Dem kanadischen Autor geht es in diesem Buch „um das Abenteuer, immer wieder neue Dinge in der Bibel zu entdecken“ (S. 10). Er möchte motivieren, beim Lesen nachzudenken: „Sagt dieser Text das, was ich schon lange denke? Oder steckt noch etwas Anderes dahinter? Wie hilft mir ein zweiter Blick auf diesen Text in meinem Leben mit Gott?“ (S. 10) Das sind berechtigte Fragen. Allerdings ist es merkwürdig, wenn ein Autor sechs Seiten verwendet, um Missverständnisse seiner Auslegungen abzuwehren und seine Rechtgläubigkeit zu verteidigen.
Geddert stellt in seinem Buch Texte vor, bei denen sich sein eigenes Denken im Lauf der Zeit geändert hat. (S. 11) Dabei will er auch neue Möglichkeiten der Auslegung zeigen, ohne den Eindruck eines Besserwissers zu machen. Das gelingt natürlich nicht immer: einmal, weil er sehr persönlich schreibt, und zum anderen, weil er die Leser eben doch für seine Auslegungen gewinnen will. Trotzdem eröffnet er von seinem Hintergrundwissen her interessante Ausblicke auf die 22 Geschichten und Texte des Neuen Testaments. An einigen Stellen zeigt er auch, wie erhellend die literarische Struktur im Zusammenhang für eine biblische Geschichte sein kann.
Er beginnt mit den Zöllnern, feiert den Eselreiter, stolpert ein bisschen bei Bartimäus, versucht sich an Lektionen der Weihnachtsgeschichte, verteidigt Martha und Maria, verbiestert sich an Römer 8,28, wo er dem Vers über viele Umwege eine eigenartige Bedeutung aufdrückt, und vergaloppiert sich völlig beim Preisen und Segnen in Epheser 1,3.
Timothy J. Geddert. Das immer wieder Neue Testament. Cuxhaven: Neufeld Verlag 2021 234 S. Paperback: 16,90 €. ISBN: 978-3-86256-161-2
Ja, es stimmt, dass im Griechischen (und Hebräischen) dasselbe Wort für Preisen/Loben und für Segnen verwendet wird und dass es bedeutet, Gutes zu sagen. Aber wenn Gott etwas sagt, dann geschieht immer etwas, wie man besonders gut im Alten Testament erkennen kann. Jetzt aber zu behaupten, Paulus hätte sagen wollen, dass Gott und seine Kinder sich gegenseitig loben und gegenseitig preisen und sich gegenseitig annehmen, ist nicht nur befremdlich, sondern auch unehrerbietig. Dann ziehen wir ihn auf unsere Ebene herab. Natürlich wollen wir Gott gern all das Gute, was er getan hat, in Worten und Liedern sagen. Das ist Loben und Preisen. Aber so etwas findet Gott nicht bei uns. Wenn er uns gute Worte sagt, die uns trösten, ermutigen, erfreuen, dann ist dennoch nichts Gutes aus uns selbst entstanden, sondern wurde durch ihn in uns gewirkt. Und das bezeichnen wir mit Recht als sein Segnen.
Manchen Lesern wird die saloppe Art des Autors gefallen. Aber er geht damit auch an die Grenzen zum Heiligen. Vieles, was er entdeckt hat, ist richtig, aber manches, was er schreibt, verführt. Denn es führt dann nicht wirklich näher zu Gott.