- Im März 2018 starb der amerikanische Evangelist Billy Graham, der mit seinen Predigten viele tausend Menschen auf der ganzen Welt erreichte.
- Über Jahrzehnte war er auch der Pastor der amerikanischen Präsidenten.
- Zu seinen Predigten gehörte die geöffnete Bibel in der einen Hand und die Botschaft an seine Zuhörer, was Gott gesagt hat.
Es geschieht nur selten, dass säkulare Medien den Tod eines evangelikalen Predigers positiv aufgreifen. Doch an Billy Graham, eigentlich William Franklin Graham, kommt keiner vorbei. Zweifellos war er eine der einflussreichsten christlichen Personen des 20. Jahrhunderts.
Ende Februar 2018 ging die Nachricht vom Tod der amerikanischen Predigerlegende Billy Graham durch die Medien. Mit „biblischen“ 99 Jahren ist der weltbekannte Evangelist am 21. Februar 2018 in Montreat / North Carolina gestorben. Seit dem Tod seiner Frau, Ruth Bell Graham, im Jahr 2007 und den immer stärkeren gesundheitlichen Einschränkungen infolge seiner Parkinson-Erkrankung war er nur noch selten in der größeren Öffentlichkeit zu sehen gewesen. Vielen bleibt Graham als Mann in Erinnerung, der bei seinen Predigten die Bibel nicht nur in der Hand hielt, sondern seine Zuhörer beständig an das Wort Gottes verwies und nicht an seine eigene Person band.
Auf die Nachricht vom Tod Grahams twitterte der aktuelle amerikanische Präsident Donald Trump (geb. 1946):
„Keiner war wie er! Er wird von Christen und allen anderen Religionen vermisst werden. Ein ganz besonderer Mann.“
Vizepräsident Mike Pence erinnerte, Graham habe mit seinen unvergleichlichen Ansprachen das Leben von Millionen verändert. Expräsident Jimmy Carter (geb. 1924) würdigte ihn als Prediger, der „unermüdlich die Botschaft von Brüderlichkeit und Hoffnung verbreitet hat. Er formte das geistliche Leben von vielen Millionen Menschen weltweit“.
Beerdigung und Würdigung
Am Freitag den 2. März 2018 wurde Graham in seiner Heimatstadt Charlotte beerdigt. In den Tagen zuvor war sein Sarg im Kapitol aufgebahrt worden, eine Ehre, die sonst fast ausschließlich Regierungsmitgliedern zuteil wird. An der Trauerfeier nahmen über 2000 geladene Gäste teil, darunter US-Präsident Donald Trump und Vizepräsident Mike Pence.
Meine Mutter brachte mir bei, die Bibel immer wieder zu lesen. Mein Vater brachte mir bei, immer über die Bibel nachzudenken.
Grahams Tochter Anne Graham Lotz (geb. 1948) erinnerte auf der Trauerfeier: „Meine Mutter brachte mir bei, die Bibel immer zu lesen. Und mein Vater brachte mir bei, immer über sie nachzudenken.“ Grahams Sohn Franklin (geb. 1952) verknüpfte seine Traueransprache, ganz im Sinne seines Vaters, mit einem evangelistischen Aufruf: „Wenn er heute zu euch sprechen würde, würde er dich fragen: Wirst du auch eines Tages im Himmel sein?“ Jesus rufe die Menschen auf, ihre Sünden zu bekennen und sich heute zu entscheiden ihm nachzufolgen, erklärte der aktuelle Präsident der Billy Graham Evangelistic Association. Die Trauerfeier wurde per Internetstream in die ganze Welt übertragen
Mit großer Mehrheit stimmte das amerikanische Repräsentantenhaus dafür, eine Plastik des Evangelisten Billy Graham als Vertreter North Carolinas fertigen zu lassen. Diese soll zukünftig im Kapitol / Washington D. C. für den amerikanischen Bundesstaat aufgestellt werden. Bisher befindet sich dort eine Statue des ehemaligen Gouverneurs von North Carolina, Charles Brantley Aycock (1859-1912). Kürzlich geriet der Politiker aber in die Kritik, da er Anfang des 20.Jahrhunderts die rassistische Ideologie der sogenannten Weißen Vorherrschaft vertreten hatte.
Frommer Farmersohn
Grahams Eltern, William und Morrow Graham, betrieben in North Carolina eine kleine Farm mit Milchkühen. Das Geld war eher knapp. Die wirtschaftliche Depression Ende der 1920er Jahre war gekennzeichnet von Massenarbeitslosigkeit und Inflation. Billy wuchs eng mit seinen vier jüngeren Geschwistern auf.
In der schottisch-stämmigen Familie wurden die ethischen Maßstäbe der Bibel besonders betont. Regelmäßig las man im Wort Gottes und hielt Hausandachten. Bei den Grahams wurde aber auch viel gelacht. Der Vater war für seinen ausgeprägten Humor bekannt.
Im Alter von 15 Jahren besuchte Billy die Veranstaltungen des Evangelisten Mordecai Fowler Ham (1877-1961) an seiner Schule. Dessen Ansprachen erschienen ihm glaubwürdig und überzeugend. In der Folge entschied Graham sich, ab jetzt ganz bewusst als Christ zu leben. Nachdem er sein Studium am konservativen Bob Jones College und am Florida Bible Institute (heute: Trinity College) mit einem Bachelor in Theologie abgeschlossen hatte, ging er ans Wheaton College in Illinois
Nach dem Ende seiner Ausbildung engagierte sich Graham für die neu entstandene christliche Jugendorganisation Youth for Christ (YFC, Jugend für Christus), deren erster vollamtlicher Mitarbeiter er wurde (1944). Sehr erfolgreich organisierte er die Aktivitäten der noch jungen Organisation, sodass YFC bereits nach einem Jahr in 300 amerikanischen Städten vertreten war. Von 1947 bis 1952 war Graham außerdem Präsident der Northwestern-Schools, einer Gruppe christlicher Schulen in Minnesota.
Evangelist mit weltweiter Wirkung
Graham predigte über 58 Jahre auf hunderten Großveranstaltungen in 185 Ländern zu schätzungsweise 220 Millionen Menschen.
Als evangelikaler Erweckungsprediger hatte Graham sehr früh das Potenzial von Fernsehen und Radio erkannt und mit seinen Auftritten in aller Welt direkt mehr als 220 Millionen Menschen erreicht. Unter seiner Führung wurde die evangelikale Bewegung in den USA eine starke und selbstbewusste Kraft, neben dem liberalen Protestantismus und der katholischen Kirche.
Grahams Aufstieg begann 1949 mit einer mehrwöchigen Missionsveranstaltung in einem Zelt mitten in Los Angeles, genannt die Canvas Cathedral. Jeden Abend kamen mehr als 6000 Zuhörer. Der einflussreiche Zeitungs-Verleger William Randolph Hearst (1863-1951) hatte seine Blätter angewiesen, positiv über den jungen Prediger zu berichten. Dadurch wurde Graham in kürzester Zeit amerikaweit bekannt. Bald begann er damit, auch über das Radio zu den Menschen zu sprechen.
In den folgenden Jahren erreichte Graham mit seinen Großveranstaltungen ein Massenpublikum. Zum Abschluss einer neunzigtägigen Evangelisation in London (1954) sprach er in der Sport- Arena von White City und im weltbekannten Wembley Stadion vor mehr als 187.000 Menschen. Unter den Gästen befanden sich der Oberbürgermeister von London, der Erzbischof von Canterbury, Parlamentsmitglieder und mehrere Minister der englischen Regierung. Ein gläubiger General eröffnete die Veranstaltung.
Während des Koreakrieges reiste Graham mit Grady Wilson und Bob Pierce (Gründer von World Vision) nach Japan und Korea, um vor Soldaten und Einheimischen zu sprechen (1950/51). Seit 1977 predigte Graham trotz politischer Spannungen mehrfach in der Sowjetunion und anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks (z.B. 1977, 1978, 1982, 1984, 1985). Von den 155.000 Menschen, vor denen er 1992 in Moskau sprach, wollten 38.000 ein neues Leben mit Jesus Christus beginnen. Die meisten Zuhörer hatte Graham während seiner Evangelisation in Seoul / Korea (1973). Auf der Yoido-Plaza sprach er zu mehr als einer Millionen Menschen. Insgesamt sprach Graham in 58 Jahren als Evangelist auf 417 Großveranstaltungen in 185 Ländern zu mehr als 220 Millionen Menschen.
Bei seinem ersten Deutschlandbesuch predigte Billy Graham in Frankfurt, im Rheinstadion in Düsseldorf und im Olympia Stadion von Berlin (1954). 1993 wurde mit Billy Graham die Veranstaltungsreihe ProChrist eröffnet. Durch Satellitenübertragung hörten 180 000 Menschen seine in der Essener Grugahalle gehaltenen Predigten. Auch die Zeitschrift Entscheidung (Berlin) und das Hilfswerk Geschenke der Hoffnung (Weihnachten im Schuhkarton) gehen auf die Initiative Billy Grahams zurück.
Vordenker und Publizist
Die 1950 in Minneapolis / Minnesota gegründete Billy Graham Evangelistic Association (BGEA) hat seit 2003 ihren Sitz in Charlotte / North Carolina. Seit ihrer Gründung ist die BGEA verantwortlich für Grahams Radiosendung Hour of Decision, für ein christliches Fernsehprogramm, für die weit verbreitete Zeitungskolumne My Answer (20 Millionen regelmäßige Leser), für das Decision Magazin (deutsche Ausgabe: Entscheidung), für die Organisation von Großevangelisationen und für die Schulung von Pastoren weltweit.
Seit 1950 produzierte WorldWide Pictures rund 200 evangelistische Filme mit Titeln wie: The Portland Story, Time to run, Joni oder Cry from the Mountain. Zwei Millionen Menschen geben an, durch diese Filme Christen geworden zu sein.
Die 1956 gegründete Zeitschrift Christianity Today sollte nach dem Willen Billy Grahams „ein Zeugnis für die Glaubwürdigkeit der Schrift als Wort Gottes“ sein. Mit einer Auflage von 180 000 Exemplaren gehört Christianity Today zu den wichtigsten und einflussreichsten evangelikalen Zeitschriften der USA.
Billy Graham ist der Initiator des Internationalen Kongresses für Weltevangelisation, der 1974 im schweizerischen Lausanne stattfand. 2700 Teilnehmer stellten sich auf der Konferenz zur sogenannten Lausanner Verpflichtung. Darin geht es um die Autorität der Bibel sowie die Einzigartigkeit und Universalität Jesu Christi, um die Notwendigkeit der Evangelisation und die soziale Verantwortung der Christen. „Wir glauben, dass das Evangelium Gottes gute Nachricht für die ganze Welt ist. Durch seine Gnade sind wir entschlossen, dem Auftrag Jesu Christi zu gehorchen, indem wir sein Heil der ganzen Menschheit verkündigen, um alle Völker zu Jüngern zu machen.“ Die Lausanner Verpflichtung prägte evangelikales Selbstverständnis international für mehrere Jahrzehnte.
Berater amerikanischer Präsidenten
Graham beriet zahlreiche US-Präsidenten, von Dwight Eisenhower (1890-1969) bis George W. Bush (geb. 1946), weswegen er auch Amerikas Pastor genannt wurde. Im Weißen Haus ging er seit Präsident Lyndon Johnson (1908-1973) ein und aus. Dem jüngeren Bush hatte Graham in den 1980er Jahren beim Kampf gegen seine Alkoholsucht geholfen. 1983 erhielt Graham von Präsident Ronald Reagan (1911-2004) die Freiheitsmedaille, die höchste Auszeichnung der USA.
Graham hielt sich mit politischen Äußerungen zurück, wollte nicht als Republikaner oder Antikommunist auftreten, sondern lieber vom Evangelium sprechen.
Anfangs äußerte sich Graham als ausgesprochener Antikommunist. Später bereiste er das noch kommunistische Osteuropa ohne sich in die aktuelle Politik einzumischen. Trotz seiner vielen Warnungen vor dem „Zerfall traditioneller Werte“ ließ sich Graham nie von der konservativen Partei vereinnahmen. Wenn er über Politik rede, führe dies zu Streit, sagte Graham einmal der New York Times. „Statt über Politik will ich lieber vom Evangelium sprechen. Das ist für die Menschen ungleich wichtiger.“
In den 1950er Jahren weigerte Graham sich, Weiße und Schwarze in seinem Publikum räumlich voneinander zu trennen und hatte damit einen unmittelbaren Einfluss auf das Ende der Rassentrennung in den Südstaaten der USA. Auch in öffentlichen Ansprachen setzte er sich für die Akzeptanz und Gleichberechtigung farbiger Amerikaner ein. 1963 zahlte Graham die Kaution für den in Birmingham/Alabama inhaftierten Bürgerrechtler Martin Luther King (1929-1968).
Schon zu seinen Lebzeiten wurde in Erinnerung an den Evangelisten die Billy Graham Library in Charlotte / North Carolina eingerichtet (2007). An der feierlichen Eröffnung nahmen drei US-Präsidenten George H.W. Bush, Jimmy Carter und Bill Clinton teil.
Trotz aller Prominenz und Spendengeldern in Millionenhöhe, die durch seine Hände flossen, war Graham absolut integer. Von der Billy Graham Evangelistic Association erhielt er lediglich ein moderates Gehalt auszahlen. Angebote für eine Karriere beim Film oder in der Wirtschaft wies er wiederholt zurück. „Ich hätte in Hollywood eine halbe Million Dollar im Jahr verdienen können, wenn ich gewollt hätte“, sagte er einmal. „Die Angebote, die ich von Hollywoodstudios bekam, waren umwerfend. Aber ich habe nur gelacht. Ich sagte ihnen, ich bleibe doch lieber bei Gottes Auftrag.“
Positives Resümee
Dass Billy Graham im zunehmenden Alter eine seltsame Nähe zur römisch-katholischen Kirche und sogar zu Mormonen suchte, muss man kritisieren. Seine Lebensbilanz erscheint aber positiv.
Graham war einer der wenigen weltweit bekannten Prediger, die zwar zu einem Millionenpublikum sprachen, denen das aber nicht allzu sehr zu Kopf stieg. Ganz im Gegensatz zu sehr vielen seiner zweifelhaften amerikanischen Fernsehprediger- Kollegen hatte er nie in seinem Leben einen Sex- oder Finanzskandal; nie trat er mit spektakulären neuen Offenbarungen auf oder legte außerordentlichen Wert auf Fanartikel mit seinem Logo. Dabei waren ihm die Risiken seiner großen Popularität durchaus bewusst:
„Das gefährlichste aller Rauschgifte ist der Erfolg.“
In seinen zahlreichen Begegnungen mit wichtigen Personen aus Politik und Wirtschaft, lehnte Graham materiellen Besitz nicht generell ab, warnte aber, sich davon bestimmen zu lassen:
„Es ist nichts falsch daran, dass Menschen Reichtümer besitzen – falsch wird es, wenn Reichtümer Menschen besitzen.“
Theologisch definierte sich Billy Graham ganz eindeutig evangelikal- konservativ. In seinen Predigten war es ihm aber weit wichtiger das Herz der Menschen zu erreichen als eine strenge Gemeinderegel durchzusetzen:
„Der Minirock hat mir noch niemals Sorgen gemacht, wohl aber die Minimoral.“
Graham beklagte, „dass oft ein verweichlichtes Christentum gepredigt werde, das den Nachfolgern Christi nichts an Opfern abfordere. Die Folge sei, dass solche Bekehrungen oft sehr oberflächlich blieben und sich im Leben wenig auswirkten.“
Um die Menschen, die sich während seiner Evangelisationen für Jesus Christus entschieden, zu einem stabilen geistlichen Leben zu führen, legte Graham großen Wert auf eine intensive Nacharbeit. Der Kontakt zu einer geeigneten Gemeinde wurde vermittelt und eine Einführung zum Bibellesen angeboten. Graham begnügte sich nicht mit einer schnellen Bekehrung, sondern wollte zu einem Leben in konsequenter Nachfolge anleiten.
Für viele Menschen war Billy Graham ein Vorbild, eine Herausforderung, eine Motivation oder der Wegweiser für den ganz persönlichen Start mit Gott. Selbst in einer eher säkularen, westlichen Welt wird Graham den meisten Menschen positiv in Erinnerung bleiben.
„Ich bin kein großer Philosoph, kein Theologe, kein Intellektueller. Meine einzige Spezialität ist das Gewinnen von Seelen.“
Dass er gerade mit zunehmendem Alter auch eine seltsame Nähe zur katholischen Kirche und sogar zu den sektiererischen Mormonen gesucht hat, werden viele zurecht kritisieren. Seine Verdienste um das Reich Gottes aber überwiegen in Grahams Lebensbilanz ganz eindeutig.
„Ich bin kein großer Philosoph, kein Theologe, kein Intellektueller […] Meine einzige Spezialität ist das Gewinnen von Seelen.“ (Billy Graham)
zu Billy Grahams Leben: Michael Kotsch: Helden des Glaubens. Band 1, CVG,2015.