Wenn es um die Geburt des Herrn Jesus Christus von einer Jungfrau geht, dann gibt es zahlreiche Angriffe dagegen. Sie erscheint vielen, nach vormoderner Unwissenheit zu riechen und nach Aberglaube. Sie sei wissenschaftlich betrachtet unmöglich. Und außerdem sei sie unnötig, weil Jesus auch dann ein kraftvolles Vorbild bleibe, wenn er auf normalem Weg gezeugt wurde.
Wie sollen wir darauf antworten? Was eigentlich macht diese Lehre so wichtig, dass sie zum Teil des Glaubensbekenntnisses wurde? Und was würden wir verlieren, wenn wir sie aufgeben?
In dem Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen, von einer Jungfrau zart“ werden einige Punkte zusammengefasst. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert von einem unbekannten deutschen Dichter und unterstreicht das Übernatürliche an der Schwangerschaft der Maria mit Christus. Es bekräftigt sein wahres Menschsein und seine wahre Gottheit und zieht den Schluss, dass diese Wahrheiten das Amt von Christus als unserem Retter bestätigen.
Ein übernatürliches Ereignis
Unsere Zeit ist weithin vom Materialismus bestimmt, der behauptet, dass alles, was da ist, auch mit unseren Sinnen, durch Beobachtung und Experimente wahrgenommen werden kann. In gewisser Weise ist die Bibel dagegen ein übernatürliches Buch. Sie behauptet die Freiheit Gottes, nicht nur durch das System der Natur zu wirken, das er geschaffen hat, sondern auch außerhalb dieses Systems oder gegen seine Gesetze.
Die Jungfrauengeburt ist ein herausragendes übernatürliches Ereignis, und es zu bekräftigen, heißt etwas über Gott und die Welt zu behaupten. Es wird dadurch gesagt, dass Gott weiterhin in das Leben seiner Geschöpfe eingreift und an ihnen handelt. Es sagt auch, dass wir die Schöpfung nie vollständig verstehen oder kontrollieren werden. Für moderne Menschen können solche Überlegungen erschreckend wirken, so dass es nicht verwundert, dass die Jungfrauengeburt unter Beschuss geraten ist.
Maria, die jungfräuliche Dienerin Gottes, hat Jesus auf wunderhafte Weise empfangen, ohne einen menschlichen Vater. Stattdessen wurde ihr als Widerhall der Schöpfungsgeschichte gesagt (Lk 1,35): „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“
Die wunderbare Empfängnis wurde durch die Propheten vorhergesagt. Im Lied heißt es „Davon Jesaja sagt“. Das hebt das übernatürliche Handeln Gottes heraus. Matthäus 1,22: „Dies alles geschah aber, damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten, der spricht: «Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Emmanuel nennen», was übersetzt ist: Gott mit uns.“ Matthäus zitiert hier Jesaja 7,14. Inzwischen wird oft gesagt, dass dort eher von einer „jungen Frau“ als von einer „Jungfrau“ gesprochen wurde. Deswegen solle man auch die Empfängnis von Jesus nicht als wunderhaft verstehen. Allerdings hatte doch Maria den Engel Gabriel nach ihrer Schwangerschaft mit Jesus befragt: „Wie wird dies zugehen, da ich von keinem Mann weiß?“ (Lk 1,34) und damit gezeigt, dass sie sehr gut verstanden hat, dass so ein Ereignis auf natürliche Weise unmöglich ist (was Gabriel auch bestätigt).
Ein besonderes Kind
Ein wesentlicher Punkt der alten Lehre von Christus wurde „hypostatische Einheit“ genannt. Damit wurde die Tatsache benannt, dass Christus in sich eine menschliche und eine göttliche Natur untrennbar vereint. Im Lied heißt das „Wahr‘ Mensch und wahrer Gott“. Deswegen wird Jesus zugleich „Kind von Maria“ und „König der Herrlichkeit“ genannt.
Im Westminster-Katechismus wird betont, dass Jesus durch die Kraft des Heiligen Geistes im Bauch der Maria empfangen wurde. Er wurde von ihr geboren und war genauso Mensch wie sie, aber ohne Sünde (Frage 37). Seine wunderbare Empfängnis soll also zuerst das Menschsein von Christus herausheben, weil er wirklich von einer Frau als Mensch geboren wurde. Dann aber wird auch seine Gottheit unterstrichen, weil seine Zeugung durch die Kraft des Heiligen Geistes bewirkt wurde. Wichtig dabei ist, dass er ohne Sünde geboren wurde. Jeder normale Mensch wird empfangen und geboren als Sünder. Aber Christus war ganz und gar heilig von Geburt an, damit er seine Sendung erfüllen konnte, uns zu erlösen.
Ein wunderbarer Retter
Wo die Jungfrauengeburt abgelehnt wird, da ist heute meist die Ablehnung der Göttlichkeit von Jesus nicht weit. Dann aber wird damit auch verneint, dass wir die Rettung durch das Werk von Jesus Christus wirklich brauchen.
Durch seine wunderbare Zeugung und Geburt wird uns Jesus als wunderbarer Retter gezeigt. Jesus ist „wahr‘ Mensch und wahrer Gott“ und „hilft uns aus allem Leide, rettet von Sünd und Tod“. Was das alte Lied sagt, gibt wieder, wovon in der Bibel die Engel reden: „Euch ist heute ein Retter geboren, der ist Christus, der Herr“ (Lk 2,11). Maria sollte ihr Kind Jesus nennen, „denn er wird sein Volk von seinen Sünden erretten“ (Mt 1,21). Aus diesen Gründen hatte die Kirche immer die Jungfrauengeburt in ihrem Glauben und in ihren Bekenntnissen. Wo die Jungfrauengeburt abgelehnt wird, da ist heute meist die Ablehnung der Göttlichkeit von Jesus nicht weit. Dann aber wird damit auch verneint, dass wir die Rettung durch das Werk von Jesus Christus wirklich brauchen.
Lob sei Gott, dass er uns einen wirklichen Retter geschenkt hat, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, der unsere Schwachheit kennt. Mit der Bitte in der letzten Strophe ermutigt uns der Liederdichter, unser Vertrauen ganz auf diesen Jesus zu setzen:
O Jesu, bis zum Scheiden aus diesem Jammertal
lass dein Hilf‘ uns geleiten hin in den Freudensaal,
in deines Vaters Reich, da wir dich ewig loben;
o Gott, uns das verleih!
Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Ligonier Ministries