Wolfgang Reinbold ist Professor für Neues Testament an der Universität Göttingen und zugleich Beauftragter für Kirche und Islam im Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers. Mit dem vorliegenden Buch hat er eine Art Bibel-Koran-Synopse geschaffen. Alle 114 Suren des Koran sind der Reihe nach in deutscher Übersetzung abgedruckt und finden sich jeweils in großer Schrifttype in der Mitte der Seite. Unter dem deutschen Korantext steht in kleinerer Schrift der entsprechende transkribierte arabische Korantext, und links und rechts vom deutschen und arabischen Korantext finden sich in schmaleren Spalten und in kleinerer Schrifttype Zitate aus biblischen und außerbiblischen Büchern, die eine gewisse Ähnlichkeit zu den koranischen Versen aufweisen. Als außerbiblische Texte finden sowohl spätjüdische Schriften, der Babylonische Talmud und neutestamentliche Apokryphen als auch Hadithen (Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen Mohammeds) Verwendung.
Der Autor gibt keinerlei wertende Kommentare ab und sagt auch nichts zur Frage, wie Bibel und Koran entstanden sind. Es geht ihm einzig darum, Parallelen zwischen den beiden Büchern aufzuzeigen. Und solche Parallelen gibt es viele. Immer wieder findet man im Koran Anspielungen auf biblische Personen und Begebenheiten, auch wenn die koranischen Aussagen manchmal nur Zerrbilder der biblischen Vorlagen geben. Liest man sich intensiver in Reinbolds Werk ein, so stellt man fest, dass nicht immer eine Parallele ist, was der Autor als Parallele empfindet. Wenn er z. B. auf S. 136 Mt 5,44 („Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“) als Parallele zu Sure 4,86 („Wenn ihr mit einem Gruß begrüßt werdet, dann grüßt mit einem noch schöneren Gruß, oder erwidert ihn.“) darstellt, so ist dies schwer nachzuvollziehen. Die Feindesliebe findet sich nicht im Koran.
Reinbold, Wolfgang: Koran und Bibel. Ein synoptisches Textbuch für die Praxis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2022. 938 S. Hardcover: 55 €. ISBN: 978-3-525-63413-4
Reinbolds Buch ist nicht nur für christliche, jüdische und islamische Theologen, sondern für alle Personen interessant, die im christlich-jüdisch-muslimischen Dialog engagiert sind. Da alle Texte in deutscher Sprache abgedruckt sind, braucht der Leser weder Kenntnisse der biblischen Grundsprachen Hebräisch und Griechisch noch der Grundsprache des Korans, Arabisch. Mehrere Register komplettieren Reinbolds Werk: ein Bibelstellenregister, ein Register der außerbiblischen Schriften, eines zum Babylonischen Talmud, zur Mischna und den Midraschim, eines zu den Hadithen und eines zu den im Koran erwähnten Namen und Orten. Über diese ausführlichen Register kann man sich das Buch sehr gut erschließen. Dank eines Druckkostenzuschusses der Hannoverschen Landeskirche kann das voluminöse Werk zu einem relativ günstigen Preis angeboten werden.