Jeder Mediennutzer des 21. Jahrhunderts wird gegenwärtig beständig an seine Einbindung in die Umwelt erinnert. Ganz selbstverständlich begreift er sich als mitverantwortlich für den stellenweise problematischen Zustand der Natur. Das hat eine Geschichte.
Spätestens seit den 1970er Jahren entstand vor allem bei jungen Menschen ein verstärktes Bewusstsein für die industrielle Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt. Die Partei der Grünen, die vor 40 Jahren gegründet wurde, erklärte ökologische Themen zum Zentrum ihres Programms. Auch andere politische Fraktionen verwirklichten im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Reformen zum Schutz der Natur. Hier nur einige wenige Beispiele: Seit den 1970er Jahren traten insbesondere in Europa zahlreiche Abkommen und Grenzwerte zur Luftreinhaltung in Kraft. Zum Schutz von Natur und Landschaft wurde 1976 das Bundesnaturschutzgesetz verabschiedet. Gesundheitsschädliches, verbleites Normalbenzin wurde 1988 in Deutschland verboten; das Verbot von verbleitem Superbenzin folgte 1996. Seit 2001 wird auch in China nur noch bleifrei getankt. Seit 1994 verpflichtet Art. 20a des Grundgesetzes den Staat dazu, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Dies ist kein Grundrecht, sondern eine sogenannte Staatszielbestimmung, das heißt ein verpflichtender Programmauftrag für die Politik.
Trotz der zahlreichen Übertreibungen der Ökobewegung ist es wichtig, dass sich die wachsende Weltbevölkerung der Probleme ihrer exzessiven Nutzung der Natur bewusst wird und ihre Lebensgrundlage nicht zerstört.
Für einige Aktivisten wurde die Ökologie zwischenzeitlich zur alle Lebensbereiche dominierenden Ideologie. Zeitweilig scheute man in diesem Lager auch nicht vor dramatisierenden Zuspitzungen und offenen Falschaussagen zurück, insofern sie nur dem gewünschten Ziel dienten. Immer wieder mahnt man seit Beginn der Ökobewegung vor dem „unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang“. Dieser könne nur verhindert werden, wenn man sofort alle momentan angedachten Umwelt-Forderungen umsetze. Fälschlich prognostizierte man beispielsweise in den 1960er Jahren die große Zukunft der Atomkraft als mutmaßlich sauberer Energie. In den 1970er Jahren sagte man das sichere Ende des Erdöls bis zur Jahrtausendwende voraus. Wenig später schreckte man die Bevölkerung mit vorgeblich vergiftetem Trinkwasser, dem bald bevorstehenden Atomtod und dem unumkehrbaren Sterben der Wälder. Zeitweilig warnte man massiv vor jeder Gentechnologie und prognostizierte eine künftige Eiszeit. Zwischenzeitlich ergeben sich ganz neue Weltuntergangsszenarien. – Trotz aller Übertreibungen ist es natürlich wichtig, dass die immer stärker wachsende Weltbevölkerung sich der offensichtlichen Probleme ihrer exzessiven Naturnutzung bewusst wird und sich schon allein im eigenen Interesse nicht die zukünftige Lebensgrundlage zerstört.
Obwohl die Bibel natürlich kein ökologisches Fachbuch ist oder gar Anweisungen für umweltpolitische Detailfragen gibt, finden sich in ihr christliche Grundprinzipien über die Beziehung des Menschen zur übrigen Schöpfung.
Gott ist der Schöpfer und dauerhafte Eigentümer des ganzen Universums einschließlich aller Pflanzen und Tiere (Psalm 50, 10). Als lebendige Wesen haben sie eine eigene, von Gott verliehene Würde. Folglich darf der Mensch die Natur nicht willkürlich gebrauchen oder zerstören. Gott stellt sich auch als Erhalter und Versorger der Natur vor.
„Alle deine Geschöpfe warten auf dich, dass du ihnen Nahrung gibst zur richtigen Zeit. […] Du verbirgst dein Gesicht: Sie werden verstört. Du entziehst ihren Atem: Sie sterben dahin […].“ (Psalm 104, 27-29)
Gott ist auch derjenige, der trotz aller Naturkatastrophen oder menschengemachten Umweltschädigungen das Ganze des irdischen Ökosystems grundsätzlich zu erhalten versprach (1Mose 8, 16.21f.).
Die Natur wurde von Gott primär als Lebensraum für den Menschen gestaltet (1Mose 2, 5ff.). Der mit Verstand und dem Geist Gottes ausgestattete Mensch darf sich der Natur für eigene Zwecke bedienen und kann sie auch in gewissem Rahmen umgestalten. Außerdem bekam er von Gott eine Herrschaftsverantwortung über die Natur zugesprochen:
„Der Mensch soll über die Fische im Meer herrschen, über die Vögel am Himmel und über die Landtiere, über die ganze Erde und alles, was auf ihr kriecht!“ (1Mose 1, 26-28).
Obwohl der Mensch äußerlich gesehen auch ein biologisches Wesen ist, steht er damit über der übrigen Schöpfung. Er hilft, Tiere zu schützen und Lebensräume zu erhalten. Seinen Haustieren ermöglicht er ein weit angenehmeres Leben, als es in freier Wildbahn möglich wäre.
Der Mensch darf die Natur für seine eigenen Zwecke formen und gebrauchen, aber er ist nur Nutzer und Verwalter, jedoch nicht Eigentümer der Schöpfung.
Im Auftrag Gottes soll der Mensch die Natur „bebauen und bewahren“ (1Mose 2, 15). Einerseits darf er sie für eigene Zwecke formen und gebrauchen. Andererseits ist er nur Nutzer und nicht Eigentümer der Schöpfung. Weil die Natur auch weiterhin Gott gehört, darf der Mensch sie nicht willkürlich zerstören oder aus kurzsichtigem Gewinninteresse dauerhaft schädigen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten ist der Mensch Verwalter und Erhalter der Natur. In dieser Hinsicht ist er nicht nur ein Getriebener, sondern ein aktiv Handelnder.
Obwohl sie primär religiöse Bedeutung haben, lassen sich bei den alttestamentlichen Speisegeboten auch einzelne ökologische Aspekte erkennen. Tiere, die sich von Ähnlichem ernähren wie der Mensch, wurden zum Verzehr und zur Haltung verboten, damit die entsprechenden Nahrungsmittel direkt der menschlichen Versorgung zugutekommen. Tiere, wie Kühe, die Gras fressen, von dem der Mensch sich bekanntlich nicht ernähren kann, hingegen wurden zum Verzehr erlaubt (3Mose 11, 2-7). Damit wurden alle natürlichen Ressourcen aus menschlicher Perspektive optimal genutzt.
Fische durften von Menschen gegessen werden, Frösche hingegen nicht (3Mose 11, 9-11). In der Umwelt des alten Israel war das hilfreich, weil gerade Frösche viele Insekten, insbesondere Fliegen fraßen, die für den Menschen als Krankheitsüberträger und landwirtschaftliche Schädlinge problematisch waren. Gerade in den fruchtbaren, aber sumpfigen Ebenen am Mittelmeer und dem Hule-See nisteten viele Insekten, die unter anderem auch Malaria übertrugen.
Raubvögel sollten nach den Regeln des Alten Testaments nicht geschlachtet und gegessen werden (3Mose 11, 13-19). Das war ökologisch eindeutig vorteilhaft, weil sich diese Vögel vorwiegend von Mäusen und Ratten ernährten, die dem Menschen als Krankheitsüberträger gefährlich werden konnten. Außerdem schadeten viele Nager der Ernte des Menschen, weil sie selbst aus Vorratsräumen große Mengen Getreide und Gemüse fraßen.
Im Gegensatz zu den meisten Völkern des Alten Orients war es den Israeliten auch in Kriegszeiten streng verboten, die Bäume ihrer Feinde abzuschlagen (5Mose 20, 19). Mit dem Fällen der Olivenbäume konnte man seine Gegner militärisch durchaus hart treffen. Feinden wurde ein wichtiger Teil der Lebensgrundlage geraubt und somit langfristiger Schaden zugefügt. Das Verbot dieser Kriegsstrategie war nicht nur in Nächstenliebe begründet, sondern hatte auch positive ökologische Auswirkungen. Wurden Bäume im großen Stil gefällt, beeinträchtigte das nicht nur die gegnerische Landwirtschaft, sondern trug zur massiven Austrocknung und Erosion der Böden bei. Oftmals gingen in der Antike durch diese Kriegslist große Flächen landwirtschaftlicher Nutzung dauerhaft verloren. Tiefgreifende ökologische Probleme und einschneidende Hungersnöte waren gewöhnlich die Folge.
Wer nach den Maßstäben Gottes leben wollte, behandelte zu alttestamentlichen Zeiten auch die ihm anvertrauten Tiere ordentlich (Spr 12, 10). Als von Gott geschaffene Wesen erkannte man ihnen einen unveräußerlichen Eigenwert zu. Selbstverständlich sollte der Fromme seine Tiere nicht quälen, ausnutzen oder hungern lassen (5Mose 25, 4). Der Prophet Bileam beispielsweise, der grundlos auf seinen Esel einschlug, wurde deshalb von Gott deutlich zur Ordnung gerufen (4Mose 22, 27-32). Landwirten wurde befohlen, auch ihre Tiere am Sabbat ruhen zu lassen (2Mose 20, 10).
Wer nach dem Prinzip lebt, dass Konsum und Besitz nicht erfüllend sind, wird weniger geneigt sein, die Natur übermäßig auszubeuten und ihr damit zu schaden.
Überhaupt wird der Mensch von Gott immer wieder aufgefordert, sich nicht an Irdisches zu binden, weder an materielle Reichtümer noch an irgendeinen anderen Teil der Schöpfung. All das wird als vordergründig und vergänglich qualifiziert. Sein Herz und seine eigentliche Sehnsucht aber soll der Mensch auf das Ewige richten, das was nur jenseits der materiellen Welt zu finden ist.
„Wir starren nicht auf das Sichtbare, sondern nach dem Unsichtbaren halten wir Ausschau. Denn alles, was wir jetzt sehen, vergeht nach kurzer Zeit. Das Unsichtbare aber hat ewig Bestand.“ (2.Korinther 4, 18; vgl. Matthäus 6, 19ff.)
Konsum und materieller Besitz können den Menschen auf Dauer nicht erfüllen. Bei jemandem, der nach diesem Prinzip Gottes lebt, sinkt die Motivation erheblich, die Natur vorschnell auszubeuten oder zu schädigen. Die mögliche Aussicht, aus dem Missbrauch der Tiere und der übrigen Natur kurzzeitigen, materiellen Gewinn zu schlagen, verliert dann erheblich an Bedeutung.
Der Mensch lebt in einer Schicksalsgemeinschaft mit der übrigen belebten Natur. Weil er sich seit dem Sündenfall grundsätzlich von Gott abgekehrt hat, gibt es bis heute Leid und Tod in der Welt. Die gegenwärtige Schöpfung existiert nicht mehr in der Perfektion, in der Gott sie ursprünglich konstruiert und geschaffen hatte. Auch Tiere leiden unter Krankheiten, Hunger, Parasiten, Naturkatastrophen und Fressfeinden. Sie sehnen sich danach, dass diese Epoche beendet wird und Gott sein Friedensreich aufrichtet (Römer 8, 22f.). In der von Gott erneuerten Welt werden auch Tiere schließlich wieder friedlich und ohne Leiden miteinander und mit dem Menschen leben:
„Dann ist der Wolf beim Lamm zu Gast, und neben dem Böckchen liegt ein Leopard. Kalb und Löwenjunges wachsen miteinander auf; ein kleiner Junge hütet sie.“ (Jesaja 11, 6; vgl. 65, 25).
Bis es in der neuen Schöpfung keine ökologischen Probleme mehr geben wird, werden Tiere und Pflanzen leiden. Das kann durch geeignete Landwirtschaft gemildert, aber nicht beseitigt werden.
Keinerlei ökologische Probleme werden dann mehr den Menschen und die übrige Schöpfung bedrohen.
Bis dahin allerdings werden Tiere und Pflanzen leiden, ganz gleich wie sehr Landwirtschaft und andere Formen der Naturnutzung umorganisiert werden. Natürlich kann das Leiden der Natur durch einen angemessenen Umgang mit ihr gemildert werden. Ganz beseitigt werden aber kann es nicht. Erst Gott wird durch sein übernatürliches Eingreifen die durch ihre prinzipielle Pervertierung zerstörten Strukturen der Natur grundlegend erneuern. „Gott selbst wird als ihr Gott bei ihnen sein. 4 Jede Träne wird er von ihren Augen wischen. Es wird keinen Tod mehr geben und auch keine Traurigkeit, keine Klage, keinen Schmerz. Was früher war, ist für immer vorbei.“ (Offenbarung 21, 3f.)
Auch Ökoaktivisten zeigen, dass sie den Menschen als der Natur übergeordnet ansehen, wenn sie dem Menschen Verantwortung für die Natur abverlangen.
Sozusagen als „Mitarbeiter“ Gottes steht der Mensch vorerst noch über der restlichen Schöpfung und ist für sie verantwortlich. Auch wenn viele Ökoaktivisten das heute als „Anthropozentrismus“ abqualifizieren, entspricht dieses Verhältnis der von Gott entworfenen Weltordnung. Indirekt belegen zahlreiche Ökoprojekte eine stillschweigende Übereinstimmung mit diesem Grundprinzip. Immerhin geht man mit großer Sicherheit davon aus, dass die entworfenen menschlichen Strategien das Aussterben bestimmter Tierarten ebenso verhindern kann wie Umweltkatastrophen. Trotz aller anderslautenden Beteuerungen sind auch die meisten Ökoaktivisten fest davon überzeugt, eine gewisse Verantwortung für die Natur zu haben, also in gewisser Weise über ihr zu stehen und nicht nur ihr weitgehend blinder Bestandteil zu sein.
Weil der Mensch die Schöpfung als Götzen verehrt, entsteht massiver Druck „die Natur retten“ zu wollen. Nur wenn er sich als von Gott beauftragter Verwalter versteht, kann der Mensch sich angemessen für eine Bewahrung der Schöpfung einsetzen, ohne sich dabei zu überfordern.
Durch die Beobachtung der Natur erkennen alle Menschen, dass es einen Gott geben muss, der all diese Schönheit und Komplexität entworfen hat und beständig erhält. Doch statt diesen Schöpfer anzuerkennen und ihm zu danken, tendieren viele Menschen dazu, dessen Werk, die Schöpfung zu vergöttlichen (Römer 1,18-25). Als Folge setzen Menschen sich und andere gewöhnlich massiv unter Druck, um die Natur „zu retten“ oder den mutmaßlichen, ökologischen „Weltuntergang“ gerade noch zu verhindern. Zumeist geht dabei auch schnell die besondere Stellung des Menschen in der Schöpfung verloren. Gelegentlich werden die Menschen dann sogar als „Parasiten des Planeten“ dekreditiert.
Nicht selten werden ökologische Ängste bewusst geweckt und dann benutzt, um andere politisch-ideologische Ziele durchzusetzen.
Aus christlicher Sicht soll der Mensch Verantwortung für seine Umwelt übernehmen, als zeitweilige Leihgabe Gottes. Nach bestem Wissen und Gewissen soll er sie erhalten, ohne darin allerdings eigentliche Erfüllung oder Lebenssinn finden zu wollen. Nur in der persönlichen Beziehung zu Gott erreicht der Mensch sein individuelles Ziel und seine geistliche Erlösung.
Erst als von Gott beauftragter Verwalter der Schöpfung kann er sich schützend und bewahrend engagieren, ohne sich mit dieser Aufgabe selbst zu überfordern.