Klaus Wengst war Professor für Neues Testament und Judaistik an der Universität Bochum. Das vorliegende Buch, eine Ausarbeitung von Vorlesungsnotizen, will die Bergpredigt Jesu für ein breiteres Publikum in ihrem jüdischen Kontext auslegen. Die Voraussetzungen der Auslegung, die der Autor offenlegt, sind nachvollziehbar: Die Bergpredigt ist eine Zusammenstellung des Evangelisten Matthäus (wobei Wengst nur „wenige Aussagen inhaltlich der matthäischen Redaktion“ zuordnet), sie ist eine Rede des irdischen Jesus, eines Juden, Matthäus selbst ist ein an den Messias Jesus glaubender Jude (aber natürlich nicht der Jünger Jesu). Auch wird zutreffend angenommen, dass Matthäus sein Evangelium für die Gemeinde schreibt, dabei aber über die Gemeinde hinausblickt.
Wengst, Klaus: Das Regierungsprogramm des Himmelreichs. Eine Auslegung der Bergpredigt in ihrem jüdischen Kontext. Stuttgart: Kohlhammer 2019. 236 S. Paperback. 26,00 €
Anhand dieser Prämissen erfolgt dann eine Auslegung von Matthäus 5-7. Wengst zeigt auf, wie Jesus das Thema „Gerechtigkeit“ durch seine Auslegung der Tora entfaltet und bedient sich dabei immer wieder rabbinischer Traditionen, greift aber auch häufiger auf Martin Luther zurück. Dabei ergeben sich durchaus einige interessante Erkenntnisse, etwa wenn die „Friedfertigen“ mit Luther als diejenigen definiert werden, die „Frieden fertigen“ oder die rabbinische Debatte um Scheidungsgründe geschildert wird.
Ob das Buch sich wirklich für ein breiteres Publikum eignet, darf bezweifelt werden. Trotz des Verzichts auf Fußnoten und originalsprachliche Passagen ist das Niveau hoch, die Lektüre daher am ehesten für Prediger und Theologen geeignet, die einen Überblick über den jüdischen Kontext der Bergpredigt suchen.