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Als Christ in sozialen Medien – nicht, ohne Gefahren und Chancen zu verstehen

Sollten sich Christen nicht aus den sogenannten sozialen Medien ganz zurückziehen, wenn sie sehen, wie diese funktionieren. Die Gefahr, dass vor allem die negativen Seiten des Menschen herausgestellt werden und auch besondere Beachtung finden, muss nicht davon abhalten, die modernen Medien in guter Weise zu gebrauchen, um die christliche Botschaft zu vermitteln und suchenden Menschen zu begegnen. Dazu aber sollte man sich der möglichen Verdrehung durch Lüge und Selbstdarstellung bewusst sein. Die Wahrheit kann sich aber auch dort behaupten.

Auf jeder Münze findet sich ein Kopf hinter der Zahl, auf jedem Würfel eine sechs hinter der eins und jede Briefmarke hat eine klebrige Seite hinter der schönen Oberfläche. Auf sehr ähnliche Weise liegt in jeder Technologie der gute Nutzen nicht weit vom Schaden, der angerichtet werden kann, die Tugend nicht weit vom Laster, das Hilfreiche nicht weit von seinem ganzen Gegenteil. Das Fernsehen, das uns wichtige Nachrichten bringen kann, fördert auch schlechte Unterhaltung. Die Maschine, die bei der Fortbewegung hilft, produziert Umweltverschmutzung. Das Atomkraftwerk, das eine Stadt mit Strom versorgt, bringt das Risiko mit sich, die Stadt bei einem Unfall zu zerstören. So sind das Leben und alle Technologien in einer Welt, die von der Sünde beschädigt ist.

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Darum können die sogenannten sozialen Medien im Internet genauso zum Guten wie zum Schlechten benutzt werden. Sie können Menschen von ihrer besten Seite zeigen und von ihrer schlechtesten, ihre freundlichste Seite sichtbar machen oder ihre menschenverachtende, ihre höchste Demut oder ihre ganze Aufgeblasenheit. Der größere Teil des Problems liegt nicht in der Technologie als solcher, sondern bei denen, die sie benutzen, insofern eine Plattform im Internet kaum mehr kann, als zu zeigen, wer wir sind und was wir glauben. Es sind immer unsere Herzen und unser Denken, die sich nach außen zeigen in kleinen Texten, Videoschnipseln oder sorgfältig bearbeiteten Fotos.

Wir müssen uns der Ideologien, die die sozialen Medien transportieren, immer bewusst sein, dass sie nämlich auf vielfache Weise belohnen, was Gott verachtet.

Wir sollten die Sache allerdings nicht unterschätzen, denn die sogenannten sozialen Medien sind absichtlich so gemacht, dass sie einen Gewinn mit unseren Schwächen erzielen wollen, eher jedenfalls als mit unseren Stärken. Sie belohnen deswegen Stolz vielmehr als Demut. Diese Plattformen fördern das oberflächliche Überfliegen von Texten mehr als das vertiefte Lesen. Sie belohnen spontanes Reagieren mehr als gründliches Über­denken, schnelle Empörung mehr als Weisheit. Salomo fragte: „Siehst du einen, der sich überhastet, wenn er spricht? Für einen Dummen ist mehr Hoffnung als für ihn.“ (Spr 29,30 NEU) Facebook aber fordert jeden Nutzer in jedem Moment auf, herauszulassen, was gerade in seinem Kopf ist. Salomo warnt, dass „wo viele Worte sind, geht es ohne Sünde nicht ab“ (Spr 10,19), aber Twitter (bzw. jetzt X) schlägt jederzeit und zu jeder Gelegenheit vor: „Zwitschere deine Antwort“. Salomo sagt, dass der Weise Ehre haben wird (Spr 3,35), aber auf den meisten Plattformen der sozialen Medien werden die Aufgeblasenen und Schlagfertigen, die Unfreundlichen und Anzüglichen am meisten gesehen und gehört. Sie werden geehrt durch die meisten Nachfolger und Aufmerksamkeit. Zwar mag derjenige, der seinen eigenen Geist beherrscht, ein besserer Mensch sein als der, der eine Stadt einnimmt, aber auf den entsprechenden Plattformen werden die negativen Seiten allzuleicht zu guten Seiten gemacht, indem man Aufgeregtheit mehr belohnt als Selbstkontrolle, Schroffheit mehr als Freundlichkeit und Arroganz mehr als Bescheidenheit.

Twitter, Facebook, Instagram, Snapchat, TikTok oder andere noch zu erfindende Technologien bieten gute Mecha­nis­men an, damit eine Plattform für viele Menschen entsteht und immer weiter wächst. Dabei aber soll man sich selbst aufwerten und andere abwerten, man soll jede Form von Überheblichkeit und allerlei Verrücktheit zeigen. Obwohl wir recht schnell den hohen Preis der Technologien erkennen können, bieten sie zugleich weiter viele gute Möglichkeiten. Keine von ihnen ist so verdorben, dass sie nicht auch auf eine Weise gebraucht werden könnte, die anderen Segen bringt und Gott ehrt. Es gibt auch viel Gutes auf der Rückseite des Verdorbenen. Denn wir können mit den Medien wahrhaft tröstliche Worte sagen und Augen trocknen. Wir können Aussagen oder Videos teilen, die erschlaffte Hände und müde Knie wieder stark machen. Wir können uns voller Güte mit denen beschäftigen, die verloren und verletzt sind. Wir können freundlich die Verirrten und Herumstreunenden herausfordern. Wir können sorgfältig diejenigen unterstützen, die verunsichert und ungelehrt sind. Wir können präsent und aktiv in Foren sein, wo Menschen gelehrt werden, Ideen diskutiert und die großen Herausforderungen unserer Zeit besprochen werden. Wir können sein, wo die Menschen dieser Welt zusammenkommen, und ihnen Gottes Wahrheit sagen und ihnen Gottes Liebe in unserem Leben zeigen.

Wenn wir allerdings innerhalb der sozialen Medien demütig sein und bleiben wollen, dann müssen wir demütig sein bevor wir in ihnen auftauchen. Wir müssen uns der Ideologien, die diese Medien transportieren, vorher bewusst sein, dass sie nämlich auf vielfache Weise belohnen, was Gott verachtet. Wir müssen uns der vielen Versuchungen dazu bewusst sein, die Dummheit zu fördern statt die Weisheit. Wir werden die Chancen umsichtig, mit Gebet und in Demut nutzen müssen.

Es gab in der ganzen Menschheitsgeschichte keine Zeit, wo es einfach gewesen wäre, demütig zu sein und Demut zu zeigen, und es gab keine Zeit, wo es schwer gewesen wäre stolz zu sein und Stolz zu zeigen. Die neue Herausforderung der sozialen Medien liegt in der Geschwindigkeit, in der die Verrücktheiten gezeigt werden, und der Reichweite, die der Schaden haben kann, der damit angerichtet wird. Soziale Medien haben keinen neuen Stolz hervorgebracht, sondern nur neue Straßen, auf denen er sich darstellen kann. Aber der Gott, der den Hoch­mütigen widersteht und den Demütigen Gnade schenkt, der hat auch Freude daran, uns die Demut zu schenken, die wir so sehr brauchen, wenn wir Licht sein wollen in der Dunkelheit, die uns umgibt; wenn wir aufrichten wollen, was zerbrochen ist; wenn wir jede Gelegenheit, die sich bietet, nutzen wollen, um die wunderbaren Wahrheiten unseres großen Gottes zu bekennen.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries