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„Luther- Preis“ für Muslima!?

Eine afghanische Feministin und der Reformator Martin Luther? Wie passen die zusammen? Für die Verleiher des „Lutherpreises“ schien das kein Problem. Auch wenn man eine Würdigung der Leistungen von Zafira Ghafari befürworten mag, scheinen die Preisverleiher völlig vergessen zu haben, wofür Martin Luther stand. Sogar die Würdigung von Zivilcourage lässt im Vergleich manche Fragen aufkommen.

Der Luther- Preis wurde am 15. April 2023 auf Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden an die afghanische Feministin und Kommunalpolitiken Zafira Ghafari übergeben. Vor Machtübernahme der Taliban war sie eine der ersten Bürgermeisterinnen Afghanistans und Organisatorin mehrerer Frauenprojekte.

Martin Luther war der wohl bekannteste Reformator des 16. Jahrhunderts. Durch seine Erneuerung des christlichen Glaubens hat er Mitteleuropa bis in die Gegenwart positiv beeinflusst. Deshalb erscheint es durchaus angemessen, sich auch heute noch an ihn zu erinnern. Eine wichtige Funktion übernehmen dabei die Luther-Gedenkstätten an den Originalschauplätzen seines Lebens. Es ist erfreulich, wenn diese Luther-Städte Menschen auszeichnen wollen, die auch heute noch im Sinne Luthers arbeiten.

Luthers wesentliche Leistung bezieht sich vor allem auf Glaubensfragen, nicht auf eine Gesellschaftstransformation oder auf Frauenrechte. Luther hatte die moralischen und lehrmäßigen Fehlentwicklungen der mittelalterlichen, katholischen Kirche vor Augen. Ihm lag vor allem daran, zur Lehre Jesu zurückzukehren. Daraus ergaben sich eine epochemachende Bibelübersetzung, die Forderung nach Glaubensfreiheit, die Förderung der Lesefähigkeit und eine neue Perspektive der Arbeit. Als Luther sich vor Kaiser Karl V. verantworten musste und dabei auf sein Gewissen verwies, ging es um keine postmoderne Verteidigung persönlicher Wahrheiten, sondern um die feste Überzeugung, nicht gegen die deutlichen Aussagen Gottes handeln zu dürfen.

Es ist ein offensichtlicher Missbrauch Luthers, wenn sein Name dazu benutzt wird, allgemeine gesellschaftliche Leistungen auszuzeichnen. Luthers Reformation war vor allem eine Angelegenheit des Glaubens und nicht der Politik. Ganz allgemein forderte er sogar, sich dem Staat unterzuordnen, auch dem ungerechten. Nur wenn dessen Forderungen eindeutigen biblischen Aussagen widersprechen, habe der Christ die Pflicht „Gott mehr zu gehorchen als den Menschen“.

Mit seiner aktuellen Preisträgerin, Zarifa Ghafari, aber orientiert sich der „Luther-Preis“ nicht mehr an dem Anliegen oder der historischen Leistung des Reformators, sondern will ganz allgemein Zivilcourage auszeichnen. Eine Organisation, die sich namentlich auf Luther bezieht, sollte solche Ehrungen besser anderen Institutionen überlassen und sich auf ihren eigentlichen Auftrag konzentrieren. Immerhin gibt es weltweit zahlreiche Christen, die sich mutig für Glaubensfreiheit oder gegen den Missbrauch des Glaubens einsetzen. Auf deren Leistungen aufmerksam zu machen, wäre zweifellos eine wichtige Aufgabe und entspräche viel eher dem Anliegen Luthers.

Außerdem stand Luther dem Islam äußerst kritisch gegenüber. Er betrachtete ihn ebenso als Verfälschung des Glaubens. Hinsichtlich Frauenrechten dachte Luther überwiegend konservativ. Im Einklang mit der christlichen Tradition befürwortete er getrennte Verantwortungsbereiche von Mann und Frau, sowie eine allgemeine Rollentrennung.

Jemanden mit einem „Luther-Preis“ auszuzeichnen, der gegen die Überzeugungen und Werte des Reformators handelt, ist unglaubwürdig und sachfremd. Hier wird Luther lediglich für eigene politische und gesellschaftliche Zwecke instrumentalisiert.

Es ist anerkennenswert, wenn Luther-Städte in Erinnerung an den wichtigen Reformator einen Preis ausloben. Dabei sollten sie aber stärker darauf achten, dass der Preisträger irgendetwas mit Luther oder dem Anliegen der Reformation zu tun hat und nicht nur mit tagesaktueller Politik.

Letztendlich klingt die Vergabe eines „Luther-Preises“ an eine feministische Muslima ähnlich widersprüchlich als würde man einen CDU-Politiker mit einem Karl-Marx-Preis auszeichnen, einfach, weil er aus Glaubensgründen für eine bessere Versorgung von Rentnern plädiert.