ThemenOrientierung, Zeitgeist und Bibel

Die große Geschichte des Alten Testaments – … und die kleinen Geschichten des säkularen Westens

Die gegenwärtige säkulare Kultur ist ganz auf das irdische Glück und Wohlbefinden ausgerichtet. Man könnte geradezu von einer Diesseits-Versessenheit sprechen. Verwundern kann das aber nicht, weil der gegenwärtigen westlichen Kultur eine große Erzählung vom Woher?, Wozu? und Wohin? fehlt. Es sind viele kleine, eher individualistische Erzählungen, die Ziel und Orientierung geben sollen. Angesichts dessen ist es lohnend, wesentliche Eckpunkte der biblischen „Großen Geschichte“ nachzuzeichnen, die in der Weltgeschichte verankert ist und doch ewige Antworten geben kann. Der zweite Teil geht durch das Alte Testament.

Der christliche Glaube besteht aus einer «Großen Erzählung». Wenn wir diese Satz für Satz studieren, vergessen wir vor lauten Bäumen nur zu leicht, dass wir uns in einem zusammenhängenden Waldstück befinden. Das ist umso gefährlicher, als uns die säkulare Weltanschauung weismachen will, dass es diesen Wald überhaupt nicht gäbe. Jeder Mensch konstruiere sich seine eigene Welt und komponiere seine eigene (Lebens-)Geschichte. Der Anspruch der beiden Testamente ist jedoch gerade, dass sie kein Mythos, sondern Offen­barung Gottes in Zeit und Raum darstellt. Insofern behauptet sie, dass sie unsere «Kleine Geschichte» eines Europäers im 21. Jahrhundert in den alles entscheidenden Zusammenhang stellt. Sie zeigt uns nämlich, wie der Schöpfer des Kosmos uns sieht. Er klärt uns darüber auf, woher wir kommen, wie es um uns bestellt ist und wohin die Reise führt.

Es ist mein Anliegen, den Verlauf dieser Geschichte aus dem ersten Testament den Verlautbarungen unserer Zeit gegenüberzustellen. Dies soll uns dabei helfen, die Verzerrungen der biblischen Botschaft durch die Annahmen eines Denkens ohne Gott schärfer wahrzunehmen. Ich gehe dabei den drei Unterteilungen der Juden, dem Gesetz, den Propheten und den Schriften (vgl. Lukas 24,44) entlang. Anstatt den gesamten Verlauf zu schildern, beschränke ich mich sozusagen auf die tragenden Pfeiler dieser Geschichte.

Stellen wir uns zu Beginn an den Anfang des Neuen Testaments und blicken zurück. Der erste Vers des Matthäus-Evangeliums stellt nämlich die Verbindung zum Alten Testament her: Die bisherige Geschichte führte hin zu Jesus, dem Sohn Abrahams und dem Sohn Davids. Damit ist die Zielrichtung ausgemacht, die Hinführung zum Zentralereignis der gesamten Bibel. Gott sandte seinen Sohn in der «Fülle der Zeit» (Galater 4,4) als Mensch auf diese Welt. Nun aber zurück zum eigentlichen Anfang der Welt.

Teil I: Das Gesetz: Wie alles begann

Im radikalen Widerspruch zum souveränen Gott der Bibel sieht sich der Mensch heute als König seines kleinen Universums.

Wie beginnt die Heilige Schrift? Sie steigt ohne Vorrede mit dem Gott ein, der alles ins Dasein rief (vgl. Psalm 33,6+9; Römer 4,17). In der gesamten Bibel gibt es zahlreiche Rückverweise auf den Schöpfungsakt. Im Bericht selbst gibt es jedoch keine Erklärung über den Vorgang an und für sich. Da offenbart sich der, welcher keinem Menschen Rechenschaft schuldig ist. Wie es der Bibellehrer R. C. Sproul formulierte: „Gott braucht keine Bewilligung, über uns zu herrschen. Er hat uns gemacht.“ Niemand hat sich selbst „bestellt“. Familie, Geburtsort, Begabung sind vorbestimmt. Das steht in einem radikalen Widerspruch zum Verständnis des Menschen heute. Dieser sieht sich als König seines kleinen Universums. Ganz besonders zeigt sich das in der virtuellen Welt. Dort können wir uns so darstellen, wie es uns beliebt.

Gott (be)gründet die gesamte Wirklichkeit – auch meine

Ich bin König meines Lebens und schaffe mir meine eigene Wirklichkeit.

Psalm 50,12; 100,3; 1.Timotheus 6,7; Offenbarung 4,11

Man muss die Bibel buchstäblich nur einmal umblättern, bis es zum ersten entscheidenden Wende­punkt in der Welt­geschichte kommt. Der Ungehorsam des ersten Menschen brachte das Verderben über das gesamte Menschen­ge­schlecht. Meinem jüngsten Sohn erklärte ich diese grundsätzliche Änderung so: Wie ein Baum seine Nährstoffe über die Wurzel aufnimmt und damit seinen gesamten Organismus versorgt oder wie eine Quelle der Ursprung eines Flusses ist, so ist unser gesamtes Sein von der Wurzel bzw. vom Ursprung her vergiftet und deshalb verdorben. Helmut Thielicke, ein deutscher Theologe des 20. Jahrhunderts, definierte es als Schuldzusammenhang (Sünde), in dem wir uns ursprünglich vorfinden. Aus diesem Zustand heraus erfolgen dann gegen Gott gerichtete Taten (Sünden). Heute wird Sünde ganz anders definiert. Sie lächelt uns vom Werbeplakat als «süße Versuchung» entgegen. Sünde wird horizontal gedeutet, nämlich als Hindernis für die eigene Erfüllung. Diese muss beseitigt werden, damit der Einzelne ungehindert seine Vorhaben verfolgen kann.

Die fatale Wendung: Durch Ungehorsam bringt Adam die Sünde in die Welt.

Andere Menschen hindern mich an meiner Erfüllung.

Römer 5,12

Seit Kain und Abel ist die Menschheit in zwei Linien geteilt: die einen kennen ihre Schwachheit und rufen Gott an. Die anderen bringen vor allem Technologie und Kunst voran, aber entfernen sich von Gott.

Direkt nach dem Sündenfall greift Gott ein und gibt den Menschen, die sich vor Ihm schämten und versteckt hatten, Kleider zur Bedeckung. Er kündigt zudem an, dass jemand kommen würde, welcher dem Widersacher, der durch die Schlange zum Menschen gesprochen hatte, die gewonnene Macht wieder wegnimmt (Gen 3,15). Seither stand die Frage im Raum: Wer würde dieser Nachkomme sein? Eva mochte beim Anblick ihres erstgeborenen Sohnes Kain gejubelt haben. Umso größer war die Bestürzung, als dieser den ersten Mord der Menschheits­geschichte an seinem jüngeren Bruder beging. Der Ältere zertrat nicht der Schlange den Kopf, sondern tötete seinen Bruder, von dem das Neue Testament bezeugt, dass er glaubte (Hebräer 11,4). Seither ist die Menschheit in zwei Linien gespalten. Die einen werden sich ihrer Schwachheit bewusst und rufen den Namen des Herrn an (1.Mose 4,26); die anderen bringen eifrig Technologie und Kunst voran, entfernen sich jedoch vom Angesicht des Herrn. Wieviel anders erklärt uns die aktuelle Kultur unterschiedliche Lebensläufe. Sie deutet es als schicksalhafte Fügung und hätte Kains Weg bevorzugt. Doch aus dem Neuen Testament erfahren wir den entscheidenden Unterschied, dass nämlich Abel glaubte und Kains Werke böse waren (1. Johannes 3,12).

Seit dem Sündenfall gibt es zwei Linien, die des Glaubens und des Unglaubens.

Schicksal: Die einen schaffen es, die anderen nicht.

Hebräer 11,4; 1. Johannes 3,12

Der Mensch, bis zu einem von Gott bestimmten Punkt sich selbst überlassen, steuerte auf eine große Katastrophe zu. Gott überzog den gesamten Erdkreis mit Gericht. Wir erfahren, wo Er das Problem lokalisierte: Der Ursprung für alles Böse lag im Herzen des Menschen. Nicht die soziale Konditionierung, die Prägung der Umgebung, bestimmte den Kurs der Gesellschaft, sondern die aus dem Innersten hervorkommenden zerstörerischen Taten. Dies änderte sich keineswegs mit dem Gericht der Sintflut. Die acht Überlebenden entstiegen der Arche – und fielen erneut in Übertretung. Wenige Momente nach der Rückkehr auf den Erdboden lag Noah, der vor Gott Gnade gefunden hatte, betrunken in seinem Zelt (1. Mose 9,21). Richten wir den Lichtkegel auf unsere Zeit. Seitdem die Menschen sich in Europa vor über 250 Jahren allmählich von der Vorstellung eines Schöpfers und Erhalters, dem sie Rechenschaft schulden, getrennt haben, mussten sie das Böse in der Umgebung suchen. Schuld ist in aller Regel der andere. Ehepartner, Eltern, Kinder, Lehrer und einfach die Schule, die Umgebung oder die Gesellschaft werden des Übels verdächtigt. Dies geschieht zur eigenen Entlastung.

Das Problem liegt in uns drin begründet.

Die Umgebung verdirbt uns.

1.Mose 6,5; 8,21; vgl. Hiob 14,4; Psalm 51,7; Prediger 7,20

Gott sei Dank sah Gottes Rettungsplan die Erwählung Abrahams vor. Er rief ihn aus einer götzendienerischen Umgebung heraus (Josua 24,2). Abraham folgte, ohne zu wissen, wohin er kommen sollte (Hebräer 11,8). Er glaubte Gott, was ihm als Gerechtigkeit angerechnet wurde (1.Mose 15,16). Mit der Erwählung Abrahams sagte Gott voraus, dass durch einen seiner Nachkommen die ganze Erde gesegnet werden sollte. Paulus bezog diese Aussage auf Jesus (Galater 3,16).

Wer Gott aus seinem Dasein ausschließt, wird schließlich auf sich selbst zurückgeworfen. Er ist seines Glückes Schmied und muss an sich selbst glauben.

Gott erwählt aus freien Stücken Abraham (und durch ihn seinen Nachkommen Jesus).

Abrahams Glaube wird ihm als Gerechtigkeit angerechnet.

Vor allem ich entscheide über mein Schicksal durch meine Entscheidungen.

1.Mose 12,1-3; Galater 3,16; Römer 4,3-5

Zunächst lebten die Patriarchen als Fremdlinge (Hebräer 11,17). So wurden sie von ihrer Umgebung auch angesehen (vgl. 1. Mose 15,13; 17,8; 21,23+34; 23,4). Aus freien Stücken, so wie es Mose im Auftrag Gottes später dem Volk Israel eindringlich bezeugte (5. Mose 7,7-9; 9,4-5), hatte Gott Israel erwählt. Diese Wahl Seiner freien Gnade war nicht in irgendeiner besonderen Eigenschaft des Volkes begründet. Dieses Volk führte er dann durch Gericht aus der Sklaverei Ägyptens heraus. Dieser Befreiung wurde im Nachgang oft gedacht (z. B. in Psalm 78; 80; 81; 105; 106; 114). Vor dem Rettungsakt wurde die ausweglose Lage des Volkes betont (2. Mose 2,23-25).

Die Hoffnung auf Selbsterlösung ist ein großer Trugschluss, der sich durch zahlreiche Selbsthilfe-Angebote der Zeit zieht.

In der Sprache des Neuen Testa­ments ist Ägypten das Symbol für die Knechtschaft der Sünde (vgl. Galater 5,1; Hebräer 2,15). Beachtenswert ist die Lösung Jahwes, das Volk zu erlösen. Er gab ihm keine Tipps zum besseren Überleben in der Sklaverei Ägyptens. Er reduzierte auch nicht die Anzahl Ziegel, die es zu brennen galt. (Das ist vielfach die Taktik von Therapien.) Im auffallenden Gegensatz dazu stehen die zahlreichen therapeutischen Selbsthilfe-Angebote der Zeit. Sie gaukeln die Möglichkeit der Selbsterlösung vor. Viele versprechen bessere Gefühle durch die Rückkehr zur Übereinstimmung mit dem Eigenwillen. Diese Form von Selbsterlösung ist jedoch ein großer Trugschluss.

Gott erlöst sein Volk aus der Knechtschaft Ägyptens.

Ich erlöse mich selbst (zum Beispiel mit dem Motto «du kannst, wenn du nur willst»).

2.Mose 20,2; 5.Mose 26,6-8

Von Ägypten aus ging es nicht direkt ins verheißene Land, sondern zunächst einmal in die Wüste. Gott wusste um die Anfälligkeit des Volkes und führte sie nicht den direkten Weg (2. Mose 13,17-18). Dem Volk blieb stets die Hoffnung auf das verheißene Land. Dieser Pilgerstatus wird im Neuen Testament auf unser Leben zwischen der Wiedergeburt und dem Einzug in das ewige Leben (den Tod) angewendet. Wir haben hier keine bleibende Stätte.

Die Zeit der Wüste diente dem Test und der Reifung. Ähnlich der berühmten «Pilgerreise» von John Bunyan aus dem 17. Jahrhundert war es eine Zeit voller Fallen. Gott mutete ihnen diese Zeit zu; Er versorgte sie aber auch über den Zeitraum von 40 Jahren (5. Mose 1,30; 8,2-5).

Im Gegensatz zur Bibel muss der Mensch sich alles von einer erfüllten Gegenwart versprechen. Eine exzessive Freizeitkultur soll das Versprechen erfüllen.

Für Israel war es eine Zeit von ständig wiederkehrendem Versagen, Sünde und Gericht. Auch hier fällt auf: Gott rettete durch Gericht hindurch. Im Neuen Testament wird diese Zeit als warnender Hinweis für die christliche Gemeinde gesehen. Es besteht die Gefahr, dass Menschen «zurückbleiben», äußerlich sich zwar der Gemeinde anschließen, jedoch durch fehlenden Glauben abfallen (Hebräer 3,7-4,13).

Anders sieht die säkulare Sicht aus: Der Mensch muss sich von der Gegenwart alles versprechen. Man lebt nur einmal. Also gilt es, das Beste rauszuholen. Diese Einstellung widerspiegelt sich besonders in einer exzessiven Freizeitkultur.

Zwischen Ägypten und dem verheißenen Land kommt die Wüste.

Ich muss das Beste jetzt rausholen, nachher ist es vorbei. Ich suche mir deshalb meine Inseln der Glückseligkeit – im Privatleben, vor allem an Wochenenden und im Urlaub.

2.Mose 13,17-18; Hebräer 11,13; 1. Petrus 2,11

Teil II – Propheten: Alles verspielt

Der zweite Teil des Alten Testaments beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage: Wie ging das Volk, welches ins verheißene Land eingezogen war, mit dem Erbe um? Blieb es Seinem Gesetz treu? Die frühen Propheten zeigen den geschichtlichen Verlauf, die Schriftpropheten legen Zeugnis vom intensiven Warnen und Werben Jahwes ab.

Gott hatte Sein Volk in den «ersehnten Hafen» geführt (man lese Psalm 107). Er erwies sich als absolut zuverlässiger Partner. Josua vermerkt, dass kein einziges Wort zu Boden gefallen bzw. unerfüllt geblieben war (Josua 21,44). Auch hier fällt der Gegensatz zur Gegenwart markant aus: Viele Menschen jagen ihren Träumen nach. Wenn diese sich im Lauf der Jahre zerschlagen, sind sie schnell ersetzt. Ähnlich beschrieb später Jeremia den schnellen Götterwechsel von Gottes Volk (Jeremia 2,11).

Gott führt sein Volk ins Land und lässt kein Wort unerfüllt.

Wenn der Traum platzt, wird betäubt oder neu interpretiert.

Josua 21,44; 23,14-15; 1. Könige 8,56

Die Richterzeit zeichnet ein schreckliches Panorama der ersten Jahrhunderte nach der Landnahme. Nur gerade die Generation Josuas war dem Gesetz treu. Nachher fiel das Volk immer wieder von Gott ab. Wahrheit wurde Ermessenssache oder, noch genauer, abhängig vom momentanen Befinden. Die letzten Kapitel von Richter (17-21) zeigen beispielhaft die katastrophalen Folgen dieses Weges auf: Zerrüttung in der Familie, Desorientierung im Stamm, sexuelle Zügellosigkeit, endlich nationale Anarchie.

Die Parallele zum heutigen Wahrheits­verständnis des Westens liegt nahe. Die Beliebigkeit für den Einzelnen ist Pflicht. Jeder ist dazu «verdammt», sich seine eigene Wahrheit zurechtzulegen.

Sein Volk wendet sich von ihm ab. Richter bringen nur zeitliche Entspannung in der «Spirale des Ungehorsams».

Wahrheit ist relativ oder bestenfalls «sozial konditioniert».

Richter 17,6; 18,1; 19,3; 21,25

Wir sind heute besonders anfällig für ein vorgegaukeltes besseres Leben, wie es uns die Bilder der Schönen und Erfolgreichen auf ihren Instagram- Accounts vorspiegeln wollen.

Nach der Periode der Richter forderte das Volk einen König wie alle anderen Völker auch (1.Samuel 8,5). Dieser sollte dem Chaos der Richterzeit ein Ende bereiten. Das Volk jubelte, als es den stattlichen Mann Saul erblickte (1.Samuel 10,24). Der äußerliche Riese war jedoch ein geistlicher Zwerg, geplagt von Zweifeln und Unent­schlos­sen­heit.

Wir sind heute besonders anfällig für ein vorgegaukeltes besseres Leben, wie es uns die Bilder von Stars vermitteln. Wir blicken neidisch auf ihre Instagram-Accounts. Sie werden zur Projektionsfläche für unsere eigenen Träume.

Samuel, der letzte Richter und der erste Prophet, salbt den ersten ungehorsamen König und dann den zweiten, den «nach seinem Herzen».

Führer/Stars sollen es richten. Sie werden zu Projektionsflächen für die eigenen Träume.

Apostelgeschichte 13,20; 1.Samuel 13,14

Der Verlauf von Israels Geschichte im Land führt uns vor allem eines vor Augen: Auch die Führer konnten es nicht richten. Der erste König wurde wegen seiner Menschenfurcht abgesetzt (Saul), der zweite stolperte über seine sexuelle Zügellosigkeit (David), auch wenn er ein bußfertiges Herz hatte. Die Nachkommen fielen in Götzendienst (Salomo), was in der vierten Generationenfolge (Rehabeam) zur Reichsteilung führte.

Die heutige Zeit will uns, gesteuert vom intensiven Konsum bewegter Bilder, einreden, dass ein Neustart jederzeit möglich sei. Beziehungen werden nach Ablauf der positiven Gefühle aufgelöst, neue eingegangen. Viele Ressourcen fließen in die ständige Neuordnung der Beziehungen. So verrinnen die Jahre.

Sünde (zer)stört die Familie Davids, sein Sohn wendet sich nach einem vielversprechenden Anfang ab.

Ein «Reboot» ist jederzeit möglich.

1.Könige 11,2; 12,26; 2.Chronik 12,1

Nach der Reichsteilung geht es in beschleunigtem Tempo Richtung Untergang, sprich Deportation und Exil beider Teilreiche. Die Sünde der Führer hatte Folgen für die gesamte Nation. Der Götzendienst der 10 Stämme diente den Autoren der Geschichte Israels als Referenzpunkt bis zum Exil.

Heute werden Stolz und Halsstarrigkeit, die für Israels Untergang als Gründe ins Feld geführt werden, oft als Tugenden dargestellt. Wer sich selbst auf Kosten anderer behauptet, gilt als Gewinner.

Das geteilte Reich Israels schlittert unter ihren untreuen Führern in den Niedergang und in die Deportation.

Stolz und Halsstarrigkeit sind Tugenden.

2.Könige 17,7-23; Nehemia 9

Die Schriftpropheten Jesaja (8. Jahrhundert v. Chr.) und Jeremia sowie Hesekiel (Ende 7./Anfang 6. Jahrhundert v. Chr.) erinnerten das Südreich an den geschlossenen Bund. Der Zustand des Gottesvolkes war durch den Göt­zendienst innerlich marode geworden (vgl. Hesekiel 8). Das hielt sie jedoch nicht davon ab, sich noch immer als Privilegierte und Unangreifbare zu sehen (vgl. Jeremia 7,4). In drei Anläufen wurden sie von der Regionalmacht Babylon vollständig aufgerieben.

Heute überbieten sich Gesell­schaftskri­tiker gegenseitig mit Analysen und Sze­narien. In den Leitmedien erscheinen zahlreiche diagnostische Berichte. Jährlich fluten unzählige Bücher mit klugen Analysen den Markt. Dabei übertreffen sie manchmal gar Christen in ihren Fähigkeiten. Doch es fehlt ihnen die wirkliche Lösung.

Die Propheten erinnern Gottes Volk an ihren Bund. Sie kündigen Gericht wegen anhaltendem Ungehorsam und unverdientem Segen an.

Gesellschafts­kritiker bieten Diagnose ohne Lösung, die anderen predigen «positives Denken».

Zum Beispiel: Jesaja 1-2; Hosea 1-3

Doch selbst nach dem dunkelsten Kapitel in Israels Geschichte gibt es Licht. Gott erweist Seinem Volk Gnade. Weshalb? Dies hat nichts mit dem Ungehorsam des Volkes, sondern mit dem Heilsplan Gottes zu tun. Gottes Sohn würde die Schuld seines verirrten Volkes tragen (Jesaja 53).

So optimistisch und uneinsichtig sich Menschen vor dem Untergang gebärden, so sehr können sie danach in Melancholie versinken. Nicht nur einzelne Grundstücke, sondern ganze Landstriche und Regionen verfallen.

Gott knüpft nach dem Exil wieder mit seinem Volk an. In geringem Umfang werden Staat und Gottesdienst wiederhergestellt.

Wir geben auf und lassen verfallen.

2.Chronik 36,23; Esra 1,1

Teil III – Schriften: Ein weises Leben in der Furcht Gottes

Die Analysen der heutigen „Propheten“ sind meist von Ratlosigkeit gekennzeichnet.

Der große Teil der Schriften, der dritten Abteilung des Alten Testaments, ist komplett anders aufgezogen. Der Erzählstrang fehlt vollständig. Stattdessen werden auf poetische Art und Weise Schlaglichter auf ganz unterschiedliche Aspekte des menschlichen Lebens geworfen. Dabei wird nicht unzulässig vereinfacht, sondern Prinzipien und Tendenzen aufgezeigt, z. B. wohin Fleiß und Faulheit führen können. Die übergeordnete Perspektive ist die eines Lebens aus der «Furcht des Herrn».

Dies steht in wohltuendem Kontrast zur bunten, oft widersprüchlichen Landschaft von Therapeuten, die uns einreden: «Sorge gut für dir.» In der Konsequenz geht es oft um Lebensoptimierung, insbesondere Verdrängung von Leid.

In poetischer Weise werden Schlaglichter auf das menschliche Leben geworfen: Leid (Hiob), Gebet (Psalmen), weises Leben (Sprüche), Liebe (Hohelied), Sinnlosigkeit (Prediger), Trauer (Klagelieder)

Es existieren zahllose, einander widersprechende Konzepte zur Lebensoptimierung und zur Verdrängung von Leid.

Hiob 28,28; Psalm 111,10; Sprüche 1,7+8,13

Fazit

Wie können wir die «Große Geschichte» des Alten Testaments nun auf einen Nenner bringen? Etwa mit diesem Satz: Ich schaffe es nicht, ein anderer muss es richten. Der erste Mensch stellte sich gegen den, der den Totalanspruch an ihn hatte. Weder die Patriarchen noch Mose noch die Richter, die Könige und nicht einmal die Propheten konnten den Bruch des Volkes heilen. Das Alte Testament baut die Spannung auf den Erlöser auf, der ganz am Anfang (1. Mose 3,15) verheißen worden war.

Wie schade, wenn wir in unserem Denken und Handeln in den Reigen unserer säkularen Propheten einstimmen und von Selbstermächtigung, positivem Denken, Ausstieg und Neuanfang reden – ohne diese Botschaft ganz auf uns anzuwenden!

Erzähle am Familientisch oder auf einem Spaziergang deinen Kindern, deinem Ehepartner die Große Geschichte des Alten Testaments. Bitte Gott um Gelegenheit, einem Freund, Nachbarn oder Arbeitskollegen einen entsprechenden Überblick zu geben. Frage nach, was hängen geblieben ist. Lasse den anderen dasselbe tun.

Den ersten Teil der großen Geschichte der Bibel finden Sie hier.