ThemenBibelverständnis

Nicht ohne den Zusammenhang – Der Kontext der Kultur

Bei der Auslegung der Bibel spielt auch der Faktor Kultur eine Rolle. Dabei kann nicht jede Forderung als kulturbedingt relativiert werden, aber zum richtigen Verständnis sind gewisse Kenntnis der Kultur der biblischen Zeiten notwendig. Das meiste kann man allerdings in der Bibel selbst lernen.

„Meine Rede und meine Predigt bestand nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft.“ 1Korinther 2,4

Auch auf die Art des Dienstes kommt es an. 1Korinther 2,4 sagt uns Paulus, dass er sich für eine Weise des Dienstes entschieden hat, die mit seiner Botschaft harmoniert. Die Botschaft von Paulus war Christus, sein Kreuz und seine Auferstehung (1Kor 15,1-4), so dass die Art und Weise mehr vom Kreuz bestimmt sein sollte als in Getue oder Selbstdarstellung. Wie ein Prediger seine Botschaft präsentiert und dabei auf sich als Botschafter achtet, wird die Botschaft Gottes, die ihm anvertraut wurde, entweder erhellen oder von ihr ablenken.

Das ist die Logik hinter der Ablehnung von klug überredender Darbietung des Evangeliums. Die Korinther glaubten wie die ganze griechisch-römische Welt, dass Weisheit dazu dienen kann, selber als großartig und als Teil der Gesellschaft dazustehen, zu der andere gesellschaftlich verehrte Männer gehörten. Die kulturelle Weisheit damaliger Zeit wurde bei den populären Weisheitsrednern bzw. den Sophisten sichtbar. Sie waren damals die Prominenz, die wusste, wie man sich selber präsentieren musste und so reden, dass man möglichst viele An­hänger gewann, einen gehobenen Status und Erfolg erlangte, selbst wenn man eigentlich nicht viel zu sagen hatte.

Als Paulus entschied, solche Weisheitsreden nicht zu nutzen, wollte er damit nicht sagen, dass er eine gute Vorbereitung für Predigt und Lehre ablehnt oder dass es bei der Wahl der Wörter nicht so drauf ankommt (vgl. 2Tim 2,15). Er wollte vielmehr die Einsichtigkeit seiner Botschaft nicht darauf aufbauen, dass er selbst als großartiger Mensch angesehen wird. Es ging nicht etwa darum, dass er nicht sorgfältig und gut begründet in seiner Predigt und Lehre reden wollte (Apg 18,19). Er wollte vielmehr seine eigene Schwäche nicht verstecken, so dass es auf das Wirken des Heiligen Geistes in seiner Botschaft ankam (2Kor 4,7; 12,9-10).

Ein Blick auf den Zusammenhang zeigt uns, warum das so wichtig war. Die Gemeinde in Korinth war gespalten durch ihre Leiter (1Kor 1,12-13; 3,3-5). Dabei ging es nicht um theologische Differenzen. Paulus und Petrus lehrten als Apostel, was Christus selbst gelehrt hatte und worauf unser Glaube ruht (Eph 2,20). Wo es lehrmäßige Unterschiede gab, da behandelte Paulus sie nicht als unerheblich (vgl. Röm 6,17-18). Hier aber ging es offenbar um Bindung an Personen – entweder an Apollos oder an Paulus (1Kor 4,6). Apollos war ein begabter Redner (Apg 18,24) und die Korinther fanden, dass Paulus kein solcher war (2Kor 10,10). Diese Christen waren von ihrer Kultur dominiert und fürchteten, dass die Schwäche und das furchtvolle Zittern, ebenso wie das Leiden von Paulus (1Kor 4,9-13), ihre Freunde von der Botschaft abschrecken könnten. Paulus wollte deswegen aufzeigen, dass seine Betonung der Schwachheit, sein anhaltendes Leiden und sein zuhaltender Stil in der Art des Dienstes nicht seine eigene Idee waren, sondern durch seine Botschaft hervorgerufen: Christus und sein Kreuz und der Weg, wie er die schlimmsten Sünder und schwache Menschen rettet (1Kor 1,17-31).

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Sehen wir den Kontext an, verstehen wir, warum 1Kor 2,4 nicht dafür gebraucht werden darf, einen Dienst für das Evangelium zu entschuldigen, der ohne Nachdenken und ohne Studieren auskommen will. Paulus ist kein Gegner dessen, was er selber praktiziert hat: starkes logisches Argumentieren, das Überzeugen mit Schriftbeweisen (vgl. Apg 17,16-31) und das Achten auf geistliches Wachstum in unserem Denken (Röm 12,2). Paulus lehrt uns aber, dass diejenigen, die das Wort Gottes lehren, eine bewusste Entscheidung hinsichtlich ihres Umgangs mit dem kulturellen Kontext treffen müssen. Wie können sie den Fokus ihres Dienstes auf der Botschaft behalten, die ihnen anvertraut wurde (Christus lehren aus der ganzen Heiligen Schrift) und auf den eigentlichen Grund, warum die Botschaft Kraft hat und wirkt (der Heilige Geist, der in Kraft durch die Schrift wirkt)?

Es gibt auch heute einen nicht unerheblichen Druck auf Verkündiger und Gemeinden, lieber auf die Plausibilitäts­strukturen ihrer Kultur zu hoffen, um einen gesellschaftlichen Erfolg zu erreichen. Paulus hatte die Entscheidung getroffen, die Weisheitsreden nicht in Dienst zu nehmen, um das Evangelium besser vermarkten zu können. Er entschied im Gegenteil, auf eine Verkündigung von Christus zu vertrauen, die die Kraft des Heiligen Geistes an die erste Stelle setzt, was dadurch sichtbar wurde, dass sein Leben als Diener verdeutlichte: „Es geht nicht um mich!“ (Vgl. 1Kor 1,31; 2,5; 2Kor 4,5).

Es kommt also sehr wohl auf das Verhalten des Predigers an. Die Weise, wie er lebt, wird die Botschaft, der er dienen will, entweder verleugnen (1Kor 1,17) oder ein Zeugnis der Echtheit für die sein, die ihm zuhören (2Kor 4,2.7; 2Tim 2,21). Er kann seine verantwortungsvolle Stellung als Leiter als Plattform nutzen, um etwas aus sich zu machen mit seinem Wissen, seinen Gaben und seiner Persönlichkeit. Oder er entscheidet sich, sie als Plattform für Gottes Absichten zu nutzen: Christus groß machen. Christliche Leiter stehen dauernd in der Herausforderung, die Entscheidung zu treffen, wie sie ihren Dienst tun wollen. Sie können sich den Prinzipien ihrer Kultur anschließen und auf den Kult um die Stars aufspringen oder sie wählen das Kreuztragen ihres Retters als Vorbild (Lk 22,24-27) und leben und dienen in Abhängigkeit von den Zielen, zu denen sie berufen wurden. 1Korinther 2,1-4 erinnert uns, dass die wirkungsvollste Botschaft die ist, die auf christuszentrierte, vom Geist abhängige und auf das Kreuz ausgerichtete Weise verkündigt wird.

Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries