ThemenFrage & Antwort

Können Sterne, also die Sonnen des Universums, auf die Erde fallen?

Frage: Im Neuen Testament heißt es mehrfach, dass „Sterne vom Himmel fallen“ werden. Der Aufbau des Universums, wie wir es heute kennen, macht das schwer vorstellbar. Muss man das wirklich so verstehen, dass „Sterne“, der nächste wäre ja unsere Sonne, auf die Erde stürzen?

Nach Ankündigung des Neuen Testa­ments werden am Ende der irdischen Geschichte, vor dem Beginn des Reiches Gottes, Sterne vom Himmel auf die Erde fallen. Jesus spricht:

„Aber in jenen Tagen, nach jener Bedrängnis, wird sich die Sonne verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen. Und dann werden sie den Menschensohn kommen sehen in den Wolken mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ (Mk 13, 24-26; vgl. Offb 6, 13; 8, 10; 9, 1; 12, 4).

Die hier vorhergesagte Veränderung der Leuchtkraft der Sterne wird auch gegenwärtig häufig beobachtet. Sterne können sogar ganz erlöschen, wenn sie etwa nach einer Supernova in sich zusammenfallen.

Weil die Bibel aber bei Naturphänomenen fast immer aus der Per­s­­pek­tive des menschlichen Beobachters spricht, ist mit dieser Ankündigung aber viel­leicht lediglich gemeint, dass die Sterne sich für den Beo­bachter auf der Erde verdun­keln werden, was auch durch Dunst oder Staub in der Atmosphäre geschehen könnte. Manche Ausleger meinen, dass Luftverschmutzung oder aufgewirbelte Staubwolken nach einem Vulkanausbruch bzw. nach Atombombenexplosionen eine optische Verdunkelung der Sterne hervorrufen könnten.

Das buchstäbliche Herunterfallen von Sternen auf die Erde aber stößt an einige physikalische Grenzen. Der nächste Stern im Sonnensystem Alpha Centauri beispielsweise ist rund 4,3 Lichtjahre von unserem Planeten entfernt. Würde dieser Stern mit seiner jetzigen Geschwindigkeit Kurs auf die Erde nehmen, wäre er wohl 70.000 Jahre unterwegs, um anzukommen. Eine solche Kursveränderung ist glücklicherweise bisher nicht beobachtet worden. Der Großteil der Sterne befindet sich nach heutigem Wissensstand innerhalb der gängigen Modelle für den Kosmos aber noch wesentlich weiter von der Erde entfernt. Diese bräuchten Hunderttausende von Jahren, um „auf die Erde zu fallen“. Außerdem könnten Sterne gar nicht im wörtlichen Sinn auf die Erde fallen, weil sie selbst eine viel größere Masse als die Erde haben und mit ihrer Gravitation eher die Erde anziehen würden, wenn sie sich ihr näherten. Folglich würde dann die Erde auf den Stern fallen und nicht umgekehrt. Auch würde dann schon in großer Ent­fernung auf der Erde alles verbrennen, wenn ein Stern ihr nahekäme. Die Vorstellung, dass mehrere Fixsterne, die wir an unserem Himmel beobachten können, gleichzeitig „auf die Erde fallen“, ist wissenschaftlich nicht vorstellbar.

Wir sollten aber berücksichtigen, dass der im Neuen Testament verwendete Begriff für Stern (ἀστήρ/aster) auch für Planeten benutzt wurde. Bis heute spiegelt sich das beispielsweise in dem Begriff Astrologie wieder. Wörtlich lässt sich das mit „Wissen von den Sternen bzw. Himmelskörpern“ wiedergeben. In der Astrologie geht es sowohl um die Sternbilder als auch um die Konstellation der Planeten unseres Sonnensystems aus irdischer Perspektive sowie deren behauptete Auswirkung auf die Menschen. Auch wenn Astrologie ziemlich spekulativ ist, wird aus der Begriffsbedeutung deutlich, aster wird nicht nur für Stern, sondern auch für Planet benutzt. Der ebenfalls bis heute gebräuchliche Begriff Asteroid bezeichnet mit derselben Vokabel einen verhältnismäßig kleinen, durchs Weltall fliegenden Gesteinsklumpen. Es wurden mit dem im Neuen Testament benutzten Begriff aster also Himmelskörper unterschiedlicher Größe bezeichnet, nicht nur wie heute die im Weltall leuchtenden Sonnen.

Die Erdoberfläche dokumentiert, dass in der Vergangenheit schon mehrfach Meteoriten mit der Erde kollidiert sind und dabei massiven Schaden angerichtet haben, beispielsweise beim Nördlinger Ries. Beim Eintritt in die Atmosphäre können sie auch hell aufleuchten. Weitere Einschläge kleinerer Kometen sind in der Zukunft durchaus wahrschein­lich. Jedenfalls wäre es für Gott wohl kein großes Problem, solche Kollisionen herbeizuführen, ohne dass damit die menschliche Logik und die bisher herrschenden Naturgesetze außer Kraft gesetzt würden.

Es gibt für die „herabfallenden Sterne“ aller­dings auch noch eine ganz andere Deu­tungs­möglichkeit. Bis heute wird beispielsweise in der englischen Sprache der Begriff „Stern“ nicht nur für Himmelskörper benutzt, sondern auch für Menschen, die ganz besonders auf sich aufmerksam machen. Man spricht dann von einem „Star“. Auch in der Bibel findet sich dieser Wortgebrauch. Menschen (Offb 9,1), Irrlehrer (Jud 13), Götzen (Apg 7,43), Engel (Offb 1,20) und Jesus selbst (Offb 2,28; 22,16) werden gelegentlich als Sterne bezeichnet. Mit dem Bild eines herabfallenden Sterns wird in der Bibel darüber hinaus auch die Verbannung des Teufels aus dem Himmel umschrieben (Jes 14,12; Lk 10,18). Ein im 2. Jahrhundert auftretender jüdischer Messias-Anwärter wurde Bar Kochbar, Sternensohn, genannt. In diesem Sinne könnte die Ankündigung Jesu von „auf die Erde fallenden Sternen“ (Mk 13, 25), auch mächtige oder von vielen verehrte Menschen beschreiben, die plötzlich im übertragenen Sinne „abstürzen“, das heißt ihren „Glanz“ oder ihre Stellung verlieren, ehe dann Jesus als das eigentliche „Licht der Welt“ wieder in Erscheinung tritt. Wenn man die Ankündigung herabfallender Sterne nicht zu vorschnell auf andere Sonnen einschränkt, dann ist das entsprechende Geschehen also auch durchaus logisch vorstellbar.

„Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt, euch dies für die Gemeinden zu bezeugen. Ich bin der Ursprung und das Geschlecht Davids und der helle Morgenstern.“ (Offb 22, 16)