Welche Wahrheit über die Bibel vertritt ein alter theologischer Lehrer (Jahrgang 1945), Doktor für katholische Theologie, sozusagen als Fazit seiner Unterweisungen? Er will Stellung nehmen zu Argumenten wie: „Aber in der Bibel steht doch …“. „Was in der Bibel steht, ist wahr …“. Er sei durchaus überzeugt, dass Gott in ihr zur Sprache käme, fragt aber dann: „Gibt es eine Wahrheit der Bibel, wenn sie gleichzeitig voller Geheimnisse, Widersprüche und Wunder ist?“ (S. 9).
Zuerst erklärt Imbach recht ordentlich, warum die alttestamentlichen Apokryphen nicht zur Bibel gehören. Bei der Kanonbildung und den Verfasserfragen im NT wird es problematischer. Für ihn sind Johannes und Matthäus keineswegs die Autoren der nach ihnen benannten Evangelien. Beim AT ist der Autor überzeugt, „dass sich die meisten in den geschichtlichen Büchern beschriebenen Episoden keineswegs in der geschilderten Weise zugetragen haben“ (S. 72f). Hiob habe natürlich auch nie gelebt. Auch bei der Mutter des Herrn hätte die sogenannte Jungfrauengeburt keinesfalls historischen Charakter gehabt, aber „Matthäus“ und „Lukas“ hätten das womöglich noch geglaubt (S. 88). Die „Legenden“ vom Besuch der Magier in Bethlehem und der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten hält Imbach nicht für geschichtliche, sondern nur für „theologische Aussagen“. Auch die wunderbaren Ich-bin-Worte habe Jesus nie so gesagt. Sie wurden ihm von „Johannes“ in den Mund gelegt.
Josef Imbach. Die Wahrheit der Bibel. Widersprüche, Wunder und andere Geheimnisse. Zürich: TVZ 2020. 204 S. Paperback: 17,90 €. ISBN: 978-3-290-20195-1
Wollte Gott, dass Jesus starb? „Wer diese Frage bejaht, macht Gott zu einem Henkersknecht“ (S. 119), davon ist der Autor überzeugt. Für den „Sündenbock“ Judas will er aber Gerechtigkeit vermitteln. „Wann und wie Judas wirklich gestorben ist, wusste zur Zeit der Abfassung der Evangelien niemand mehr.“ (S.129) Deshalb gäbe es so viele Legenden um ihn. Die Stammbäume Jesu hätten die Verfasser des Matthäus und Lukasevangeliums für Jesus erfunden, weil er eine „illustre Herkunft brauchte“. Auch bei den Auferstehungsgeschichten ging es den Evangelisten gar „nicht um sachliche Berichterstattung, sondern um die Verkündigung des Glaubens an den Auferstandenen.“ (S. 170) So werden Leser in die seichte Brühe eines Glaubens an Glauben geführt, was sich dann moderne Bibelwissenschaft nennt.