Der Autor hat in Basel, Deerfield und Leuven Theologie studiert. Für seine Dissertation 2001 wurde ihm 2005 der Johann-Tobias-Beck-Preis verliehen. Er ist Pastor einer Schweizer FeG, hat in verschiedenen akademischen theologischen Instituten unterrichtet und legt nun ein monumentales Werk über drei kleine Briefe des Neuen Testaments vor.
Bereits im Vorwort stellt er die Eckpunkte seiner Auslegung vor: Der erste Johannesbrief entstand auf dem Hintergrund, dass einige Judenchristen die christliche Gemeinde verlassen hatten (1Jo 2,19). Der 2. und 3. Johannesbrief sind Privatbriefe, die in dieses Umfeld passen könnten. Angesichts der Sackgasse der Johannesforschung in einem Hypothesenlabyrinth „testet“ er „noch einmal die Möglichkeit, der Apostel Johannes könnte der Verfasser sein“ (S. 27). Das Problem ist ja, dass alle drei Briefe keinen Apostel als Autor nennen.
In seiner Einleitung zum 1. Brief nimmt der Autor Stellung zum sogenannten Comma Johanneum, das viel umstrittene „johanneische Satzstück“. Es handelt sich um einen Zusatz zu 1Joh 5,7-8, der erstmalig im Jahr 380 n.Chr. und nur in lateinischer Sprache bezeugt ist. (Die gut begründete Stellungnahme [S. 34-37 und 668-673] sei besonders den heutigen Kämpfern für den textus receptus empfohlen!) Die Empfänger des ersten Johannesbriefs könnte(n) die Gemeinde(n) in Ephesus sein oder es war ein Rundschreiben an mehrere Gemeinden Kleinasiens (S. 139). Die umfangreichen Einleitungsfragen enden mit einer Nennung der wichtigsten Kommentare zu den drei Johannesbriefen. Seit der Alten Kirche sind bis heute mehr als 480 solcher Kommentare verfasst worden.
Buchegger-Müller, Jürg: Die Briefe des Johannes. Historisch-Theologische Auslegung HTA. Holzgerlingen: SCM Brockhaus / Brunnen 2023. 1048 S. Gebunden: 73,00 €. ISBN: 978-3-417-29739-3 / 978-3-7655-9739-8
Die Auslegung folgt dem vorgegebenen Schema der Herausgeber und beginnt mit einer möglichst genauen Übersetzung, „die nicht vorrangig auf eine eingängige Sprache Wert legt.“ (S. 10). Hier versucht der Autor einen Spagat zwischen Genauigkeit und einer sinngetreuen Übersetzung. Das erfordert allerdings eine Menge zusätzlicher Zeichen im Bibeltext (spitze, runde und eckige Klammern, kursive und nicht fettgedruckte Worte). Diese machen vor allem in der Einzelexegese das Lesen der Bibelzitate schwieriger. Dazu kommen ja noch die griechischen Begriffe samt Übersetzung und eine Unzahl von Abkürzungen und Fußnoten.
Manche Zusätze im Bibeltext sind besonders gut gelungen und werden bei der ersten Verwendung gut erklärt, zum Beispiel „die ›gottferne‹ Welt“, auch die Übersetzung in 3,14: „aus der tödlichen Gottesferne zum Leben hinübergegangen“, statt „aus dem Tod“.
Die beiden anderen Johannesbriefe werden nach dem gleichen Schema behandelt. So spricht nichts dagegen, dass der Apostel Johannes unter seinem Ehrennamen „der Alte“ beide Briefe geschrieben hat. Empfänger ist im 2Joh eine Hausgemeinde im Umfeld des Verfassers, die er mit „von Gott erwählte Herrin und ihre geistlichen Kinder“ anschreibt. (S. 743) Der dritte Johannesbrief ist ein Privatbrief an einen gewissen Gajus, der es in der Gemeinde mit einem sehr schwierigen Diotrephes zu tun hat.
Der Kommentar enthält 14 Exkurse, 135 Seiten Literaturverzeichnis, ein Autoren- und ein Sach- und Namenregister.
Fazit: Eine riesige und fast übermäßig gründliche Arbeit, die gut vor anderen wissenschaftlichen Kommentaren (auch kritischen) bestehen kann, aber für einen Anwender, der schnelle Ergebnisse sucht, nicht leicht zu lesen ist.