Walter Gisin war elf Jahre lang Missionar in Peru und dann Pfarrer der reformierten Kirche in der Schweiz. Von ihm stammt bereits der Kommentar zum Buch Hosea in dieser Edition-C-Reihe. Er geht in seinem neuen Werk grundsätzlich von historisch zuverlässigen Stammbäumen und Berichten aus. Er schreibt: Man lernt in 1. Chronik „einen Autor kennen, der – von Gottes Geist geleitet – aus den ihm vorliegenden Heiligen Schriften Texte zusammenstellte“. Der Chronist ergänzte diese alttestamentlichen Schriften noch durch zusätzliche Dokumente, die ihm aus der Zeit Davids bis in seine Gegenwart zur Verfügung standen, und er ließ „durch kleinere oder größere Veränderungen neue Aspekte einfließen“ (S. 19). Es gibt gute Argumente dafür, dass der Priester Esra dieses Buch verfasst hat, das spätestens um 400 v.Chr. niedergeschrieben wurde. Gedacht war es als Bestätigung der Heilsgeschichte Gottes und Ermutigung für die aus dem babylonischen Exil zurückgekehrten Israeliten. Sie sollten sich auf ihre Ursprünge besinnen und deren Forderungen und Zusagen für ihre Zeit verwirklichen. Das galt gerade auch für die Geschlechtsregister, die gern gelesen wurden.
Walter Gisin untersuchte gerade die vielen Geschlechtsregister sehr gründlich und hat selbst daraus immer Vorschläge für Bibelarbeiten oder Predigten erarbeitet, wie in dieser Kommentarreihe erwartet. Zu Beginn jedes Abschnitts im Buch werden parallele Quellen des Chronisten tabellarisch übersichtlich aufgeführt. So kann man auch die Zusatzinformationen Esras gut erkennen. Überhaupt ist der Kommentar für ein gründliches Studium der Geschlechtsregister gut geeignet.
Gisin, Walter: Das erste Buch der Chronik. Edition C Bibelkommentar. Altes Testament. Holzgerlingen: SCM R.Brockhaus 2024. 473 S. Hardcover: 29,00 €. ISBN: 978-3-417-25091-6
Gisin geht ab und zu auch auf archäologische und zeitgeschichtliche Dinge ein, nicht allerdings auf die vorkommenden unverständlich großen Zahlen bis zu einer Million. Andererseits verwundert seine Notiz einer ugaritischen Quelle, die von von einem El, dem Vater Baals handelt. Es geht dort um den Wunsch zu einem Tempelbau (S. 326) im Vergleich zu König Davids Wunsch, einen Tempel zu bauen (1Chr 17,1-15). Das befremdet etwas in diesem Kommentar. Man fragt sich, was das soll. Ähnlich ist es mit dem Hinweis auf die Verehrung der Hochgötter im alten Orient, bei denen der Beter durch die Macht, die er ihnen zusprach, selbst mächtiger wurde (S. 457). Soll damit gesagt werden, dass David das in seinem Dankgebet zu Jahwe, dem Gott Israels (1Chr 29,10-22), tatsächlich nachgemacht hat, weil das so üblich war?
Trotzdem ist der Kommentar eine nützliche Hilfe zum Studium dieses für heutige Leser schwierigen Buches, denn man versteht dessen Sinn angesichts der vielen Wiederholungen aus dem Alten Testament nur schwer. Der Kommentar zum zweiten Buch der Chronik soll noch in diesem Jahr (2024) erscheinen.