Diese sind in Deutschland vergleichsweise weit. Aber es gibt sie. Die Meinungsfreiheit kann die Macht der Sünde und des Irrtums begrenzen, weil sie verhindert, dass eine Meinung absolut gesetzt wird. Jeder muss sich auch die Gegenmeinung anhören und sie aushalten. Dabei bekommen es Lüge und Irrtum hoffentlich nicht nur mit anderen Lügen zu tun, sondern auch mit der Wahrheit. Nicht selten steht nur Unwahrheit gegen Unwahrheit und mit absoluter Meinungsfreiheit wird dann weder die Wahrheit noch die Liebe gefördert, sondern vor allem die Lüge. Allerdings sind alle Regelwerke über notwendige Grenzen der Meinungsfreiheit extrem anfällig für Missbrauch. Die größte Freiheit hat oft die Meinung dessen, der am meisten Macht hat. Was dabei herauskommt, ist Propaganda. Die einzig wirklich funktionierende Regel ist – soweit ich sehe –, dass die Wahrheit nicht ausgeschlossen wird. Wahrheit hat nämlich eine eigene Kraft und kann sich im Streit der irrigen Ansichten und bewussten Lügen behaupten, es sei denn, sie wird gezielt ausgegrenzt. Aber durch die Ungerechtigkeit der Menschen geschieht auch das, wenn auch niemals völlig (Röm 1,18-20). Die Freiheit der Wissenschaft und die Informationsfreiheit sollen das Problem im modernen Staat begrenzen. Aber natürlich sind auch diese bedroht, z.B. dadurch dass nur Forschung zu bestimmten Themen gefördert wird.
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Statt sich in pauschalen Klagen über mangelnde Meinungsfreiheit zu ergehen, sollten Christen mutig Gottes Wahrheit verkünden, auch wenn sie Widerstand erfahren.
Wahrscheinlich hatten Christen nie in der Geschichte so viele Möglichkeiten über öffentliche Kanäle in so großer Zahl Menschen mit der Botschaft Gottes zu erreichen. Es sollte sie nicht verwundern, dass als Gegenbewegung auch noch nie so viele Menschen andauernd mit belanglosen Informationen, Lügen, Tratsch und Entertainment überflutet wurden. Das alles ist nicht wertneutral. Nicht umsonst heißen Menschen, deren Meinungen von vielen gelesen und wahrgenommen werden, Influencer. Es sind Leute, die andere mit ihren Meinungen beeinflussen. Oft geht es nur darum, welche Produkte wir kaufen sollen, aber manchmal sollen wir auch Terroristen unterstützen oder einfach Partei ergreifen für irgendeine angeblich gute Sache.
Christen sollten sich selbst Beschränkungen auferlegen, wenn es darum geht, dass sie zu allem und jedem eine Meinung haben sollen. Eine wohlbegründete Meinung zu haben und zu vertreten, ist nämlich mit einigem Aufwand verbunden. Man muss sich mit einer Sache beschäftigen und über gute Information verfügen. Ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen, ist uns oft nicht möglich. Wir können uns andererseits auch nicht immer auf eine neutrale Position stellen, die es meist gar nicht gibt. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir in vielen Dingen nur Vorurteile haben können. Das sind vorläufige Meinungen, die wir aber auch so vertreten sollten. Es ist ein Irrweg, wenn wir meinen, z.B. zu jedem weltpolitischen Ereignis eine begründete Meinung vertreten zu können oder uns guten Gewissens auf die eine oder andere Seite schlagen zu müssen. Für Gottes Wahrheit aber können wir mit guten Informationen aus Gottes Wort eintreten. Hier können wir feste Meinungen vertreten, die nicht nur persönliche Ansichten darstellen.
Warum entsteht eigentlich trotzdem bei vielen der Eindruck, man dürfe sich nicht mehr frei äußern? Meines Erachtens liegt das nur z.T. an echten Einschränkungen. Vielmehr waren eine Reihe von verbreiteten Meinungen lange weithin unstrittig, bis sie in den letzten Jahren in die Kritik gekommen sind. Sie wurden nicht verboten, sind aber jetzt umstritten. Im US-Bundesstaat Colorado hatte 2012 ein Bäcker aus religiösen Gründen abgelehnt, eine Hochzeitstorte für ein schwules Paar anzufertigen. Der Fall beschäftigte Gerichte über 6 Jahre, in denen die Entscheidung des Bäckers als diskriminierend galt. 2018 entschied der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, dass in diesem Einzelfall die ehrliche religiöse Überzeugung des Bäckers geachtet werden muss. Allerdings warnten die Richter gleichzeitig vor pauschaler Verweigerung von Dienstleistungen für Homosexuelle oder sonst aufgrund von Rasse oder Geschlecht. Natürlich schüchtern solch lange Prozesse ein, selbst wenn am Ende ein Urteil steht, das christliche Überzeugungen achtet.
Christen sollten sich selbst Beschränkungen auferlegen, wenn es darum geht, dass sie zu allem und jedem eine Meinung haben sollen.
Die meisten Menschen wollen z.B. in der Frage der sexuellen Orientierung keinesfalls intolerant erscheinen und verzichten deswegen auf kritische Äußerungen. Das ist eine Art von Selbstzensur. Aufgrund klarer biblischer Aussagen war lange unbestritten, dass homosexuelles Leben in Gottes Augen Sünde ist. Nun wollen das auch einige Christen nicht mehr aussprechen, weil es als lieblos oder als Ablehnung erscheinen könnte. Die Meinungsfreiheit ist dadurch kaum beschränkt. Die geäußerten Meinungen müssen sich aber viel mehr Kritik gefallen lassen, als das früher der Fall war. Aber das hat auch eine gute Seite: Wir werden uns hoffentlich nicht pauschal ablehnend äußern, sondern lieber gut überlegen, was wir sagen wollen. Das ist ganz im Sinne einer christlichen Sprachethik, die schnell zum Hören und langsam zum Reden sein soll (Jak 1,19), denn (Spr 15,1-2):
Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm. Der weisen Zunge bringt gute Erkenntnis; aber der Toren Mund speit nur Torheit.
Fazit
Christen könnten aus der Situation in dieser Welt, in der die freie Meinungsäußerung immer irgendwie begrenzt ist, also auch etwas Gutes machen. Erstens sollten sie sich auf die wirklich wichtigen Inhalte besinnen, die sie aus Gottes Wort kennen. Dafür werden wir auch Ablehnung der Welt in Kauf nehmen. Jesus hat uns nichts anderes versprochen, als dass wir Widerstand erleben. Zweitens ist es gar nicht schlecht, dass wir unsere kontroversen Meinungen gut begründen müssen, damit sie eine Chance haben, bestehen zu können. Schlagworte und Pauschalantworten, die am Ende vor allem verletzen, obwohl wir sogar unsere Feinde lieben sollen, sind unter dem Niveau von Gottes Wahrheit. Das lernen wir beispielhaft aus den Argumentationen der Bibel z.B. bei Paulus oder Jesus. Drittens: Es mag uns zwar seltsam erscheinen, aber die Apostel freuten sich, dass sie für Christus und sein Evangelium Widerstand erleiden mussten. Ich will nur einen der Gründe dafür nennen: Wenn wir schon im Streit der Meinungen Ablehnung erfahren müssen, dann ist es immer noch das Beste, wir werden abgelehnt, weil wir Gottes Wahrheit vertreten, statt dass wir Widerstand für unsichere menschliche Ansichten, Meinungen und vielleicht sogar Irrtümer erleben.
Nach einer Statista-Umfrage von 2024 sehen sich rund 2/3 der Journalisten links-orientierten Parteien nahestehend, dabei 41% Grüne, 16% SPD und 6% Linke. https://de.statista.com/infografik/33595/parteineigung-von-journalisten/ ↩
In der regelmäßigen Umfrage von Statista zeigte sich eine erhebliche Steigerung des Gefühls, dass die Meinungsfreiheit zunehmend eingeschränkt wird. 2023 antworteten nur noch 40 %, jede politische Meinungsäußerung sei ganz frei. 44% sahen Einschränkungen, die übrigen wollten sich dazu nicht äußern. 1990 empfanden noch 78% keinerlei Einschränkungen. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1067107/umfrage/umfrage-zur-meinungsaeusserung-in-deutschland/
Eine Umfrage von INSA von 2024 zeigte, dass nur 26% die Meinungsfreiheit absolut gewährleistet sehen und 40 % die Äußerung von Meinungen für weitgehend frei halten. Hier sind es rund ein Drittel der Befragten, die starke Einschränkungen sehen. https://dnews24.de/insa-umfrage-denken-sie-dass-das-recht-auf-freie-meinungsaeusserung-in-deutschland-gewaehrleistet-ist/ ↩