ThemenWort- und Themenstudien

Der liebende Gott, der Friedefürst und seine kämpfende Kirche

Die Aufforderung aus Psalm 34,15 und Hebräer 12,14, den Frieden zu suchen, meint im gesamtbiblischen Zusammenhang nicht, dass Christen um des lieben Friedens willen auf klare Positionen und den Kampf gegen Böses bei ihnen selbst und in der Welt verzichten sollten. Es kommt allerdings darauf an, dass sowohl das Suchen des Friedens als auch der rechte Kampf vom Evangelium von Jesus Christus bestimmt ist. Christus hat sich selbst hingegeben, um Frieden mit Gott und unter den Menschen zu schaffen. Allerdings hatte das sehr wohl Anfeindungen zur Folge. Für ihren Kampf gibt Christus seinen Glaubenden die rechten Waffen, die zu einem wirklichen Frieden führen.

Die Jahreslosung 2019 lautete: „Suche Frieden und jage ihm nach“ (Ps 34,15). Frieden, hebr. Shalom, ist das umfassende Heil des Menschen, also viel mehr als eine äußere Ruhe oder die Abwesenheit von Krieg. Gott verheißt uns seinen Schalom, wenn wir an seinen Sohn Jesus Christus glauben und den Heiligen Geist in uns wirken lassen (vgl. Eph 2,14-22). Die Aufforderung aus Psalm 34, dem Frieden nachzujagen, erfordert aktives Handeln, das – gesamtbiblisch betrachtet – auch Kampf gegen Böses und Sünde miteinschließt. Deswegen erscheint es mir sinnvoll, dem Thema Frieden und Kampf so nachzugehen, dass wir zuerst das Wesen des dreieinigen Gottes betrachten.

1. Der liebende Gott ist zugleich der kämpfende Gott

Suche Frieden und jage ihm nach. Psalm 34,15

Der liebende Gott ist der Gott des Friedens (Röm 15,33; 16,20; 2Kor 13,11; Heb 13,20). Doch Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit drängen ihn zugleich dazu, gegen das Böse zu kämpfen. Im Alten Testament lautet ein Name von Gott „der Herr der Heer­scha­ren“ (hebr. Jahwe Ze­ba­oth). Gott erscheint in Psalm 46 auch als der, der Kriege lenkt und Waffen zerstört. Jesaja 1,24-28 macht deutlich, dass sein Kampf vor allem in seinem Gerichtshandeln besteht. So sieht auch Paulus den „Gott des Friedens“, als den, der „in kurzem den Satan unter euren Füßen zertreten“ wird (Röm 16,20).

2. Der Friedefürst Jesus Christus bringt zugleich das Schwert

In Jesajas Prophetie auf den Messias wird Jesus der „Fürst des Friedens“ (Jes 9,5) genannt. Jesus stiftete Frieden zwischen Gott und Menschen, indem er das Gericht Gottes über die Sünde und das Böse aus sich nahm. Gott ist nicht mehr unser Feind, sein Kampf richtet sich nicht mehr gegen den Menschen, der an den Friedefürst Jesus glaubt (Röm 5,1.8-11; Joh 5,22-24).

Durch seinen stellvertretenden Sühne­tod am Kreuz und seine leibliche Auferstehung von den Toten hat Jesus sowohl den Teufel (Gottes Widersacher), Tod und Hölle (ewige Gottesferne), Welt (Umstände und Dinge, die nicht an und für sich Sünde sind, aber uns z.B. in Abhängigkeit und damit zur Sünde führen können wie Alkohol, Fernsehen, Sexualität usw.) und Sünde (Schuld gegenüber Gott aufgrund Missachtung der Zehn Gebote und der Gottesliebe und Nächstenliebe) besiegt.

Der Friede mit Gott bewirkt auch Frieden zwischen Menschen untereinander. Wenn es nur möglich ist, sollen Christen von sich aus mit allen Menschen in Frieden leben (Röm 12,8). Heb 12,14a nimmt offenbar den Vers der Jahreslosung auf, wenn er fordert: „Jagt dem Frieden nach mit jedermann“. Auch die Christen untereinander sind durch das „Band des Friedens“ miteinander verbunden (Eph 4,3).

Kämpfe den guten Kampf, der zu einem Leben im Glauben gehört, und fasse das ewige Leben, zu dem Gott dich berufen hat und für das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast. 1Timotheus 6,12

Trotzdem spricht Jesus davon, dass er das Schwert bringt (vgl. Mt 10,34). Paradoxer­weise bringt der Friedefürst Streit, Zwiespalt und Auseinander­setzung in Familien und in die engsten Beziehungen hinein. Warum? Weil er Mensch und Gott ist und deswegen jede und jeden vor die Wahl stellt, ihn als persönlichen Herrn und Heiland anzunehmen. Das bedeutet häufig, heute vor allem für viele Muslime, aber auch Chinesen und Nordkoreaner, dass man sie in ihrer Familie und in ihrem Umfeld anfeinden wird und sie es vielleicht sogar verlassen müssen.

Jesus bringt das Schwert in die Gesell­schaft: Wer zu Jesus gehört, wird gewissermaßen aus der Gesellschaft „herausgeschnitten.“ Er wird ein „Weltfremder“ (1Pet 2,11-12). Jesus befiehlt uns insbesondere für diese Situation die Feindesliebe (vgl. Mt 5,44). Der angefeindete Glaubende reagiert nicht mit Hass gegenüber Menschen und er fängt auch nicht an, für sein eigenes Recht zu kämpfen (Röm 12,19-21).

3. Der Heilige Geist kämpft gegen unseren Egoismus

Außer der Anfeindung aus der umgebenden Welt, bringt der Friede des Christus einen weiteren Kampf mit sich. Es geht um den Kampf, der auf dem Schlachtfeld des Lebens jedes einzelnen Christen beginnt. Paulus nennt ihn den Kampf zwischen Fleisch und Geist. Davon handelt im Römerbrief Kapitel 7 und 8. Jesus hatte die Situation des Christen so zusammengefasst: „Der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach“ (Mt 26,41). Mit dem Begriff „Fleisch“ sind dabei alle von der Sünde betroffenen Regungen des Menschen gemeint. Der Heilige Geist kämpft gegen das Fleisch, d.h. gegen unseren Egoismus, Zorn, Neid, Hass, Verzweiflung, Mutlosigkeit, sündiges Begehren und jede Sünde, die in uns wohnt. Vieles, was wir für unsere „Bedürfnisse“ halten, ist gegen Gottes Willen für uns und auch nicht gut für uns. Ihnen nachzujagen entfernt uns von Gott und von dem Menschen, in den Jesus uns umgestalten will.

4. Die Kirche kämpft gegen Ideologien

Denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht menschlich, sondern es sind die mächtigen Waffen Gottes, geeignet zur Zerstörung von Festungen. 2Korinther 10,4

Die protestantische Theologie hat die Kirche immer zugleich als kämpfende Kirche und als leidende Kirche gesehen. Ohne Kampf kein Sieg und kein Sieg ohne Leiden! Der Apostel Paulus weist uns darauf hin: „Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut [= nicht gegen Menschen], sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die geistigen Mächte der Bosheit in der Himmelswelt“ (Eph 6,12; vgl. 2Kor 10,4-5). Die neutestamentlichen Briefe verdeutlichen, dass es dabei vor allem um den Kampf gegen Ideologien geht. Die Apostel geben keine genauen Anweisungen zur Austreibung von Dämonen – auch wenn es die Notwendigkeit geben kann –, sondern zeigen, dass der Teufel vor allem mit Lügen wirkt, die sich zu ganzen Gedankengebäuden auftürmen und das Evangelium verdrängen wollen. Dämonen können sich auch in Ideologien manifestieren. Ideologien sind Weltanschauungen, die direkt oder indirekt gegen Gott gerichtet sind.

Unser Kampf gegen die Mächte der Finsternis besteht z.B. darin, dass wir unsere Sorgen auf Jesus werfen, weil sich in den Sorgen die Behauptung verbirgt, Gott könne oder wolle nicht helfen und wir könnten und müssten uns doch selbst helfen (1Pet 5,6-9). Für unseren Kampf sollen wir täglich die ganze geistliche Waffenrüstung ergreifen (vgl. Eph 6,13-17).

Einzelne Beispiele heutiger Ideologien, die gegen das Evangelium kämpfen und uns herausfordern, will ich benennen.

  • Kultur des Todes

Jesus nennt den Teufel auch einen Mörder (Joh 8,44). Die Kultur in Europa verwandelt sich zunehmend in eine Kultur des Todes, in der das Leben in allen Alterssegmenten angegriffen wird: Das werdende Leben im Bauch der Mutter wird durch die Abtreibung bedroht, das kindliche durch die Zerstörung der Familie, das alternde Leben durch die Sterbehilfe, weil ein Leben in Leiden angeblich nicht lebenswert sein kann und man nur „niemandem zur Last zu fallen“ soll. Bereits Kindern wurde schon die Euthanasie gewährt. Als Christen haben wir die begründete Hoffnung, dass Jesus leiblich-körperlich von den Toten auferstanden ist. Durch seinen Heiligen Geist befähigt er uns im Alltag, eine Kultur des Lebens und der Freude zu etablieren und das auch im Leiden.

  • Modernes Biedermeiertum

Die erste Biedermeierzeit erstreckte sich von 1815 bis ca. 1848, also nach den napoleonischen Kriegen bis zum deutsch-französischen Krieg. Diese Zeit war geprägt von einem Rückzug ins Privatleben; Politisches wurde gemieden. Heute befinden wir uns gewissermaßen in einer zweiten Biedermeierzeit, auch wenn es erste Anzeichen gibt, dass sich das ändern könnte. Weder politisch noch in der Kirchgemeinde will man sich zu fest exponieren und engagieren! Nur ja nicht auffallen! Vor allem in Europa ist diese Ideologie momentan verbreitet. Das Evangelium ist aber immer politisch, weil das kürzeste Glaubensbekenntnis lautet: „Jesus Christus!“ Jesus ist der Christus (gesalbter König) und nicht der Kaiser in Rom bzw. Bürokraten in Brüssel, Berlin oder Bern.

  • Genderideologie

Die Genderideologie behauptet, dass das Geschlecht vor allem eine Zuschreibung von außen ist und nicht durch die Biologie gegeben. Deswegen könne der Mensch sein Geschlecht gewissermaßen selbst bestimmen. Die Genderideologie hat den Anspruch, zum gesellschaftlichen Hauptstrom (mainstream) zu werden und alle anderen Meinungen (auch christliche und wissenschaftlich fundierte) an den Rand zu drängen. Damit entlarvt sich die Genderideologie als totalitäre Weltanschauung. Über Lehrpläne an den staatlichen Schulen und politische Vorstösse gelingt es Genderideologen, Verwirrung um Geschlecht und Sexualethik zu streuen. Dies löst viel Schmerz und Schaden aus, weil Gottes Schöpfungsordnung wissentlich übersehen wird (vgl. Gen 1,26-27). Dank Jesus und der Vergebung, die er uns vorgelebt hat, sind Christen in der Lage, gesunde Ehen und Familien zu führen. Darin besteht neben dem politischen Engagement übrigens ein wichtiger Teil des Kampfes.

  • Kultur­relativismus

Eine weitere Ideo­logie ist die Behauptung, dass es nur religiöse Meinungen gebe, aber keine göttliche Offenbarung. Damit wird direkt die Bibel als Gottes Wort angegriffen. Die zugrundeliegende Philosophie besteht im Kulturrelativismus, der alle Kulturen und Religionen als gleichwertig ansieht. Doch Jesus ist nicht ein Religionsstifter unter vielen, sondern er vertritt einen Absolutheits­anspruch (vgl. Joh 14,6), weil er von den Toten auferstanden ist und heute noch lebt. Damit sind seine Worte der Bibel höchste Autorität für unser Denken und Handeln.

6. Wie sollen wir kämpfen?

Wer die aktuellen Ideologien wahrnimmt, der stellt sich die Frage, wie er gegen sie ankämpfen soll. Paulus erinnert uns daran: „Wenn aber auch jemand am Wettkampf teilnimmt, so erhält er nicht den Siegeskranz, er habe denn gesetzmäßig gekämpft“ (2 Tim 2,5).

Mit ihnen zerstören wir Gedanken­gebäude und jedes Bollwerk, das sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, wir nehmen jeden solcher Gedanken gefangen und unterstellen sie dem Christus. 2Korinther 10,5

Am Anfang stehen Gebet und Bibel­studium, damit wir die „listigen Anläufe des Bösen“ überhaupt erkennen und dann nicht selber auf die Lügen des Teufels hereinfallen. Die meisten Teile der Waffenrüstung in Epheser 6 dienen dazu, dass wir im Glauben an Jesus Christus leben und bleiben. Mit dem Schwert des Geistes, dem Wort Gottes, können die Ideologien richtig beurteilt und Wahres und Falsches unterschieden werden.

Im zweiten Schritt kämpfen wir mit Argumenten, die in Liebe vorgetragen werden, gegen solche Weltanschauungen, die gegen Gott und die Bibel rebellieren. Dabei ist Liebe und Demut wichtig: Es geht nicht darum, Streitgespräche, sondern Menschen für Jesus zu gewinnen. Mit dieser Perspektive kann sogar eine Niederlage in der Welt ein Sieg für das Reich Gottes sein, wenn man die Ewigkeitsperspektive im Blick hat.

Es ist entscheidend, unsere Gegner weder zu verunglimpfen noch persönlich anzugreifen, sondern ihre Ideologie(n) mit Argumenten zu widerlegen und den Menschen nicht auf seine Ideologie zu beschränken. Jeder Mensch ist wertvoll, weil er Ebenbild Gottes ist und Gott ihn liebt (vgl. Gen 1,26-27). Auch ein Gegner des christlichen Glaubens kann sich Jesus zuwenden und seine Meinung ändern. Bei Auseinandersetzungen ist es außerdem hilfreich, sich an folgendes Motto zu halten: „Positives immer schriftlich; Negatives nie schriftlich.“ Jesus rät uns, uns noch auf dem Weg zum Gericht zu einigen, um einen Gang vor Gericht zu vermeiden (vgl. Mt 5,25) und versöhnungsbereit zu sein (vgl. Eph 4,32; Kol 3,13).

7. Fazit: Kämpfen in Liebe

Wie sollen wir als Christ nun leben? Wir sollen dem Frieden nachjagen, sagt Gott. Paulus schreibt auch: „Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden!“ (Röm 12,18). Aber: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“ Dies ist eine große Entlastung für uns, wenn wir aufgrund unseres christlichen Glaubens Gegner haben. Gott verlangt von uns keine falsche Harmoniesucht oder Frieden um jeden Preis auf Kosten der Wahrheit. Die Apostel betonten: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen“ (Apg 5,29).

Ich habe einen guten Kampf gekämpft und habe das Ziel erreicht! Den Glauben habe ich unversehrt bewahrt. 2Timotheus 4,7

Dank Jesus können wir sogar unsere Feinde lieben. Als Christen beten wir für jene, die uns hassen und tun denen Gutes, die uns verfolgen (vgl. Mt 5,44; Lk 6,27). Das ist ein Abglanz der Liebe, die Gott zu hat und deswegen bleiben wir immer Gott und seinem Wort treu. Zur Jahreslosung 2019 „Suche Frieden und jage ihm nach“ gehört deswegen als andere Seite der Medaille der Kampf gegen das vielfältige Böse: „Kämpfe den guten Kampf, der zu einem Leben im Glauben gehört, und fasse das ewige Leben, zu dem Gott dich berufen hat“ (1Tim 6,12).