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DIAKRISIS – die vergessene Tugend der Geisterunterscheidung wieder entdecken

Die vom Heiligen Geist geschenkte Gabe der Unterscheidung der Geister ist heute mehr denn je notwendig. Mit ihr wird der Gemeinde in Lehre und Leben, in der Verkündigung, Seelsorge und selbst in der Diakonie gedient. Für die Gesundheit und das geistliche Immunsystem der Gemeinde muss diese Gabe geübt und ausgeübt werden. Mit ihr wird vor allem zwischen Wirkungen von Gottes Geist, widergöttlichen und menschlichen Kräften unterschieden. Für die Übung der Gabe der Geisterunterscheidung ist eine gute Bibelkenntnis grundlegend. Aber es gehört auch Mut dazu, die Gabe in Demut und Entschlossenheit zu üben, denn es geht dabei nicht um Rechthaberei, sondern um die gesunde Lehre zum Lob Gottes und zum Nutzen der Gemeinde.

Ich möchte mit Ihnen über eine oft vernach­lässigte, aber notwendige christliche Grund­­kompetenz nachdenken: über die Gabe, Geister zu unterscheiden (1Kor 12,10). Kaum eine Zeit hatte diese Gabe so nötig wie die unsrige!

In der religiösen Mischkultur unserer Tage mixen sich viele ihre spirituellen Smoothies, lassen sich von ihren Gefühlen treiben und brauchen dringend eine biblische Orien­tierungshilfe. Denn nicht jeder geistliche Smoothie schmeckt nach Jesus! Er könnte sogar Schad- und Giftstoffe enthalten, die du auf den ersten Blick nicht erkennen kannst. Daher schreibt der Apostel Paulus: „Prüft alles und behaltet das Gute! Das Böse aber – ganz gleich in welcher Form – sollt ihr meiden.“ (1Thess 5,21.22)

Es geht mir in meinem Input also um die Gesundheit und Urteilsfähigkeit der christlichen Gemeinde. Dabei geht es nicht nur darum, das Böse, Unechte und Falsche zu vermeiden, sondern auch zu lernen, was gut, echt und wahr ist. Das dürfen wir dann geniessen und uns daran freuen.

1. Das Charisma „Geister zu unterscheiden“

Eine der etwa 20 Geistes­gaben, die im Neu­en Testament erwähnt wer­den, ist die Fähig­keit „Geister zu unterscheiden“ (1Kor 12,10). Doch was ist mit diesem terminus technicus „Geister­unter­schei­dung(en)“ (diakríseis pneumáton1 ) genau gemeint?

• Bei dieser wichtigen Gnadengabe geht es um eine Wahr­nehmung oder um ein Hinein­schauen in die un­sicht­­bare Welt.

• Es geht generell um die Urteilsfähigkeit und Unter­schei­dungs­kraft von „Gut und Böse“.

• Im Besonderen um die Fähigkeit, Geistes­kundgebungen im Hinblick auf ihre Echtheit und Herkunft zu beurteilen.2

  • „Prüft die Geister!“ (1Joh 4,1)

Christen werden aufgefordert:

„Glaubt nicht jedem, der behauptet, dass Gottes Geist durch ihn redet. Prüft vielmehr genau, ob das, was er sagt, wirklich von Gottes Geist stammt. Denn in dieser Welt verbreiten viele falsche Propheten ihre Irrlehren“ (1Joh 4,1).

Wörtlich heißt es hier: „Glaubt nicht jedem Geist“; damit ist hier der Geist des Menschen gemeint, der vom Geist Gottes oder vom Teufel inspiriert sein kann.

Unter dem Wort „Geister“ kann ja vieles verstanden werden:

• Geist oder Ins­pira­tions­quelle eines Propheten (1Kor 14,32)

• Geistbegabung (1Kor 12,1)

• Menschlicher Geist (Mt 16,23; Röm 8,16; Hebr 12,23)

• Böse oder teuflische Geister (Mt 10,8; Eph 6,12), unreine Geister (Mt 10,1), verführerische Geister (1Tim 4,1), Lügengeister (1Kön 22,21-23)

• Zeitgeist (der Mainstream und die Modeerscheinungen unserer Tage)

• Engel (Hebr 1,14)

• und vor allem der Heilige Geist

Modern übersetzt kann man von einem Durchblick rund um den spirituellen Bereich sprechen.

Die Gabe der Geisterunter­scheidung ist eine geistliche Urteilsfähigkeit oder -kraft für den Christen, um zwischen göttlichen, antigöttlichen und menschlichen Kräften und Einflüssen unterscheiden zu können.

Wir halten fest, dass diese geistliche Ur­teilsfähigkeit oder Urteilskraft (engl.: discernment) eine Gabe des Heiligen Geistes an wiedergeborene Chris­ten ist. Es geht dabei um eine geist­gewirkte Un­­terscheidung zwi­­schen antigött­lichen, göttlichen oder menschlichen Kräften und Ein­flüssen.

Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass manche konservativen Christen hyper­kritisch, fast ängst­lich allen neuen Bewegungen gegenüber stehen.3 Wir sollen ja nicht von vorneherein alles Ungewohnte oder Neue verdächtig finden und ablehnen, sondern „alles prüfen und das Gute behalten“ (1Thess 5,21). Viel zu oft ist die Einheit der Gemeinde durch liebloses Verurteilen und hartes Richten zerstört worden. Rechthaberei und Besserwisserei sind keine Früchte des Heiligen Geistes, sondern Liebe, Freundlichkeit und Güte (Gal 5,20.22). Permanente Warner, die nur ihre eigene theologische Überzeugung gelten lassen und jede andere Sichtweise verwerfen, schaden mehr, als dass sie nützen.

Es muss uns immer um das Wohl und die Gesundheit des Lei­bes Christi gehen. Wir sollen heilen und nicht spalten!

Paulus schreibt:

„Jedem von uns wird eine geistliche Gabe zum Nutzen der ganzen Gemeinde gegeben“ (1Kor 12,7).

Und: „Was ihr sagt, soll hilfreich und ermutigend sein, eine Wohltat für alle. Tut nichts, was den Heiligen Geist traurig macht“ (Eph 4,29.30).

Auf der anderen Seite dürfen wir jedoch auch nicht naiv, leichtgläubig und gegen den Gebrauch unseres prüfenden Verstandes sein. Denn der Apostel fährt fort:

„Liebe Brüder und Schwestern, seid, was eure Urteilskraft (Vernunft) betrifft, doch nicht wie kleine Kinder, die nicht verstehen, was man ihnen erklärt! Im Bösen, darin sollt ihr unerfahren sein wie Kinder; in eurem Denken aber sollt ihr reife, erwachsene Menschen sein“ (1Kor 14,20; vgl. Röm 16,17.18).

Um es mit dem englischen Theologen, John Stott, zu sagen: „Es kommt auch auf den Verstand an“4 (vgl. Ps. 32,9).

2. Wie zeigt sich die Fähigkeit „Geister zu unterscheiden“ im Neuen Testament?

Als Jesus in der Wüste vom Teufel versucht wurde, tat dieser das jeweils mit einem frommen Bibelvers auf den Lippen. Jesus bewies „Geisterunterscheidung“ und widerstand dem Bösen: „Weg mit dir, Satan, denn es heißt in der Schrift: ‚Bete allein den Herrn, deinen Gott, an und diene nur ihm!‘“ (Mt 4,10)

Später war die Versuchung noch viel raffinierter getarnt, als Simon Petrus auf die erste Leidensankündigung seines Meisters mit folgendem Ratschlag reagierte:

„‘Das möge Gott verhüten, Herr; nie darf dir so etwas zustoßen!‘

Aber Jesus wandte sich um und sagte zu Petrus: ‚Geh weg von mir, Satan! Du willst mich zu Fall bringen. Was du denkst, kommt nicht von Gott, sondern ist menschlich!‘“ (Mt 16,22.23).

Jesus erkannte, dass die gut gemeinten Worte seines Jüngers Petrus in Wahrheit eine satanische Versuchung darstellten und abgewehrt werden mussten.

Genau darum geht es bei der Gabe der Geisterunterscheidung: Jesus erkennt, dass die gutgemeinten, menschlichen Worte seines Jüngers für ihn eine satanische Versuchung darstellten. Vorbildlich für uns unterscheidet er, was antigöttlich, menschlich und göttlich ist.

Ein anderes Beispiel dafür finden wir in der Apostelgeschichte. Lukas schreibt:

„Eines Tages begegnete uns eine Frau, die von einem Wahrsagegeist besessen war; sie war eine Sklavin und brachte ihren Besitzern mit ihrer Wahrsagerei viel Geld ein. Die Frau lief hinter Paulus und uns anderen her und schrie in einem fort: ‚Diese Leute sind Diener des höchsten Gottes! Sie sagen euch, wie ihr gerettet werden könnt!‘ So ging das viele Tage, bis Paulus es schließlich nicht mehr ertragen konnte. Er drehte sich um und sagte zu dem Wahrsagegeist: ‚Im Namen von Jesus Christus gebiete ich dir: Verlass diese Frau!‘ Im selben Augenblick verließ der Geist die Frau.“ (Apg 16,16-18).

Was für eine fromm klingende Propaganda für Paulus und seine Mitarbeiter! Diese Sklavin sagte zu 100% die Wahrheit: „Diese Leute sind Diener des höchsten Gottes! Sie sagen euch, wie ihr gerettet werden könnt!“

Aber Paulus liess sich von dieser Schmeichelei nicht blenden. Er hatte die geistliche Fähigkeit, den Einfluss des Heiligen Geistes vom Einfluss dämonischer Mächte in einer Person zu unterscheiden. Der Versucher kennt auch die Wahrheit und bedient sich nach Belieben der Wahrheit, um sich zu tarnen und seine Ziele zu verfolgen (vgl. 2Kor 11,14).

Doch Paulus prüfte die Geister (1Joh 4,1), erkannte den falschen Geist und handelte entsprechend. Wie verhängnisvoll wäre es gewesen, wenn dieser falsche Geist unerkannt sein Unwesen in der jungen Gemeinde in Philippi getrieben hätte!

Die Gabe der Unterscheidung der Geister ist nötig, weil der Teufel auch Wunder tut und Gaben verleiht (Mt 7,15-23; 2Thess 2,9-11; Offb 13,11-15). Die Gabe der Geister­unterscheidung gewinnt aufgrund der Warnungen Jesu vor falschen Propheten und falschen Christussen in der letzten Zeit (Mt 24,24) eine große Bedeutung. Satan tarnt sich als „Engel des Lichts“ (2Kor 11,14). Doch Jesus hat seiner Gemeinde eine Unterscheidungsgabe geschenkt, um sie vor satanischen Verführungs­künsten zu schützen. So können wir erkennen, „ob wir es mit dem Geist der Wahrheit oder mit dem Geist des Irrtums und der Lüge zu tun haben“ (1Joh 4,6; vgl. auch 2Tim 4,3.4).

3. Wozu benötigen wir das Charisma „Geister zu unterscheiden“?

Kaum ein Zeitalter hatte diese Gabe so nötig wie das unsrige. Der Einfluss über das Internet, Social Media, Podcasts, Mails, Radio, TV, Konferenzen und Bücher ist immens. Ein Irrlehrer kann so z. B. auf Englisch nahezu die ganze Welt erreichen. Gleichzeitig stumpfen wir durch den unendlichen Strom an Informationen und Sinneseindrücken ab und können immer weniger beurteilen, was biblisch wahr oder falsch, echt oder unecht, geistlich oder ungeistlich, hilfreich oder verführerisch ist. Doch nicht jeder spirituelle Smoothie, den wir zu uns nehmen, schmeckt nach Jesus und ist gesund. Ist es da eine Frage, ob die Gabe der Unterscheidung der Geister nötig ist?

Die Gabe der Unterscheidung ist dringend nötig, sei es in unseren Gottesdiensten, in Lehre, Lobpreis, Seelsorge, im gemeindlichen Leben und selbst in der Diakonie.

Diese Gabe ist dringend nötig im geistlichen Geschehen in unseren Gottesdiensten, in der Verkündigung und Lehre, im Lobpreis und Gesang, in der Ausübung der Gnadengaben, in der Seelsorge und im Gebet für Menschen, im kirchlichen Leben und in der Diakonie. Auch da gilt: „Prüft alles und behaltet das Gute! Das Böse aber – ganz gleich in welcher Form – sollt ihr meiden.“ (1Thess 5,21.22)

Gerade auch im Zusammenhang mit prophetischer Rede sagt der Apostel: „Von denen, die diese Gabe haben, sollen nur zwei oder drei das Wort ergreifen; die anderen ´Gläubigen` sollen das Gesagte beurteilen“ (1Kor 14,29; vgl. auch Röm 12,6!).

Es gibt unter dem Anspruch geisterfüllter Rede manchen Irrtum und manche unbib­lischen Versprechen. Wir müssen daher lernen, die Stimme Gottes von der Stimme des Versuchers zu unterscheiden.

Dabei besteht das Prinzip des Prüfens darin, Gottes Wort als Maßstab an das Wort der Menschen anzulegen.

Merken wir, wie weit unsere Gleichgültigkeit und fast grenzenlose Toleranz von biblischen Maßstäben entfernt sind?

Christen sollen prüfen, beurteilen und unterscheiden. In der Apostelgeschichte werden die Leute von Beröa mit folgenden Worten besonders gelobt:

„Sie hörten sich aufmerksam an, was Paulus und Silas lehrten, und forschten täglich nach, ob dies mit der Heiligen Schrift übereinstimmte“ (Apg 17,11).

Nachforschen, prüfen und beurteilen! Weil die Vermischung aus Gottesgeist und Menschengeist oder sogar dämonischem Geist so gefährlich ist. Denn so wird das geistliche Immunsystem der Gemeinde außer Kraft gesetzt und dem Geist des Irrtums Tür und Tor geöffnet. Die Folgen davon können katastrophal sein (vgl. 2Petr 2,1-3).

Die geistliche Urteilsfähigkeit ist die Königin und Krone aller Tugenden, aber sie muss heute zur Stärkung des geistlichen Immunnsystems der Gemeinde wiederentdeckt und geübt werden.

Die Gabe der Geister­unter­schei­dung ist daher absolut nötig. Diese heute weithin vergessene Tugend muss wiederentdeckt werden, denn sie dient der Gesundheit der Gemeinde Jesu Christi.

Gott gibt uns damit nicht nur eine Gabe, sondern auch eine Aufgabe und die Verantwortung, sie zu gebrauchen.5

Nach Johannes von Damaskus (650-754 n. Chr.) ist die geistliche Urteilsfähigkeit „größer als jede andere Tugend. Sie ist die Königin und Krone aller Tugenden.“6

4. Wie soll nun das Ganze praktisch aussehen?

Geister unterscheiden zu können, sollte zur Grundkompetenz aller Christen gehören. Davon bin ich fest überzeugt! Obwohl alle Nachfolger Christi sich um ein geistliches Unterscheidungsvermögen bemühen sollten, haben im AT die Priester (3Mo 10,10) und im NT Älteste, Lehrer und Hirten der Gemeinde eine besondere Verantwortung, über der biblischen Lehre zu wachen (das sog. Wächteramt, vgl. 1Tim 4,16).

Doch nirgends lehrt das Neue Testament das „Amt des Geister­unterscheiders“7, sondern ermutigt uns alle, nach den besten Gaben zu streben (1Kor 14,1), also ganz sicher auch nach der Gabe der „Unterscheidungen von Geistern“ (in 1Kor 12,4-11 geht es um 9 Funktionen oder Tätigkeiten und nicht um Personen oder Ämter!8 ).

Überfordert dich das?

„Wenn es jemandem von euch an Weisheit mangelt zu entscheiden, was in einer bestimmten Angelegenheit zu tun ist, soll er Gott darum bitten, und Gott wird sie ihm geben“ (Jak 1,5).

Willst du ein gutes Unter­schei­dungs­ver­mögen bekommen? Dann studiere eifrig deine Bibel! Denn sie ist der Maß­stab, an dem alles geprüft werden muss (vgl. 1Tim 6,3.4; Hebr 4,12). Sie ist die Grundlage, um zwischen Irrtum und Wahrheit unterscheiden zu können. Jeder Christ kann so ein geistliches Unterscheidungs­vermögen entwickeln. Nur wer im Wort Gottes verwurzelt ist, kann in unserer nachchristlichen Zeit, die ihre Ethik auf dem persönlichen Nutzen (Utilitarismus) des Menschen aufbaut, die Geister unterscheiden. Wir haben einen ungeheuren Vorteil gegenüber der Urgemeinde: Uns steht die ganze Bibel in schriftlicher Form zur Verfügung.

Um reife und urteilsfähige Christen zu werden, müssen wir die feste Speise der Bibel zu uns nehmen, Gottes Wort „durchkauen“ und uns von ihm durchdringen lassen.

Wir dürfen jedoch nicht nur immer Milch trinken oder einen Smoothie aus Losungen und Lobpreis schlürfen. Um reife und erwachsene Christen werden zu können, müssen wir auf der festen Speise der Bibel herum kauen, bis uns Gottes Wort immer klarer wird und ganz durchdringt.

„Ein reifer Christ kann feste Nahrung zu sich nehmen. Nur wer seine Urteilsfähigkeit geschult hat, der kann auch zwischen Gut und Böse unterscheiden“ (Hebr 5,14).

Durch stete Übung können du und ich – und auch die heutige „Generation Lobpreis“ – es lernen, ein geistliches Unterschei-dungsvermögen zu entwickeln. So kannst du differenziert werten und unterscheiden, was menschlich und was göttlich ist. Denn nicht alle Gedanken und Empfindungen, die uns in den Sinn kommen und plötzlich auftauchen, sind unmittelbar vom Heiligen Geist inspiriert. Und dann gibt es ja noch gewisse Anteile in meiner Person, die nicht völlig von Gott durchdrungen sind. Da gibt es Angst, Oberflächlichkeit, Eitelkeit, Geltungs­bedürfnis, Stolz, Unreinheit und vieles mehr. Doch Jesus möchte alle Schichten meines Menschseins prägen und heiligen (vgl. Röm 12,1-3!).

Alles in meinem Leben soll IHM gehören und zu Seiner Ehre allein dienen. Auch meine Mitarbeit in der Gemeinde!

5. Einige biblische Kriterien zur Unterscheidung der Geister

Um erfolgreich prüfen zu können, braucht man einen guten und geeigneten Maßstab9. Hier ist er!

• Ist das, was gesagt, gesungen oder geschrieben wird, in völliger Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift?

• Ist die Bibel die alleinige Glaubensgrund­lage oder irgendetwas anderes (1Kor 4,6)?

• Was wissen wir über den Ursprung der Sache, über die Quellen, aus denen geschöpft wurde?

• Was wird über Jesus gesagt? Wird er nur als Mensch oder als Mensch gewordener Gott bezeugt (1Joh 4,1-3)? (Konzil von Chalcedon, 451 n.Chr.: wahrer Mensch und wahrer Gott)

• Wird er klein gemacht oder steht er als HERR im Mittelpunkt (1Kor 12,3; Joh 16,14; Ps 115,1)?

• Wird einseitig ein christliches Leben voller Triumph, Sieg und Wohlergehen abgebildet – oder wird der christliche Weg durch Leiden zur Herrlichkeit aufgezeichnet (Theologie des Kreuzes, Röm 8,18; Phil 1,29; 3,10)?

• Dient alles zum Wohl der Gemeinde und zum Bau des Reiches Gottes (1Kor 12,7)?

• Und Jesus sagte: „Hütet euch vor den falschen Propheten! Sie kommen im Schafskleid zu euch, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7,15.16). „Früchte“ sind ja nach außen sichtbare Auswirkungen des Inneren eines Menschen (Joh 15,5 und Gal 5,19-25). Über die (verborgenen) Motive eines Menschen können und sollen wir nicht urteilen (1Kor 4,5).

• Entspricht der Lebenswandel des Verkün­digers oder Gabenträgers dem Neuen Testament (vgl. 2Tim 3,1-7)? Doch beachte: Nobody is perfect, auch ich nicht!

  • Zum Schluss: einige hilfreiche Gebete10

• Herr Jesus, bitte schenk mir ein verständiges Herz und ein Offensein für deine Wege (vgl. 1Kön 3,9).

• Herr, hilf mir, die Wahrheit deines Wortes und die Lügen der Welt zu unterscheiden.

• Herr, hilf mir, deine Stimme von der Stimme des Versuchers zu unterscheiden. Ich will nur auf deine Stimme hören.

• Herr, gib mir ein Verlangen nach deinem Wort, damit ich mich sehne nach deiner Unterweisung, Führung und Weisheit. Du hast versprochen, demjenigen Weisheit zu geben, der dich darum bittet. Danke, dass du mir so gern ein geistliches Unterscheidungsvermögen schenken möchtest.

• Herr Jesus, richte meine Ohren auf dein stilles Reden, so dass mein sündiges Herz überführt, meine Lebenswege korrigiert und mein Denken erneuert wird. Du bist nicht ein Ankläger, der mich entmutigen und verzweifeln lassen möchte. Sondern du bist mein Fürsprecher, der mich durch das Wort sanft korrigiert und mich auf dem richtigen Lebensweg führt. Amen!

6. Anhang

Ich wagte es als junger Mann 1979 Horst Schaffranek in Frage zu stellen, noch bevor er seine Sekte gegründet hatte. Er wollte sich als Prophet nur von Propheten beurteilen lassen.

Prüft alles! Ein Fallbeispiel aus meinem Leben: Es war im Herbst 1979 in einer evangelischen Landeskirche in Norddeutschland. Der damals bekannte Evangelist, Horst Schaffranek11, sagte in seiner Sonntagspredigt, Gott habe ihm ein Bild und ein prophetisches Wort für die Gemeinde gegeben. In der Folge wurde Kritik geäußert. In einer Mitarbeiterzusammenkunft suchten wir die Aussprache mit ihm. Ich wagte es als junger Mann, seine Theologie in Frage zu stellen. Seine Antwort darauf war: „Pro­pheten dürfen nur von Propheten beurteilt werden. Und er ließe sich von mir nicht kritisieren.“ Ich habe ihn dann an Jakobus 3,17 erinnert und weiß nur noch, dass er mich daraufhin vor allen als Person schlechtmachte.

Man lud ihn danach nicht mehr in diese Kirchengemeinde ein.

Einige Jahre später gründete Schaffranek die Sekte „Sein wunderbares Leben heute“.

Die 100 bis 200 Anhänger der Gruppe waren ihrem 2013 verstorbenen Gründer extrem hörig. Das radikale Glaubensverständnis war verbunden mit einem Elitedenken, das keine Kritik an ihrem Chef Schaffranek duldete.

Dazu kam eine willkürliche und absolut gesetzte Verzerrung von Bibeltexten: „Du kannst auf dieser Erde Gott werden und sündlos leben!“ – sowie die totale Verurteilung aller Kirchen und christlicher Gruppen, verbunden mit einem krankhaften Sendungsbewusstsein und Eifer. Die „Schaffranek-Jünger“ setzten sich über staatliche Gesetze hinweg und störten immer wieder Veranstaltungen der Evan­gelischen Allianz. Pastoren und Pfarrer wurden als „Satansdiener“ tituliert.

Menschlich gesehen war das für mich nicht einfach, weil sich mein Vater unter der Verkündigung von Horst Schaffranek dem Glauben an Jesus zugewandt hatte. Aber durch die Gabe der Geister­unterscheidung konnten wir damals die falsche Lehre durchschauen und auf Distanz gehen.

„Man gewinnt den Eindruck, dass Schaffranek die Bibel als eine Offenbarung zweiter Klasse gegenüber dem direkten Reden und Führen des Heiligen Geistes betrachtet. Die Lehre von der Ortsgemeinde hat er nach eigenen Angaben ebenfalls durch direkte Offenbarung Gottes vermittelt bekommen.“12

All das konnten wir im Herbst 1979 noch nicht wissen. Doch durch die Gabe der Geisterunter­scheidung als hilf­reiches Früh­warn­system der christlichen Ge­meinde konnten wir die Lehre, das Auftreten und die Früchte dieses ehemals gesegneten Mannes anhand der Bibel als Maßstab prüfen und so zu ihm auf Distanz gehen. Menschlich gesehen war das nicht ganz einfach, denn mein Vater hatte sich zuvor durch die Verkündigung Schaffraneks für ein Leben mit Jesus entschieden13.


  1. Vgl. die Wörterbücher zum Neuen Testament von Bauer, Kittel und Coenen usw. 

  2. Vgl. Matthias Schöni, Die Gabe der Geister­unterscheidung, Zweimonatliche Vollwertkost der VFMG Nr.4/2005, PDF-Datei unter: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=2ahUKEwjSp8inuvbnAhV8xMQBHd89CzoQFjAAegQIARAB&url=https%3A%2F%2Fvfmg.ch%2Fwp-content%2Fuploads%2F2010%2F02%2F2005_cib-wvk_04.pdf&usg=AOvVaw1YBUcL7pNnFXiilpcQzMu4 

  3. Vgl. dazu auch Michael Griffiths, Cinderella’s Betrothal Gifts, Kent: OMF Books 1978, p. 57! 

  4. John R.W. Stott, Es kommt auch auf den Verstand an, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler-Verlag, 1975. 

  5. Vgl. Tim Challies, The Gift of Spirtual Discernment, https://www.challies.com/articles/the-gift-of-spiritual-discernment/ 

  6. Christianity.com Editorial Staff, What Is the Spiritual Gift of Discernment? The Discernment of Spirits, https://www.christianity.com/wiki/christian-life/the-spiritual-gift-discernment-of-spirits.html 

  7. Vgl. Werner de Boor, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, Wuppertal: Brockhaus Verlag, 1979, S. 204. 

  8. Vgl. Michael Griffiths, Cinderella’s Betrothal Gifts, Kent: OMF Books 1978, p. 16a. 

  9. Vgl. dazu auch Michael Griffiths, Cinderella’s Betrothal Gifts, Kent: OMF Books 1978, p. 56! 

  10. Vgl. dazu: Cindy McMenamin, What Is the Gift of the Spirit of Discernment and How Can Prayer Help? https://www.crosswalk.com/faith/prayer/what-is-a-spirit-of-discernment-and-how-can-prayer-help.html 

  11. Dürfen wir namentlich vor Irrlehrern und falschen Propheten warnen? Wie hat das z. B. Paulus gemacht, um die Gemeinde vor „reißenden Wölfen“, „Männer aus eurer Mitte“ (Apg 20,29.30) zu schützen? Manchmal hat er wohl nicht öffentlich Namen genannt, doch in den relativ kleinen Ortsgemeinden wird man gewusst haben, von welchen „Superaposteln“ („falschen Aposteln, betrügerischen Arbeitern“) er sich z. B. in Korinth distanzierte (2Kor 11,5.13). Manchmal fand er es jedoch auch nötig, Namen zu nennen (gerade in seinem sehr persönlich gehaltenen, letzten ntl. Brief): Phygelus und Hermogenes (2Tim 1,15), Hymenäus und Philetus (2Tim 2,17.18), Demas und Alexander (2Tim 4,10-15). In der Apostelgeschichte finden wir die Entlarvung von Simon Magus (Apg 8,9-25) und von Elymas oder Barjesus (Apg 13,6-12). Der Apostel Johannes warnte vor Diotrephes (3Joh 9-11). Auch Jesus warnte mehrmals vor den Lehren und Werken der Nikolaïten (Offb 2,6.15) und vor einer falschen Prophetin namens Isebel (Offb 2,20).

    Jedem, der sich öffentlich äußert (durch Bücher, Internet, Vorträge usw.) und falsche Lehren oder gar Irrlehren verbreitet, sollte öffentlich widersprochen werden. So trat z. B. Paulus dem Apostel Petrus (und letztlich auch Barnabas) offen entgegen und stellte ihn vor der ganzen Gemeinde zur Rede (Gal 2,11-14). Dabei ging es nicht um ein persönliches Fehlverhalten (wie in Mt 18,15-17), sondern um „die Wahrheit des Evangeliums“.

    Vgl. auch den Artikel: Georg Walter, Die Brüder beim Namen nennen, https://www.evangeliums-botschaft.de/darf-man-richten-georg-walter.html 

  12. Quelle: IDEA Spektrum Nr. 30/1999 

  13. Quelle: http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/sekte_horst_schaffranek.html