Sechs Jahre nach dem ersten Kommentar der EZRA-Studienreihe haben die Verlage erneut einen Kommentar von Roger Liebi aufgelegt, diesmal zum Buch der Sprüche.
Nach einer kurzen Einführung legt der Autor – wie vom ersten Band gewohnt – abschnittsweise, manchmal auch Vers für Vers, aus. Im Unterschied zum ersten Band hat sich der Verlag allerdings dazu entschieden, den Bibeltext abzudrucken, was den schnelleren Vergleich zwischen Bibeltext und Auslegung ermöglicht.
Von der grundlegenden These aus, dass der Herr Jesus die personifizierte Weisheit ist und Gott uns im Buch der Sprüche nicht nur Unterweisungen und Gebote übermitteln, sondern uns in eine lebendige Beziehung mit dem Herrn Jesus führen möchte (S. 24), gelingt es Liebi, den jeweiligen Bibeltext verständlich zu machen und ihn (christuszentriert) anzuwenden. Beziehungsorientiert versteht Liebi auch den hebräischen Begriff für die Erkenntnis Gottes, weswegen er wohltuend feststellt, dass Weisheit nicht einfach bedeutet, Wissen anzuhäufen, sondern in einer echten persönlichen Beziehung mit dem Herrn Jesus zu leben (S. 28, 68).
Liebi, Roger: Sprüche. CMV-Hagedorn & Pfäffikon: CLKV (Co-Produktion) 2017. 263 S. Hardcover: 14,90 €. ISBN: 978-3-96190-016-9
Liebi geht in einer Fußnote kurz darauf ein, dass ca. ein Drittel der Verse aus Spr 22,17-23,11 auch in dem ägyptischen Weisheitsbuch „Die Weisheit des Amenemope“ zu finden sind. Er stellt im Gegensatz zur (historisch-kritischen) Mehrheitsmeinung fest, dass das Buch der Sprüche älter ist als das ägyptische Weisheitsbuch und dass das heidnische Buch daher aus der biblischen Weisheit schöpfte (S. 172) – ein Standpunkt, der vermehrt auch von mit der historisch-kritischen Methode liebäugelnden evangelikalen Alttestamentlern nicht mehr vertreten wird.
Liebi bleibt demgegenüber beim Bibeltext stehen und geht in seiner Auslegung auch nicht näher auf andere (kritische) Standpunkte ein. Dies mag für manch einen theologisch interessierten Leser enttäuschend sein. Für diejenigen doch, die sich bei ihrem Bibelstudium allein auf den Schriftbefund stützen, sind seine Ausführungen empfehlenswert.
Es bleibt zu wünschen, dass die Verlage nicht wieder sechs Jahre benötigen, um weitere solide bibeltreue Kommentare in dieser Reihe aufzulegen.