Hauptsache den lieben Frieden nicht gefährden! Und wenn es doch knirscht, dann alles tun, damit er schnell wiederkehrt. Einen Streit austragen? Besser nicht! Lieber klein beigeben, um des lieben Friedens willen. Eine Position vertreten, die bei anderen übel aufstoßen könnte und sie verärgern? Besser nicht! Lieber schauen, woher der Wind weht und anschließend das eigene Fähnchen in denselben hängen. Nur nicht provozieren, selbst wenn die eigene Überzeugung zur Disposition steht. Geht es so nicht allen besser?
Aber was passiert, wenn der Friedensliebhaber auf einen rücksichtslosen, zu Diffamierung und vielleicht sogar zu Gewalt bereiten Zeitgenossen trifft? Leider werden dann keine Argumente ausgetauscht. Es beginnt auch kein gesunder und hoffentlich fairer Streit, um den besten Weg und die Wahrheit. Gegenüber dem totalen Friedensfreund werden meist die absolute Frechheit und die Bereitschaft zur Gewalt siegen. Tatsächlich gibt es auf dieser Welt keinen Frieden, der nicht teuer erkauft, manchmal erkämpft und auch verteidigt werden muss. Aber ist das nicht ein Widerspruch in sich wie in Orwells 1984: „Krieg ist Frieden“?
Der Blick in die Bibel hilft. Jesus preist die Friedensstifter als rechte Kinder Gottes (Mt 5,9). Das sind offenbar nicht die Leute, die sich nur oberflächlich mit den Nöten und Sünden beschäftigen, schnell ein Trostpflaster kleben und „Friede, Friede!“ rufen, wo tatsächlich kein Problem gelöst ist (Jer 6,14; 8,15). Solche Propheten denken übrigens damals wie heute meist an ihre eigene Bequemlichkeit und Vorteile. Gott mutete seinem Volk schwere Zeiten mit Krieg und Gefangenschaft zu, was sie annehmen und dabei ihre Haltung ihm gegenüber ändern sollten. Als Jesus Mensch wurde, kam er mit dem Auftrag, Frieden zwischen Gott und Menschen zu schaffen. Er war bereits als „Fürst des Friedens“ angekündigt (Jes 9,5) und Paulus kann sagen „Er ist unser Friede!“ (Eph 2,14).
An Jesus wird einiges klar. Wirklichen Frieden kann es nicht auf der Grundlage von Täuschung und Lüge geben. Die Wahrheit muss ans Licht und wenn sie noch so schmerzhaft ist. Wie der Arzt die eiternde Wunde reinigen muss, so darf der Zustand des Menschen nicht ohne Behandlung verdeckt werden. Doch die Behandlung soll der Heilung dienen und darf kein Messerumdrehen in der Wunde sein. Der Friede des Christus geht darum einer notwendigen Konfrontation nicht aus dem Weg, selbst wenn ihm das Anfeindung bis zur Bedrohung mit dem Tod bringt (Mt 10,34-38). Der wahre Friedensstifter wird aber Feindschaft mit Liebe beantworten wollen und den Hassern trotzdem Gutes tun (Lk 6,27.35).
Echter Friede ist nicht die Grabesruhe, wenn jeder Feind zum Schweigen gebracht wurde. Frieden ist die Versöhnung der tief Verfeindeten. Dafür hat Christus einen hohen Preis bezahlt und sein Leben am Kreuz geopfert, als wir Menschen noch Feinde waren (Röm 5,10). Das war deswegen kein sinnloses Sterben, weil Christus so zum Mittler wurde. Für die Seite Gottes hat Christus die notwendige Strafe getragen und die Gerechtigkeit hergestellt. Auf der Seite der Menschen hat er der Liebe und dem Vertrauen zu Gott einen sicheren Grund gegeben. „Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen.“ (Kol 3,15)