Der Autor der beiden Bücher zeichnet sich dadurch aus, dass er sowohl katholischer Theologe als auch Physiker ist. Diese seltene Kombination macht neugierig, weil der Autor es angehen will, Theologie und Naturwissenschaft zusammen anzuschauen.
Das erste und deutlich ausführlichere Buch „Seh‘ ich den Himmel, das Werk deiner Finger“ ist die Veröffentlichung der Dissertationsschrift des Autors. Gerade die differenzierte und tiefgehende grundsätzliche Zusammenschau von Theologie und Naturwissenschaft, die diese Veröffentlichung auszeichnet, fehlt im zweiten Buch. Letzteres ist eine populärwissenschaftliche, leicht lesbare Abhandlung über dasselbe Thema, jedoch von einer deutlich konkreteren Perspektive. Wie schon im Titel Bibel und Big Bang des zweiten Buches angedeutet wird, stellt der Autor hierin sein eigenes Schöpfungsverständnis viel stärker heraus. Da dieses naturgemäß kontrovers ist (der Verfasser vertritt eine Spielart der theistischen Evolution) und der Rezensent dem Autor als Leser an vielen Stellen nicht folgen wird, ist das erste Buch für die angestrebte Zusammenschau von Theologie und Naturwissenschaft wohl das deutlich ergiebigere Buch. Es soll in dieser Rezension im Mittelpunkt stehen.
Huber, Matthias: „Seh‘ ich den Himmel, das Werk deiner Finger“. Biblische Schöpfungstexte als Modelle zur Verhältnisbestimmung zwischen Naturwissenschaften und Theologie. Freiburg: Herder 2021. 696 S. Hardcover: 98,00 €. ISBN: 978-3-451-39146-0
Nach ausführlichen hermeneutischen Reflexionen geht der Autor im Buch „Seh‘ ich den Himmel, das Werk deiner Finger“ auf verschiedene Texte aus dem Alten Testament ein, in denen Gottes Schöpfung thematisiert wird. Dieser Teil ist mit über 350 Seiten zugleich der inhaltliche Schwerpunkt des Buches. Die Breite der vom Autor gewählten Bibeltexte findet man in dieser Zusammenstellung nur selten, denn neben der erwartbaren Behandlung von 1.Mose 1-3 werden auch zahlreiche Psalmen (Ps 8; Ps 19; Ps 93; Ps 104; Ps 148), sowie ein prophetischer Text (Jes 40,12-31) und Passagen aus dem Buch Hiob (Hi 28; Hi 38,1-42,6) sehr ausführlich behandelt. Auch einige frühjüdische Texte der zwischentestamentlichen Zeit werden beleuchtet.
Die Exegese taucht dabei immer tief in die sprachlichen, motivischen und kontextuellen Hintergründe der jeweiligen Bibeltexte ein. Dabei stehen vor allem die biblischen Texte in ihrem Zusammenhang im Vordergrund, während das persönliche Schöpfungsverständnis des Verfassers ganz in den Hintergrund tritt. Die Exegese fördert daher viele hilfreiche Einzelbeobachtungen zutage. An einigen Stellen nimmt der Autor vorschnelle Verknüpfungen zu heidnischen Schöpfungsmythen und spekulativen Hintergründen vor, denen man als Leser nicht immer folgen wird. Sieht man davon ab, macht der Autor dennoch an vielen Stellen deutlich, wie die biblischen Texte zwar in einen bestimmten historischen Kontext eingebunden sind, sich aber deutlich von den Schöpfungsmythen anderer Völker unterscheiden und über rein menschliche Vorstellungen hinausgehen.
Huber, Matthias: Bibel und Big Bang. Naturwissenschaft, Religion und die größten Rätsel unserer Welt. Freiburg: Herder 2022. 224 S. Hardcover: 22,00 €. ISBN: 978-3-451-39009-8
In einem letzten ausführlichen Teil reflektiert der Autor abschließend das Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie. Hier geht der Autor auch kenntnisreich auf physikalische Sachverhalte ein und reflektiert diese zugleich wissenschaftsphilosophisch, etwa wenn er die Philosophie der Naturgesetze oder die Implikationen der Quantenphysik thematisiert. Dabei wird deutlich, dass naturwissenschaftliche Erklärungen kein ‚objektiveres‘ Bild der Wirklichkeit geben, ja nicht einmal überhaupt zu einem ‚objektiven‘ Bild in der Lage sind. Der Autor zeigt demgegenüber, dass gerade mit dem heutigen naturwissenschaftlichen Wissen die Theologie bei Fragen nach dem Ursprung der Welt keine veraltete oder obsolet gewordene Disziplin ist, sondern es gerade die biblischen Texte sind, die die großen Fragen nach den Ursprüngen und dem Sinn der Schöpfung stellen und auch in einer viel umfassenderen und existenziellen Weise beantworten. Dem Autor geht es damit weniger darum aufzuzeigen, wie genau man sich die Schöpfung nun vorzustellen habe, sondern eher um die grundsätzliche, im Titel angekündigte Verhältnisbestimmung von Naturwissenschaft und Theologie, bei der er den Wert der Theologie besonders hervorhebt. Dadurch sind die vom Autor vorgenommenen Überlegungen über weite Strecken wertvoll, auch wenn man sein (vor allem im Buch „Bibel und Big Bang“ dargelegtes) Schöpfungsverständnis nicht teilt.